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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.04.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192304081
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230408
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- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230408
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1923
- Monat1923-04
- Tag1923-04-08
- Monat1923-04
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Sette 2 I«r. 83 I-elp-tPer«6 Mwckelsrettuag Soaotsg, ckea 8. Lpril Lin neuere ZaU Zechenbach Die Münchner Polizei hat wieder pwet repu blikanische Journalisten gefangen, die, ähnlich wie Fechenvach und Lembke, in die hochverräterischen Treibereien der Nationalsozialisten, der Organi sation L und andere „vaterländische" Geheim- blinde hineinleuchteten. Das nennt man in Bayern nach der Rechtsprechung der famosen Bolksgertchte Landesverrat, und man bestraft es mit Zuchthaus Die neuen Opfer der bayrischen Justiz sind zwei Brüder o. Puttkamer, und ihr Verbrechen wiegt doppelt schwer, well sie >'b»r die Umtriebe der Nationalisten nicht, wie Feckenbach und Lembke, an ein ausländische» Press.bureau, sondern an die Neichsregie- rung berichtet Haden ... In diesem Punkte ist man in München ganz besonders empfindlich, lieber den Fall wird uns aus München tele graphiert: Die Polizeidirektion veröffentlicht heute eine amtliche Mitteilung über die Festnahme der ' N' ir' v " " cn u t t s q p ». Es beißt darin, durch die bisherigen Feststellungen habe trotz dringendster Verdachtsmomente nocy nicht der Beweis erbracht w-rden können, daß die beid-n Perhaftetcn an dem Tod; des Studenten Baur mitschuldig seien. Dagegen stehe einwand frei fest, daß sich die Gebrüder Puttkamer als Spitzel in nationalljstische Kreise cingcschlicbrn und es verstanden hätten, sich dort weitestgehende« Vertrauen zu erringen. Da» so gewonnene Ma terial werteten sie seit einer Reihe von Monaten zu umfangreichen, bi» ins einzelne gehenden Spitzelberichtcn aus, die nicht nur in die links gerichtete Presse, sondern wahrscheinlich auch a n eine norddeutsche Regierungsstelle gegeben wurden. Franz von Putkamer habe den Karl Baur im Januar vorigen Jahre», als ihn dieser in seinen Plan zur Ermordung des Ober bürgermeisters Scheidemann eingeweiht hatte, zur Tat ermuntert und ihn zur Durchführung eine größer« Geldsumme versprochen. Er habe ihn auch eine Pistole für die Tat in Aussicht gestellt nyd ihm für später heimliche Beherbergung zuge sagt. Beachtenswert erscheine in diesem Zusammen hänge die Tatsache, daß Puttkamer in seinen Agentenberichten ganz unverhohlen von feiner Lockspitzeltatigkeit gesprochen habe. Wie weit diese amtliche Mitteilung den Tal- fachen entspricht, wird sich erst aus der Gerichts- Verhandlung ergeben. Der hier genannte Franz v. Puttkamer trat zum ersten Male im November 1918 in München hervor. Er war eben aus dem Felde zurückgekommen und wurde als demokratischer Vertreter in den Münchner Arbeiter» und Soldatenrat gewählt. Während der Räteregierung floh er mit der Regierung und dem Landtag nach Bamberg. Später war er demokratischer Parteisekretär in Schwein- furth dann Vertreter der Berliner Tageblattes in Oberschlelien, in jüngster Zeit Berichterstatter des Berliner BSrlen-Ku^iers in München und neuhthings