7. Sitzung. Donnerstag, den 6. März 1919. 307 (Abgeordneter Schiersand.) die Männer einmal wiederkommen, nicht alles ver loren ist und sie wieder aufbauen können auf dem Trümmerhaufen, der ihnen noch geblieben ist. Es ist schließlich auch der Gedanke ausgesprochen worden, den Zivilgefangenen, die, wenn sie in Deutschland gewesen wären, ins Heer einberufen worden wären, später einmal die Löhne nachzuzahlen. Das wird sich wahrscheinlich, weil es zu hohe Kosten verursachen würde, nicht ermöglichen lassen. Aber vielleicht könnte diesen bei der Rückkehr doch eine Unterstützung in Geld gegeben werden, damit sie sich wieder das Nötigste anschaffen können, denn es ist ihnen doch in Feindesland fast alles weggenom men worden. Ich bitte alle Amtsstellen und die Öffentlichkeit: Man nehme sich der Zivilgefangenen, die eigentlich ins deutsche Heer gehörten, ferner der Gefangenen, die ein Geschäft haben oder gehabt haben, und vor allen Dingen der Frauen, Mütter und Kinder der völlig unbemittelten Gefangenen an, damit sie nicht vollständig verzweifeln. Auch unser Appell aus Sachsen wird wahrschein lich in Feindesland keinen Eindruck machen, um so mehr werden wir behaupten dürfen: Diese unerhörte Brutalität ist ein so deutliches Zeichen sittlichen Tief- M standes, wie man es deutlicher nicht haben kann, und die Zurückhaltung dieser Kriegsgefangenen kann leicht der Stachel werden, der in die Seele der Deut schen zurückbleiben und vielleicht ebenso kräftig weiter wirken wird, wie einst bei den Franzosen der Schmerz um den Verlust von Elsaß-Lothringen. Wenn unsere Gefangenen jetzt nicht herausgegeben werden, so wird schließlich das Ende des ganzen Krieges «richt so sehr die Geburtsstunde des Weltfriedens, des Völkerbundes und der Völkerversöhnung werden, als vielmehr die Geburtsstunde neuen Völkerhasses. > (Bravo! bei den Demokraten.) Vizepräsident vr. Dietel: Die Aussprache ist co geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Will die Kammer gemäß dem Anträge Nr. 9 folgende Kundgebung beschließen: Angesichts der Waffenruhe und der Tatsache, daß entsprechend dem Waffen- stillstandsvertragc chie Auslieferung der den Staaten der ^Entente zugehörigen Kriegsgefangenen erfolgt ist, angesichts auch der unwiderleglichen Tatsache, daß die Deutsche Republik an keine Wieder aufnahme des Kampfes denkt, vielmehr ehrlich nach Frieden verlangt, erhebt die Volkskammer der Republik Sachsen nach drücklichen Protest gegen die fernere Zu rückhaltung der deutschen Kriegsgefange nen durch die Entente und fordert ihre sofortige Freigabe. Einstimmig. Will die Kammer beschließen: die Regierung zu ersuchen, bei der Reichsregierung 'dahin zu wirken, daß unsere Kriegs- und Zivilgefangenen so- fort freigegeben werden und daß ihnen eine der Menschlichkeit und Gerechtigkeit entsprechende Behandlung zuteil wird? Einstinimig. Die Tagesordnung für morgen ist bereits bekannt gegeben. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluß der Sitzung 6 Uhr 6 Minuten.) Druck von B. <8. Teubner in Dresden. Letzt» «bseuduug zur Post: am 14 März 191V