Suche löschen...
Form + Zweck
- Bandzählung
- 16.1984,2
- Erscheinungsdatum
- 1984
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Form und Zweck 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id416501729-198400206
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id416501729-19840020
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-416501729-19840020
- Sammlungen
- Zeitgenössische Kunst
- Form und Zweck - Fachzeitschrift für Industrielle Formgestaltung in der DDR
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Titel
- Berichtigung
- Untertitel
- Information
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Artikel
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitschriftForm + Zweck
- BandBand 16.1984,2 -
- DeckelDeckel -
- ArtikelInhaltsangaben russisch, englisch, französich, Impressum -
- TitelblattTitelblatt -
- InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis -
- ArtikelDesignforum ’84 2
- ArtikelGutes Design DDR 84 2
- ArtikelDesign aus den Niederlanden 2
- ArtikelEin Patriarch der Moderne: Hermann Glöckner zum 95. Geburtstag 3
- ArtikelDas fotografierte Objekt: Form und Struktur 3
- ArtikelDokumentation einer Legende: Henning Rogge „Fabrikwelt um die ... 4
- ArtikelBerichtigung 4
- ArtikelStapeln (3) 6
- ArtikelDesign – Designerin 9
- ArtikelSoziale Funktionen und Motivationen der Frau 10
- ArtikelAus der Sicht der Frauenorganisation 14
- ArtikelArbeitsumwelt: hellblau oder rosa? 15
- ArtikelDas Erbe der Töchter 18
- ArtikelKonstruktion beherrschen 21
- ArtikelZum Vorgang des kreativen Suchens 23
- ArtikelEinbeziehung von Alltagserfahrungen 26
- ArtikelDie femenine Zange (Gespräche) 30
- ArtikelOrdnung auf der Wäscheleine 32
- ArtikelDie Wohnung der alleinstehenden berufstätigen Frau 33
- ArtikelDie weibliche Linie 37
- ArtikelEin Altar 43
- ArtikelErziehung der Geschlechter 44
- ArtikelDie Stütze -
- DeckelDeckel -
- ArtikelBeilage: Schnittmusterbogen -
- BandBand 16.1984,2 -
- Titel
- Form + Zweck
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
(Fortsetzung von Seite 42) Die weibliche Linie auf die zarten weiblichen Hände, auf die „köstlichen Eigenschaften des Weibes", im frommen Selbstgenügen und „Heimat schaffend dem Manne", „liebend, gestal tend“ tätig zu sein, 53 Hymnen auf Kissen und Deckchen, auf das süße Boudoir der Dame, auf ihr „naturhaftes" Bedürfnis nach Luxus und Seelenhaftigkeit — in dem Maße, wie die bürgerlichen Frauen sich die Haare abschnitten, in Anzüge von männlichem Schnitt fuhren, sich Monokel ins Auge klemmten und der Wissenschaft wie der Kunst ihre Aufwartung machten, in dem Ma ße erklangen die emphatischen Gesänge von der schönen Schwäche des schwachen Geschlechts. Denn auch die Gnädige zeigte nicht mehr viel Sinn für die ehrsame Vergegenständ- lichtung ihrer Gattung. Sie betätigte sich mehr als Konsumentin, denn als Pr<»duzen- tin weiblicher Handarbeiten. Ihre Zeit war mit Toilettenproblemen und Jours in An spruch genommen. Die neue Sachlichkeit war für sie modische Attitüde, und der Witz kam in Umlauf von jener Dame, die von Zeit zu Zeit das Wartezimmer eines Zahn arztes aufsuchte, um sich bei den dort her umstehenden Vitrinen mit Nippes von ihrer ganz auf Sachlichkeit eingestellten Woh nung zu erholen. Die neuen Avantgardisten interessierten sich für die weiblichen Handarbeiten nur 9 Otto Spekter: Illustration aus dem „Quickborn" von Klaus Croh, 1852 10 Adolf von Menzel: Die schlafende Näherin, 1843 höchst negativ. Sie appellierten an die Hausfrauen, die textilen Schmutzfänger wegzuwerfen, Auge und Gemüt auf das Glatte und Funktionale einzustellen und sich fürderhin nicht mehr Nerven und Gesund heit mit „Häkeln, Stricken und all den tau send Abarten" 54 zu ruinieren. Es ging der Frau wie im Kaukasischen Krei dekreis. Sie stand im engen Zirkel ihrer bis herigen Geschichte, und von verschiedenen Seiten suchten weltanschaulich beschlagene Männer — rückwärtsgewandte wie vorwärts weisende —, sie für ihre Sache zu gewinnen. Ein letztes Mal sollten damit die weiblichen Handarbeiten im Blickpunkt eines öffent lichen Interesses stehen und damit so etwas wie einen gesellschaftlichen Stellenwert er halten: indem sie Gegenstand von Plä doyers und Appellen wurden bzw. im Kampf um die kulturellen Werte der Gesellschaft wenigstens Erwähnung fanden. Damit sollte es schließlich sein Bewenden haben. Männliche Progressivität hat seit dem nicht wieder nach der gesellschaftlichen Funktion und kulturellen Potenz der traditio nellen weiblichen Produktion gefragt — weibliche Progressivität desgleichen. Letzte re warf voller Verachtung Stickzeug und Strickzeug beiseite und folgte den Spuren der Männer. Den Handarbeitskorb überließ sie den zurückbleibenden Hausfrauen. Sie handelte, wie aller Aufbruch gewöhnlich handelt: Sie negierte die Vergangenheit, ohne sich