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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.04.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140401021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914040102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914040102
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1914
- Monat1914-04
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^benü»Ausgabe kdr Leip», an» v»r»tt« »arch unser, rr«a« V«^UAVß?» »Iß». „«»Speotteur« rmoltügU»Io. Kou»pedroait, monatUck 125 M . olertelNtdrUch 1.75 M Vei dir VrschüN.strU». uns«» ZUiale» nnü NusgodeNeUev odgeholt: mvaattt» 1M. vterteyadrllck» Z M. vor» 5t« Post- tnnerdold brutschland, aa» Sir Srutschen »»tonten moaatUch 1^0 M.. oterteltührUch 4.54 M. ouskchltetzUch poNbrlteUgetü. va» Letpziger LagedtaN erschrtn« Werktag» »mal, Son», o. Zeterlag» «mal. 2» Leipzig, »en Nachbarorten an» den Drten mit «tgeaen Zittalen wir» )t« sidrn»au»gabr noch am Ndea- üe» erscheinen» i >» kau» geUefrrt. Serltoer NeSotttoa: In »en Letten 17. Zernsprech-finschinli: Moabit Ur. «»7. ArrrtsbloH desRoctes und des poUseinrntLs der Etndt Leipzig «ebaktton «,» S»schSft«st»ll»: )ohannt»ga1s» Nr.«. a Zernsprech.NuschluA Nr. I«»«. 14441 unü ,<»»4. ISS. Jahrgang stn;«Igraprrise: »oa aoswürt» ra Pf.. Neklamen l.»4 M., »leta, Nn,eigen »tepetttzette nur »» pf.d.wteSrrdol. Nab, Inserat, »an VehirSea im amtlichen kett Sl« Petit» zelle 50 Pf. ch»schSst»onz»ig,n mit playvorschrtft m Preise rrbiht. Rabatt nach Lartf. Seltag«,, S»samtaufl.5M.So»Lauf«>üau»schl.postgedüh». ftnzeigen.stanakm»: 1»baaui»gasfe«, del sümtUchen fillalen Se» Leipzig« Tageblatt»» uns allen Uanoncea-ExpeStttonen Se» In» und Nu»la»S«. cheschüftastell« für verlln o. St« pr. 0ron5 «ndurg: direktion WalterZtteg^, Verlln w. IS. MargarrthenstraS« 6. Zern sprech» NnschluAi Lüyow »471. Nr. 166. Mittwoch, »en >. ltpr». 1914. Vas wichtigste. * Am heutigen Tage fand die feierliche Grund- steinlegung zum Leipziger Vismarckturme statt. (S. Bericht.) Die französischen Kammerwahlen wurden Mlf den 2 6. April festgesetzt. sS. Ausl.) * Aus dem Epirus wird über große Rüstun - . gen der Aufständischen, die von griechischen Offizieren unterstützt werden, berichtet. (S. Pol. Uebersicht.) * Die mexikanischen Rebellen haben Torreon eingenommen. (S. Ausl.) Zum Schutz -es Lebens aufSee. Der Natur Herr zu werden, ist ein dem Men schen eingeborenes Streben. Ihre Gewalten zu zähmen, die Gefahren zu mindern, an dieser Aufgabe arbeitete die Menschheit unausgesetzt, und gerade unsere Zeit hat darin Erstaunliches geleistet. Besonders groß sind die Fortschritte im See wesen. Der Fahrgast, der sich heute einem un serer Seedampfer anvertraut, tut dies fast mit demselben Gefühl der Sicherheit, womit er eine Eisenbahnfahrt antritt. Immerhin werden wir von Zeit zu Zeit belehrt, daß die Naturgewalteu mächtiger sind als Menschenwerk. Jedesmal er hebt sich dann die Frage, wie das Maß der Gefahr durch neue Sicherheitsvorkchrungcn zu mindern sei. Das Unglück des englischen Schiffes „Titanic", eines der entsetzlichsten Ereignisse der letzten Zeit, hat eine wohltätige Folge ge habt. Kaiser Wilhelm veranlaßte die Ab haltung einer internationalen Bera tung, die im letzten Winter stattfand und zu bestimmten Vorschlägen führte. Sie sind mitt lerweile zu einem internationalen Vertrag ge diehen, der jetzt dem Reichstage vorgelegt wor den ist. An der Konferenz haben fast alle größeren Seestaaten teilgenommen. Der Vertrag bezweckt, die an die Sicherheit der Passagierschiffc zu stellenden Anforderungen sowie die im