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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.03.1918
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1918-03-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19180326010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1918032601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1918032601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1918
- Monat1918-03
- Tag1918-03-26
- Monat1918-03
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Morgen-Ausgabe «e,«a»prri,: L M »««rtelsldkttch M. < 00 sl, Add«I«k m,nal>!ch M. 1.7S: »«ich ,»s»r« -««würrig«i« isMalrn I»« -«»» ,«drachl monatlich M. »tartal- Itdkltch M.SL0; »urch tl« Paft lnnardalb D«ot!chland« Valamt-BOlgab« «natilch M. LIS. »larlallüdrllch M. 6.7ä; Morain-Aa«ea>»« M. »Fa M. 0,S0, S»nntaa1-L»«->>d» Ll. UL0 »aaatltch <au1Ichll«blich D»lid«st«Ua«hadk>. Hauotschristlelter: Dr. Erich Lverlh, Letpz«-. /Imrsblatt des Rates und des polbteiamles der Stadt Leipzig 112. Jahrgang rlnzelgenprois: r'W Aaaalaa» ». «ahtrdan i» »»II. Lall »,« »v VI. » M vti. »lat»« Sni«t,«» »«« a»t,»«ij»il« »v VI. ,,«<o»kt« SS Dalchlftaanjela«» aut pl»t»,rIch»N«i, i» V««tl« »kdtdi. D«a»,,», »«laMlaallaa« in. 7^ »«, r«»i,n» „«Ichl. StWZain,»«! l» Vl. — 8«Nt»,< t» p! U«»htrach il»lchl», l«S»L l««„ «at - l?.N'»««»oa„ /», vchrittl«lt»», «»» ch«ich»tt«I,I. S»d»»»«e»II« it«. Verlage vr Aeinyol» E Lo. Lewila. Nr ISS Dienstag, den 26. März IM 8 Vorwärts zwischen Somme und Oise Anaufhaltsam vorwärts! vtb. Berlin, 25. März, abends. (Amtlich.) > Harle Kämpfe zwischen Bapaume und Peronne. Wir warfen den Feind hier auf seine allen, vor Beginn der Somme- fchlacht 1916 gehaltenen Stellungen zwischen Ancre und Somme zurnck. Zwischen Somme und Oise sind unsere Truppen kämpfend im Vordringen. * * * wid. Berlin, 23. März. (Amtlich.) Seine Majestät der Kaiser sandle vom Schlachtfeld der großen Schlacht in Frankreich das folgende Telegramm an Ihre Majestät die Kaiserin: Großes Hauptquartier, 25. März, vormittags. Ihrer Majestät der Kaiserin, Berlin-Bellevue. Heute nacht fiel Bavau m c nach schwerem Ringen. Meine siegreichen Truppen sind im Bordringen von Bapaome nach Westen. Weiter südlich Vormarsch auf Albert. Die Somme oberhalb Peronne wurde an vielen Stellen überschritten. Der Geist der Truppen frisch wie am ersten Tage. lieber 45 VW Ge fangene, über 600 Geschähe, Tausende von Maschinengewehren, ungeheure Bestände an Munition und Verpflegung, ähnlich wie nach Isonzvschlacht in Italien. Gott war mit uns! Wilhelm. Der zweite deutsche Sieg vvtb. Berlin, 25. März. (Drahtberich!.) In der größten Schlacht des Krieges, wie die Engländer selbst den Riesenkampf im Westen nennen, hat das britische Heer am 24. März beiBapaume eine zweite schwere Niederlage erlitten, lieber Vapaume,P6ronne,NeSle, Guiscard und Chauny hinaus ist der Feind geworfen. An einzelnen Stellen ist die brutsche Infanterie in ununterbrochenen harten Kämpfen bis zu <10 Kilometer vorgestoßen. Aus allen und eiligst aoS- gehobeneN neuen Stellungen mußte der Feind der blanken Waffe weichen. An anderen Stellen schoß ihn unsere Artillerie, ost vor der eigenen Infanterie offen auffahrend, heraus. Deutsche Tanks, die sich vortrefflich bewährten, durch erbeutete englische Tanks verstärkt, hatten hervorragenden Anteil beim Brechen des tapferen feindlichen