Münchner Vertreter des Vorwärts. Vie nächste Nekchstagrsltzung Drahldertchl unserer Berliner «»rtitlettnn» Derliu, 7. April. Auf der Tagesordnung des am 11. April nach mittags 3 Uhr wieder zusammentretenden Reichs tage« steht nach einigen kleinen Anfragen dl» 1. und 2. Beratung des Entwurfes eine» Gesetzes über die Genueser Uebereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung der Kinder zur Acoeit auf See, über die Gewährung einer Lntschäü'gung stir Arbeitslosigkeit infolge von Schiffbruch und über die Stellenvermittlung für Seeleute. Mil der Be ratung dieser Uebereinkommen sell auch da» Washingtoner Uebereinkommen über die Arbeitslosig. leit und der Entwurf eines Uebereinkommen» bett, die Beschäftigung der Frauen vor und nach der Niederkunft beraten werden. Dritter Punkt der Tagesordnung ist die erste und -w.ite Beratung de» Gesetzes über den Verkehr mit Absinth. Es folgt bann di« Beratung des 12. Nacht«««» zum Reichs- Hauobaltplan. «, letzt« Pw« der Tagcsorhnung ist dl« «st« Beratung d« deamkratisqe« Gesetzent wurfes üb« di« Aeuverun« de» Relchogesetze» vam 7. Mai 1874 üb« die Presse iwpgesel/«. Um die Neu«» veamtengehälter 'Berlin, 7. April. Gestern nachmittag begannen im Reichsfinanz- mtnisterium die Verhandlungen über die Frage dex Veamtengehälter rmd Reichoardeiterlöhne. Del den diesen Verhandlung« vorausgegangene» Vor besprechungen »ar der Vorschlag gemacht worden, die Vorschußzahlungen ssufenweiso zurüHuzahlen. Bon den freigewerkschastlichen Organisationen war ver langt worden, daß die Vorauszahlungen al» einmaltae Beihilfe betrachtet und deshalb ganz gestrichen werden sollten. Diese Frage wurde in der gestrigen Besprechung ausführlich «örtert. Von der Regierung würbe darauf htngewiesen, daß eine allgemeine Erhöhung der Löhne und Gehälter Rückwirkungen auf das gesamte Wirtschaftsleben haben müßte, die in schroffem Gegensatz zur Mart stabilisierung und der angestrebten Preissenkung stehen würden. Seltner und die Arbeiterwehren »roptdertcht «nfeee, »r«»dner «chrtftlett»,, Dresden, 7. April. Die Zittauer Morgenzeitung hatte in einem Offenen Brief an den neuen Ministerpräsidenten Dr. Zeigner angefragt: „Glauben Eie, daß eine Regierung, die Ruhe und Ordnung »ufrechteryaltm will, sich bereitfinden wird, den Kommunisten Waffen in die Hand zu geben?" Auf diese wichtige Frage hat Dr. Zeigner nunmehr erne Antwort an die Redaktion der genannten Zeitung gesandt, in der es m a. heißt: .Nach der Verfassung bestimmt zwar der Minister präsident die Richtlinien der Regierungopolitik. Da aber meine Wahl zustande gekommen ist nach Ver einbarungen meiner Partei mit der KPD. und da hierbei Richtlinien besprochen worden sind, zu denen ich mich mit den beiden erst heute ihr Amt über- nehmenden Herren Graupe und Liebmann ins Ein- vernehmen fetzen muß, würde ich es nicht nur für unzweckmäßig, sondern auch für unkollegial halten, wenn ich vor solcher Verständigung mit den beiden Herren mich über grundsätzlich« Fragen der säedfishen Regierungspolitik äußern wollte." Weiter teilt der Ministerpräsident mit, daß er sich zu der offenen An frage am IS. April im Landtage äußern werde, und schließt: „Schon jetzt möchte ich ab«-r erklären, daß ich den Eid auf die Verfassung geleistet hab« und daß damit für mich klar« Maße gen eben stad." Man darf allgemein gespannt fein Krraui, wie die Rede