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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.07.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140709021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914070902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914070902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1914
- Monat1914-07
- Tag1914-07-09
- Monat1914-07
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Unoarn im steten Wachsen begriffen ist und in Osfizierskreisen offen davon gesprochen wird, daß man „fetzt endlich einmal gegen die Schwarz-Gelben marschieren werde." Ernettnunst eines Ltatthaltcrs für Bosnien und die Herzegowina ? Serajewo, den 9. Juli. (E i g. Drahtmeldg.) Wie hier verlautet, steht die Ernennung eines mit weitgehenden Vollmachten ausgerüsteten Statthalters für Bosnien und die Herzegowina bevor. Wie die Blätter melden, wurde für das Mili- tärlager in Philtppovic große Ticherheits - Maßnahmen getroffen. Alle, das Militärlager betretenden Zivilpersonen und sämtliche Fuhrwerke werden einer strengen Bisitation unterzogen. Auf die nachts von den Posten angerufenen Leute wird geicholsen, sobald diese beim zweiten Anruf nicht stehen bleiben. Die Umgebung des Lagers wird Tag und Rächt ständig bewacht und nach verdächtigen Elementen abgesucht. Die Ausnahme der Erklärungen Tiszas in Wien. Wien, 9. Juli. <Eig. Drahtmeldg.) Die Antwort des Ärafen Tisza im ungarischen Abge ordnetenhaus auf die 2 nterpeltarionen über die grotzserbische Propaganda und das Serajewoer Attentat rufen hier allseitig Enttäuschung hervor. Man bemängelt, das; Graf Tisza keinerlei bestimmte Angaben über Konnex zwischen dem Mord und der auswärtigen Politik mit besonderem Hinweis auf Serbien machte, sondern in seiner Antwort alle Eventualitäten an geblich mit Rücksicht sowohl auf den Frieden wie auch auf das Prestige sowie die vielfachen Interessen der Monarchie offen gelatzen hat. Ein Hilfegesuch an Rumänien! Die Rachrichten über «ine Abdankung des Fürsten, die schon vor mehreren Monaten auftraten und sich nicht bewahrheiten, widersprechen sich auch heute nock. Bon Rom aus wird, wie gewöhnlich, die Lage in düsteren Farben geschildert, und man beschäftigt sich schon mehr mit dem künftigen Rachfolger, als dem Fürsten selbst. In Wien und Berlin dagegen macht nch eine günstigere Auffassung der Verhältnisse geltend, und man rechnet vorderhand nicht mit der Abreise des Fürsten. Folgende Meldungen liegen vor: Ein letzter Versuch der Fürstin. Paris, 9. Juli. „Petit Parijien" meldet aus R o m, das; die Abdantuntz des Fürsten Willzelm von Albanien nur noch eine Hrage von Tagen sei. Der Schritt des Fürsten wird nur durch einen letzten Ver such seiner Gattin verzögert, die es unternommen hat, beim König von Rumänien zu intervenieren und ihn zur Entsendung eines rumänischen Hilsskorps zu veranlassen. Der Versuch der Prinzessin scheint jedoch leine Aussicht auf Erfolg zu haben. Rach der Abdanlung des Fürsten von Albanien sollen die Mächte bereits übercingekommen sein, der Kontrollkommission die provisorische Regie rung anzuvertrauen. Die Mächte sollen gleichfalls einig sein, die provisorische Regierung lange Zeit zu erhalten, bevor ein neuer Fürst gewählt wird. Gleichzeitig