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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.05.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140506017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914050601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914050601
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1914
- Monat1914-05
- Tag1914-05-06
- Monat1914-05
- Jahr1914
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Morgen - Musgabe ISS. Jahrgang Nr. 227 Minwoai, -en s. Mal lS14 unz. dem der uns -er; uns sie», ritz: für Jür französischen Flottenm anövcr diesem Jahre in bedeutend größerem und vollkommen kriegsmäßig durchgcführt (S. Ausland.) ;n die itereS. Am S dca rnsicht Raul)» imetcr Eraü aus indi,«» Rackr licbcl- ricieu noch Lause )lei<i>- ivar deiche uulaa äudia i bis Grad »iesen »gen- nie»- einen Lgen * In der Finanzdeputation gab die Regierung eine beruhigende Erklärung zu dem Konflikt in der Deutschen Bücherei in Leip zig ab. (S. Bericht.) * Der Reichstag begann am Dienstag die zweite Lesung des Militär ctats. (S. Art. u. Bericht.) * Die Sitzung der r u s s i s chc n D u m a am Diens tag mutzte wegen des Lärms der oppositionellen Abgeordneten unterbrochen werden. (S. Pol. Uebersicht.) * Die sollen in Matzstabc werden. * Zn Mailand und anderen italienischen Städten kam es zu Kundgebungen gegen Oesterreich. (S. Ausland.) Eindruck, das; man die Erörterung just der wichtigsten fragen, wie etwas, das.inan anzu rühren sich nicht recht getränte, immer wieder hinausschiebt. Die Ordnung dieser Diugc wird uuu wohl die sein, das; man zunächst den Etat des Kanzlers beraten und bei der (Gelegenheit die grundsätzliche Aussprache über die große Politik vornehmen ivird. Hur den Etat des Herrn von Iagow verbliebe dann mehr die Nachlese. * Der merika irische R e b e l l e n f ü h r c r Zapata beabsichtigt, die Hauptstadt anzu greifen. (S. Pol. Uebersicht.) . G. zer- lärte als ten hätte l) als rsprochen e 100 .4t der An- « sei und n habe, nicht bei datz Sch. r gesagt, thin ge lt. Der genwart iter den vorher r zu be- , wovon iß. Die Wechsel n seiner zutreten oar vom flau E-, ftragter li. In frau E. 1t, aus geklagte beiden er Ver- Wechsel E. erst in dem die ihm t. Am Rechts- ne An geltend st. Es n nach iachher Zechsel- üheren k. mit äuge re deren angc- ichtteil on die l3 des Ziffer »ll ein ng der n An- Am ; diese hinge- dieses rühre, fellos rinal- e die r von Datz I an- er es „nach Tie Aussprache über unsere aus wärtige Politik soll nun also — natürlich lveitere Acndcruugen Vorbehalten — am Freitag erfolgen. Ter überraschende Aufschub von gestern wird, obschon es der „Bert. Lok.-Anz." nicht wahr haben will, nach Eingeweihten auf einen be sonderen Wunsch des Herrn Reichskanzlers zn- rückgeführt, den gestern nachmittag Herr Wahn- sct-afse den Parteiführern übermittelte. Maß gebend für diesen Wunsch des Kanzlers sollen in erster Reihe häusliche Sorgen gewesen sein, denen mau das Mitgefühl nicht versagen wird. Daneben aber auch das Berlangen, die Be ratung des Auswärtigen Etats nicht der des Kanzlcretats vorangehcn zu lassen. Uevcr diese Begründung läßt sich reden. Gewiß: Wenn man sich zunächst über das Ressort des Herrn Iagow unterhalten hätte und hernach über (behalt des Kanzlers, wären für Herrn Bethmann, der vermutlich bei einen wie dem anderen Titel über * Die Zweite Kammer nahm am Dienstag den Antrag Dr. Kaiser über Einführung von Rechtsmittelbclehrung gegen die Konser vativen an und erörterte dann Fragen des Ke rn ein dewahlrcchts. Eine Petition des Na tionalliberalen Vereins