de» Ministerpräsidenten in der Eröffnungs sitzung de» Landtages am IS. April mrsfallen wird. Neue Gesetzentwürfe Deavt»or»ch« »«ser«r »re»»«er «chrtfUetN,»« Dresden, 7. April. Da» Gesamtministeriin» hat beschlossen, de» Land tage folgend« Gesetzentwürfe vorzulegen: 1. den Ent wurf eine» Gesetze» de» ordentliche» und de» außer ordentlichen Staatshaushalttplanrs auf da» lliech- nungsjahr 1023, sowie der Haushaltgesetze für das selbe Jahr, 2. Gesetzentwurf über Aenderung des all gemeinen Berggesetzes vom 31. August ISIS, S. dea Gesetzentwurf über Aenderung de» sächsischen Bieh- seuche-Lntschadigungsgesetzer, 4. den Entwurf eine» Gesetzes Über die Hengftkörung, 5. den Entwurf eine» Gesetzes über Bekämpfung der Bisamratte, v. den Entwurf eine» Schlachtvieh-Dersicherungsgesetzes, 7. den Entwurf eine» Gesetze» zur Aenderung der Desoldungsordnung und 8. den Entwurf eines Ge setze» über eine vierte Abänderung de» Stempel- steuergesetze». Die demokratische Landtagsfraktion gibt unter Mitwirkung der Landesgefchäftsstelle gegenwärtig ol» offizielle» Mitteilungsblatt der Partei für Sachsen dea Sächsischen Landesbotcn heraus. Zurzeit liegen zwei NmnMern vor. Uebcr sächsische Politik berichtet regelmäßig Kultus minister a. D. Dr. Seysert, über Reichspolitik Reichs- tagsabgeordneter Oberbürgermeister Dr. Külz. MeMGlGKampf UM b1-A«1oiromle Vegi»» Ve» ae»er«lstr«itt — VerhnftnnO Vs» Führer M-mek, 7. April. Der Generalstreik hat heute allgemein ein gesetzt. Der Parole der Gewerkschaften sind auch andere Berufs- und Lrwerbsgruppen spontan gefolgt, so daß sämtliche Geschäfte, Bureaus und Banken ge schlossen sind. Al« da» litauische Militär die Post besesfte, verließen sämtliche Beamte da« Postamt. Auch da» Gae-, Nass«- und Elektrizitätswerk lieg?« still. Der Stellvertreter de» litauischen Oberkomis- sar» hat auf Grund de» im Memelgebiet noch be- stehenden Ausnahmezustand«« eine Verordnung er lassen, wonach Versammlungen und Umzüge auf den Straßen sowie Streik» in lebenswichtigen Vetri"b»n, überhaupt politische Streiks feder Art, verboten find. Ety« am Freitag abend im Schützen Haufe zwanglos -ustandegekommrne Versammlung von Angehörigen aller Berufs- und Devölkerungskreisen stellte fiR ge- schlossen auf den Boden der gewerkschaftlichen Forde rungen. Die Versammelten betonten einmütig ihr Deutschtum. Sein Aufgehen in Litauen wurde mit Entrüstung zurückgewiesen. E» sei die Autonomie versprochen worden. Diese» müsse restlos durckge- führt werden. Eine für heute morgen angekündigte große öffentliche Versammlung ist nicht gestattet wer- den. Der koch Tausenden zählende Zug begab sich darauf nach Spitzhut bei Memel. Die fiebengliederige Kommission, die am Donnerstag dem litauischen D'r- treter die Forderungen der Gewerkschaften überbracht hatte, ist verhaftet worden, ebenso der Schriftleiter der sozialdemokratischen Memelner Dolksstimme Rührig. Die Reichsregierung stellte bei der Botschafer- konferenz durch die deutsche Botschaft in Pari» den Antrag, falls bei den zurzeit zwischen ihr und den Memelländern schwebenden Veryandlungen die Frage der Option von im Memelgebiet an sässigen Personen für Deutschland zur Sprache kom men sollte, zu diesen DerhandUmgen binzvgezogen zu werben. weitere Mttttar-en geraubt E»»ee»«rDr«»l»er»chtde» L«»»»»«e,r«»<»lalte» 1 ' Frankfurt a. M., 7. April. Auf de» Nheir»bcücke