Wider standes. Die heftigen Gegenangriffe frischer englischer wie auch fron- Micher Infanterie- und Kavalleriedwisionen scheiterten nach heißem Ringen unter schwersten FeindeSvcrlusten und kosteten bei GuiS- card-Chauny dem Feinde allein 100 Offiziere, 3500 Mann, 18 Ge schütze und zahlloses Kricgsgerät. An vielen Stellen deS weiten Schlacht feldes häufen sich die Zeichen eines fluchtartigen Rückzuges und erinnern an die Katastrophe der italienischen Armeen am Isonzo. Die englischen RückzugSslroßen liegen unausgesetzt unter schwerstem deutscher. Fernfeuer. Schon brennt, den vorgehenden Deutschen erkenn bar, der wichtige englische Bahnhof und Eisenbahnknotenpunkt Albert, dem die südlich Bapaume vorrückenden denlschen AnariffS- kclonnen zustreben. Zahllose, zu Gegenstößen eingesetzte britische Tanks, untermischt mit zusammcngeschosscnen Motorbatterien schwersten Ka libers, liegen zertrümmert in den Straßen. An einer Stelle siegt «ine ganze Batterie mit 25 toten Pferden. Ungeheure MunilionSstapel von vielen Hunderttausend«» von Artllteriegeschossea türmen sich hier und da hoch empor. Ganze Lager mit reichen Vorräten fielen völlig un versehrt in deutsche Hände. ÄaS unsere Infanterie hier an Bekleidungs stücken und Nahrungsmitteln vorfand, übersteigt jede Vorstellung. Daß all dieses gewaltige Material nicht vorher unbrauchbar gemacht worden war, erklärt sich nur aus der völligen Kopflosigkeit, die di« englische Führung anscheinend bis in die untersten Grade ergriff. Technisch taktische Vorarbeiten, wie sie das ganze Schlachtfeld aufweist, lasten klar erkennen, daß der Engländer bis in die letzten Tage hinein versuchte, sein an sich schon raffiniertes VerteidigungSsystem bis zur äußersten Konsequenz auSzubauen. Das gilt in erhöhtem Maße von den un erhörten Munitionsmengen und zahlreichen Depots, die in unsere Hand fielen. Daß der Gegner von allen unseren Vorarbeiten bis zur Stunde l es erfolgten Angriffs nichts merkte, ist durch Aussagen zahlreicher eng lischer Offiziere zweifelsfrei festgestellt. Die Geheimhaltung der deut- scheu Pläne gelang in mustergültiger Weise. Die Höhe der Tausende geaommeuer Maschinengewehre läßt sich nicht annähernd augebeu and übersteigt alles bisher Dageweseu«. Der mlaashattsame Sturmtaof unserer unvergleichlichen Iasauteri« läßt keine Zeit zur Zählung der gewaltigen Bestände an KriegSgerät, Lebensmitteln und sonstiger Deute, außer weit über 600 erbeuketeu Ge schützen, viele verfchüttet oder außer Gefecht gesetzt. Die unerhörte Leistung der deutschen Armeen konnte nur erzielt werdea von einer Gruppe, dl« vollständig in der Hand ihrer Führer aller Grad« war. Das Vorbrechen der deutschen Infanterie in dem dichten Rebelmeer am Vormittag« zersprengte die gegnerisch« Befehlsgebung. In alle« Phasen der folgenden Kämpfe zeigte sich, daß di« englisch« Führung nahezu völlig auSgeschaltet war. Bis zum letzten deutschen Traiasoldaten wollte jeder einzeln« Mann seinen Teil an den begonnenen Erfolgen haben. Es war, als trieb« «ine unsichtbare magisch« Kraft nahezu eine ganze Million Menschen einem großen Ziel und der Erringung der Entscheidung zu. Durch das zum Teil kopflose Vorwcrfen seiner Reserven und um sich gegen eine drohende Gefahr von Nordea Luft zu verschaffen, hat der Engländer seine Niederlage am 22. und 23. März nur vergrößert. Das Beulefcld, über das die Deutschen