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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.10.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191410254
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19141025
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19141025
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1914
- Monat1914-10
- Tag1914-10-25
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Seite le. Nr. S4L vonmsss»kusgsde. Leipziger Tageblatt. Sonntag. 25. vktover 1914. was unsere Soldaten schreiben. Der Leipziger Krastautobu, al» Retter ia der Not. (Abdruck amtlich genehmigt.) Im Lazarettzug T . . . .—Dresden. »Lieber Herr Kollege! Gelt, da staunen Sie und sragen, was ich wohl im Lazarettzug mache? Um cs gleich vornweg zu nehmen: am Dienstag — heule vor acht Tagen — habe ich ein paar Verwun dungen erhalten: einen Streifschuss am rechten Schulterblatt und ein zweites Granatsplitterchen in die linke Kniekehle. Schlimm ist beides nicht, aber ich bin jetzt leider für einige Zeit lahm gelegt. Nun, es wird sich schon bald wieder machen! Wie ich in Len Zug nach Dresden, nach der Heimat, komme sich steige natürlich in Leipzig aus!), werden Sie fragen. Sehr einfach: Born ist die Parole: Alle Verwunde ten, soweit sie transportfähig sind, soweit zurück als möglich, denn vorn wird der Platz für die Schwer verwundeten gebraucht. Wir — in unserem Wagen find wir unser Offiziere — fühlen uns im Laza- retlzug sehr wohl. Mr ärztliche Hilfe und des Lerbes Nahrung ist ge>orgt; wenn nur die Fahrt rascher ginge! Seit gestern nachmittag ^4 Uhr sind wir unterwegs, jetzt ist s 6 Uhr abends durch, also über 26 Stunden fahren wir schon, und sind noch immer in Belgien. Ein Gutes Haden die vielen langen Halte des Zuges: man kann schön seine Korre spondenz, mit der man ja arg ins Hintertreffen ge kommen ist, von einem Halt zum andern bequem er ledigen. Und doch müssen wir froh und zufrieden sein — und wir sind es auch! daß wir jetzt jo schön, wenn auch langsam (schließlich haben wir ja auch Zeit) auf der Eisenbahn fahren! Denn, wie sind wir bis zur Eisenbahn gekommen! Bon der Feucrlinie, aus der ich erst 1 bis 5 Stunden nach meiner Ver- wundung heraus konnte, zum Truppenoerbandsplatz, teils gekrochen, teils ldcr allüberall ein chlagenden Granaten und der Maschinengewehre wegen > laufend und rennend, zum Schlug, da mein Bein nicht mehr milmachle, von zwei selbst verwundeten Soldaten ge tragen. Bon dort auf dem Bock des Sanitätswagens fitzend zur Sanitätskompanie, auch hierbei noch von vereinzelten Granaten gefährdet. Aber wir waren glücklich: wir fuhren doch wenigstens! Die Sanitätskompan'.e schickte mich wieder zum Feldlazarett "Nr. 11, das zum Glück ganz in der Nähe war. Mittlerweile war es spät Abend geworden. Wie ich so im Dunkeln neben einem Stabsarzt, der m der Gesechtslinic den Verwundeten hatte Helsen wollen, dabei aber selbst einen Schuh durch den Arm erhalten hatte, zwar etwas abgespannt, aber doch guten Akutes auf einer Bank sitze, und der Dinge harre, die da kommen sollen, geht aus einmal der Kollege Dr. Rudolf S. aus L. bei mir vorüber. Ich rief ihn natürlich an und erfuhr von ihm, daß er hier Lazarettverwaltungsinipettor ist. Wie man doch so seine Leipziger Kollegen wiedertrifft! Um auch das gleich vornwcgzunehmen: ich habe auch viele Kollegen verwundet getroffen, so z. B. D. Hans <Schuh durch Brust und Lunge), W. (Splitter