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Dresdner Nachrichten : 25.08.1868
- Erscheinungsdatum
- 1868-08-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-186808252
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18680825
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18680825
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1868
- Monat1868-08
- Tag1868-08-25
- Monat1868-08
- Jahr1868
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- Dresdner Nachrichten : 25.08.1868
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— N« vomttag Nachmittag feint« im „Park'de» »a»« schlößchen« der hiesige Verein Kameradschaft ehrenvoll verab schiedeter Militär», KriegSrrservistm und Landwehr sein alljähr liches Stiftungsfest unter großem Andrange von Seiten de» Publikums. Der Eingang zum Wald war mit militärischen Emblemen geschmückt. Bier an daö Mittelster erinnernde Ge stalten in bunter Tracht der Schildknechte und Reisige, theilS mit dem Speer, theilS mit der Hellebarde bewaffnet, hielten die Wacht und „wehrten hier — und wehrten da". Zwi'chen symmetrisch gruppirten Schuß, und Stichwaffen prang ten die Büsten des Königs und der Prinzen. Das Musikchor deS Regiments „Johann" ließ schon um 4 Uhr Nachmittags seine fröhlichen Eonccrtmelodicen erschallen, nach denen die Menge in den dunklen Wald streßen hin- und herwogte. Bon d.r Höhe de; Plateaus herab, dicht am Eingang der Schanze, auf deren Wällen Jung unbAtt theilS in den blauen Himmel, theilS in die Tiefe der Grüben hineinstarrte, «schollen Ka> nonenschläge, deren Knall weithin sein Echo fand. Strenge Kriegsgesctze, ancenagelt an tun schlonken Pfahl, wehrten dem Publikum den Eingang ins improrrsiito Arsenal. Der Tages befehl lautete wörtlich: „Wer tiefe Grenzen überschreitet, muß den Park verlassen oder wird sofort norddeutsch erschossen. Auslösung erfolgt nach HU durch ein Dutzend Viertöpfchen. Der Commandant der schweren Belagerung» batttrie." Wer sollte es auch da noch wagen, einzudringen in dies gefährliche donnernde Heiligthum? Gegen tt Uhr Abends, als längst die neuen Gakcandclabcr im Park die langen Schatten deü Föh- rendickichlS nach rechts und links warfen, zog die Menge nach den Saalloealitätcn in der ersten Etage der Brauerei, die eben falls entsprechend dccorirt waren. Verschiedene Ansprachen und Toaste bildeten die Einleitung zu den späteren Festivitäten und vergnügten Siundcn. Herr Borstand Lange gab zuerst ein Bild von der Thütigkeit und dem Vermögen deS Vereins, der Vorsteher dcö kameradschaftlichen Vereins im Plauenschen Grunde dankte für die herzliche Einladung und Kamerad :Jnspcctor: Paustka würdigte die Jtne des Vereins durch schwungvolle Worte. Hierauf war tuw eigentliche FestactuS zu Ende, die Reihen ordneten sich zum wogender'. Tanze und dieser ist cs ja immer, der die Freuden aller Festabende zum lebendigen Schluffe bringt. — Bezüglich de? hiesigen Dicnstmann , Arbeitsmann- und P:cktragerwesenS erlaatert die k. Pelizeidireciicn ihre desfallsige Bekanntmachung vom 2l. Juli zu Vermeidung irriger Auf fassungen dah:n daß der Betrieb der in H 0 des Gewcrbe- gesetzer vom 15. Lctclur 1861 gedachten Lohn- und Hand arbeit weder einer Altersbeschränkung noch der Anmeldepflicht bei der Behörde unterliegt und nach wie vor hierbei nur den gesetzlichen Bestimmungen über Gestattung des hiesigen Aufent haltes, sowie den vcrkehrspolizeilichen Vorschriften nachzugehen ist Es niid aber für dringend geboten erachtet, sowohl aus Rücksicht au> den öffentlichen Verkehr und zur Ausrechterhal- lung der allgemeinen Ordnung und Sicherheit, sowie dem Be dürfnis; für die Einwohnerschaft entsprechend, das hiesige Dicnst mann-, Packträger- und Arbeitsmannwekcn, „an dessen zweck dienlicher Führung und Erhaltung Arbeitgeber wie Arbeit nehmer ein gleich hohes Interesse haben", auf Grund H 8 der Gewcrbeaesetz Novelle vom §3. Juni 1868 und Kraft der der k, Polipidirection im ausdrücklichen Einverständnisse mit dem Stadtruehe und unter Genehmigung des k. Ministeriums des J-:nern unter dem 6. 13. Mai 1865 von der k. Kreisdircction in dieser Angelegenheit definitiv überwiesenen, aus'chlicßlichen Competenz dergestalt zu regeln, daß künftighin nur den Mit- gliedern der von ihr autorisierten Dicnstmaun-, Packträger- und Arbeüsmann-Jnstitute gestaltet sein soll, unter Führung be sonderer Nomen und Abzeichen ihre Dienste dem Publikum auf Straßen unv öffentlichen Plätzen anzubieten. Demgemäß sollen außer dem bereits autorisirten Dienstmann Institut „Expreß" mit rolher Abzeichnung für Dresden bis auf Weiteres noch zwei derartige Unternchwungen, und zwar ein Packträger-Jn- stitut wir blau-weißer Abzeichnung und ein Arbeitsmann-In stitut m:t gelber Abzeichnung mit Autorisation versehen werden. Damit aber allen denjenigen Dienstmänncrn und Packlrägern r:., welche nicht gewillt sind, in die autorisirten Institute ein- zutreten, eine ausreichende Frist geboten wird, sich ein ander- weites Unterkommen zu sichern, so hat die k. Polizcidirectiorr diesen Termrn bis zum 1. Lctvber d. I verlängert, und haben von diesem Tage an alle einem nicht autorisirten Institute an- gehörige Dienstmänner und Packträger rc. sich der Führung besonderer Namen und Abzeichen zu enthalten, wogegen ihnen das Recht zu Entegennahme von Aufträgen unter Beobachtung der im Allgemeinen geltenden verkehrspolizeilichen Vorschriften nach wie vo unbenommen bleibt. — Tarnt wird denn end lich die für das Dienstmannwesen höchst notwendige Ordnung hergestellt werden. — Oeffentliche Gerichtssitzung am 24. August: Sonntags d. 24. Juni wurde von dein hiesigen Handarbeiter Friedrich Gustav Paul aus Spremberg, und seinem 12jährigen Bruder im Pricsnitzwalds bei der ersten Brücke ein lebendiges Rehka.b, angeblich ganz naß und noch ohne Herrn aufgefun- den und mit nach Hause genommen. Angeblich hatten die Brüder anfänglich die Absicht gehabt, dasselbe aufzuziehen und später an den Zoologischen Garten zu verkaufen, allein daS wurde von ihren Eltern widerrathen; dann faßte Paul den Gedanken, dasselbe zum Oberförster zu tragen, unterließ eS aber und boümmerte sich nlcht mehr um das Reh. So weit die Angabe der beiden Brüder und ihres Vaters. Die Sache kam zur U-rteriuchung und Gustav Paul jun. wurde wegen Wild- diebsto.hls mir 2l Tagen EZängmpstrafe belegt. Die Strafe war ihm zu haR, er erhob Einspruch, wurde aber heute abge- wie cn. Die zweite auf heute anbcrar mte Verhandlung, den Einspruch des Handarbeiters Georg Robert Gebhardt aus Losch- w'tz wegen Diebstahls, wurde aus unbekannt gebliebenen Grün de t -e'-trgt, - Der Schuhmacher geselle Carl Herrmann Kreiser aus Lommktz'ch hatte m. Mai d.J. bei de m Schuhmacher ZeiSke in Okerl-ohnsdcrl w- Arle-': gestanden, und unerwartet, unter de.: Vorgehen krank zu sein, Feierabend genommen, und dem Dteister ein Paar Hosen, eine Schürze, ein Stück Sohlenleder, riie Zange und eine Nutzpel 6 E'.ev aus dem Hühnrrncste, ein Pear Suis ln und Neck enlm ndet und sich nach fein r crsrsigt n .