zu Leipzig auf Aufhebung des sog. Hausbesitz er Privi legs wurde der Regierung zur Erwägung über wiesen. (S. Art. u. Bericht.) von das von dem die Probleme unserer auswärtigen Politik ausgesragt worden wäre, Wiederholungen nicht ganz zu vermeide» gewesen. Indes, scheint uns, sind das Ucbcrlegungen, die man am Ende auch et was früher hatte anstelle» können. Es macbt — wir wiederholen es — keinen erfreulichen Der Militäretat im Reichstage. (Stimmungsbild aus dem Reichstage.) O Berlin, 5. Mai. Herr von Falckenhayn hat Glück ge habt. Es gab eine Zeitspanne im letzten Win ter, wo die Stimmung im Reichstage ihm kei neswegs günstig war und wo man ganz allge mein sich erzählte, in gewissen, nebenbei nicht ganz engen Kreisen hätte man Neigung, bei der Beratung seines Etats cs dem Herrn Kriegs minister fühlen zu lassen, wie wenig er den Intentionen des Parlaments gerecht geworden ist. Indes dieser Eifer und diese abgünstigc Stimmung sind längst verraucht. Es ist ja zwar noch bis in die letzten Tage zu gelegent lich kleinen Reibungen und Mißverständnissen gekommen, und mitunter hat man die Emp findung gehabt, als ob .Herr von Falckenhayn noch immer nicht den rechten Ton für den Reichs tag gefunden hätte und seiner Akustik nicht ganz sich anzupasscn lernte. Aber das geht doch mehr auf die Einzelheiten. Im großen und ganzen scheint der Kricgsministcr mehr und mehr die Rcichstagsabgcordnetcn gewonnen zu haben. Man rügt an dem Minister und einigen Herren seiner Umgebung die Frische und Natürlichkeit und erkennt das grundsätzliche Bestreben des neuen Mannes an, dem Reichstag aus seine Weise entgegcnzutommcn. Dieser Witternngs- Vas wichtigste. * Am heutigen Tage wird die Weltausstel» lung für Buchgewerbe und Graphik Leipzig 1814 durch König Friedrich August in Gegenwart des Prinzen Johann Georg, der Prin zessin Mathilde und der Vertreter der fremden Re gierungen feierlich eröffnet. für LtlpU» und Vorort» durch unser« Tr- VLAUASpkLls k» und Spediteur« rmaltägllch In« yaus gedra monatlich 1.2S M., vierteliührUch Z.7» M. Sei der chesch-st»st«U«, unfern ZNlale» unü fln»gad«fteUen adgeholt: monatlich lM.,»lrrt«ljährllchZM. durch di« Post: innerhalb Deutschland» und Ser deutsche» Kolonien monatlich 1.»4 M., »ierteljdhrlich ».so M., auoschlieAUch postbestrUgeld. Da» Leipziger Tageblatt erscheint Werktag» »mal, Sonn- u. Zelertagstmal. In Leipzig, -en Nachbarorten und den Orten mit eigenen Zillalen wird di« sibenüauogab« noch am -»den- de» Srscheinen» in» hau» geliefert, vrrliner Nedaktion; In Sen Zelten >7, Zernsprech-stnsthlust: Moabit Nr.447. für Inserat« au» Leipzig und Umgebung dl« . ispaltigepctineilerrpf., di« Neklome-eile« M., von au»wart» 30 Pf., Neklamen l.LS M., Kleine Anzeigen-ie petitzeile nur Ldpf.d.wtederbol.Nab.,Inserat« von Sehorden im oinNichenTei« die Petit zelle S0 Pf. Seschdstoanzeigen mit plahvorsebrtfl im Preise erhöht. Nabatl nach Tarif. S«ilagen:Seiamtaufl.SM.üaoTausenüauoschl.Postgebühr. Kaz«ig»n»fianabmr: ^ohannisgaste», bei samtliOrn Ziliaie» de» Lelpzlger Tageblatt«» und allen stnnoneen-Sxpeditionrn de» In- und stu»iande». Srs<bäft»st«Ue für Serlin u. dl« pr. Brandenburg: Direktion Walter §lieg«l, Vertin w. IS, Margarethenstrah« ». Zernsprech-stnschiuh: Lühow r»7i. Zur Eröffnung -er Weltausstellung für Suchgewerbe und Graphik. Leipzig, u. Mai. Eine Weltausstellung? Ja, eine Welt ausstellung! Das darf diesmal in doppelter Be ziehung gesagt werden. Einmal im Hinblick auf die Beteiligung der großen Kulturstaaten und dann aber in einem besonderen Sinne. Es ist ein Weltbild, das heute aus dem weiten Plane