verlautet, das; Essad Pascha nach der Abdanlung des Fürsten von Albanien nach Durazzo zurüclkehren werde. Heine freiwillige Abreise des Fürsten. Berlin, 9. Juli. Wie die „Reue Politische Korrespondenz" aus diplomatischen Kreisen hört, denkr der Fürst von Albanien nicht daran, seinen Geg nern mit einem freiwilligen Rückzüge aus der Verlegenheit zu helfen. Eine Uebersied- lnng des Fürstenpaares nach Stutari gilt als aus geschlossen, solange die Bedrohung Durazzos durch die Aufständischen fortdauert. Die verschwundenen Franzosen. Paris, 9. Juli. Wie aus Durazzo gemeldet wird, fehlt bisher jeder Anhaltspunkt über den Verbleib der gefangenen Franzosen. Der französische Gesandte hat den englischen Befehls haber von Alessia gebeten, auch in dieser Gegend Rachsorschungcn nach den verminten Franzosen anzu stellen. Zusammenstöße in Skutari. Wien, 9. Juli. Ans Skutari wird gemeldet, das; dort gestern eine Versammlung unter dem Vor sitz des Majors Kopliku stattfand. Hierbei kam es zu Ausschreitungen, wobei 3 Polizisten ver wundet wurden. Der österreichische Major Peters ordnete plötzlich um 3 Uhr morgens einen Angriff an, wodurch die Mohammedaner, die sich versammelt hatten, zerstreut wurden. Man befürchtet für heute weitere Zusammenstöße. Noritza gefallen. Haag, 9. Juli. Der Kriegsminister hat folgende Depesche erhalten: Kari ha ist am K. Juki gegen Abend in die Hände der vereinigten Epiroten und Aufständischen gefallen. Die holländischen Offi ziere sind wohlauf und befinden sich aus dem Wege nach Valona. Uebertritt von Albanern nach Serbien. Belgrad, 9. Juli. Wie aus Prizrend gemeldet wird, sollen in den letzten Tagen zahlreiche Flücht linge aus Albanien auf serbisches Gebiet üver- getreten sein. Die serbische Regierung bat deshalb die Behörden angewiesen, verwundeten Albaniern, Frauen und Kindern Gastfreundschaft zu gewähren, kampffähigen Männern jedoch den Uebertritt. nach Serbien nicht zu gestatten. Anderseits wurde auch der Uebertritt serbischer Albanier nach Albanien untersagt. Thpssen jun. völlig enterbt I 8. <L U. Duisburg, 8. Juli 1914. Der leidige Streit zwischen Later und Sohn, der schon so häufig die Gerichte der verschie densten Orte beschäitigr hat und der stets, wenigstens in den oberen Instanzen, zuungunsten des jungen Thyssen entschieden worden ist, hat nunmehr eine neue entscheidende Wendung durch das Urteil des Landgerichts Duisburg genommen, und auch dieses Gericht ist nach eingeheuder Beweis aufnahme auf die Seite des Vaters getreten. — August Thyssen ju n. hatte gegen seinen Vater vor dem zuständigen Landgericht Duisburg — Mülheim (Ruhr), der Wohnsitz von Thyssen sen., besitzt nur ein Amtsgericht — eine Zivil klage angestrengt, in der er beantragte, seinen Vater zu verurteilen, ihm eine jährliche Unter« haltsrcnte von 60 000 zu zahlen. Thyssen sen. begründete seinen Antrag auf Abweisung der Klage damit, datz sein Sohn von ihm nicht den standes gemäßen, sondern nur den notdürftigen Lebensunterhalt beanspruchen könne, weil er sich rhm, dem Vater, gegenüber habe Verfehlungen zuschulden kommen lassen, die ihn dazu berechtigen würden, ihm auch den Pflichtteil zu entziehen Das Gericht er achtete es ;ür notwendig, über diesen Einwand eine umfangreiche Beweisaufnahme vorzunehmen. 2n dieser Beweisaufnahme wurden nun so schwere Ver fehlungen des jungen Thyssen festgestellt, das; dessen Klage zur Abweisung reif erschien. Runmehr aber erhob noch vor Verkündung des Urteils der Vater Widerklage gegen seinen Sohn und beantragte sestz ustellen, das; er be rechtigt sei, seinem Sohn auch den gesetzlichen Pflichtteil zu entziehen. — In der darauf folgenden mündlichen Verhandlung nahm Thyssen f u n. die Klage gegen seinen Vater auf die Unter haltsrente unter Verzicht auf seine vermeintlichen Ansprüche zurück und beantragte gleichzeitig nun auch die Widerklage abzuweisen, da auch diese durch Zurücknahme der Klage erledigt und ihr der Boden entzogen sei. Das Gericht erklärte aber in seinem U r t e i l die Zurücknahme der Klage für unzulässig und erkannte sodann aufAbweisung der Klage von Thyssen jun. Das Gericht verhandelte sodann weiter nur noch über die Widerklage und erkannte in der heutigen mündliche» Verhandlung gemäß dem Anträge des Widerklägers dahin, das; der Vater berechtigt sei, seinem Sohne August den gesetzlichen Pflichtteil zu ent ziehe n. Ter Ausgang dieser Klage bedeutet also nicht nur die erneute Abweisung eines der alten Angriffe des Sohnes auf den Vater, sondern er steht einer völligen Enterbung des jungen Thyssen gleich. Es handelte sich bei diesem Prozesse indes nur um das Vermögen von Thyßen sen, das nicht durch den bekannten Familienvertrag vom 2ahre 1895 umfaßt wird. Wegen der Rechte Thyssen jun., die ihm auf Grund dieses Familienverrrages zu stehen, haben zwei verschiedene Senate des Kammer gerichts dahin entschieden, daß sie zur Konkursmasse des jungen Thyssen gehören. — Wie wir höre», ist eine Entscheidung des Reichsgerichts in diesen Prozessen gegen Ende des 2ahres zu erwarten. politische Ueberlicht Neichstagsabgeor-nete auf -er Zahrt nach Veutjch-Gftafrlka. Vier Reichstagsabgeordnete werden in den nächsten Tagen die Fahrt nach Deutsch-Ostafrika antretcn. Seit 1905 eine Anzahl von Volksvertretern West afrika (Togo und Kamerun) besucht haben, 1906 eine noch größere Zahl nach der Ostküste und einige nach Ostasien gingen, haben sich, von privaten Reisen ein zelner lPaaschc, Semler, Storz, Freiherr v. Nicht hofen usw.) abgesehen, Mitglieder des Reichsparla- mcntcs aus eigener Anschauung nicht mehr über die Schutzgebiete unterrichtet. Jetzt bietet aber die Er öffnung der Landesausstellung in Daressalam zu einer Reise nach Deutsch-Ostafrika erneut Gelegenheit. Von der Rechten beteiligt sich Liz. Mumm von den Christlichsozialen. Er gehört zu denen, die bei ven letzten Etatsberatungen sich stark für eine neger freundliche Eingeborenenpolitik einsetzten, und wird drüben mit den protestantischen Missionaren enge Fühlung halten. Das Zentrum entsendet den Ab geordneten Irl, Malermeister aus Erding in Ober bayern, der bisher in kolonialen Angelegenheiten noch nicht hervorgetreten ist. Die Nationalliberalen weisen sogar zwei Ostafrikasahrer auf, den Abgeord neten Ickler aus Göttingen, Vorsitzender des Ver bandes Deutscher Eisenbahnhandwerker und -arbeite!, von Beruf Schlosser, und den Abg. Keinath, Schriftsteller in Stuttgart. Dieser und der Abgeord nete Mumm werden sich länger in der Kolonie aufhallen. Beide gedenken auch an der Eröffnungs fahrt der Tanganjikabahn bis