an der Munogegend), Ihren "Namensvetter S. aus der Pctcrsfiraße und noch so manch anderen von der Fakultät (Dr. F. schwer, man sagt lebensgefährlich, verwundet). Auch mancher ist tot. Doch zurück nach M ! Dort lag nämlich das Feld lazarett "Nr. . . . Daß S-, so gut er konnte, für mich sorgte, ist klar. Bon ihm erhielt ich auch einige der schön mehrere Tage entbehrten Zigaretten ge chenkt l Belgier, ganz schwarz, abscheuliches Kraut, ater sie rauchen doch und werden mit Genuß geraucht!) Bei S. blieb ich nun einen Tag und zwei Nächte, oder richtiger 1^ Nächte; denn in der zweiten Nacht gings irüh in der 4. Stunde fort nach C. Das war eine Tour! Inzwischen hatte ich nämlich noch zu ollem lleberfluß eine linksseitige Bindehautentzün dung gekriegt, die mich zwang, beide Augen immer geschlagen zu halten. Ein Berliner Autobus nahm uns auf; ich hatte einen Sack erwischt, auf dem ich's mir bequem machen konnte. Gegen 7 Uhr früh waren wir in C. Das war voll von deut chen Sol daten, aber alle mehr oder weniger verwundet. Ich wurde auf dem Umweg übers Rathaus nach dem Mililärhospital gebracht in einem höchst Herrschaft lichcn Auto. Mit mir fuhr Dr. W. aus Leipzig, er war sehr betrübt und niedergeschlagen, daß ihm eine Lungenentzündung die weitere Führung seiner Kam panie unmöglich gemacht hatte. Im Militärhospital lag ich wiederum einen Tag und eine Nacht. In der Nacht kam ein unkontrollierbares Gerücht, Franzosen rückten an, wir liefen Gefahr, in franzö sische Gefangenschaft zu geraten. Das war für uns natürlich Grund genug, die sonst so gastliche Stätte eilends zu verlassen. Bonn Tore hielt gerade ein L e i p zi ge r K r a f t a u t o b u s. Er stand eigentlich, der Befehle harrend, zur Verfügung eines Arztes, aber wir erreichten es doch, daß wir von ihm durch C. durch bis zur Etappenstrafze gefahren war- den. Dort verschaffte uns ein zufällig vorbcikommen. der Arzt einen zweirädrigen (französfichen) Wagen. Ich war nämlich nicht allein: ein am Fuh verwunde len 1k>7er Offizier der Reserve und einige Landser von 163 bildeten außer mir meinen Transport. Die 133er waren gleichfalls verwundet, sie halten sich meiner im Militärhospital angenommen, so daß ich sie zu meinen Burschen ernannte und für sie sorgte, wie sie für mich sorgten. Einer muß eben nn Felde dem anderen helfen, das ist nun einmal ganz selbstverständlich (Gott sei Dank!) Nun fuhren wir mit unserem Pferdchen los. Zum Glück hatte ich Lebensmittel (d. h. Brot, Fett. Kakes, einen guten Käse, mehr gab's in C. nicht mehr) durch den einen 133er einkaufen lassen. Natürlich teilten wir alles redlich und lebten so ganz herrlich und in Freuden, in Freuden vor allem deshalb noch nut, weil wir auf dem besten Wege waren, der angeblich drohenden Gefahr der Gefangen nahme zu entgehen. Und noch größer ward die Freude, als P. (der 107er) Tabak zum Vorschein krachte; ein Landser hatte Zigarettenpapier, und so wurden die bei uns so delikaten „Stäbchen" gedreht! Abends blieben wir im Feldlazarett Nr. ... in S. Die beiden Krankenwärter waren Leipziger und freuten sich riesig, Leipziger Offiziere, die ihren Humor noch behalten hatten, bewirten und pflegen zu können. So kamen wir diesen Abend noch zu dem seltenen Genuß einig:r Gläser Grogs. Wir sP. und ich) fühlten uns dort so wohl, daß wir uns am an deren Morgen zu rasieren beschlossen. Das geschah auch, und nun waren wir wied.r „Kavaliere" sca. 3 Woch'n lang