vordrangen, stellt mit seinen un erhörten Mengen Munition, Pioniergerät und Lebensmitteln einen Wert von ungezählten Millionen dar. ES wurde kaum der leiseste feind lich« Versuch gemocht, dies« Bestände zu vernichten. Nur eine Armee, die sich vollständig geschlagen fühlt, Kana dar Kampffeld in «iaer solchen Gestalt dem Sieger überlassen. Hieran können auch die Berichte der Gegner nichts ändern. Der Sieg ist und bleibt bei unseren deutschen Waffen. * * * vtb. B«rlln, 25. März. (Drahtberlcht.) Dts deutschen Skurm- datalllone haben sich, wie stets, so auch in der letzten Schlacht überall her vorragend bewährt. Südlich Savy fuhren die Haubitzen eines solchen Bataillons blS auf 350 Meter vom Feinde, ja sogar vor der eigenen In fanterie, auf und schossen den Gegner aus seinen Stellungen heraus. Glänzend war der Schneid der Sturmtrupps unter der persönlichen Füh rung oft bewährter Kommandeure. Oberleutnant Schneider, ein in vielen Kämpfen erprobter Offizier, fiel an der Spitze seiner Leute, nachdem er persönlich mehrere Maschinengewehre mit Handgranaten niedergckämpfk hatte. Zwei weitere Sturmtrupp Offizier«, die persön lich ein feindliches Maschinengewehr stürmten, kamen btS aus drei Schritte heran und wurden dann verwundet. Die Stimmung der am Angriff beteiligten Truppen ist glänzend. Obwohl drei Tage ohne Schlaf, läßt Eiegesfreude sie alle Strqpazen vergessen. Dte Verpfle gung auS unserer englischen Beute ist vortrefflich; überall finden dte deutschen Truppen Tabak, Zigaretten, Konserven und andere hochwill kommen« Dinge. Ein doppelter Umzingelungsversuch? Genf, 25. März. (Elx. Drahtberlcht.) Dl« französische Presse fährt fort, dl« Widerstandskraft der englischen Verbündeten in der große» Schlacht tri Westen zu verherrsichen und dem Publikum vorzulügen, daß di« Deutschen nur an oereiuzekten Stellen über die erste englisch« Lini- hinauSgekomme« seien. Di« englischen Reserven seien noch nicht einmal herangezogeu. Man dürfe mit einer baldigen Gegenaktion rechnen, die das Schtachtblld vollständig ändern würde. Auch Austerlitz, so ruft eluer dieser RegierungSfiratege« aus, Hal mit einem Rückzug begonnen. General Lacroix setzt im „TempS auseinander, daß der deutsch« Schlochtplan sich noch nicht deutlich adzeichne, daß ,S sich aber wieder nm «inen doppelten UmzingetungSverfuch Handke, der rechtzeitig zu verelleln fei. Genf, 25. März. (Drahtberlcht.) Ein« HavaSnote bezeich net die Gefamtlage an der Westfront als ernst, wie eS bei dem Aufgebot zahlreicher deutscher Divisionen und der Nachziehung starker Reserven unvermeidlich sei. Di« Engländer Kämpfen im Verhältnis von 1:4. Die Verteidigung der Hauptstadt Genf, 25. März. (Eigener Drahtberlcht.) Die Unter redung Clemenceaus mit General Petatn in Compidgns hängt, so melden die Blätter, mit der vom .Mäkln' angekündigten Aktion zur möglichsten Entlastung der hart bedrängten britischen Streitkräfte zusammen. Der Pariser Mllikärgouverneur Dubai! soll mit Cle- menceau und Poincare überaus wichtige Beratungen gehabt haben, di« nicht Eplonagesachen, sondern der Verteidigung der Haupt stadt gewidmet waren. Die erneute Beschießung von Paris Haag, 25. März. (DrahlberichlunferesSonder- berichterfiatlerS.) «Daily Mail" schreibt: Paris wurde gestern durch das weittragende Geschütz erneuk mtt über 200 Granaten beschossen. Einige Häuserblocks worden ver- nichsel. Die Bevölkerung befindet sich in aufgeregter Stimmung. Paris, 25. März. (HavaS.) Die Beschießung von Paris durch ein weittragendes Geschütz wurde heute früh 6 Uhr 50 Minuten wieder ausgenommen. Berlin, 25. März. (Eigener Drahtberlcht.) Dem ..Lok.