vor dem ernsten Völtcrschlachtdcntmal feierlich aufgctan wird: die Welt des Geistes in ihrem Werden und Wachsen, in ihren Kämpfen und ihren Siegen, sichtbarlich geworden durch die Mittel, die der Menschcngeist sich schuf, von den ersten kindlichen i.n den Stein geritzten Zeichen der Sprache bis zu der heutigen kaum noch zu überbietenden Kunst der Mitteilung und Darstellung. Aus einem Gedanken ist ein ins Breite und Tiefe wirkendes Werk geworden. Einmal ge dacht, ist es aus eigenen! Leben herausgcwachsen, von Tag zu Tag; ja gewachsen fast über das Maß der Kräfte hinaus, die sich in seinen Dienst stellten. Aus der Vorbereitung zur Feier des I."»Ojährigen Bestehens der Leipziger Akademie für Buchgewerbe und Graphik war die Anregung gekommen, einmal in großem Rahmen zu zeigen, was Schrift und Buch bedeuten, wie der Geist sich auswirkte, unaufhaltsam das Ge schaffene verbesserte. Neues schuf, die Hilfsmittel vermehrte, einen immer wachsenden Kreis be schäftigte. Buchgewerbe — wie nüchtern das klingt! Wenn wir aber in unserem vielgestal tigen Leben nach einem Arbeitsfclde suchen, das am sichtbarsten das Ideelle mit dem Materiellen verbindet — wo finden wir eS eher als in unseren! Schristwesen? Tie Schrift ist uns die Mittlerin zwischen Gedankenwelt und Menschen tun. Tausende von Besuchern werden wohl an dem Stofflichen ihr Genüge finden, wie es ja jedem Bildiverk geht, das die meisten auch nur mit dem Auge nach seinem Zweck befragen. Doch dieses Stoffliche oder Acußerliche — bietet cs nicht des Wunderbaren genug? Ist nicht auch ein Gutenberg, als er seine hölzernen Buchstaben formte und aneinanderreihtc, von der sach lichen Zweckmäßigkeit geleitet worden? Unb wurde zu einem Bahnbrecher des Geistes; wie wenige ein Licht- und Freihcitsbringcr! Tie ein- zelnc unscheinbare Letter im Kasten des Setzers — ein Stück Blei, aber sinnbegabt, ein Laut, der mit anderen Zeichen zur Silbe, zum Worte, zu der Sprache wird, die täglich auf uns wirkt, uns Freude oder Leid zutrügt, uns bewegt, uns mit vielen Menschen gleichzeitig verbindet, mit einem Schlage in einem Volke die gleiche Empfindung wachzurufen vermag und zu ge waltiger Tat werden kann. Wir können es frei lich nicht hindern, wenn die „Bleisoldaten" nicht nur im Dienste des Guten und der Wahrheit ins Feld marschieren, sondern auch dem Bösen nnd Falschen dienen. Doch die Zeit ist längst dahin, wo Gelehrte ernsthaft stritten, ob die Kunst Gutenbergs ein Geschenk Gottes oder des Teufels sei. Ob wir mit unserem großen Dichter- Idealisten annchmen, Gott lasse das Ucbcl in der Welt walten, nur „um der Freiheit ent zückende Erscheinung nicht zu stören", ob wir anders denken — jedenfalls hat uns die Ge schichte gelehrt, das; allerdings ein Segen in diesem freien Kampfe ist: unsere besten sittlichen Kräfte werden wach, und da der Kampf um den Sieg des Guten ruhelos weitergeht, werden sie gestählt und wachsen. Die Idealisten sind nirgendwo so im Rechte, stehen nirgendwo so fest im Glauben wie auf demGebiete des Schriftwesens; sieglauben an die Ueberwindung des Schlechten, an den Sieg,deS Geistes, an eine Läuterung und Voll endung, an den Segen aller menschlichen Kämpfe. Und darum ist diese Ausstellung für sie wie geschaffen, ist eine Verkündigung und Bewahr heitung ihres Glaubens. Inmitten einer oft gescholtenen materiellen Zeit kommt endlich ein mal wieder der Idealismus zu vollen Ehren. Vielleicht nicht für die Masse, nicht für die Stumpfen, Trägen oder die Ucbersattcn, aber — wir glauben es bestimmt — das Volk wird einen Hauch, dieses Geistes verspüren. Läßt sich Geistiges nicht