hatte ich mich nicht rasieren können). Außerdem hatten wir uns auch mal wieder fein ge waschen!!! Am anderen Tag ging es mit irgend einer Kolonne und auf irgendwelchen Autos weit:r bis I., wo wir wieder in einem Lazarett blieben. Von dort wieder im Auto (diesmal Berliner G.'sell- schaftsauto) bis T.. non wo aus ein Bähnchen nach Couvin geht. In Couvin ist ein tadellos eingerichtetes Kriegs lazarett (sogar Röntgmkabinett!). Hier wurde mir am Montag, den 11. (also gestern vormittag), der Splitter aus dem Beine herausgeschnitten. Die Wunde eitert etwas, aber ich sühle eine bedeutende Erleichterung. Langsam (aber sicher) fahren wir nun der Heimat zu, und die Genüsse steigern sich, je näh.'r wir ihr kommen! Zn S. Grog, in I. richtiggehende Zigaretten, und bei der Abfahrt — wir trauten unseren Augen kaum! — frische Blut wurst, und wie viel!!! Dazu frisches Brot! Zn Couvin Zigarren (deutsche!) und Schokolod.', und gestern abend im Lazarettzug Butterbrot mit Schinken und eine Flasche deutsches Bier! (Berliner Kindl!) Welche Genüsse mögen unserer erst in der Heimat warten! Na, wir werden s ja sehen? — So, mein lieber Kollege, haben Si: erfahren, wie mir's in den letzten Tagen gegangen ist: Sie sehen, im großen und ganzen ganz gut. Nun muß ich aber Schluß machen, denn auch das Papier, das mir der eine Arzt liebenswürdigerweise zur Ver fügung gestellt hat, neigt sich dem Ende zu, und ich will sehen, daß ich noch ein paar Briefchen schreiben kann. Also, leben Sie wohl, seien Sic herzlichst nebst Ihren Lieben allen gegrüßt und auf frohes Wiedersehen in Leipzig Ihr getreuer B." Auf Patrouille. «Abdruck amtlich genehmigt.) Ich bin eben l'F6 Uhri von einer Offiziers patrouille wohlbebalten zurückgclehrt. Die Pa- trouillen heißen bei uns „Todes- ritte", denn meistens passiert etwas dabei Ich habe heute großes Glück gehabt, nicht angeschoßen worden und dabei viel gesehen. Erst vor ein paar Tagen ist bei solch einer Sache ein Kamerad von uns, ein Bizefcldwcbel, geinllen. Ich kannte ihn schon von früher her, er war Tübinger Korpsstudent und ich war auch während des Krieges viel mit ihm zusammen Noch am Morgen sprach ich ihn, er ialulierte vor mir und sagte mit seinem gewohnten ironischen Lächeln: „Knrckurl re «'lutsall". Und das sollte Wahrheit werden Am nächsten Morgen sah ich ihn im Spritzenhaus aufgebahrt liegen neben einigen feiner Leu.e die auch gefallen waren. Er hatte zwei Brustfchüsse und einen Kopischufz. Augenscheinlich hatten die Fran oseu, wie sie das tun pflegen, eine Salve auf den voranstürmenden O fizier abgegeben. — Heute um 4 Uhr, es war noch stockfinster, machte ich mich mit meinen 15 Leuten auf den Weg. ich voran, mir zur Seite mein trefflicher geireuer Bursche und noch ein sehr brauchbarer Mann, der im Hauptberuf Biehhirt und im "Nebenberuf Wilderer ist, und sich dementsprechend in Wald und Feld gut auskennt, ein ganz verschlagener Bursche. Die übrigen folgten 50 Meter hinterdrein So pürschten wir uns die Berge hinaus. Langsam oings natürlich, streckenweise mußten wir aru dem Bauche kriechen. Die Fran zosen haben, zum Teil schon vor Anbruch des Krieges, wie uns glaubhaft versichert wurde, alle beherrschenden Punlte in den Vogesen besetzt, drum ist es ungeheuer schwer, ungesehen an ihre Stellungen heranzukommen Immer läuft man außerdem Ge- lahr, sich in dem vielfältigen Gewirr von Schluchten zu verirren. Aber landschaftlich ganz wunderbar. Wir