-Anz." wird aus Genf gemeldet: Die Zahl der aus dem deutschen Ferngeschütz in Paris und seiner Bannmeile erzielten Treffer gibt „Journal" auf 24 an, die in Zwischenräumen von 15 und 20 Minuten cinschlugen. Angenommen wird, daß dank eines neuen Disposttivs auü den Geschoßen während der Flogdauer neu« G« schoss« sich entladen, also eine Art RetaiSmethode verwendet werd«. Die Wirkung auf die Bevölkerung Genf, 25. März. (Eigener Drahtberich l.) Die Pariser und Lyoner Sonderdlätter g den eia sehr bewegtes Bild des Eindruckes, den die Beschießung von Pari« hervorbrachte. „Action fraaxalse' ver sichert, daß das gespensterhafte Geschütz auf der Hochebene von St. G o - da in, 120 Kilometer von Paris entfernt, aufgcfleltt sei. Wie «reilS erwähnt, wollen andere Zeitungen wissen, daß eS sich um ein öfter- reicht sch «S Geschütz von besonderer Konstruktion bandelt, da« von Spezialisten bedient wird. Solche Geschütze seien lücklicherweis« «iaer schnellen Abnützung auSgesetz». Die ?4-Zentimettr-Gefchosfe ent- gelten verhältnismäßig wenig Pulver, weil sie einen besonders dicken Mantel haben müssen. Die französisch« RegiernngSpresie stellt .1« Sache so dar, als ob eS sich lcdipl.ch um «ine» Kolostal«« Blaff Handl«, darauf verrchaet, wäh rend der großen Offensiv« dl« Bevölkerung ^later der Front moralisch zu erschüttern. Ein Kriegt« «porter d«S .Echo da Paris' legt deshalb de» geheim nisvollen Geschütz den in der Umgebung Clemenceaus gehörten Namen .die politische Kanone' bei. Die „Heure" drS Abgeordneten Sembat findet, daß derartige Scherze wenig angebracht sind. Die einzige ernst- hafte Frage sei, warum Deutschland derartige weittragende Geschütze besitze, Frankreich aber nicht. Ueber die Wirkung der Beschießung selbst darf die Presse keinerlei Angaben machen. Die Regierung l-atte am Sonnabend den gesamten Verkehr aus und unter der Erde clustellen lasten. Sie hat sich aber schnell überzeugt, daß die Mcnschenonsammlun »en dadurch erst recht begünstigt wurden. Am Sonntag »oben die Untergrund bahnen den Betrieb wieder ausgenommen, doch machte die Betriebs verwaltung bekannt, daß die Untergrundbahnen im Rordoften n«d Osten der Stadl nicht mehr bis an die Endstation fahren, und daß der Verkehr im 18. und 20 Arondifsemenl eingestellt ist. „Petit Parisien' erklärt, daß die Bevölkerung noch heule nicht an die weittragende Kanone glaube, sondern überzeugt sei, daß trotz der amtlichen Tages berichte die Deutschen vor Paris flehen und eS aus der Näh« be schießen. Die Polizei machte bekannt, daß jede Aufzeichnung über di« Einschlagspunkte der feindlichen Geschosse verholen ist, und daß Zuwider handelnde Personen sofort verhaftet werden. Paris, 24. März. (HavaS.) Die Pariser „Liberi' meldet: In militärischen Kreisen glaubt man, daß e< zwei weittragend« Ge schütze desselben Kalibers gibt, die auf Paris schießen. Das letzte Geschoß auf Paris fiel um 11H2 Uhr «in. — .Inlransigeant' erklärt: Nach Berichten aus dem städtischen Laboratorium steigt das Geschoß, das auf Paris abgeschossen wurde, 35 Kilometer hoch. Die Regierung beschloß, daß im Fall eine« Bombardements auf Paris durch weit