um ihre affirmativen Momente zu bekümmern, ohne das Alte kritisch zu über winden. Die Zeit war auf die Wunder der industriel len Maschinenarbeit eingestimmt, die ver sprach, mühelos stets für Neues zu sorgen — was die materiellen Lebensbedürfnisse der Gesellschaft betrifft — und dem mensch lichen Geist Gelegenheit zu geben, jenseits aller Arbeiten der Hand sich in kühnen Hö henflügen zu ergehen. Mit einem Schlage schien damit auch die Lösung jenes Widerspruchs in Aussicht ge stellt, der allem Materiellen immanent ist: seine Vergänglichkeit, die Tendenz zum Ver schleiß und die damit verbundene Notwen digkeit, ihm entgegenzuwirken, Erhaltungs arbeit zu leisten. Für einen Teil dieser Ar beit waren im Rahmen ihres handarbeit- lichen Schaffens die Frauen aufgekommen. Doch außer in Zeiten eines allgemeinen, alle Schichten berührenden Mangels ist ihnen daraus keine gesellschaftliche Aner kennung erwachsen, und wenn, dann nur auf der moralischen Ebene, und das war immer ein wenig so, als würde man ihr von oben herab auf die schwachen Schultern klopfen. Der auf Erhalt gerichteten Arbeit haftet der Makel der Bedürftigkeit an. Als Gesinnung konnte sie nie allgemein werden. Im Gegen teil: Sie wird als eine Form, in der Nichtein haltung der gesellschaftlichen Konvention — durch Armut oder Ignoranz oder Widerset- zigkeit — erscheint, begriffen und geächtet. Derim Rahmen des vorbeugenden bzw. repa rierenden Ausbesserns entwickelte Zusam menhang von Ästhetik und Funktionalität hat nie ein höheres, und schon gar nicht ein theoretisches Interesse gefunden. Es war nicht Sache der Funktionalisten, sich in die Ästhetik und funktionale Logik von gestopften Socken zu vertiefen, sie folgten, und das war ihr historisches Recht, Leitbil dern anderer Art. Die Industrie, in die richti gen Bahnen gelenkt, würde die Menschheit vom Widerspruch der Dinge erlösen, indem sie unaufhörlich und mühelos neue schafft. „Nur sehr langsam", schrieb Albert Sigrist (Alexander Schwab), „können die unter ständigem schwerem Lohndruck stehenden werktätigen Massen Deutschlands zu jener amerikanischen Gewohnheit gelangen, alle Kleidungs- und Wäschestücke sofort wegzu werfen, die reparaturbedürftig wären. Sin kende Preistendenz für vieleTextilwaren, vor allem der ständige Preisdruck von der Kunstseide, helfen hier nach. Auch psycholo gisch ist die Tendenz da: lieber im Beruf schärfer arbeiten, mehr verdienen, neu kau fen, nur nicht ausbessern, nur ja modern bleiben." 55 Die geschichtliche Entwicklung hat ihre Ne gationsarbeit am traditionellen weiblichen Schaffen abgeleistet und ist — so kann ver mutet werden — zu einem Punkt gekommen, da nunmehr die affirmativen Momente Be deutung gewinnen, da die Negation negiert wird und ein gereinigtes Erbe angeignet und neu kultiviert werden kann. Dies ist kein Ereignis, sondern ein Prozeß. Als Arbeit an erkannt und geachtet, hätte die Handarbeit wohl Aussichten, zu einem relevanten Po sten innerhalb der Verteilung des gesamt gesellschaftlichen Arbeitsvermögens zu werden. In einer 1980 erschienenen Broschüre mit dem Titel „Mode zwischen Bedürfnis und Konsumtion" findet sich die Bemerkung, daß es „beim derzeitigen Stand unserer Produktivkräfte noch nicht möglich" sei, in großtechnischer Produktionsweise jedem einzelnen sein eigenes, individuelles modi sches Erzeugnis maßgeschneidert herzustel len" 50 (Hervorh. D. L.). Und hinzugefügt wird: „Welche perspektivischen Möglichkei ten eine weiterschreitende Automatisierung hierzu bieten kann, sei zunächst offengelas sen. " 57 Das Individuelle, hergestellt in „großtechni scher Produktionsweise", ist aber offenbar ein Widersinn, der eine Überforderung der industriellen Potenz und der gesellschaftli chen Ressourcen einschließt. Der an die Wunder der Automatisierung gebundene lineare Optimismus kann gar nicht der Pro duktion von maßgeschneidertem Individuel len gelten, sondern allenfalls der mehr oder weniger perfekten Erzeugung von Insignien des Individuellen, der Erzeugung von Va rianten. Das Individuelle herzustellen ist Sache von Individuen — ohne daß sich ein industrieller Fertigungsprozeß dazwischen schiebt. Sowohl im Namen der Kultur als auch im Namen der Ökonomie sollte man es ihrem unmittelbaren Schaffen überantworten. In diesem Rahmen könnte den „weiblichen" Handarbeiten ein zeitgemäßes Aufgaben feld Zuwachsen — nicht als Gegensatz, son dern als notwendige Flanke zur Maschinen produktion. Wobei das Attribut „weiblich" bedeutungslos werden mag. 54 Frank, Willy: Den Frauen, in: Das schöne Heim, a. a. O., S. 179 54 Taut, Bruno: Die neue Wohnung, Berlin 1924 55 Sigrist, Albert: Das Buch vom Bauen, Berlin 1930, S. 102 56 Eilhauer, Hans-Dieter; Altenburg, Ursula: Mode zwischen Bedürfnis und Konsumtion, Leipzig 1981, S. 23 57 ebenda 5
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder