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Arie: Ich will den Kreuzstab gerne tragen, er kommt von Gottes lieber Hand. Der führet mich nach meinen Plagen zu Gott, in das gelobte Land. Da leg' ich den Kummer auf einmal ins Grab, da wischt mir die Tränen mein Heiland selbst ab. Rezitativ: Mein Wandel auf der Welt ist einer Schiffahrt gleich: Betrübnis, Kreuz und Not sind Wellen, welche mich bedecken und auf den Tod mich täglich schrecken. Mein Anker aber, der mich hält, ist die Barmherzigkeit, womit mein Gott mich oft erfreut. Der rufet so zu mir: Ich bin bei dir, ich will dich nicht verlassen noch versäumen! Und wenn das wütenvolle Schäumen sein Ende hat, so tret’ ich aus dem Schiff in meine Stadt, die ist das Himmelreich, wohin ich mit den Frommen aus vieler Trübsal werde kommen. Arie: Endlich wird mein Joch wieder von mir weichen müssen. Da krieg’ ich in dem Herren Kraft, da hab' ich Adlers Eigenschaft, da fahr' ich auf von dieser Erden und laufe, sonder matt zu werden. O, gescheh’ es heute noch. Rezitativ: Ich stehe fertig und bereit, das Erbe meiner Seligkeit mit Sehnen und Verlangen von Jesu Händen zu empfangen. Wie wohl wird mir geschehn, wenn ich den Port der Ruhe werde sehn. Da leg’ ich den Kummer auf einmal ins Grab, da wischt mir die Tränen mein Heiland selbst ab. Choral: Komm, o Tod, du Schlafes Bruder, komm und führe mich nur fort; löse meines Schiffleins Ruder, bringe mich an sichern Port. Es mag, wer da will, dich scheuen, du kannst mich vielmehr erfreuen; denn durch dich komm ich hinein zu dem schönsten Jesulein. Robert Schumanns 4. Sinfonie in d-Moll op. 120 ist sein sinfonisches Hauptwerk. Sie entstand in seiner glücklichsten Zeit, im „Sinfonie jahr" 1841, kurz nach der „Frühlingssinfonie''. Ungeachtet ihres großen Reich tums an lyrischen Gedanken fand sie bei der Uraufführung am 6. Dezember 1841 im Leipziger Gewandhaus unter dem Konzertmeister David nicht den ver dienten Erfolg. Doch der Komponist war von dem Werte seiner Schöpfung durchaus überzeugt, schrieb er doch 1842: „. . . ich weiß, die Stücke stehen ge gen die erste 1 (Sinfonie) keineswegs zurück und werden sich früher oder spä ter in ihrer Weise auch glänzend machen." Zehn Jahre später nahm er die Par titur noch einmal vor. Kurz vor der Uraufführung der zweiten Fassung am 3. März 1853 in Düsseldorf schrieb Schumann dem holländischen Dirigenten: „Ich habe die Sinfonie übrigens ganz neu instrumentiert, und freilich besser und wirkungsvoller, als sie früher war." Das Werk wird im chronologischen Ver zeichnis als 4. Sinfonie gezählt. Die Grundstimmung ist ernster, gedanken schwerer als die der „Frühlingssinfonie", doch gewährt das fast Beethovensche Pathos einiger Abschnitte auch idyllisch-humorigen Partien Raum. Inhaltlich spiegelt sie Schumanns Kampf gegen alles Philisterhaft-Hohle in der Kunst wie im Leben seiner Zeit wider. Dem Untertitel „Introduktion, Allegro, Romanze, Scherzo und Finale in einem Satz" entsprechend sind die vier Teile des Wer kes ohne Pausen miteinander verbunden — typischer Ausdruck der Neigung der Romantiker zur Verwischung und Auflösung der klassischen Sonatenform. Die einzelnen Sätze sind nicht nur äußerlich, sondern auch ideell-thematisch eng miteinander verknüpft, wodurch das Ganze den Charakter einer sinfonischen Fantasie erhält und eine Vorstufe zur sinfonischen Dichtung, wie sie später üblich werden sollte, bildet. Dunkle, ernste Kampfstimmung waltet in der langsamen Einleitung des ersten Satzes. Eine auf-und absteigende Achtelfigur wird ausdrucksmäßig ausgeschöpft. Stürmisch, in erregten Sechzehnteln setzt das Hauptthema des lebhaften Haupt teiles ein. Es bestimmt mit seinem drängenden Charakter eigentlich das ganze musikalische Geschehen des Satzes, erst in der Durchführung gesellen sich ihm neue Gedanken hinzu, in den Posaunen, in den Holzbläsern (ein Marschmotiv), in den ersten Violinen (eine zarte Melodie, welche die Bedeutung des zweiten Themas erhält). Wie die Gedanken wechseln die Stimmungen. Doch der Schwung des Ganzen führt zu einem jubelnd-hymnischen Ausklang. Nach einem uner warteten, schroffen d-Moll-Akkord wird man von einem volksliedhaften Thema der Solo-Oboe und des Solo-Violoncellos in die schwermütige Welt des zweiten Satzes, einer Romanze in a-Moll, eingeführt. Dieser klagenden Weise folgt un mittelbar in den Streichern die Achtelfigur der langsamen Einleitung, aus der vom Komponisten der etwas tröstlichere Mittelteil der Romanze entwickelt wird. Der klanglich fein ausgewogene Satz schließt wieder in der Anfangsstimmung. Energisch-freudig hebt das Scherzo an, ja sogar der Humor stellt sich ein. Aber die straffe Haltung entspannt sich im Trio mehr und mehr und geht fast ins Träumerische über. Beim zweiten Erscheinen des Trios löst sich das Thema förmlich auf, wodurch ein Übergang zur langsamen Einleitung des Schlußsatzes geschaffen wird. Hier erklingt zunächst das Kopfmotiv des Hauptthemas aus dem ersten Satz, das den Hörer in die düstere Anfangsstimmung zurückversetzt. Jedoch schlagartig bricht strahlender D-Dur-Jubel mit dem Allegroteil herein. Das vor Kraft, Optimismus und Lebenslust überschäumende Hauptthema, des sen siegesgewisse Impulse vom Seitenthema weitergetragen werden, vermag sich gegen düstere Gedanken durchzusetzen. In der Durchführung kommt es zu einem Fugato über das Hauptthema, grell-dramatische Einwürfe erzeugen vor übergehende Ungewißheit. Doch der glückliche Ausgang ist eigentlich schon entschieden. Im hinreißenden Presto bricht heller, eindeutiger Jubel aus, herrscht ungebrochene Freude über den endlich errungenen Sieg über die Philister. Dr. habil. Dieter Härtwig Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1978/79 - Chefdirigent: Prof. Herbert Kegel Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna - 11-25-12 3,0 T. ItG 009-4-79 EVP 0,25 M 4. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1978/79