tragende Geschütze das öffentlich« Leben fortgesetzt werden soll, ebenso wie der VerwalkungS- und der öffentliche Dienst. Die Züge «ad di« Untergrund, und die Straßenbahn werden normal weiterverkehre«, je doch soll die Bevölkerung durch Trommel- und Pfeifensignal« benach richtigt werden. Versammlungen auf öffentlichen Straßen sind Ver bote». Um S,20 Uhr wurd« durch die Feuerwehr und Kirchenglockea alarmiert. Da die Bevölkerung ei» Signal nicht erwartete, so waren in Anbetracht des beliebten SonntagSspazierganges die Boulevards stark bevölkert. In den ersten Morgenstunden besuchten El«- mencea», Albert und Favre die Orte, wo die Geschosse ein schlagen, begrüßten die Opfer und sprachen ^en Verwandele« Mitt z». Bevölkerungspolilik im Reichstage Von Felix Marquart, M. d. R. Der Reichstag hat einen besonderen Ausschuß für Bevöl- kerungspolttik eingesetzt. Die deutsche Volksvertretung hat damit die Gefahren voll gewertet, die die Zukunft unseres Volkes auf diesem Gebiete bedrohen. Noch vor zwei Jahrzehnten war es ein Lleblingsgegenstand von Rednern und Schriftstellern, eine macht- volle kün tige Entwicklung Deutschlands im Bilde einer wachsen den, kraftvollen Bevölkerung zu zeigen. In der Tat sind di« Deutschen, abgesehen von Unterbrechungen, ein Volk mit zunehmen der Bevölkerung gewesen. Noch in den Jahren 1896 bis 1900 erreichte in Deutschland der Ueberschuß an Geburten über die Eterbefälle den höchsten Stand: 14,7 auf je 1000 Einwohner. Seit dem ist aber die Ziffer für den Ueberschuß an Geburten beständig gefallen; lm Jahre 1913 hat sie nur noch 12,4 betragen. Dieser Rückgang der Bevölkerung tritt noch klarer hervor, wenn man die absoluten Zahlen betrachtet. Während im Jahre 1906 der Ge burtenüberschuß im Deutschen Reiche noch 910 275 betrug, war er im Jahre 1913 auf 833 800 gesunken. Die Gefahr, die die Zukunft Deutschlands bedroht, tritt damit in Helles Licht. Der Ueberschuß an Geburten bleibt heute dauernd hinter dem im Jahre 1906 er reichten höchsten zurück. „Die natürliche Vermehrung des deut schen Volks scheint ihren Höhepunkt bereits überschritten zu haben.' Durch den verheerenden Weltkrieg ist die Bevölkerungs frage zu einer Schicksalsfrage der Deutschen geworden. Die Vor aussage in der Begründung zu den neuen bevölkerungspolitischen Gesetzentwürfen wird leider recht behalten: daß die Geburten ziffern in den ersten Jahren nach dem Kriege sich nicht wesentlich über dl« in den Jahren 1913/14 erheben werden. Das Sinken der Sterbeziffer, -aS bisher dle Abnahme der Geburten bis zu einem gewißen Grade im Reich abschwächte, hat seine natürlichen Grenzen. . ' - .' 7 - ' . . . . Der Reichstagsausschuß hat den Kampf gegen den Rückgaüg der Bevölkerungszunahme auf der ganzen Front ausgenommen. Alle Gebiete hat er in seine Tätigkeit eindezogen, auf denen Ursachen der GeburtsverminDerung sich zeigen oder Mittel sich bieten, ihr entgegenzuwirken. Fünf Stoffgebiete sind für di« Bearbeitung festgestellt worden: die Bekämpfung der Ge schlechtskrankheiten im Heere und in der Gesamtbevölkerung, der Schutz von Mutter und Kind, Bekämpfung der öffentlichen Un sittlichkeit, Eheerleichterungen und Unterstützung Kindereicher Familien, Förderung von Sledelungsbestrebungen in Stadt und Land. Der Unterausschuß seht sich aus Mitgliedern aller Parteien zusammen. Eine einseitige Stellungnahme ist auch hierdurch