--vr^u nach Dr-.ro.n b.-g-.ben. Hier fand er Aufnahme i« katholischen Krankenstifte, »mde aber, «ach seiner Wiederherstellung, eine» Tage» über dem Nbpflücken und Ent wenden von Blumen auf dem Friedrichstädter Kirchhofe betrof fen, wo er zwei Rosen- und mehrere andere Blumenstöcke ent wendet, Blumen abgepflückt urrd Hollunderblüthen abgeschnitten und theilS an die das,gen barmherzigen Schwestern verschenkt, theilS verkauft hatte. In Verhaft und Verhör genommen, kam kui dieser Gelegenheit auch der Diebstahl bei Mister ZeiSke an den Tag, indem noch einige der entwendeten Gegenstände kei ihm gefun den wurden. In erster Instanz zu 1 Jahr ArbeitShauLstrafe verurtheilt. weil er schon mehrfache Vorbestrasungen überstanden hatte, legte er Einspruch ein mit der Behauptung, die seinem Meister entwendeten Sachen nur aus Versehen mit zu den seinigen gepackt zu haben. Er wurde aber des Diebstahls überwiesen und darum nach dem Anträge der Staatsanwalt- schsft der vorausgegangene Bescheid bestätigt. (Schluß morgen.) TageSgeschtchtt. Berlin, Montag, 24. August, Vormittags. Aus Varzin vom gestrigen Tage wird gemeldet, daß der Ministerpräsident Graf von Bismarck am vorigen Sonnabend mit dem Pferde gestürzt ist. Derselbe ist unverletzt geblieben, doch haben sich durch den Sturz Schmerzen in der ganzen Muskulatur des Körpers eingestellt. (Dr. I.) Rußland. Aus Moskau wird berichtet: Von St. Pe tersburg bis zur Station Bologowo an der Nikolaibahn brennt der Wald ununterbrochen mit nur geringen Zwischenräumen. Die Station Grjady ist vollständig vom Feuer umgeben. Es sind auf derselben Truppcndetachements angekommen. Bei den Stationen Malrja-Wyschcra und Grjadninskaja stehen gleich falls große Walt strecken in Brand. Auch bei Wyschne Wolot schok ist in diesen Tagen Feuer auSgebrochen. Ostaschkow, im Gouvernement Tiver, ist seit Wochen in eine von den ringsum brennenden Wäldern stammende Rauchwolke eingehüllt. Nach den Berichten von Augenzeugen sollen die Wälder der Kreise Ostaschkow, Etaraja Nuffa, Demjansk, Waldai, Wyschne Wolot- schok und Cholm in Hellen Flammen stehen. Der am 30. Juli gefallene Regen hat zwar die A'meffphäre etwas gereinigt da gegen hat in der Folge der Waldbrand selbst noch größere Dimensionen angenommen. Abessinien. In einer Corresponden; aus Jerusalem, 18 Juli, enthüllt die „A A. Ztg." die Gräuelthaten. deren sich die englischen Truppen bei der Eroberung der abessimischen Bergfeste Magdela schuldig gemacht haben. Wir entnehmen daraus Folgendes: Ohne den geringsten Verlust war die nicht aus Hindus, sondern aus Europäern gebildete Sturmcolonne auf dm Felwn angekommen. Den König fand man in seinem Blute liegen, Officiere umdrängte,r die Leiche; nicht lange hielt das Staunen an: Einer fing an, vom Hemde des Gefallenen ein Fctzchen loszureißen und es zum Anlenken mit TheodoroS Blut zu tränken; alsbald thalen es ihm die Anderen nach und bald lag der König wie ein zerlumpter Bettler da. Die Trup pen verbreiteten sich über die Burg, die Raublust erwachte; man suchte zuerst nach der Schatzkammer, fand auch bald Schmuck und Kostbarkeiten; wilden Thieren gleich rissen sich die Soldaten um die Schätze; Goldbarren, ja selbst Kronen wurden zerschla gen : was sich zertrümmern ließ, wurde bald klein gemacht, selbst Bücher wurden zerrissen, Mobilien zerstückt, das Brauchbare ward eingesteckt, das Zurückgebliebene verwüstet. Damit nicht zufrieden, machten sie sich an die Tobten! Leichen wurden au« gegraben, ihrer Binden entledig! und untersucht, darnach auf die nackte Erde hingervorsen; selbst die Leiche des Abuna ward heraus gerissen und ihres goldenen Kreuzes, das auf der Brust gelegen, beraubt. Die Wuth steigerte sich mehr und mehr; man überfiel die in großer Anzahl auf dem Felsen verwahrten, meist vornehmen Frauen und Mädchen, riß ihnen die silbernen Halsketten, Arm und Fußspangen weg ja selbst die Kleider vom Leibe, und weidete sich in viehischer Lust an dem Anblick der wehrlosen Geschöpfe, an welchen nun Schandthaten verübt wurden, die nicht zu nennen sind. Die königlichen Vorraths- Häuser, in welchen der Honigwein ausbewahrt war, wurden von den Offieieren in Beschlag genommen, die sich daran gütlich thaten und nur als Schwerbctrunkene davon abließcrr. Und so wäre leider noch Manches anzuführen, aber eS sei an dem Berichteten genug. Die Kunde von den am Tage nach dem höchsten Festtage der Christenheit vollbrachten Scheußlichkeiten hat bei dem abessinischcn Volke einen für die Engländer höchst ungünstigen Eurdruck hinterlassen; das hat nicht viel geholfen, daß die Festung dem Felsboden gleich gemacht worden; es wer den in Jahresfrist und für Mcuschenalter hindurch Hunderte von sehenden Zeugen der morali chen Niederlage von Magdala im Lande sein. Bis jetzt hatten die abessinischen Chroniken von ähnlichen, nur von Mohamedanern verübten Unthaten berichtet; wie traurig ist es und beschämend zugleich, daß nun dasjenige Volk solcher Gräuelthaten beschuldigt wird, welche» sich doch am weitesten fortgeschritten glaubt und sich so gern mit seinen humanen Grundsätzen brüstet! * Kühlungsmittel in Indien. Das „Journal deS D-lbats" erzählt uns, wie die Engländer in Indien sich trotz der drückendsten Temperatur Kühlung zu verschaffen wissen. Unsere heurige durchschnittliche Temperatur von 25 Grad Wärme ist beinahe kühl zu nennen im Vergleich zu derjenigen, welche die Bewohner der Ufer des Ganges empfinden. Für die Einwohner Calcuttas ist vierzig Grad (doch wohl nur in der Sonne!) Wärme noch eine sehr erträgliche Temperatur. Da. gegen hat man in diesem Lande Mittel sich der Hitze zu er wehren, die in Europa unbekannt sind. Jeder in Calcutta wohnende einigermaßen vermögende Engländer besitzt ein mit Vorhof versehenes HauS. Im Erdgeschoß dcsselben befindet sich der Speisesaal r nd das Badecabinet, in der ersten Etage ein vor den Sonnenstrahlen geschützter Valcon, der gleich seinem Dache von schlanker, den freien Zutritt der Lust nicht hin dernden Säulen getragen wird. Jeder in Caicutta ansässige Europäer hat in seinen Gemächern und Schlafzimmern einen „Pausa" genannten Apparat. Es ist dies ein großer, ein N-ch-tcck bildender Fächer, der zu dem Zwecke in Bewegung ge setzt wird, »n der, ab-.»kühlenden Zimmer dm Zu und Rück tritt rer 1 ust zu l'we-k,-.llimn. Das Tpirl d s Fächers ist ein s.hr '.'wfache». Tie wechselnde B w.gung dessOben wird UüAkmnmea gertlufchtaI «ermittEst einev Seidenfchnur M K8eg« gebracht, welche etn eingeborener Dimer außnhalb de» Ge mache» handhabt. Dieser Apparat ist Tag und Nacht unter dm Händen der sich ununterbrochen abwechselnden Bedienung in Bewegung und ist die Temperatur de» Zimmer» hierdurch eine weit niedrigere, als die der Außmlust. Man wendet in Calcutta auch noch ein andere» Mittel an, sich Kühlung zu verschaffen. Wenn sich nämlich der Wind bemerklich macht, spritzt man Wasser gegen die als Vorhänge dienenden Mattm, welche die ofsinen Fenster bedecken; da» Wasser wird durch die Bewegung der Außmlust in Dunst aufgelöst und vermindert sofort die Wärme deü Zimmers. Während deö Tage» HAI man alle Zugänge dicht verschlossen. Beim ersten Morgen grauen besteigen die reichen Engländer, Herren wie Damm, ihre Pferde, um »m Freien „Lost zu trinken"; wenn die Sonne über dem Horizont erscheint, kehren sie zurück. Abend», kurz vor Sonnenuntegang, beginnt die Promenade von Neuem und verlängert sich bis gegen neun Uhr, wo die Hauptmahlzeit des Tages stattfindet. * Der Paletot des Fürsten Mentschikosf spielte bekanntlich in der Geschichte des KümkriegeS eine große (Rolle und somit durste ihn auch der neueste englische Schriftsteller über den Krimkrieg, Sir A. Slade, nicht tibergehen; an der Pforte machte dieser Paletot seiner Zeit einen sehr bösen Ein druck, und man kann alü sicher annehmen, daß er Rußland- Interesse ebensoviel, vielleicht noch mehr geschadet habe, als die Besetzung der Donaufiirstenthümer und die Seeschlacht bei Sinope. Ein der diplomatischen Geschäfte kundiger Recensent deS Slade'schen Buches schreibt in der „A. A. Z " über diesen Paletot: Unbegreiflich war mir von jeher die tugendhafte Ent- rüstung der europäischen Diplomatie über den Paletot; er ver diente von Rechtswegen als eine Reliquie aufbewahrt und von d.r Diplomatie ve'-ehrt zu werden. Bekanntlich mußten sich in früheren Zeiten die Repräsentanten der Monarchen bei ihren Audienzen an der hohen Pforte eine Reihe der schimpflichsten Demüihigungen gefallen lassen; in einem Thormcg, unter dm Beilen der Scharfrichter, mußten sie auf einer hölzernen Bank warten; ein Tschausch meldete: eS sei ein hungriger und frie render Giaur angekommen; „gebt ihm einen Pelz und einen Pillav", lautete die Antwort, worauf man dem Botschafter eß- nen Pelz umhi-ig und einen Pillav vorsetzte nulchen er mit den F:ngern, so gut er eö vermochte, hinunterwürgte, unter dem höhnenden Gelächter der Eunuchen. Man nahm ihm dann seinen Dcg-n ab und führte ihn in den Thronsaal, wo zwei Begleiter ihm den Kopf bis zur Erde beugten, während der Sultan ihir keines Bl'.ckes würdigte. Cot als nach der sta-zösi ch-.-n Revolution ein Gesandter der Republik seine Kre- ditive unter dem bescheidenen Ewemoniell zu üverreichen hatte, zog dieser es vor, ohne Audienz unverzüglich r -eder umzukch- ecn und nach Frankreich zu segeln und einen 2. kkal von Ga- l-rta als Geschäftsträger zurückzulaffcn. Scitd-m hat diese un würdige Ceremonie aufgehört, wofür sich die Monarchen bei der französischen Republik bedanken können. Statt dessen erfand inan nun ein anderes Manöver. Die EffendiS an der hohen Pforte betrachten es als einen Glaubensartikel, daß die Euro päer nicht nur in religiöser, sondern auch in moralischer und intelligenter Beziehung unendlich tief unter ihnen stehen und nichts weiter als eine Bande von gottlosen Taugenichtsen und Dummköpsen sind, die man nur mit der äußersten Verachtung zu behandeln habe. Demgemäß empfingen sie selbst bei feier lichen Audienzen die Gesandten aller Mächte in Schlasrock und Pantoffeln an der Pforte, was schon sehr oft den Unwillen der Diplomaten gereizt hatte, ohne daß jedoch bis dahin einer den Muth hatte, »ine Gegendemonstration zu machen. Fürst Mentschikosf erkundigte sich bei seiner Ankunft sorgfältig, ivie man ihn an der Pforte empfangen würde; man ließ ihm sagen: man werde ihn nach dem eingesührten Brauch empfangen; da er aber nicht wußte, worin dieser Gebrauch be stand, so stellte er weitere Erkundigungen an, und so kam er zu dem Entschluß, seinen Paletot anzulegen; inzwischen mußte inan an der Pforte doch ahnen, daß man es diesmal mit dem Vertreter eines schwer beleidigten und erzürnten Autokraten zu thun habe, und so wurde noch zuletzt Befehl gegeben, den Für sten in Uniform zu empfangen; der Fürst selbst aber erhielt keine Benachrichtigung davon, und so entstand die verhängniß- volle Scene Um in Zukunft ähnlichen Impertinenzen der europäischen Gesandten vorzubeugen, ist seitdem der an euro päischen Höfen eingesührte diplomatische Gebrauch auch in Kon stantinopel angenommen worden, wofür «Iso die Diplomatm des cioitisirten Europas sich bei dem barbarischen Rußland zu bedanken haben. * Literarisches. Im Verlag von Robert Schäfer ist das 5. und 6. Heft der „Flora oder die Blumengärtnerei im Garten und im Zimmer" von Or. A. B. Reichenbach erschie nen. DaS bekannte und mit großem Beifall ausgenommen« Werk, ein Handbuch für Frauen zur Kmntniß der Geschichte und symbolischen Bedeutung der beliebtesten Zierpflanzen, ist mit vielen Holzschnitten und prachtvollen Bildern in Farben druck auSzestattet. In gleichem Verlag hat die 6. Auflage von dem Buch „der VolkSadvocat" begonnen, was wohl den besten Beweis von der Beliebtheit dieses BucheS liefert. — Sodann liegen wieder von der Hempcl'schen „Nationalbibliothek der deutschen Classiker" eine Anzahl Werke vor, darunter Schiller s Gedichte nebst Biographie, Lessing'ö Gedichte und Dramen, Theodor Körner » Werke u. s. w., welche übermal» die Umsicht und die Sorgfalt bekunden, die der Verleger dem Unternehmen widmet. Neben der Correctheit ist es besonder» die Bereicherung des bisherigen Textes, was die Hsinpelsschen Classtker auSzeichnet. Mit großer Spannung werden Schiller'» „Räuber" erwartet, indem solche eine Scene bringen werden, die bisher völlig unbekannt war, da solche in der Ausgabe von 1742 während tcL Druckes gestrichen wurde. wurde gestern in Neustast-Dresden eine complctc vurptz'ge Kutsche mit eingcjpannten Pferden, da» eine schwaizl-raun, das Handpferd lichtbraun. DicS zur Warnung vor Anlauf mit der Bitte um sofortige Meldung bei Auffindung etwaiger Spur. Lvhiff»hrwerksbesitz-,'r .vok». Easernenstraße 13.
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