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Sächsische Volkszeitung : 13.05.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-05-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190605133
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19060513
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19060513
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-05
- Tag1906-05-13
- Monat1906-05
- Jahr1906
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 13.05.1906
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Nr. 10V. Tonutag, den LS. Mai LSOS. S. Jahrgang. ü»addL»g!ger csgeblslt l. ülsdrdei». strebt«. sreideli. > «erden dl» earfpaU. PertlzeU- oder deren «au» mit > 18 4. Reklamem SO ^ die gelle, dereidn., d. »l,-d»rd. bedeut.Rndatt. «eoorit.» r»d Goschlittdft.ll,, »««Ode* ' Vill-V--» 4« g1eriiwc> ».-» R«. 1N66. Katholische Kultusformen. Der Evangelische Bund hielt am 18. März in Witten berg eine Versammlung ab, bei welcher Herr Kirchenrat I>. Meyer einen Vortrag über: „Tie Herrschaft der pliari mischen Weltansckxmung" 'hielt. Wie zu erwarten stand. war nach dem Berichte des „Wittenb. Tageblattes " (Nr. 68) die katholische Kirche der Mittelpunkt der Aus führungen. Redner verstand unter der „Pharisäischen Weltanschauung" lediglich den Katholizismus. Die Parabel vom Pharisäer lind Zöllner gab ihin Veranlassung, den Phari'äer mit einem katholischen Kirchenfürsten im Ornate zil vergleichen. Ob er die protestantischen Konsistorialgeist- lichen also dem Aenßcren nach mit dem Zöllner verglichen wissen will, können wir dem Berichte nicht entnehmen. Solche Vergleiche sind immer odios, deshalb verzichten wir auf die Untersuchung unsererseits. An den Aeußerlichkeiten reiben wir uns nicht. Das Christentum besteht nicht im Talar oder Meß gewand, es besteht im Wesen seiner Lehre. Hier wollen wir rinn deni Herrn Kirchenrat folgen. Denn auch den Katholi zismus nennt er Pharisäismus; Redner sagt, beide Geistes- richtnngen seien mit einander verwandt. Hören wir ihn: Im Katholizismus ist die Art der pharisäischen Frömmigkeit wieder seßhaft geworden. Bei beiden stoßen wir auf eine Menge unerläßlicher äußerer Werke, in denen sich daS religiöse Leben erschöpft, auf Fasten, Beten, Almosen und ionstige Satzungen, durch deren Haltung die Gnade Gottes arbeitet und verdient wird. Aber gerade dagegen kehrte sich der heilige und ernste Kampf unseres Erlösers. Gegen niemand hat er so harte Worte gesprochen, als gegen die Pharisäer: Sie legen den Menschen schwere und uner trägliche Lasten ans, sie schließen vor ihm das Himmelreich zu, das schwerste im Gesetz, die Barmherzigkeit, den Glauben j lassen sic dahinten. Vor den Menschen scheinen sie fromm und inwendig sind sie voller Heuchelei und Untugend. Er schlendert gegen sie sein Wehe, Wehe. Ich meine, es würde heute in gleicher Sckiärfe von seinen Lippen gegen die Be tätigung der nltramontanen Religion erschallen. Das Plappern und viele Worte machen in den Gebeten zu Gott, die Handhabung des Rosenkranzes, das Knien vor Heiligen- statnen ans öffentlichen Plätzen, das Lesen des Priesters im Brevier mitten im Gedränge nsw. würde durch Christus harten Tadel finden." Wenn Herr Kirchenrat I>. Meyer die Wahrheit spräche, wenn sich in der kath. Kirche das religiöse Leben in äußeren Werken erschöpfen wurde, so würde ihr mit Recht das Wehe ans göttlichem Munde gelten. Es wäre jene pharisäische Wcrkheiligkeit, welche Christus mit der Tünche der Gräber vergleicht, die innerlich voll der Fäulnis sind. Aber dem Herrn Kirchenrat II. Meyer könnte auch hier wie sie oft schon jedes Schulkind, daS seinen Katechismus kennt, eines Besseren über diese so jämmerlich mißdeutete katholische Auffassung des religiösen Lebens belehren. Wie faßt denn die katholische Kirche das religiöse Leben auf? Betrachten wir dies kurz. Das Ererzitienbnch der Jesuiten schließt mit einer Be trachtung über die Liebe zu Gott. Hierbei wird hervor gehoben. daß die Liebe nicht in bloßen Worten und Gefühlen bestehe, wie es bei manchen anderen Konfessionen verkomm», sondern die Tat, Werke und Opfer umfasse. Diese Liebe treibt zu jener Werkheiligkeit, die nicht ein übertünchtes Grab ist, sondern nichts anderes als die sichtbare Verkörpe rung edler Herzensgesiunung, also zu der Wcrkheiligkeit. wie sic in Christi Leben und namentlich in Christi Kreuz erschienen ist. Tic Liebe muß, wofern sie echt ist, sich natur gemäß äußern in den Kämpfen, Arbeiten, Schwierigkeiten und Opfern des wirklichen Lebens. Christus muß in dieser Beziehung das Vorbild des Christen sein. Das Aeußcre ist dabei Nebensacke. Tie Hauptsache liegt in der inneren Opferwilligkeit, in der inneren Treue im Kampfe gegen die moralische Ungebnndenheit, in der Bereitwilligkeit, alles zu lassen, ivas uns an der treuesten Erfüllung des göttlichen Willens hindern könnte. Christus ist uns zu. Liebe ähnlich geworden, sollte dadurch nicht unser Nachahmungstrieb beim Anblick seiner selbstlosen Liebe geweckt werden? Tie Gottcsliebe ist also in der katholischen Kirche der eigentliche Beweggrund des religiösen Lebens. Welche An- schaunng hat der Protestantismus darüber? Wir wissen, daß Luther die Liebe zu Gott ausschloß. Tic Gottesliebe ist von seiner Religion ausgeschlossen. Der Mensch ist Gott bloß Glauben schuldig. Das lvar die not wendige Konsequenz aus seiner Lehre; die Gottcsliebe mußte er aus dem Ideal der christlichen Vollkommenheit ausschlicßen. Nach ihm sind alle jene Heilige, welche an Gott glauben. Einige Stellen ans Luthers Schriften wer den das bekräftigen. „Unsere verderbte Natur ist ganz in Sünden, so daß sie nichts richtiges von Gott denken oder empfinden kann, sie liebt nicht, sondern sie haßt Gott hef tig!" (In slnl. lll. 7, 8.) Die Gottesliebe, welche der Sünde direkt cntgegensteht, würde uns nur des durch den Glauben bewirkten Anblickes berauben, Christus mit unseren Sünden bekleidet zu sehen. Darum versteht Luther auch unter der Liebe, die der Glaube mit sich bringt, nicht die Gotteö- liebe, sondern die Liebe, „dadurch wir unseren Nächsten tun. wie wir erkennen, daß uns Gott getan hat". (Erl. Ausg. 15. 66.) Tic Gottesliebe „gehört nicht auf die Erde, da fragt Gott auch nicht danach. Liebe Gott in seinen Geschöpfen, er will nicht, daß du ihn in seiner Majestät liebst. . . Was bedarf Gott unserer Liebe? Wenn ich ihn lieben muß, so muß ich ihm geben; aber was kann ich ihm geben oder tun?" Man könne ihm zu Liebe nur den Nächsten lieben. (Weim. IX. 189.) Wir wollen zugeben, daß sich Luther, wie anderwärts, auch hier nicht konsequent blieb, doch wenn er über die Gottesliebe predigte, so galt sie ihm nur als „eine Predigt des Gesetzes". (Erl. 14, 9.) Aber gerade dieser Unterschied in der Lehre von der Gottcsliebe ist der Grund, worauf sich die katholische un protestantische Lebcnsanschanung aufbaut. Der Protestant tut seine Berufspflicht, weil das die Ordnung des mensch lichen Taseins nun einmal so und so verlangt. Nicht so der Katholik. Auch er tut in seinem Stande alles, was Stand und Ordnung des menschlichen Daseins von ihm verlangt. Aber die Kirche verlangt, daß er hierbei die „gute Meinung" wache, die das ganze Leben mit all seinen Mühen, Leiden und Freuden mit Gott verbindet und zu seiner Besserung ins Jenseits hinlenkt; er soll in allem die Anordnung des hinnnlischen Vaters sehen. Herr Kirchenrat I>. Meyer entrüstete sich in seiner Rede über das „Plappern und viele Worte machen in den Ge beten zu Gott", über die „Handl)aLung des Rosenkranzes", über das „Knien vor Heiligenstatnen", über das Fasten nsw. Aus der katholischen Gesinnung der Gottesliebe heraus entspringen solche äußere Werke. Gebet, Fasten nsw. sind Gott wohlgefällige Kundgebungen, daher üben sie gute Ka tholiken. Als Ausdruck der Herzensstimmung sind diese äußeren Hebungen wertvoll, sind echt menschlich, zeigen, daß es dem Menschen ernst ist ir.it seinem Seelenheil. Ohne jene innere Gesinnung, wie wir sie oben darlegten, sind sic leer und wertlos. Ties ist die katholische Auffassung! Christus hat selbst Fasten und Gebet geübt; die Bibel hat beides wiederholt empfohlen, ebenso wie die übrigen guten Werke der Nächstenliebe und namentlich des Almosens - warum sollte da von den Lippen des Heilandes ein „Wehe gegen die Betätigung der ultrmontanen Religion erschallen" —warum nicht eher ein Wehe gegen jene, die seinem Bei spiel nicht folgen und den Ruf des Apostels Paulus nicht hören: „Ich bitte euch, seid meine Nachfolger, gleichsam ich Christi Nachfolger bin" (l. Kor. 4, 16, 11, 1.)? Die Reformation im 16. Jahrhundert l)at im katho lischen Kultus eine Art Götzendienst erblickt; in -d»u-K»tho- liken sah man die gottverhaßten Kanaaniter wieder erstan den. Wo es ging, verfolgte man sie mit Roheit und Grau samkeit. Als aber die einzelnen Richtungen des Protestan tismus zur Begründung ihres Verfahrens wissensckiaftliche oder ethische Gründe heranssuchten, da fielen sie sich im Streite um die Gottesverehrnng selbst in die Haare. Zwingli, Calvin, Carlstadt und die anderen Puritaner ver bannten alles Zierat aus ihren Kirchen, man zerstörte sogar die Orgel als des „Teufels Pscifcnstuhl". Wie Vandalen wütete man gegen die Bilder, eine Menge der kostbarsten Kunstschätze ging in diesen Bilderstürmen der Welt verloren! Wie die Knust neben dem Altar erblüht war, so wurde sie mit dem Altar vom Protestantismus begraben. In Frank reich wurden in den Religionskriegen von den Hugenotten 50 Kathedralen und 500 kleinere Kirchen ihres Schmuckes beraubt, vernichtet nnd.zerstört, das Kreuz und die Heiligen bilder mit Füßen getreten. In Flandern allein zerstörten die Kalvinisten in einer Woche 400 Kirchen; in den Nieder landen führten sie überhaupt die Bilderstürmerei gründlich durch. Nur in England trat der Kalvinismus gemäßigter auf. Auch dort, wo Luthers Grundsätze als neue Kirchen- ordnnng durchgesührt wurden, brach sich die Bilderstürmern weniger Bahn. Er war ihr persönlich abhold und trat wie derholt dagegen auf. Die Wiedertäufer dagegen wollten keine Kirchen und Gotteshäuser dulden. Schließlich war es aber nur konsequent, daß man alle äußere Gottesverehrung als Firlefanz ansah. Wenn der „Glaube allein" uns wohl gefällig macht vor Gott, wenn aus dein Glauben die anderen Tugenden natnrnotwendig hcrvorsprossen, wie das Laub ans den Bäumen, wenn demgemäß die Tugend nicht ge boten, die Sünde nicht verboten ist, dagegen alles Tun des Gläubigen — Tugend, alles Tun des Ungläubigen — Sünde ist, wenn Gott alles unveränderlich vorherbestimmt l-at — dann ist das Beten und alle innere und äußere Gottesver ehrnng überflüssig! Herr Kirchenrat I). Meyer sprach in seiner Rede viel von äußere m Gottesdienst im Katholizismus — warum nicht auch von innerem Gottesdienst im Protestantismus? Da gibt cs doch Kirchen und Bethnnser in großer Anzahl. Herrliche Gebäude erheben sich in Dresden in allen Stadt teilen, um das vorhandene „religiöse Bedürfnis" zu be friedigen. wie der gebräuchliche Ausdruck in der Presse lautet. Für diese Befriedigung sorgt der gemeinsame Got tesdienst. Wir müssen offen gestehen, daß uns das Wort „religiöses Bedürfnis" immer recht eigentümlich berührt. Jeder Mensch, auch bei den Naturvölkern, fühlt das Bedürf nis nach Gottesverehrnng, das er nach seinem Geschmack und nach seinen Sitten zu befriedigen sucht. So lange das Men schengeschlecht besteht, gibt es „religiöse Bedürfnisse". Hat aber der Christenmensch nicht auch die Verpflichtung zur Gottesverehrnng, wenn er das Bedürfnis nicht fühlt? Gott ist unser Schöpfer — wir stehen zu ihm im Verhältnis wie das Kind zu den Eltern; Gott ist unser.Herr — wir sind ihm wie unserem Fürsten Ehrfurcht und Hochachtung schuldig; Gott ist unser oberster Gesetzgeber — wir sind ihm Gehorsam schuldig. Das aber sind Pflichten, die wir zu üben haben, ob wir das „Bedürfnis" dazu fühlen oder nicht fühlen! Der Mensch besteht aus Leib und Seele. Es ist unmöglich, daß die innere Gesinnung nicht auch im Aeußeren sichtbar werde. Wohl kommt es hauptsäMich auf das Innere an, aber der Mangel jeder äußeren Re ligionsübung bei einem Volke läßt auf den Mangel jeg licher Anerkennung und Verehrung Gottes schließen. Der Mensch ist eine Doppelnatur, daher ist es nur natürlich, daß unser Inneres und Aeußeres teilnimmt an der Gottes- Verehrung. Wie verschiedenartig ist die Sprache der Liebe! Anders klingt sie bei dem ruhigen Deutschen, anders bei den lebhaften Franzosen und Italienern. Das Gleiche gilt von der Gottcsliebe. Wenn wir einen Spanier oder Ita liener in ihrem kirchlichen Benehmen betrachten, so mag es uns Deutsche überspannt Vorkommen. Nach unserem Ge- schmacke ist so manches nicht. Wie hat doch die akatbolischc Presse anläßlich des Desnvausbruches über die Prozessionen und Andachtsübungen der Italiener sich lustig gemacht! Aber vollkommen mit Unrecht! Unserem Herrgott wird es wohl am liebsten sein, wenn sich ein jeder gibt, wie er ist. Dem feurigen Südländer erscheint der Nordländer in lächerlichen Steifheit, und der erstere dem letzteren schließlich in komischer Lebhaftigkeit; der Charakter des einzelnen koinmt auch in der äußeren Gottesverehrung zum Ausdruck. Das Spotten über ihre Formen des religiösen Lebens verrät also eine ganz banale Oberflächlichkeit! Der katholische Kultus liegt nicht in diesen Aeußerlichkeiten. Das Wesen und die Bedeutung seines Gottesdienstes ist in der ganzen Welt so wie in der sächsischen Heimat. Wo immer der Ka tholik eine katholische Kirche betritt, findet er denselben Gottesdienst, bei dem er als Kind so oft Andacht und Selig- keit empfunden hat; die Anbetung Gottes in der katholischen Kirche beseitigt alle Schranken, welche die Völker der Erde von einander trennen. Fassen wir kurz die Begriffe der Gottesverehrung im Katholizismus und Protestantismus zusammen: Der Ka tholik geht in die Kirck>e ans Pflicht der Gottcsverehrung und um zu beten — er findet darin seinen Herzensfrieden. Der Protestant geht in die Kirche, um dem sich regenden Bedürfnis nach religiöser Gemütsbefriodigung Genüge zu tun. Wenn Herr Kirchenrat I>. Meyer ein wenig tiefer in die katholische Kultnsform eindringen und nicht an den Aeußerlichkeiten hängen bleiben würde, so hätte er sich gehütet, Katholizismus und Pharisäisinus irr Pa rallele zu stellen. Es tut uns im Herzen weh, wenn ein protestantischer Geistlicher also von uns Katholiken spricht. Uns dünkt, daß er bei seinen Arbeiten allzu viel Herzogs Nealenzyklopädie benützt, dieses Machtverk, das durch Schimpfworte die katholische Kirche und ihren Killt be geifert, weil es mit guten Gründen ihr Wissenschaft- l i ch nicht beikommen kann! Zum Schluß der Rede sprach Herr Kirchenrat v. Meyer nach von „nltramontanen Selbstrnhm" und dem „Hochmut des römischen Geistes". Wenn der Anhänger einer Kon fession in der demütigen Gesinnung des Zöllners an seine Brust schlägt nüt den Worten: „Herr, sei mir armen Sün der gnädig" — so ist es der Katholik. Nach seiner Lehre macht ihn nicht der Glaube und die Verdienste Jesu Christi ohne seine Mitwirkung gerecht; ihm gibt nicht der Glaube allein die Gewißheit des Heiles. Will der Ka tholik gerechtfertigt werden, so muß er die Sünde als Be leidigung Gottes bereuen, den Vorsatz fassen, sie nicht mehr zu begehen — und im Bnßgericht an seine Brust schlagen, wie der Zöllner im Evangelium! Herr I>. Meyer meint zum Schluß: „Das Zerrbild, welches die Ultramontancn von unserer Kirche malen, geht ans dem Pinsel einer ver blendeten Selbstüberschätzung, hervor." — Die katholische Kirche kann darauf mit den Worten des Heilandes ant worten: „Habe ich falsch geredet, so beweise es, habe ich aber recht geredet, warum schlägst du mich?" Deutscher Reichstag. k. Berkin. 100. Sitzung am II. Mai 1006. Der Tisch des Präsidenten ist mit Blumenschmuck geziert. Da? RnchLsrbschaflssteuergesetz wird fortgesetzt bei § Ni und 14. Beide Paragraphen enthaften die Vorschriften über die Be freiungen von der Steuer. — Abg. v. Savigny (Zentr.) for dert für Stiftungen für mild-: Zwecke tunlichst Steuerfreiheit. In Württemberg iit die Sache weit besser geregelt, als es die Kom- missioaSbeschlüsse enthalten. Durch diese Steuer wird man er reichen, daß di: Stiftungen seltener werden. DaS kann aber niemand looäsa. Ich wüu'ch: keine Neuerung, sondern nur Be lastung des heutigen Zustandes. —Mg. Dr. Müller-Meiningen (Frs. Vvt>): Wir fordern, daß die tote Hand ni-cht beaünsngt wird; für mildtätige Zweite soll die Vergünstigung bestehen bleiben Ao.-r siie eine Privilegierung der toien Hand sind wir nicht zu hoben. Znm ersten Male soll durch die Neichsgesctzqebung die tote Hand ein Privileg erhalten, wiS wir aus ethischen volkswirtschaftlichen Gründen nblehnen. Die Kirche hat in der letzten Zeit diel Vermögen argesammkU. Gibt man der Kirche den kleinen Fing.-r. io nimmt sie die gan,e Hand. Die Kirche erhält im Jahre ungefähr 40 Millionen Zuwendungen. Diese Verbeugung vor der Orthodoxie wirkt auf jeden librrolrn Mann abstoßend. — Abg. Dc Stöcker (W. Ver.): Die Wirtschaftliche Vereinigung stimmt dem Anträge v. Savigny zu. (Hört! links.) > Wer für mild' Zwecke geben will, und diese Gaben bcstcuert, der ^ kennt das Menschengemüt nicht. Man spricht von der toten ! Hand, aber dies- gibt Neben und gibt Lebenden. Wer der Kirche ' und d:n Armen schenkt, d-r leiht Gott (Beifall.) Staatssekretär Fchr. v. Stengel wendet sich qeg m den Antrag der Freisinnigen, die Steuerfreiheit auf 1000 Mk. statt 500 Mk. fest «'setzen; man weiß ja nicht, ob der Erbende dies- Anteile auch nöllg hat. Für Familienongclörige sind brreitS Ausnahmen getroffen. Nimmt man den Antrag an. so entsteht ein Ausfall von !>/, Millionen Mark pro Jahr. Von einer Seite will man volle Freiheit der kirchlichen Zuwendungen, von der anderen Seite Beseitigung dieser Freiheit: da gebt die Kommission den richtigen Mittrlweg- Die Beseitigung der Steuerfreiheit würde eine schwere Kränkung j de» religiösen Empfinden» keiu. dnS Gott sei Dank noch in weiten Kreisen vorherrscht. (Beifall.) Wenn wir aber Erbfälle an Ee»
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