kamen bis ganz nahe an den Großen B. heran und waren bis über 10(10 m hoch. Es war uns ge lungen, Zwischen den französischen Posten hindurch zu schlüpfen und so hatten wir öfters das Ver gnügen, große französische Schützenketten von hinten zu sehen An einen Posten schlichen wir uns bis etwa 200 m heran. Mrt dem Glas konnte man ganz deutlich die Gesichtszüge der Leute erkennen und wir hörten ihr Geschwatze. Der Finger im Abzug meiner Mauserpistole zuckle mir, iu verführisch wäre es gewesen, die Kerls, die so schön in ganzer Figur vor uns standen, wegzuputzen. Doch dann wären wir verloren gewesen; die ganze Postenlinie wäre alarmiert und uns der Rückzug abgejchnitten worden, deshalb in aller Vorsicht wieder zurück. Auf dem Rückweg über Stock und Stein bergab ver ¬ irrten wir uns und standen plötzlich vor einem allein stehenden Haus. Ich ging mit meinem Burschen vorsichtig hinein und stieß die Tür auf. Gott >ei Tank! keine Franzoien, sondern im Lehnstuhl ein Mütterchen und am Tisch der Alte, der grade beim Essen war. Er mußte uns den Weg zeigen. Als ich zurückkam, ersuhr ich, daß die Franzosen eine starte Abteilung, eine Feldwache von uns, also direkt in unserem Rücken, angegriffen hatten. Es hat einen heftigen Kampf gegeben. Einer unserer Leute hat durch ein Dum-Dum-Geschoß eine furchtbare Wunde erhalten. Bei einem toten Fran zosen wurden noch mehr solcher Geschoße gesunden. Wir sollten mit denselben Mitteln arbeiten, es ist eben ein Vernichtunoskrieg. — Eben habe ich ein Bad genommen!!! Welch ein Luxus!! Das ging so zu: Als ich gestern abend von einer 36stün- digen Feldwache aus dem D . . . . berg (über 800 w) im Schneesturm und Regen nach der Kompanie zurückkam, fand ich die Offiziere in dem fürst lich eingerichteten Herrenhaus einer Fabrik einquar iert und bei sailemmerhajtem Mal vereint. Ich kam gerade noch dazu zurecht einen alten roten Bordeaux uno einen weißen von 1891 mitzutrtnken. Darauf folgte Erdbeerbowle mit Erdbeeren aus dem Park. Ich konnte leider nicht lange mittun, da ich am nächsten Tag schon um 4 Uhr auf Pa trouille mußte 2n dein wundervollen Himme ber des Schlafzimmers (Louis seizes schlief ich wunder bar. Heute abend wieder feudales Abendessen und dann musikalische Soiree im Musitzimmer. Der Besitzer der Fabrik ist ein französi cher Staatsangehöriger, namens G., er ist irgendwohin verduftet. Die Fabrik ist zusammengejchossen und tuetct ein trauriges Bild, nur das Herrenhaus ist glücklicherweise heil gebtieden. Aber wie lange soll das Eötierleben noch bauen.? Ich fürchte, nur kurz Immerhin muß man die paar Tage gehörig ge nießen. Uebermorgen muß ich fowieso wieder auf den D hoffentlich nicht wieder ins Schnee ¬ gestöber! Doch jetzt Schluß, auf ins Musitzimmer. Vielleicht — Wir haben hier furchtbar wenig Zeit und die Schreibmaterialien sind ausgegangen. Herz lichen Gruß " flus -er §el-nummer2 -es,Lan-sturms". Was der Deutsche anfaßt, das führt er auch be harrlich ans Ende. Und als unsere wackere 3. Komp, des K. S. Landsturm-Bataillons Nr. 1. Leipzig, zur Feder und zum Winkelhaken griff und das „einzige deutsche Militär Wochenblatt auf Frankreichs Flur", das sich so schlicht und treffend „Der Landsturm" nennt, ins Leben ries, da war es ausaemachte Sache, daß es zwar der „erste und letzte Jahrgang", aber sicherlich ein Jahrgang werden würde. Daß es im übrigen mit dem jungen Unternehmen rüstig vor- wärtsgeht, beweist die Feldnummer 2 „Am Jahres tage der Völkerschlacht bei Leipzig", die uns vom Verlage: Vouziers, Rue Chanty 1, zugesandt wurde und am Kopf den stolzen Vermerk trägt: Auflage 1. bis 30. Tausend. Ernst Lissauers bekanntes Gedicht an England ist der Leitartikel, ihm folgt eine längere Betrachtung von „Meyer" über den „Weltkrieg" und als Feuilleton interessante Abschnitte aus dem „Kriegstagebuch" des Eefr. Schob. der über seine Erlebnisse als Wachthabender in Savigny plaudert. Der Leipziger Rechtsanwalt Dr. Schroembgens hat eine fesselnde Beschreibung des historischen Zimmers in Doncherr> deigesteuert, in dem einst Bismarck und Napoleon über die Kapi tulation von Sedan verhandelten. Auch erzählt er, wie am 10. Oktober 1914 ein „Hoher General" in dem engen Stübchen geweilt und der Alten, die ihn geführt, vier deutsche Zwanzigmarkstücke 1914 mit dem Bildnis des Deutschen Kaisers geschenkt habe. „Und als die Alte ihm die Hand hingestreckt und in seine Augen blickt, da geht eine Bewegung durch ihren Körper, Zittern überfällt sie, sie erkennt ibren hohen Besucher und sagt. zu ihm: „Vorn, etov llomporeur allomLnck." Ja, er war es. Unser Kaiser weilte am 10. Oktober 1914 dort. Der Kaiser hatte der alten Mutter auch auf einem Blatt Papier seinen Namen „OuillÄume" eigenhändig ausgezeich net. Das Glück und der Stolz der Frau hierüber läßt sich überhaupt nicht beschreiben. Zwei wahre Geschichten, die in Leipzig und bei Sedan spielen, zwei liebenswürdige Gedichte von E. Janssen und die Kriegsnachrichten von der Etappen-Inspektion der Hl. Armee am 16. Oktober 1914, die den Fall Antwerpen melden, und ein „Hym nus: „Antwerven unser!" bilden den übrigen redaktionellen Inhalt. Nicht vergessen werden darf aber noch eine Frage, die unter der Rubrik „Wo bleibt die Feldpost?" steht und also lautet: „Warum ist die Feldpost blau und nicht feldgrau ausgerückt?" „Weil man sie sonst überhaupt nicht sehen würde." Im Anzeigenteil lesen wir, daß „heute abend ein großes Monstre-Konzert unter Lertung des Wirkl. Geh. Obcrmusikmachcrs Marzellus" stat.finden wirb, baß von 12—1 Uhr militärische Platzmusik vor dem Rathause und am 18. Oktober die erste dies jährige Fuchsjagd der Garnison Vouziers abgohaiten wird. Außerdem „hält sich die Abt. f. Tiefbau des Sandsturm-Znf.-Bataillons Leipzig zum Aus heben von Schützengräben, Herstellung von Verschanzungen ufw. empfohlen." Eine durchlaufende Anzeige teilt zum Schluß mit, daß „Leipziger Liebesgaben mit Sehn- sucht erwartet und dankend an, genommen" werden. „Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leide!" Wollen wir unsere schriftstellernden Leipziger Landsturmleute leiden laßen? heitere Kleinkunst in -en „ölumenjäien". Nach zweimonatiger Pause hat das einstige Kabaret „Blumensäle" wieder die Pforten zu seinen vornehmen Räumen geöffnet und wenn aucki der Name „Kabaret" aus Deutschland ver wiesen wurde und der „Bühne für Kleinkunst" Platz machte, so hat er doch nicht die Behag lichkeit des Verweilens mit sich genommen. Es läßt sich auch unter dem .Himmel der neuen Firma gut leben, und die Gemütlichkeit erleidet selbst unter den etwas unnötig langen Pausen feinen Schaden. Es ist ja, rein äußerlich ge nommen, manches anders geworden. Tie lebens lustigen Jünger und Jüngerinnen der heiteren leichtgeschürzten Muse haben sich voll Entsetzen abgewandt von den übertrieben frivolen Er zeugnissen einer uns jetzt feindlichen Kunst und sind reumütig zurückgckehrt