Interesse der Sicherheit der Passagierbeförderung über See sonst zu treffenden Maßnahmen inter national feftzulcgen. Bisher hat jeder einzelne Staat für die eigene Flagge diejenigen Bestim mungen erlassen, die er im Interesse ihrer Sicherheit für angemessen und notwendig er achtete. In Deutschland ging das Streben da hin, für die Passagierschiffc den höchsten Grad der Sicherheit zu erreichen, den die moderne Technik ermöglicht. Verschiedene Staaten hatten von fremden Schiffen, die ihre Häfen anliefen, verlangt, daß sic dieselben Sicherheitsvorrich tungen besaßen, wie ihre eigenen Schiffe. In Deutschland ist das bei fremden Schiffen bisher nicht möglich gewesen. Auf Grund der neuen internationalen Regelung wird der gesamte Sicherheitsdienst für die Schiffahrt aus eine internationale Grundlage gestellt. Der Vertrag findet Anwendung auf alle Handelsdampfer, die mehr als zwölf Passagiere an Bord haben. Der Vertrag regelt die Sicherheit der Seefahrt, bringt einheitliche Bestimmungen über Schiff konstruktionen, Funkcntelegraphie, Rettungs boote und Rettungsmittel. Zur Sicherung der Seefahrt wird ein internationaler Dienst ge schaffen werden, um im Atlantischen Ozcan die Eisberge zu beobachten. Diesen Dienst haben die Vereinigten Staaten von Nordamerika über nommen, alle interessierten Staaten beteiligen sich an diesen: Dienst finanziell. Die Gesamt kosten belaufen sich auf eine Million Mark. Auf Deutschlaud fallen 15 Prozent dieses Betrages. Um den internationalen Eisbeobachtungs- und Wrackzerstörungsdienst noch wirksamer zu ge stalten, soll allen Kapitänen die Pflicht auferlcgt werden, über Eisberge und LVracks mittels eines internationalen Schlüssels sofort funkentele- graphischc Mitteilungen zu machen. Das zweite technische Gebiet, über das Vereinbarungen getroffen sind, ist das dec Schiffskonstruktion. Es war überaus schwierig hier zu einem Ergebnis zu kommen. Immerhin ist es gelungen, in dem Vertrage gewisse Grund sätze niederzulegen, deren Durchführung dazu beitragen wird, die Forderung der Unsinkbarkeit der Schiffe, soweit dies nach menschlichem Kön nen überhaupt möglich ist, ihrer Erfüllung näher zu bringen. In der Frage der Einführung der Funkcntelegraphie ist folgende Verein barung zustande gekommen. Alle Handelsschiffe mit mehr als 50 Personen an Bord müssen mit einer Einrichtung für Funkentelegraphie ver sehen sein. Einen ununterbrochenen Hördienst auf allen diesen Schiffen einzufüyrcn, ist nicht möglich gewesen, da Mangel an ausgebildetem Personal besteht. Auf allen großen Personen dampfern wird aber ein ständiger Hördienst ein gerichtet werden. Auf diesen Dampfern werden neben den Telegraphisten sogenannte Hörleute angestellt werden, die Tag und Nacht Dienst haben. Man trägt sich mit der Hoffnung, daß es möglich sein wird, später eine automatische Uebertragung des Seenotzeichens von dem Hör apparat nach der Kommandobrücke durch Klingel oder Leuchtsignale zu erfinden. In Zukunft ist jeder Kapitän, der das internationale Notruf zeichen hört, verpflichtet, dem Schiffe, von dem es ausgeht, zur Hilfe zu eilen. Neber die sen Hilfsdienst trifft der Vertrag besondere Be stimmungen. Betreffs der Rettungsboote und Rettungsmittel ist im Vertrage festgelcgt wor den, daß jedes Schiff soviel Rettungsboote an Bord haben muß, daß alle Personen in ihnen Platz finden. Zur Verhinderung der Feuers gefahr sind Vorschriften vereinbart worden, die geeignet sind, die in letzter Zeit so häufig auf getretenen Schlffsbrände zu verhindern. Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, bei allen Schif fen, die ihre Häfen anlaufen, sich davon zu über zeugen, daß die Vertragsbestimmungen inne gehalten werden. Der Beitritt der Kolonien zu diesem Vertrage ist Vorbehalten worden. Der Vertrag soll am 1. Juli 1915 in Kamst treten. Zur Durchführung dieses internationalen Ver trages werden dem Reichstage demnächst Vor lagen zugehen, die die bisherigen Vorschriften der inneren deutschen Gesetzgebung auf Grund dieses Vertrages abändern. Es ist kein Zweifel, daß der geplante inter nationale Vertrag einen namhaften Fortschritt bedeutet. So ohne weiteres wcrd er freilich nicht in vollem Maße zur Geltung kommen, da bei manchen auswärtigen Schiffahrtsuntcr- nehmungen, selbst den guten Willen angenommen, manche Voraussetzung zur Erfüllung der Ver pflichtungen fehlt. Aber irzit der Zeit wird sich der Vertrag durchsetzen, zumal wenn das Publi kum das Leine dazu tut und einen möglichst weitgehenden Schutz von Leben und Gut verlangt. politische Uebersietit Sächsische Gewerbekammerkonferenz. Am 27. und 28. März fand in Neugers dorf eine Konferenz der sächsischen Gewerbe kammern statt. U. a. wurde hierbei zum Gesetz entwurf betreffend Aenderung der 88 33 ff. der Gewerbeordnung Stellung genommen. Der Entwurf wurde im allgemeinen gutgeheißen, doch wurden verschiedene im Interesse des Gastwirts gewerbes liegende Aenderungen gewünscht. Wegen der in verschiedenen Gemeinden noch be stehenden lebhaften Konkurrenz der Gasanstalten und Elektrizitätswerke, die immer noch einen ausgedehnten Handel mit Beleuchtungskörpern und sonstigen Gegenständen, die den Verbrauch von Gas und elektrischer Kraft erhöhen sollen, betreiben, wurde die Erwartung ausgesprochen, daß das Königliche Ministerium des Innern im Interesse der in Betracht kommenden zahlreichen Gewerbetreibenden entsprechende Maßnahmen treffen werde. Hinsichtlich der Stempclpflicht der Beitrittserklärungen zu einer Genossenschaft wurde folgende Resolution angenommen: „Die Sächsische Gcwcrbetammcrkonfcrcnz ist der Mei nung, daß der Geschäftsbetrieb von Kredit genossenschaften, die fremde Gelder lediglich zu dem Zwecke annehmen, um das Krcditbedürfnis der eigenen Mitglieder zu befriedigen, nicht über den Kreis der Mitglieder hinausgeht. Sie be grüßt es daher nut Freude, daß nach einer kürz lich ergangenen Entscheidung, welche die König liche General-Zolldircktion im Einvernehmen mit dem Königlichen Finanzmmisterium auf ent sprechende Eingaben des Landesverbandes ge werblicher Genossenschaften getroffen hat, die Hereinnahme der zur Kreditgewährung an die Mitglieder erforderlichen Geldmittel die Stem pelpflicht nicht begründen soll. Die Sächsische Gewerbekammerkonferenz bittet das Königliche Finanzministerium, soweit es noch nicht geschehen ist, die Unterbehörden anzuweisen, daß Kredit genossenschaften, die nur das Kreditbedürfnis der eigenen Mitglieder befriedigen, von der Stempelabgabc auf Beitrittserklärungen befreit sind." Ueber die Beteiligung der sächsischen Ge werbekammern an der Ausstellung „Das deutsche Handwerk Dresden 1915" er folgte eine Aussprache, die ein allseitiges Wohl wollen der Ausstellung gegenüber ergab. Auch erklärten sich sämtliche Kammern zur Zeichnung einer Garantiesumme bereit. Schließlich wur den noch allgemeine Grundsätze für die Gewäh rung von Beihilfen zur Lehrlingsausbil dung ausgestellt. Die übrigen Punkte der Tagesordnung waren vertraulicher Natur. Wer wäre Meister über sein Geschick? Ein Tor, wer die gelegne Stunde meidet! Genießen wir den einen Augenblick, Den morgen uns vielleicht der Himmel neidet! lFriedirichder Große, Sanssouci.) Der erste -lpril. Zur Geschichte der Aprilscherze. Von