Kigoma und der Taufe des großen Tanganjikadampfcrs „Graf Götzen" teilzunebmen. Die Abgeordneten Jckler und Irl sind Mitglieder der von der Deutschen Kolonialgesellschaft veranstalteten Gesellschafts reise, deren Aufenthalt in Deutsch-Ostafrika auf etwa drei Wochen berechnet ist. Im Herbste will sich auch der Konservative v. Böhlendorff-Kölpin nach der Kolonie begeben. Dieser kennt aus früheren Reisen bereits Kamerun, Togo und das deutsche Ostasien. Vie Untersuchung gegen -ie russischen Anarchisten in Frankreich. Die Untersuchung gegen die in Beaumont snr Oise verhafteten Russen Iritschek und An d r a o j a n o w s ki hat Anhaltspunkte dar- über ergeben, daß sie mit zahlreichen Anarchisten in Verbindung gestanden haben. Bei Iritschek wurde ein Schriftstück gefunden, das die Namen von ausländischen Anarchisten enthielt, die fast durchweg seit einiger Zeit von der Pariser Polizei überwacht werden. Von diesen wurden vier, namens Ustinow, Gardazki, Nagclia und Abazhidzc, be reits fest genommen und nach dem Untersnchun gsgcfängnis gebracht. Iritschek behauptet zwar, das; er die Verhaf teten nicht kenne, weigert sich jedoch, irgend-- welche Aufklärung darüber zu geben, wie er in den Besitz der bei ihm Vorgefundenen Namens liste gelangt ist. Einem Blatte zufolge neige der mit dieser Angelegenheit betraute Staats-- anwalt Gazier von Pontoise zu der Ansicht, das; der Anschlag Iritscheks und Andraojanowskis nicht gegen den Kaiser von Rußland, sondern gegen den Präsidenten der Repu blik gerichtet war, der am nächsten Sonntag die Sladt Pi-ronne im Somme-Departement be suchen wollte. Der Ort, ivo die beiden Russen verhaftet wurden, liegt nur wenige Kilometer von der Bahnlinie entfernt, die Präsident Poin- earö auf seiner Reise benutzen wirs. Der Staats anwalt ist auf Grund der mit Iritschek und Andraojanowski vorgenommcnen Verhöre zu der Ucbcrzengttng gelangt, daß cs sich um ein ernstes Komplott handelt und das; die Verhafteten, die die Bomben nicht selbst her gestellt, sondern von Helfershelfern erhalten haben dürften, mit der Ausführung des An schlags betraut worden waren. die Liebe öer örei Kirchlein. .Uj Roman von E. Stieler-Marjhall. NN Sv (Nein ein «'n., U. in d. !I. Ueiprig.i „Die Philister, die Philister," pflanzte der Rus von Stimme zu Summe sich fort. Aber Merkel und oem Prinzeßchcn kam starke, unerwartete Hilfe. Keuchend vom schnellen Laus stand plötzlich der baumlange Irmeling an ihrer Seite, stieß Berger zurück und streckte gebieterisch die Hand ans. „Halt da, ihr Bnwe'," rief er, „jetzt, da isch Par! Friede für die Prinzessin — wer ihr nur ein Haar anf'm Köpfte krümmt, der kriegt mei' Fänscht zu spüre !" Ausgelassenes Gelächter antwortete. Er sah zu drollig aus, der reckenhafte Blonde, wie er so furchtbar ernsthaft neben dem hageren, mage ren Merkel stand, der kein sehr geistreiches Gesicht dazu machte. Aber sie gaben doch Ruhe. Die Jungen. Nahmen die Mützen ab, lupften sich mit den Tüchern die heißen Stirnen, traten plaudernd zusammen. Frauchen richtete sich auf. „Dank, mein edler Retter," rief sie laut, .Euch danke ich Freiheit und Leben, Ihr habt mich erlöst. Bin ich erlöst, Ihr bösen Räuber?" fragte sie. „Ja, ja — ja!" „Die einzige, die euch entkommen ist! Und nun müßt ihr meine