aus geschlossen. Trotz oder gerade wegen der vielseitigen, erschöpfen den Beratungen ist der Unterausschuß vielfach zu einstimmigen Vorschlägen gekommen, deren Annahme im Gesamtausschuß ge sichert war. Die Beschlüsse des 16er Ausschusses haben dadurch besondere Bedeutung, daß sie meist Einheiks-, und zwar Mindest forderungen des Ausschusses darstellen. Die Vollversammlung des Reichstages wird diese Tatsache in ihre Erwägungen eindeziehen; aber auch dle AelchSregierung wird zu berücksichtigen haben, daß dle meisten der Beschlüsse durch Selbstbeschränkung — oft aus beiden Seiten — im Intereste des Volkswohlcs und mit Rücksicht auf die Schwere der Gefahren gefaßt sind, die auf diesem Gebiete die deutsche Zukunft bedrohen. Ueber dle Ergebnisse im einzelnen kann bei dem beschränkten Raume nur weniges gesagt werden. Die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten im Heere und im gesamten Volke ist in zehn Sitzungen erörtert worden. Ein- gehende Erörterung zeigt der Bericht über den schließlich ab gelehnten Antrag (13 gegen 8 Stimmen), eine gesetzliche Melde pflicht allgemein, für alle Personen einzuführen, welche Geschlechts krankheiten beruflich behandeln. Die Anträge des Ausschusses for dern: Erhebungen über die einschlägigen Verhältnisse im Heere und die getroffenen Maßnahmen und schleunige Auskunft über die Ergebnisse im Kriege, Soldatenhelnze, Führungen der Soldaten; für die gesamte deutsche Bevölkerung Vorschriften und Maßnahmen zum Ueberwachen und Bekämpfen der Geschlechtskrankheiten, insbesondere auch den Ausbau der von den LandesoersichcrungS- anstalten und Krankenkassen geschaffenen und noch zu schaffenden Beratungsstellen für das gesamte Volk im Rahmen der Ge- melndetätigkeit; öffentliche Gesundheitspflege durch Verhandeln mit den Bundesstaaten für Säuglinge, Kinder, Mütter usw., sowie für Kriegsbeschädigte. Die Lebensversicherungsanstalten sollen an dem Kampfe beteiligt, die Krankenkassen und Versicherungs anstalten bei ihrem bewährten Vorgehen unterstützt werden. Gc- eignete Maßnahmen, insbesondere durch Reichsrecht, werden ge wünscht, damit das Wirken der Beratungsstellen unserer Landes- Versicherungsanstalten durch lückenlose Meldung geschlechtskranker Versicherter Lurch die betreffenden Behörden gefördert werde. Der Ausbau der Statistik und die Einführung eines pflicht gemäßen Prüfungsfachs bei der ärztlichen Staatsprüfung: Haut- und Geschlechtskrankheiten, werden dringend gefordert. Eine Ge setzesvorlage wurde nach der Richtung gewünscht, daß jede Per- son bestraft werden könne, die geschlechtlick verkehrt, obwohl sie weiß oder wissen mußte, daß sie geschlecktskrank ist. Ferner ist der Reichskanzler ersucht worden — unbeschadet einer allgemeinen Aenderung und Ergänzung von Ct.-G.-B. 300 —, daß für Be hörden und behandelnde Aerzte eine Mitteilung an zur öffentlichen Fürsorge berufene Behörden nicht als unbefugt erachtet werden kann, wenn das Schweigen im allgemeinen Staatsintercste, etwa zur Verhütung von sonst drohender Verbreitung von ansteckenden Krankheiten gebrochen wird. Schwierig wurde die Arbeit des Ausschusses auch auf dem zweiten Gebiete, über das ein Teilbericht vorliegt: der Fürsorge für Mutter und Kind. Die Rüstungsindustrie hat während de< Weltkrieges die Einsetzung aller, auch -er weiblichen Arbeit«-
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