bei Worm» wurden aus einens Automobil 3 Milliarden Mark von l dea Franzosen weggenommen, die der Reich»bank gehören und nach Worm» gebracht werden sollten. Gestern^ vormittag wurde da» Druckerei gebäude der Großdruckeret von Ernst Mart» in Mülheim, da» zurzeit für die Reichsbank Reichs banknoten herstellt, von französieren Besatzungs truppen umstellt und besetzt. Die Druckplatten und da» Potier für di« Reichsbanknoten wurden be schlagnahmt und fortgeführt und der veschösw- i leite« verhaftet. Den Franzosen sind, soweit bis jetzt bekannt ist, 2 Milliarden, davon IX Mil liarde» fertige» Papiergeld» In die Hände gefallen. Die Franzosen haben am 28. März in Höchst am Main einen der Reichebankstelle Wiesbaden gehörigen Geldtransport von über V.4 Milliarden Papiermark durch einen Ordonnanzoffizier de« Generals de Metz beschlagnahmt. Es wur den sofort Verhandlungen über di« Frei gabe angeknüpft. General d« Metz verlangte eine schriftliche Erklärung, daß die beschlagnahmten Gelder nicht für Beamte und Arbeiter der Eisenbahn bestimmt seien. Diese Erklärung wurde auch abge geben, aber General de Metz erklärte, er fühle sich nicht befugt, selbständig zu entscheide«. Er holte erst bei General Drgouette, dem Oberkommandierender» der französischen Rheinarmee, Instruktionen ein, dir dieser erst nach Rücksprache mit dem französiicyen Ministerpräsidenten Poincarö erstattete. Am 3. April wurde der Reichsbankstelle mitgeteilt, daß di« Be schlagnahme aufrechterhalten werde und, wie da» Echo du Rhin offiziös erläutert. Verschärft wird der ganze Vorfall dadurch, daß Hauptmann Michel, der Vertreter der Rheinlandkommisfion der Reichsbank stelle, wiederholt di« verbindlich« Erklär«,« abge geben h«t, ea »erd« keinerlei Geldbeschlaanohme er- folge«. E» scheint, al» läge hier eine Kompetenz- eifersucht der Zivil- und Militärbehörden »ar. vor-er«ltttn-«n für -le Versetzung der Essener Opfer OtgeuerDrstztSertch, de» Leipziger ra,«»l,tte» Esse», 7. April Die Beisetzung der von den Franzosen erschossenen Arbeiter wird sich zu einer riesenhaften Kund gebung gestalten. Di« Gewerkschaft«« «»erden, da in Lssssen Polizei fehlt, um die Ordnung -u sichern, den ganzen Weg bis -um Friedhof Spalter bilden. Di« franz fischen Soldaten^ di« an diesem Tage auf Posten in den Straßen stehen, in denen der Leichenzug auf dem Wege -um Friedhof vorbeikommt, haben Befehl erhalten, sich innerhalb der ver schlossenen Türen aufzuhalten. Auch ist allen französischen Soldaten durch besonderen Vefehl des Division»general» verboten worden, di« Gewehre während des Vorüberziehens des Trauerzuges am Fenster ihrer Wohnungen oder auf Wachen zu -eigen. Wie da» Pariser Iournäe Industrielle erfährt, Hai der Minister für öffentlich« Arbeiten, LeTrocquer, der Ende dieser Woche nach dem Ruhrgebiet abreisen sollte, feine Reise «ufg «schoben. Al» Grund gibt das Platt an, daß es der französischen Regierung nicht für angebracht erscheine, daß die Reise des Minister» mit der Beerdigung der erschossenen Ar beiter in Essen zusammenfalle. Hände aur den Taschen! Emmerich, 7. April. Der belgische Kommandant von Emmerich Hai ohne jede Veranlassung den Befehl erlassen, daß es auf den Straßen des besetzten Gebietes von Em merich verboten sei, die Hande in den Taschen zu tragen. Etwa 18 Straßenpassanten, darunter eine Anzahl niederländischer Staatsangehöriger, ist wegen Nichtbeachtung der Anordnung be- reits verhaftet und über Nacht 1« einem engen Raume ohne Sitzgelegenheit festgehalten worden. „MSröer poincarS!" Pari«, 7. April. Vei einem Besuch, dea Poincarä dem seit einige, Zeit für da» Publikum zugänglichen Bild« »Di« Gin- nähme von Doumont" gestern abstattete, stich, wi- Hava» mitteilt, eine jüngere Frau beim Anblick des Ministerpräsidenten beleidigende Rufe au». Sie wurde fcstgenommen. Die Verhaftet«, die „Mörd-r PoincarS!" gerufen hatte, soll in anarchistischen Krei- sen verkehren. E» wird ein Verfahren wegen auf- rührerischer Rufe gegen sie eingeleitet werden. Der französisch« Bergarbeiterstreik in dea Gruben de» Mosel-Departements, der am 7. Februar begonnen hat, ist abgebrochen worden. Sämtlich« Arbei ter haben d,e Arbeit -u den alte« Bedingungen wie der ausgenommen. «lein« politisch« Nachrichten Gegenüber einer Meldung, daß die thüringische Etaatsregierung die Einreiseerlaubnis für dieGe- mahlindesLxkaiser» nach Neuß versagt habe, wird amtlich mitgeteilt, daß dies unzutreffend ist. Es ist in keiner Weise eine derartige Einreiseerlaubnis erbeten oder versagt worden. * Die Untersuchung gegen Roßbach und die Mitglieder der ausgelösten Deutschvölkischen Frei- heit»Partei wird in nächster Kett an den Unter- suchunasrichter de» Etaatsg«richt»hof» zum Schutze der Republik abgegeben «»erden. Die Unter suchung soll in Berlin geführt werden. Zwei An geschuldigte, v. Bülow und Major ». Stephan»), find gegen Stellung einer Kaution von je einer Million Mark auf freien Fuß gesetzt worden. Wie Reuter au» Tiflis^eldet, iss der Oberbefehl«. Stabschef Pngatschem und mehrere Offiziere ver haftet worden. Sie werden der Verschwörung gegen die bolschewistische« Behörden beschuldigt. Technik des Ruhms Bon Ltnknn SroVmvnn I Auch da« Berahmtsein will gelernt werden. ES gibt natürlich einige Leute, die ohne oder gegen ihren Willen berühmt werden. Aber da sind die Ausnahmen, von denen heute hier nicht geredet werden soll. Herr Landru, der vielfach« Frauenmürder, hat kein Gewicht daraus gelegt, in der Blüte seiner Jahre berühmt und arbeit«, verhindert zu werden Nicht nur dem ganz großen Verbrecher ist der Ruhm ziemlich scknuppe (für den normale» mittelmäßigen Verbrecher spielt die Berühmtheit ichon wieder eine te- deutend« Rolle) auch da» Genie schafft nicht, um berühmt -u werden, sondern der Rukm ist ihm nur ein ziemlich unwichtiges Nebenprodukt Nicht immer ist da» Genie so sicher seiner historischen Wirkungen wie es Schopenhauer war, der, al» er noch unbekannt war, totgeschwiegen und tot gewertet, in fester Bestimmtheit von sich sagte: „Ein Denkmal wird die Nachwelt mir errichten." Bon der Mitwelt ist da» Genie unabhängig, wie man weiß, in mei hin schmeckt ein bißchen Ahnung der geschichtlichen Größe und Wertung auch dem über» Publikum erhobenen Großen. Man denke an da» schöne, grandios einfache Sonett de» Michelangelos, zu dem Hugo Wolf eine grandiose Melodie gesunden hat. Da heißt es nur: Genannt in Lob und Tadel bin ich heute, Und daß ich d a bin, wissen all« Leute. Der Stein ist in» Wasser geworfen, die Kreise auf dem Spiegel sind zu sehen: Ich bin do, die Leute wissen e». Lob oder Tadel? Der Unter schied ist nicht von entscheidender Bedeutung. Aber Da — sein od»r Nicht — da — sein, e» ist die große Differenz. Damit hat Michelangelo