Gespielinnen auch wieder frei lassen. Hurra, Hurra, Hurra, ich werde sie befreien!" Leicht wie ein Reh lief sie waldein, die Studenten ihr nach. Nur Irmeling zögerte noch ein Veilchen bei Merkel, verschnaufte ein wenig. „Sie isch arg lieb und lnschri'," meinte er, „das Fräulc Kirchlein, gelt?" „Ja," jagte Merkel, „ja!" Sein fester Mund gab nach zu einem weichen Lächeln. „Da laufen Sic nur mit, Herr Studiosus, und geben sic acht, daß ihr nichts geschieht. Sie ist ein bißchen wild. Nu, ein junges Blut. Aber da sind etliche unter den alten Damen, die nehmen cs ihr übel." „Meiner Sir, die alte' Eule'," zankte Irmc- >ing. „Aber wahr isch, sie isch als vi bißl wild. Ei, da will ich jetzt veranlasse, das; das Spiel ein End' hat." Er drückte Merkels Hand gewaltig und mit langen, ruhigen Schritten stapfte er über .die Unebenheiten des Waldbodens hinter den an deren her. Merkel stand nun dort, sah sich nm, er mar- allem. Nach ihm suchte keiner — und ihn ver mißte keiner. Er lies; sich am Rande des Weges auf einer großen Wurzel nieder und sauu. Hetßl ein Geschäftsmann! Trieb sich hier bei einem Fest herum unrer Menschen, die ihn kaum beachteten. Und unten am Markt im Kontor, da waltete ein neuer Geschäftsführer, den er noch nicht kannte, der noch nicht cmgearbcitct >var bei ihm. Was konnte der alles anstelle«! Aber — man mußte Boden gewinnen — festen Fuß fassen in der Gesellschaft, das war auch so wichtig. Und dann, cs war eine Schwäche, natürlich, aber er bewunderte sie doch nun ein mal so sehr, diese Männer der Wissenschaft. Ihnen nahe zu kommen, war der zw.ite Wunsch seines Lebens. Der erste, der war schon erfüllt — — da war cs eine Fran gewesen, die er gewünscht, jung, schön, blendend schön, stolz und aus edlem Geschlecht. Und die hatte er erobert, schö ner und stolzer als er sie je geträumt. Daß er fror dabei, ja, das war seine Lache. Ziwitt, ziwitt, didildüh! Die Vögel sangen so lustig überall in den Wipfeln, ^chön war das überhaupt hier im Walde, er kannte das noch tanm. Diese Luft, wie leicht sie sich atmen ließ. Man fühlte richtig, wie oie Brust sich weitete. Menschcnstimmcn klangen überall, I-clle und dunkle, zarte und laute, er sah zwischen den Stimmen die lichten Kleider junger Mädchen — Hierher, wo er saß, kam zufällig uicmaud, das war ganz beschaulich. Tie Kleine die Kleine mit den golde ¬ nen Augen! Röslein von Saron! Ein Schwesterchen fiel ihm ein, das er als Knabe heiß geliebt und dann verloren hatte, ehe er zum Mann gereift war. Goldene Augen hatte es auch gehabt, aber die waren anders in Form und Ausdruck gewesen, mandelförmig, schwermütig, voll verschwiegener Sehnsucht- — Röslein von Saron! Da, in dem verborgenen, verstaubten Her- zenstämmerchen slammte ein kleines Fcuerchen cm Kamin, brannte ein freundliches Licht. Wie behaglich das gleich war, wie es den ganzen Menschen von innen heraus wärmte. Akcrkel rieb sich die Hände, er wurde ordentlich ver gnügt. Was für Menschen das sind! Das Röslein von Saron, sein Bruder, sein Vater. Wenn alle so wären, würde die Welt viel heiterer sein, viel wärmer! Ziwitt, ziwitt, didildüh, stimmte das Vög lein ihm zu. Und da lachte Merkel. Lachte laut! Wahrhaftig. Er erschrak selbst ein wenig dar über. Es klang so sonderbar, wie eingerostet. — Mütter und Töchter hatten sich gefunden, wie sie zueinander gehörten, und wandelten nun zufrieden Arm in Arm, vergnüglich plaudernd, dem Fcstplatz wieder zu. Die jungen Leute folg ten, paarweise schlendernd. Jetzt, wo der Abend sanft und zärtlich die Nacht umarmte, jetzt sollte doch der schönste Teil des Festes noch kommen. Rosenreigen Rosentanz — — — — Frau Geheimrat Giselius, die Töchtcrlose, hatte sich das aufgeregte Frauchen cingcfangen, hatte deren kleine Hand durch ihren Arm ge zogen und sprach nun beruhigend und mütter- lich auf sie cm. Was, Angst vor dem Tanzen? Aber das ist doch gerade das Schönest, das Aller schönste. Keinen Tanzunterrictn gehabt? Ach was, einem Mädchen wie Tilla, dem saß der Tanz in den Füßen, ein flotter Tänzer, eine Deutsch«» Reich. * Die Handelsverträge de, Deutschen Reiches. Unter diesem Titel sind im Rcichsamt des Innern die sämtlichen vom Reich' und den einzelnen Bundesstaaten mit dem Auslande geschlossenen Handels-, Zoll-, Schiffahrts- und Konsularverträge zusammengestellt. Gegenwärtig ist das Reichsamt dse Innern an der Arbeit, das Werk durch einen Nachtrag und ein eingehendes sachliches Inhalts verzeichnis zu ergänzen. Im Hinblick auf di: bevor stehende Erneuerung der Handelsverträge ist das Erscheinen dieses Nachtrages sebr erwünscht. Das Werk wird jedenfalls im Herbst dieses Jahres herauskommen und im Buchhandel zu beziehen sein. * Eine bemerkenswerte Interpellation im bayrischen Landtage. Infolge der schweren Anschuldigung des Rechtsanwalts Sänger gegen den bayrischen Richterstand (Sänger hatte behauptet, daß die Urteile gegen die Angeklagten bereits vor deren Vernehmungen in der Hauptverhandlung niedergesch rieben und festgelegt würden), haben die Liberalen eine 2 n t e r p e l l a t i o n des Justizministers im Landtage beschlossen. Von unterrichteter Seite wird bestritten, daß der Justizminister sich dahin geäußert habe, eine solche Handlungsweise der Richter „entspreche den Gewohnheiten". * Keine Streikrechtstlausel für städtische Beamte. Das bayrische Staatsministerium hat dem Beschluß des Kaiserslauterner Stadtrats auf Ein führung einer Bestimmung in das Gemeindegesetz, tue den Beamten und Arbeitern der neuen städtischen elektrischen Straßenbahn das Koali- tions- und Streikrecht garantiert, die Bestätigung versagt. Die Mehrheit des S adt- rats in Kaiserslautern ist sozialdemokratisch. Ob wohl die elektrische Straßenbahn unmittelbar vor Betriebseröffnung steht, lehnt die Negierung die Er laubnis zum Betrieb wegen der Streikrechtstlausel des Gememdegesetzes ab. * Der Skandal bei der Frankfurter Sittenpolizek. Infolge der Verhaftung des Chefs der Sittenpolizei in Frankfurt a. M., Kriminalkommissar Schmidl, wurden, wie gemeldet, auch die übrigen Beamten der Kriminalpolizei eidlich darüber vor- n o in inen, ob sie jemals Eeichenke angenommen hätten. Das Ergebnis dieser Vernehmungen ist, daß gegen vier Beamte disziplinarisch ein geschritten ist, und daß diese vier Beamten ihrer Tätigkeit bei der Sittenpolizei enthoben worden sind. * Versetzung des Oberleutnants Schaadt. Wie aus Straßburg gemeldet wird, ist Oberleutnant Schaadt, der neben Leutnant v. Forst ner in der Zaberner Affäre ein Hauptteil der Schuld trug an den Zusammenstößen zwischen Militär und Zivil, in das 85. Infanterie-Regiment nach Rendsburg versetzt worden. Oberleutnant Schaadt, der als einziger von den an den Zwischen fällen beteiligten Offizieren noch dem 99. 