Henri Lavedan. Mitglied der französischen Akademie. Das Kind, so schwatzhaft und wissenshungrig es in der Regel auch ist, zeigt — ein seltsamer Kontrast — bei manchen Gelegenheiten eine erstaunliche Teil nahmslosigkeit. Will es nicht alles erforschen, oann kümmert es sich um gar nichts und nimmt die meck würdigsten Dinge ohne Erklärung hin. Nichts Wun derbares überrascht das Kind; es glaubt schon von der Amme her daran, und das Feenreich ist seine eigentliche Heimat. Eine kräftige Naivität erfüllt es ganz, lleberlieferungen werden von ihm unbesehen hinaenommen. In meiner Kindheir nahm ich zum Beispiel die Aprrlfische *> in den Spielzeug und Zuckerbäckerläden als natürliche Produkte der Jahreszeit. Ich fragte nicht „nach Nam' und Art"; ste waren mir die Vor läufer der Ostereier, die sic vielleicht — das schwebte mir dunkel vor — in ihrem schokoladegefüllten In nern hegten. Das Geheimnis ihres Erscheinens ver langte ebensowenig eine Erklärung wie das des Lebens. Meine kleinen Freunde und Freundinnen waren kaum neugieriger, und so gibt es gewiß noch ein Dutzend alter Kinder meiner Bekannt chaft, die den Ursprung der Aprilscherze nicht kennen. Heute, im Alter der Reife (und darüber! bin ich weiser, wenn auch meine Wissenschaft erst aus dem vorigen Jahre datiert. Die Sitte, am ersten April Scherzgeschenkc zu geben und die Leute zu foppen, geht bis ins 16. Jahr hundert zurück. Während eines Aufenthalts rm Schlosse Roussillon änderte Karl IX. (1561) den Ka lender und verlegte den Jahreswechsel vom 1. April auf den 1. Januar. Dadurch fielen die Geschenke **), die man sonst am 1. April zu machen pflegte, dem 1. Januar zu, und man gratuliert« und schenkte nur mehr zum scherz. Aelterc Leute, die sich nicht an das neue Datum genwhnen konnten, wurden gehänselt, und von da bis zur Mystifikation ist's nur ein Schritt. Da die Sonne im April das Zeichen des Fischcs ver läßt, wurde in Frankreich der Fisch das Symbol des Aprilscherzes. *) Dni-^ou ck'-Vvrü — jemand in den April ß schicken. Zum 1. April schenkt der Fran ose ttc'nc künstlich« Fische, so geformte Bonbonnieren, Spiel zeug usw. **) Der Franzose schenkt nicht zu Weihnachten, andern zu Neujahr — etreonos. Diese kleine Geschichte ist sehr lehrreich. Sie be weist die ungeheure Macht der damaligen Könige, die sogar den Jahrcscnsang verlegen konnten, und das ohne andere Begründung als das bekannte „Car tel est notre bon plaisir'" Unser Parlament, das tyran- ni'cher und unumschränkter herrscht als mancher König, könnte zwar dekretieren, das rcpublikan sche Jahr habe fortan am 11. Juli zu beginnen, aber wir würden die Herren Aogesrdncten einfach aus lachen. Das „In-den-April Schicken" ist heute so ziemlich abgekommen. Unter Louis Philippe und Napo leon UI. stand es noch in voller Blüte und wurde das gan.e Jahr hindurch fleißig betrieben: kalt, ä l'Anglaise, gutmütig-spießbürgerlich, oder lärmend. Jedes Genre war erlaubt und wurde belacht. Romicu, Monnier, Vivier, Cham und viele an dere, weniger Unsterbliche und nicht minder Ver gessene, galten als große Spaßvögel. Henri Mon- nier stellte sich einmal an die Abgangsstation des Omnibusses nach Charonne "*') und wartete, dis ein weißhaariger Herr einstiea. Dann drückte Monnier dem Schaffner zwanzig Sous in die Hand und flüsterte ihm leise zu: „Sehen Sic diesen alten Herrn, ganz hinten, rechts? Das rst mein Vetter. Er ist nicht ganz verrückt; aber ein bißchen— Sie ver stehen!" „Ich verstehe!" sagte der Schaffner mitleidig. „Mein Vetter wird in Charonne erwartet. Ater er wird vorher aussteigen wollen — das ist eine f'rc Idee non ihm! Sie dürfen das nicht zulassen! Er muß unbedingt bis zur Endstation fahren!" „Verlassen Sie sich ganz auf mich, mein Herr!" Monnier zog sein Taschentuch nnd winkte dem alten Herrn gerührt ^u, der seinerseits erstaunt dankte; und der Wagen fuhr ab. Monnier hat diesen Aprilscherz oft und gern^um besten gegeben. Er hat nie erfahren, wie der «paß ausgeganzen ist und fand gerade dieses Dunkel pikant. — Ein anderer seiner Scherze bestand darin, einer alten, sehr energisch ausschenden Dame das Fahrgeld abzunehmen, es dem Schaffner ,zu über geben und zwischen das Wechselgeld einen Zettel zu praktizieren des Inhalts: „Ich lieb« «ie! — Der Schasfner." Die alte, sehr energische Dame soll den Schaffner während der ganzen Fahrt mit wütenden Blicken durchbohrt haben, was diesen wieder sehr verlegen machte. Cham, der Maler, war Zeug« bei der standes amtlichen Trauung eines Freundes. Nach der Zere monie näherte er sich dem Maire, zog ihn in ein« Ecke und sagte verbindlich: „Das haben Sic famos gemacht! Mein Freund ist entzückt! Er geht Ihnen auch das nächste Mal nicht weiter!" Und bevor der Beamte sich noch von seiner Ver blüffung erholen konnte, war Cham schon zur Tür hinaus. «apeck, der bekannte Spaßvogel, angelte am hell lichten ersten Apriltage im Bassin des Luxemburg gartens nach Goldfischen. Ein andermal ging er zu »**) Charonne — das französische Dalldorf. einem Krämer und fragte nach der besten Sorte Kerzen. Man nannte ihm sechs verschiedene Marken. Sapcck bat, ihm von jeder Sorte eine Probe anzu zünden. Tann ließ er die sechs Kerzen eine Stunde lang brennen, ging zur Tür und sagte: „Ich will mir die Sache mal beschlafen!" Als ich meiner Militärpflicht mit mehr gutem Willen als Geschick genügte, wurden die Rekruten vom Lande auf verschiedene Art in den April ge schickt. Man befahl ihnen, den Regimentsreg.n- sckjirm zu holen, oder den Schlüssel zum Manöver terrain, oder die Liebesbriefe der Frau Major und so fort. Alle diese Scherze lesen sich freilich weniger unter haltend, als sie anzusehen und anzuhören waren. Denn zu ihrer Zeit wurden sie, mit Ausnahme der Opfer, von allen belacht. Sie sind auf jeden Fall charakteristisch für eine friedliche Aera, in der jeder noch Zeit Hatto zu lachen und die Sitten, wenn auch nicht besser, doch gemütlicher, liebenswürdiger waren als die des 20. Jahrhunderts. Heute, im Zeitalter der Streiks und Syndikate, mutet uns der Aprilscherz wie eine mittelalterliche Hanswurstiade an und der Aprilfisch wie ein Ana chronismus. Heute läßt sich niemand mehr düpieren — Gott bewahre! Denn seine „Väter" haben die Bastille gestürmt, und der Bürger ist — endlich — frei und unterrichtet! Er fällt nur den, von ihm ge wählten Abgeordneten auf seine April Phrasen Heroin! Kunst UN- Wissenschaft. Klavierabend von Jean du Chastain. Das für gestern von dem talentierten Pianisten ausgestellte Programm wies im wesentlichen die Namen auf, denen man immer und immer wieb-er in Klavier abenden begegnet: Bach, Beethoven, Chopin und Liszt. Außer ihnen war nur der Iungrusse Skrjabin mit seinem Cis-Moll-Präludium für die linke Hand allein und der Konzcrtgebcr selbst mit einer Fis- Dur-Mazurka vertreten. All b«ie verschiedenen An schlagsstärken mit ihren mannigfaltigen Abstufungen stehen Herrn Ieandu Chastain zu Gebote. Da zu gesellte sich eine solid entwickelte Technik und ein feines rhythmisches Gefühl. Als Folge davon ergab sich ein sauberes, klares Spiel. Dies aber war ihm jederzeit nur Mittel zum Zweck. Das Kunstwerk als solches möglichst im Sinne des Komponisten wieder zur Darstellung zu bringen, galt ihm