schon da» wichtigste Gesetz zur Technik de» Ruhm» fest gestellt: Da — Sein ist alle»! Sich spüren lassen! Irgendw o in den Adern wirken! Zn den Seelen rumoren! Beschimpfungen? Begeisterungen? Anhänger? Gegner? „Genannt m Lob und Tadel bi« ich heut«, und daß ich da bin, wissen alle Leute." wohlgemerkt: Alle. Nicht nur mei» Krei», nicht nur die Fachleute, sonder» alle. II Da» Genie braucht -u seine« Ruhm nicht» zu tun al» zu arbeiten. Tethalb könne» warten. Aber da» Talent? Ta» keine Zeit hat, johr- bunderielana aus seinen Ruhm zu warten? Vie organisiert da» Talent seine» Ruhm? E» muß ihn schnell einkassieren, solange do» Talent nicht verwelkt ist. Laraus bat ein« Organisatorin de» Ruhme», die aus stärkste Weltersolg« -urüäblickrn durit«, erschöpfend« Antwort gegeben Vor etwa vierzig Jahren Hot Carob Bernhardt die zehn Gebote de» Ruhme» ausgestellt, und dererfthren« Ruhmtechniker muß -vgeben, daß d ese Regeln, mit LebenSglück und LrbenSersahrungen bezahlt, noch beute grlten. Ers e» Gebot der Sarah: „Tu sollst ei» haupt sächliche» Interesse haben, do» kein Leben au», füllt" S» ist der Grundsatz de» Ruhm». Spe- zialisiere Tich! Verde einseitig! Dilettiere nicht noch vielen Richtungen Hast du dich entschieden, dann bleibe deiner Spezialität treu. Der Ruhm wird vielsoch durch do» Sitz leisch entschieden. Man muß Geduld haben und sich solange wieder holen, bi» man sich durchgesrtzt hat E» ist keine Kunst, die „Komeliendone" ei, mal hinreißend zu spielen; ober sw breitousendmol mit gleicher Konzentration hinzuschmeißen, do» ist eine Leistung! Zweite» Gebot der Sarah. Du sollst ander« N« beninteressen haben, die dich vor Einseitigkeit bewahren. Also: Liebe, werde kaier oder Mutter, rudere oder sammle Briefmarken. Rur vergib nicht, daß da» Rrbeninteressen sind Dritte» Gebot der Sarah: Besinn« dich, wa» in deinem Leb,« wesentlich ist, darauf kon zentrier« dich. Mit einem Dort: Laß die Brftf- marken oder do» Ruder» oder dein« Geliebte nicht zu üppig werden. Messe ihnen aan- gerau da» Maß an Zeit, Geld, Aufmerksamkeit zu, da» du ihnen «inroumen willst Aber halt« Ordnung, laß dir di« Briefmarken oder Freund« Nicht über den Kops »ochsen. Vierte Regel brr Sarah: Tu sollst entscheiden, wo» unwesentlich jür dein Lebt» ist und die» außer acht lassen. Also: Keine unnützen Be oeiflerangen, Idee«, die dir nicht diene» können, lehn« ob, an Menschen, die du nicht nutzen kannst, geh vorüber. La» Lebe» der Berühmten ist ein« Kett« von Zweckmäßigkeiien. Ein Narr, der die Technik des Rudm» höchst dilettantisch betrieb, schrieb einmal: „Wem gehört die Diese? Dem Hia»l, der sie bewirtschaftet? Rein, sie gl hört dem Wanderer, der sie empfindet." Un» iinn, sie gehört dem Plauderer, der sie im Gespräch verwendet. Ta» fünfte Gebot der Sarah war do» herz gewinnender Oisenheit: Du sollst dich für alle Ting« einen Augenblick interessieren, diese» Interesse darf ober nicht -u lies werden. E» Ist do» freimütigste Geständnis, da» di« große Meistert« der Berütm heil je abgelegt hat. Tem schwärmerischen Mädchen einen liebevollen Backen streich, dem uuiarbeitenden Kollegen ein schar- manre» Kompliment, dem Staatsmann ein der- ehrung-volle» Wort — jedem immer ein paar R'ckelstücke der inneren Teilnahme zugeworfen Ader alle» im Nu vergessen und verschwitzen. Um Gotte-Willen nie den Rebenmenschen al» pöttltche» Lesen mit