für jeden fühlbar machen durch den Anblick von Büchern, Schrif ten, Lettern und Maschinen, so ist doch eine stille, schaffende Macht hinzugetrctcn, die über das Nüchterne den Glanz und Schimmer breitet: die Kunst. Ja, spottet nur des Propheten, der über die Erziehung des Menschen durch das Schöne so warm und überzeugt geschrieben hat! Die Ausstellung draußen gibt ihm recht; sie offenbart den Trieb, das Gute mit dem Schönen zu verbinden, das Gute uns inner lich nahezubringen durch die erfreuende Form. Darin liegt die Erziehung, wie fie sich Schiller dachte: das Oeffncn der Seele, daß sie sich über das Gemeine erhebe. Es gibt kein Ge werbe, um daS die Kunst einen reicheren Blü- tcnkranz geflochten Hütte. Ob sie auf der Buch feite eine schlichte Zierliuie uiederlegt, ob sie iu das Prachtwerk das Bild eines begnadeten Künstlers einfügt: sie dient dem Schönheitssinn und leiht dem Geiste ihre Zunge. So begrüßen wir das Werk, das heute auf gctan wird, mit reiner Freude. ES wird der Stadt Leipzig und den Männern, die mit gro ßer Umsicht, in klarer Erkenntnis des schönen großen Zweckes ihre Kräfte einsctztcn, Ehre machen. Das Wesen der Sache hat Fachmänner und Führer der Wissenschaft im gleichen Sinne znsammcngeführt, und diese Vereinigung ist tzc- dcutsam nicht allein für das, was jetzt aus der Zusammenarbeit entstand, sondern allgemein be deutsam für unsere Zeit, die immer mehr die alte Abgeschlossenheit der Wissenschaft durchbricht uud sie hinciuruft in das strömende Leben . . . Möge das Werk, geleitet von dem Gruße unseres Königs und der fürstlichen Gunst seines .Hauses, alle ihm erwiesene Fürsorye, allen Aufwand an Mühe und Arbeit reichlich lohnen als ein leuchtendes Zeugnis nützlichen Schaffens und geistigen Strebens! Zur mecklenburgischen versassungssrage. ll. Unter Ablehnung der sozialdemokratischen Interpellation, die am 30. April im Reichstage ver handelt wurde, hat der nationalliberale Fraktions- redner Roland-Lücke bekanntlich erklärt, datz seine Partei sich vorbehalte, einen die mecklenburgische Verfassungsfrage betreffenden Antrag einzubringen. Die „Kreuzztg." geht in ihrer letzten Wochenschau auf diese Mitteilung in höchst auffallender Form ein. Das konservative Hauptorgan schreibt: der Sprecher der Nationalliberalen habe die Mitwirkung des Reichstages bei der mecklenburgischen Verfassungs frage grundsätzlich in Aussicht gestellt, und fügt hinzu: „Damit entfernt sich diese Partei in so radikaler Weise von den föderalistischen Grundlagen unseres Nerfassungslebens, datz man sie in dieser Hinsicht nicht mehr als Schutz und Stütze des Bestehenden betrachten kann" Die konservative Neigung, eine „Linksentwicke lung" der Nationalliberalen wahrzunehmen, hathier eine Form angenommen, die sowohl geschichtlich als auch politisch vollkommen unhaltbar ist. In geschicht licher Beziehung nämlich wäre die nationalliberale Partei niemals Schutz und Stütze des Bestehenden gewesen, wenn eine solche Eigenschaft nur der Partei zugesprochen werden dürfte, die jede Mitwirkung de» Reichstages bei der mecklenburgischen Ver- fassungsfrage grundsätzlich verwirft. Hat doch — um die Zeit des Norddeutschen Bundes aus Rücksicht au; den Raum zu übergehen — der Abg. Büsing mit Unterstützung der nattonalliberalen Partei bereits im Jahre 1871 den Antrag eingehracht, hinter Artikel 3 der Reichsverfassung folgenden Zusatz auf- zünehmen: ' „In jedem Bundesstaat mutz eine aus Wahlen der Bevölkerung hervorgchende Vertretung be stehen, deren Zustimmung bei jedem Landesgesetz und bei der Feststellung des Staatshaushalts er forderlich ist." Ob