als besonders erstrebenswert. Dies aber schloß nicht aus, daß er dies oder jenes in eigner Auffassung wiedergab. So oft er dies tat, geschah cs immer auf geschmackvolle Art und Weise. Von diesem musikalischen Geschmack und Gefühl zeugte auch sein gegliedertes, gut phra siertes Spiel. Zudem ward jederzeit gut pointiert und auf Höhepunkte erfolgreich hingearbeitet. Eines starken Forteanschlags bediente sich der mit reichem Beifall bedachte junge Künstler nur bei im Ausdruck besonders gesteigerten Stellen O. H. * Amtlich« Nachrichten von d«r Universität Leipzig. Das Kgl. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts zu Dresden hat den Privatdozenten der philosophischen Fakultät Dr. phil. Christian Fücht- bauer wegen Krankheit für das Semester 1914 beurlaubt. * Christian Morgenstern gestorben. In Meran ist gestern der Verbeutzcher von Ibsen, Björn- j o n und Strindverg, ChristianMorgen- stern, am Herzschlag gestorben. Er wurde 1871 in München als Sohn des Landschaftsmalers Profeßors Carl Ernst Morgenstern geboren. Er ließ sich nach seinem Universitätsstudium 1895 zunächst in Berlin als «christsteller nieder und lebte dann in Nor wegen, rn der Schweiz, in Italien und Süotirol. Auch mit eigenen literarischen Leistungen trat er hervor, so mit der feinsinnigen Gedichtsammlung: „In Phantas Schloß" Gebundener ist die Form in der weiteren Auslese: „Uns aber rundet jichein Kran z." Be» kannt wurde Morgenstern auch durch seine aus gelassenen Galgenlieder und deren Fortsetzung Patm ström. Die Beerdigung des jo früh Dahingejchiedenen findet in Basel statt. * Hubert v. Herkomer b. Sir Herlomcr, dessen schwere Erkrankung gemeldet wurde, cst gestern nach mittag gestorben. Den Leipzigern ist dieser englische Künstler deutscher Nation aus dem großen Gemälde unserer städtischen Galerie „Die Auswanderer" wohl bekannt. Dieser vielseitige Meister, der sich auch als Dichter nnd Komponist betätigte, und in seinem letz ten Lebensjahre eine private Kunstschule für alle Zweige der bildenden Kunst in Blishey bei Hampton Conrt leitete, ist am 26. Mai 1819 in Waal bei Landsberg in Bayern geboren. Seine Eltern, arme Bauersleute, wanderten in der frühen Kindhe t Her komers nach Amerika aus und brachten ihn im achten Lebensjahre nach England. Er hat aber immer seiner deutschen Heimat und dem Bayerlandc d-e Treue bewahrt. Herkomer war eine zeitlang Slade-Professoc oi fine Arts an der Oxford Univer sität und ist Mitglied der Münchner und Berliner Kunstakademie gewesen. Seine Gemälde greifen stofflich teil weis auf Erinnerungen seines Lebens, seiner bäurischen Heimat zurück. Die bedeutendsten Erfolge errang oer Künstler als Aquarellist und Porträtmaler. Miß Grant, die Dame in Ltzeiß mit den schwarzen Handschuhen, Kapellmeister Hans Richter, Stanley sind die bekanntesten. Teilweise Hit er diese Gemälde selbst radiert und dazu ein eigenes, patentiertes Verfahren erfunden, das die Galvano plastik zum Dienste der Kunst heranzog. LVohl hat Herkomer nicht zu den Leuchten der Kunst gehört; aber ein liebenswürdiges, ansprechendes Talent, hat er in seinem Leben reiche Erfolge gesunden, und auch die Zukunft wird ihn nicht ganz vergessen. R <7. * Der Dichter Paul Heqse erkrankt. Wie au» München gemeldet wird, ist der kürzlich ins 8S. Lebensjahr getretene Dichter Paul Heyse an den Folgen einer ErkältuW neuerlich schwer er krankt. Nach einer Meldung des „B. L. A." ist Lungenentzündung hinzugetreten. Im Laufe de» gestrigen Abends soll sich da» Befinden des greisen Dichters erheblich verschlimmert haben.
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