Brüderlichkeit empfinden. Nie da» Gold deiner innersten Beteiltgtbeit spenden. Nickel, Nickel, oder vielmehr: Papier, Papier verschenken! Sechste» Gebot: Du sollst essen, wa» dir ge fällt, wann e» dir gesällt, aber nicht so viel, wie du möchtest. Tas ist ein schon etwa» Sber- lolte» Gesetz. Wir wissen, daß der psychische Heroismus, zu dem der berühmt« Mensch sich ,winat, heute grlßer« Opser verlangt Ein« der berühmtesten Schauspielerinnen Deutschlands ae- sattet sich nie, noch dem Eisen zu sitzen. Die Arme sieht oder läuit im Zimmer herum nach jedem Mitiegeisen, do» ist sie ihrem Ruhm schuldig. Siebente» Gebot: Tu sollst Wasser trinken und Fruchtsäste. — Kein Wein! Kein Kognak! Kein Sek»! Ta» klingt hart Aber der Berühmt« ist immer nüchtern! Leine Nüchternheit ist die Quelle für den Rausch der andern. Achtes Gebot: Schlafe! Schlaf«, wo »nd Wan» du willst. Ta» neunte Gebot ist die Fortsetzung de» «chten: Schlafe diele Mal« am Tage — die kleinen Ruhe pausen verlängern do» Leben. Da die Welle Sarah 80 Jahr« alt geworden, so hat sie di« Rich tigkeit diese» Satze» «rprrtt. Ta» zekjnte Gcbot lautet: du sollst Deinen Berns »l» Vergnügen, nicht al» Strafe ansehe«. Nun, da der Beruf de» berühmten Menschen darin besteht, berühmt zu sein, so soll sich sür diesen Beruf nur der entscheiden, der keine stärkere Lei denschaft hat al» die Sehnsucht, seine« Namen gedruckt, seine Erscheinung beguckt zu sehen. Es gibt Skeptiker, di« den Ruhm mit all dem, was er fordert, zu teuer erkauft finden. D e sollen lieber gar nicht versuche», berühmt zu werden oder gar zu bleiben. Keiner beherrscht seine« Ruhm, sofern er nicht bereit ist, sich von seinem Ruhm beherrschen zu lassen. Ei» völkervnuv ver Studenten. Männliche und weibliche Studenten von 48 verschiedenen Nationen waren dieser Tage in London -u einer Sitzung mit anschließendem Festmahl geladen. Die Veranstaltung ging von dem englischen „Stu dentenbund" au», der vor 6 Jahren zur Erinne rung an die im Weltkrieg gefallenen Studenten gegründet wurde. Er ist eine Abteilung de« Welt bünde» christliäzer Studenten, will aber alle Rassen und Völker und alle Bekenntnisse umfassen. Dem vund« gehören etwa 1000 Studenten an, die 45 verschiedene Nationen vertreten. Bet dem Essen besorgten Studentinnen au» Europa, Asien, Akrtka und Amerika in ihren Nattonalkostümen Vie Aufwartung. „Man konnte", so schildert diese Sitzung ein Londoner Blatt, „Miß Tak Hing Shin, di« erst« chinesisch« Studentin la England, neben Miß Tata bedienen sehen, dem erste» weibliche« indischen R«cht»anwalr. Ein elsaß-lothringischer Student plaudert« mit einem deutsche«, und Studenten au» Lettland, der Tschechoslowakei oder Polen unterhielten sich mit Studentinnen au» Japan, Italien und Afrika. Deutscher vri««taliste»1ag. Do« S. bi» 11. d. M. findet in Berlin, im Anschluß an di« Mitglieder versammlung der deutschen Morgenländischen Ge sellschaft der 2. deutsche Ortentalistentag unter Dor- sitz de» Ministers Rosen statt. Hauptvrrhandlung»- theme« sind: «Der Beitrag des Alten Testaments zur allgemeinen Religionsgeschichte" (Professor Ver th ölet, Göttingen) und »Das Grab de» Königs Tutanchamon" (Professor Ranke. Heidelberg) und über Hethitologie" (Professor Zimmern, Leipzig). Außerdem werden m sich» Fachgruppen Spezialgebiete behandelt.
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