2nf.-Regt. angehörte, war durch Abkommandierung aus Zabern entfernt worden. * Der letzte Entschädigungsanspruch. Wie die „Straßburger Post" mitteilt, hat das Gutachten der Sachverständigen in der Klage des Arbeiters Fritsch auf Zahlung von 300 Mark als Entschä digung für ein Leiden, das er sich infolge seiner Inhaftierung im Zaberner „Panduren"- keller zugezogen haben will, eine teilweise Berechtigung des Entschädigungsanspruches an erkannt. Heer und Zlotte. Das vermißte Unterseeboot „v 8" wiedergesunden. Seit Sonntag nacht wurde das Torpedoboot ,,I) 8" vermißt. In der Nacht vom Sonntag zum Montag rief ein fremdes Fahrzeug, das seinen Namen nicht nannte, die Funkcustation Wilhelms Haven an und teilte dieser mit, daß ein Torpedoboot 12 Seemeilen nordwestlich von Helgoland mit Ala schinenschaden auf dem Wasser treibe. Das Stations schiff „Helga" verließ sofort nach Eintreffen der Meldung den Helgoländer Hafen. Sowohl der „Helga", als auch einigen uns Wilhelmshaven so gleich ausgelaufenen Torpedobooten war es jedoch nicht möglich, „O 8" zu entdecken. Ebenso blieben die Versuche der Marineflugzeuge, die am Dienstag mit der siebenten Halbflottillc zusammen nach „v 8" suchten, erfolglos. Es bestand daher die Vermutung, das; ,,l) 8" von dem Fahrzeug, das zuerst nach Wil helmshaven die Meldung gab, gerammt wurde und gesunken sei. Gestern in später Nachtstunde kam end lich die telegraphische Meldung, das vermißte Tor weiche, süße Walzermelodie — und dann ging cs ohne weiteres, ganz von selbst. „Hauptsache, inan hat einen netten Tänzer," sagte Fran GiseliuS „sind Sie denn zum Reigen aufgcfordcrt?" Frauchen nickte strahlend. „Ja, fünfmal!" „Das genügt. Und wen haben Sic sich denn ausgesucht von den Fünfen?" „Ich muß doch den nehmen, der es zuerst gesagt hat," erwiderte Frauchen ein wenig niedergeschlagen. „Ach Gott bewahre, Sic Schäfchen," schalt die Geheimrätin. „Gerade zum Reigen müssen Sie sich den aussuchen, der Ihnen von allen der Liebste ist. Das kann man schon einrichten, ganz fein und schlau, daß niemand sich gekränkt fühlt. Wer hat cü Ihnen denn zuerst gesagt'?" „Ter langweilige Berger," sagte das un gerechte Kind. „Und mit wem würden Sie am liebsten tanzen?" „Mit Herrn Irmeling" — gestand ganz leise das roienrote Prmzeßlein. Die Geheimrätin drückte das Händchen in ihrem Arni. Ach Gott, ihre beiden'blassen ge lehrten Jungen daheim mitsamt ihren Brillen. So ein Mädel Hütte sie haben mögen, so ein heißeS, süßes, lebendiges Mädel. „Das sind die hübschen Alcmannensüchse, nicht ivahr? Zwei gute Freunde ? Das erschwert die Sache ein wenig. Aber wir wcrden's schon einrichten, wozu bin ich denn im Vorstand? Welches ist denn der Irmeling?" „Der Blonde," flüsterte Frauchen errötend. Das einzige Wort war eine ganze Liebkosung, ein langes, verschämtes Geständnis. Die alte Dame lächelte mit den Lippen und im Herzen. „Na warten Sic, Sic sollen mit ihm tan zen, mit Ihrem Blonden." Frauchen fand die alten Damen gar nicht' mehr so gesährlich. (Fortsetzung in der Morgenausga-eI'
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