jetzt die nationalliberale Fraktion die Ein bringung eines ähnlichen Antrages, wie er inzwischen wiederholt den Reichstag beschäftigte, oder eines an deren Antrages plant, bleibr abzuwarten. In jedem Falle aber hält sich die nationalliberale Fraktion im Rahmen ihrer ältesten Ueberlieferung, wenn sie die Mitwirkung des Reichstages bei der mecklenburgischen Verfassungsfrage nicht grundsätzlich verwirft. Darum ist es ein gegenstandsloses Unterfangen, der natio nalliberalen Partei, deren tatkräftiger Mitwirkung die Verabschiedung der geltenden Reichsverfassung in erster Linie gedankt wird, den Vorwurf zu machen, datz sie sich von den föderalistischen Grundlagen unseres Verfassungslebens in radikaler Weise ent ferne, wenn sie gegenüber der mecklenburgischen Ver fassungsfrage denselben grundsätzlichen Standpunkt einnimmt, wie im Jahre 1871. Der Vorwurf der „Kreuzztg." ist jedoch in poli tischer Beziehung noch unberechtigter als in geschicht licher, weil er ohne Berücksichtigung der Tatsache er hoben wird, datz die Mitwirkung des Reiches bei der mecklenburgischen Verfassungsfrage einerseits im Schatze des Bundesrates, andcrieits auch in den Reihen der freikonseroativen Partei für zulässig er achtet wird. Als der Antrag Büsing, der bereits 1871 vom Reichstag mit großer Mehrheit angenom men worden war, nach seiner Erneuerung im Jahre 1873 wiederum eins sehr große Mehrheit gesunden hatte, äußerte Minister Delbrück im Ausschüsse des Bundesrates: Auf die Dauer würde das Reich durch unbedingten Schutz des formellen Rechtes in eine schiefe Stellung kommen. Noch wener ging dis badische Regierung, die dem Beschluß des Reichstages zustimmte. Obwohl der Bundesrat den Antrag des Reichstages ablehnte und auch von einem Zusatze zum Protokoll absah, der das Wünschens werte einer baldigen Regelung ausdrückte, hat der mecklenburgische Bundesratsbeooll«nächtigte v. Bülow doch allen Grund gehabt, seiner Regierung das nach stehende zu berichten: „Es bedarf kaum der Erwähnung, datz der Bundesrat sich mit diesem Beschlüsse nicht unbedingt und nicht für immer zu unserer Sch nywehr gegen den Reichs tag gemacht hat. Die einberichteten Er klärungen der einzelnen Bevollmächtigten unc> des Ausschusses sind offizielle Aeußerungen der Regie rungen und lassen und bezwecken die Freiheit, sich je nach Umständen wieder zu begagiercn und das letzte Wort oorzubehalten. Mit einem Wort, es ist nicht volle, sondern bedingte und zeitweilige Gewährleistung der be stehenden Verfassung; nicht Anerkennung des >tiiN«8 ipio, »andern nur Schutz lür ruhige Ver handlung unb Gestaltung der als unerläglich und unvermeidlich allerseits anerkannten Reformen . . Die politische Einwirkung der Reichs gewalten, getragen von der Notwendig keit der Einigkeit im wesentlichen, ist * im Reiche stärker als Verfassungspara- gra phen, uns eben auf eine solche, je nach Zeit und Umständen, deuten alle jene Erklärungen." Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht auch die Tatsache, datz der Bundesrat am 20. Oktober 1875 den Reichstagsantrag zwar von neuem ablehnte «wiederum mit Ausnahme Biden») aber zugleich der „Erwartung" Ausdruck gab, „daß es den Erotz- berzoglichcn Regierungen gelingen werde, eine Ver fassungsänderung mit den Ständen zu vereinbaren". Mehr als ein Menschenalter ist verflossen, ohne datz die Erwartung des Bundesrates sich erfüllt hätte Amtsblatt des Rate» urrd despolirerarrrtes der Stadt Leipzig «eüaktion nn- OeschSftostellr: Iohannl»gaff« Nr.». » Zernsprech-flnfchluft Nr. 14442, 14-4I uaü 14-44. Umschlag — so darf man es am Ende wohl ausdrücken — prägt sich deutlich auch in dem Gang der heutigen Verhandlungen aus. Der Minister selbst hatte sie ciugclcitct mit einem für jeden Patrioten erfreulich anzuhörendeu Rechenschaftsberichte über die Art, wie die große Wchrvorlage des vorigen Iah res — bleiben wir immerhin bei der Wen düng — „in die Wirklichkeit umgcseßt worden sei". Da vernehmen wir denn, was in an deutenden Strichen freilich schon aus der Kom mission bekannt war, daß der Mannschaftsersaß keinerlei Schwierigkeiten gehabt habe, daß noch an die 38000 durchaus taugliche Leute zurück gestellt worden seien, und daß man noch immer habe Milde nnd Rücksicht walten lassen nnd die zu Hause schwer Abkömmlichen ihrem häuslichen Pflichtcnkrcise nicht zu entziehen brauchte. Auch der Offiziersersatz hat sich zur Zufriedenheit gc staltet. Die Fehlstellen, die noch verblieben, -hofft der Minister in zwei Jahren vollständig gedeckt zu sehen. Bei den Unteroffizieren wird das gleiche wohl schon zu Ende dieses Jahres der Fall sein. Im Grunde nicht anders steht cs mit den übrigen Erfordernissen der Wchrvorlage: mit der Versorgung unserer Truppen mit Pferden, mit Quartrerbeschaffung, Verpflegung und mit der sanitären Fürsorge. Schon am 6. Ok tober habe dem Kaiser gemeldet werden kön nen, daß alle Verbände im kriegsbe reiten Zustande fähig zum Ausrücken seien. Das alles wurde zwar mit Gewicht, vielleicht kann man sogar sagen: mit freudigem Stolz vorgetragen, aber doch ohne die Ucberheblichkeit und das selbstgefällige Bramarbasieren, mit das „Erzbereit" gelegentlich von jenseits Grenze, der westlichen wie der östlichen, zu hcrübcrschallt. Damit hatte der Minister sich selber den günstigsten Boden bereitet für die Aussprache über sein Ressort. Was daun noch übrigblieb, besorgt — sozusagen als ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft — der sozialdemokratische Sprecher Schulz. Herr Schulz, der in seinem Zivilver hältnis Leiter der sozialdemokratischen Agita torenschule ist, bekam es fertig, angesichts der Weltlage — deren ernste Gefahren, sollte man meinen, auch dem ungeübten Laienauge sich auf dringen müßten — die Notwendigkeit der vor jährigen Wchrvorlage zu leugnen. Wenn die Herren Sozialdemokraten es doch lassen wollten, sich über Fragen auswärtiger Politik zu ver breiten. Nie präsentiert sich ihre enghaftigc Klcinbürgerlichkeit in so mitleidcrrcgcudcr Weise, wie bei solchen Anlässen. Herrn Schulz, auf den wegen seiner wiederholten demagogi schen Ausschreitungen ein ganzes Bündel ' von Rügen und Ordnungsrufen niedcrgcprasselt war, löste Herr Erzbcrgcr ab. Von dem hatte man sich noch am ehesten einer abfälligen Kritik des neuen Ministers versehen. Aber was er sprach, war Anerkennung im großen und kleinen. Nur der tatsächliche Duellzwang, der die katho lischen Offiziere in Gewissenskonflikte bringe, und die politisierenden, redenden und schweigen den Offiziere a. D. gaben ihm Ursache zum Tadel. Herr Bassermann aber, der an man chen betrüblichen Erscheinungen, wie der sicht lichen Zunahme der Soldatcnmißhandlungen, nicht vorübcrging, fand sympathische Worte der Würdigung für die treffliche Art, wie unsere Militärverwaltung und unser Offiziertorps die große Aufgabe der Wchrvorlage zu lösen ver standen hätten, und noch ein erfreuliches Mo ment ergab sich aus der heutigen Aussprache: Das Preßrefcrat im Kriegsministcrium — so darf man nach dem Gang der heutigen Ver handlungen annehmen — wird bewilligt wer den. Die Einmütigkeit der Presse aller Parteien ist auf die Abgeordneten nicht ohne Eindruck geblieben.
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