zu einer zwar etwas einfacheren, aber nicht minder unterhaltsameren deutschen Kunst. Daß natürlich der Stunden schlag unserer besonderen Zeit auch in diesen der leichteren Kleinkunst geweihten Musentrmpel herüberklingt, braucht eigentlich nicht besonders betont zu werden. Professor A. G. Wurmb weist in einem geschickt vorgetragenen Prolog auf das „Wieso" und „Warum", das das Kabaret in eine Bühne für Kleinkunst verwandelte, hin und überläßt es im übrigen mit Recht den zur zeit verpflichteten Künstlern, die Zuschauer da von zu überzeugen, daß in der Güte des Ge botenen zwischen dem einst und jetzt kein Unter schied besteht. Die Geschwister Hage mann erweckten durch ihre Biedermeierlieder und niedlichen Menuetts von selbst die Erinne rung an eine Zeit, die bescheiden in ihren "Ansprüchen war und sich allein genügte. Der sächsische Humorist Heinz Krüger unter streicht die Bescheidenheit schön äußerlich durch die Einfachheit seiner Vorträge und seines Sich- Gebens. Er verfügt im übrigen über sehr viel trockenen Witz und Humor und eine nicht all tägliche vis comies, so daß es ihm um Erfolg nicht bange zu sein braucht. „Zeitgemäße "Aktstudien" von A. S. Wurmb nennt sich eine Folge von lebenden Bildern, die von Wie ner Modellen dargestellt werden. Durch eine sinnreiche szenische Anordnung ist diesen von drei gutgewachsenen Damen gestellten Bilder der Ein druck des "Allzudeutlichen, Groben genommen worden. Zarte Gazeschleier geben dem Ganzen etwas ungemein Stimmungsvolles. Nur würde es sich empfehlen, in Zukunft das Podium zu erhöhen, um allen Bildern zur vollen Wirkung zu verhelfen. Das Programm, dessen Pausen durch die bekannte Kapelle Hunyaczek in gewohnter trefflicher Weise ausgefüllt werden, verzeichnete noch die Aufführung des bekannten Vaudevilles „Kur mär ter und Pikarde". Der vorgeschrittenen Stunde wegen konnten wir der Aussührulm leider nicht beiwohnen, hörten aber, daß das Stück dank des flotten Zusammen spiels des Herrn A. G. Wurmb und des Fräu leins "A. Hagemann einen durchschlagenden Erfo g hatte. ' —e. Meyers Historisch, Geographischer Kalender. XIX. Jahrgang. Mit 365 erläuterten, historisch und geographisch denkwürdigen Landschafts- und Städtebildern, Porträten, interessanten Darstellun gen aus dem Gebiete der Literatur-, Natur-, Kul tur- und Kunstgeschichte, einer Gedenktagerubrik und einer Iahresübersicht mit astronomischen Notizen. Als Abreißkalender eingerichtet. (Preis 1 Mark 85 Pfennig.) Verlag des Bibliographischen Instituts in Leipzig und Wien. — Trotz des Krieges erschien soeben als Vorbote für das kom mende Jahr „Meyers Historisch-Ecographischer Kalender für 1915". Wie der Verlag bei Ueber- sendung des Besprechungsstückes mitteilt, war der Druck der Auflage gerade beendet, als der Krieg ausbrach. Der neue Jahrgang kann also noch keine Angaben über unsere Kämpfe und Siege in Ost und West bringen. Doch bietet er in der Spalte „Be merkungen" genügend freien Raum zur handschrift lichen Eintragung der Kriegsereignisse. Es dürfte sich also empfehlen, den Kalender baldigst zu be schaffen und ihn nach den amtlichen Meldungen von den Kriegsschauplätzen selbst zu ergänzen. ,Meyers Historisch-Geographischer Kalender", der auch in der Sckwle die besten Dienste leistet, sei allen, die ihn noch nicht kennen, warm empfohlen. Nirsere in allen Abteilungen danevn u. bieten große Vorteile.
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