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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.10.1871
- Erscheinungsdatum
- 1871-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187110054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18711005
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18711005
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1871
- Monat1871-10
- Tag1871-10-05
- Monat1871-10
- Jahr1871
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- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.10.1871
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Liste Anlage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. i- rr8. Donnerstag den 5 October. 1871. Die Lrists in Oesterreich. Die Entwicklung, welche Oesterreich seit einem zehnt durchgemacht hat, gilt bewährten Poli- al- ein ungeheurer Fehler seiner StaatS- »er. Al- die kaiserliche Regierung nach den irn von 1848 mit Hülfe ihrer Krieg-waffen »»l obgesiegt hatte, fand sie eine von allen kern de- Reiche- ohne Widerspruch anerkannte m vor, mit welcher man, vielleicht mit gen leicht zu erzielenden Abänderungen, wohl regieren können; statt besten hob man ohne die Verfassung auf und betrat damit die se Ebene der politischen Experimente, auf her man noch heute au-sicht-lo- sich abmüht, r wählte wieder die absolutistische Rc- -ung-form und man schloß da- Coucor- uno zwar trotz de- ausgesprochenen .rwillen- der Völker gegen Beide-; erst in Folg« unglücklichen Kriege- die Geld- auf- Höchste gestiegen war, griff man zu einem verfastuvgSmäßigen Regimente. )Ltte man ehrlich daran festaehalten, vielleicht ste seitdem noch ein leidliche- Ergebniß erreicht >; aber die überlebten Stande-intereffen de- lußreichen Adel- und die Wühlereien der nur Rom blickenden Geistlichkeit ließen keine Ruhe, 'Regiment verfiel in die bedenklichsten Schwän zen, selbst eine zeitweilige Befestigung der Ver- g wurde versucht. Dennoch wurde auch Die lte Abtrennung der östlichen Reich-Hälfte zu em selbst ständigen Staat-wefen überstanden ; kr weil einige slawische Thrtle der Bevölkerung unsinnig sich vom Reich-rathe fern hielten, und Pfaffenparlei, au- Rache für die Wiederauf- ^ung de- ConcordatS, sich ihnen beigesellte, so «fiel man aus da- neueste Experiment, die Au st i ch--Politik. )aß diese- unglückliche Experiment übnchaupt glich wurde, ist die Schuld der galizischen Polen, wie sie ihr eigene- Reich zerstört, so zerstören durch haltlose- Politisiren jedes LtaatSwescn, welchem sie einflußreich theilnehmen. ES wäre höchste- Interesse, Oesterreich zu erhalten, in nur in Oesterreich bedeuten sie noch Etwa- Polen ; aber ihre faselnde Klugheit giebt sich »ährend die größte Mühe, Oesterreich zu zer ren. Gelingt rhnen einmal auch nur der An- ig dieser Zerstörung, dann sind gerade sie va le Opfer; denn dieser Anfang bedeutet nicht- idereS als die Annectirung Galiziens durch die rssen. Die direkten Wahlen, welche da- Bürger- imsterium vorgeschlagen, hätten dieser polnischen "rthschaft ein Ende gemacht; die politisi, enden elleute sind nämlich die Minderheit in Galizien werden selbst diesseits der Save von den Bauern horre-cirt, und jenseit- der Save stimmt die ^ re Hälfte de- Lande-, die Ruthenen, wie Mann gegen sie. Aber die Regierung zog e» einen neuen fehlerhaften Ausgleich zu ver- il. )aS Ministerium Potocki unternahm ihn und ßte bald eingrstehen: eS sei bei den staats- idlichen Forderungen und Anmaßungen der hechen nicht möglich ohne Bruch der Verfassung, stockt trat deshalb zurück. Nun meinte Ieder- mn: der gute Wllle sei ja doch hinreichend etgt worden für die Abtrünnigen, nun bringe die Logik und da- Seil de- Ganzen mit sich, rgifch vorzuaehen. Nein! Gegen Gewohnher rve einmal Dasselbe zweimal versucht. Natür mit dem Einsatz, welchen Potocki verwei kt hatte, mit dem Einsatz der Verfassung - Ganze wird auf- Spiel gesetzt für einen ichtheil, welcher übrigen- ohne Scheu überall en versichert, daß ihn rin Staat Oesterreich ht im Geringsten kümmere. Da- Ministerium ohenwart ist jetzt in diesem Werke begriffen: öhmen tstsammt seinen verfassungstreuen Deutschen ' dem Rahmen der Verfassung hinauSgeschoben Höhe eine- eigenen unbekannten Staat-recht-, ^d e- wird sogar die „unerschütterliche Treue" Königreich- Böhmen belobt. Der Bruch der , ffassung ist hiermit auSaesprochrn, indem au ^steu der Deutschen in Böhmen ein selbststandi- Köutgreick Böhmen abgezweigt wird, wie Un " abgezweigt worden ist. Ein Nationalitäten » P gleichzellia eingebracht, welche- die fchen der tschechischen Herrschaft überliefert, ie Folgen eine- solchen Bcrfassung-vruche- waren vornherein keinem Einsichtigen zweifelhaft, zerstören den jetzigen Staat Oesterreich von id au-, und der Zustand, welchen sie herbei- hren, kann keine Dauer haben, wäre auch Nicht- rch geschädigt al- die Existenz der Deutschen Böhmen und die Finanzkraft de- Staate-. jAlso die deutsche Bevölkerung in Oesterreich soll lterdrückt, wo möalich entnationalisirt werden, id wer sind die Unterdrücker? Sind eS etwa sämmtlichen »tchtdcutschen Nationalitäten ncretch-, die sich verschworen haben, die deutsche oölkerung al- Heloten unter sich zu theilen ? er lli e» eine ekizelne dieser Nationalitäten, die Gefawmtösterreich- bemächtigen und ihm ihren n»pel aufdrücken will? Auf dtese Fragen gibt ein »«rer, jedenfalls au- sehr wohlunterrichteter und »chtenSweriher Quelle stammender Aufsatz in der steu Nummer der von vr. HanS Blum herauS- zebene» „Greuzboten" volle und klare Ant- ^t. Ihm zufolge sind die eigentlichen Feinde December-Verfassung und der Deutschen zu en in den Trägern de- altösterreicbischen taat-wesen-, und dtese sind Adel und Geist- kett, der Eavalier und der Jesuit. Lin »politischer Feind, wie man sieht, und nicht ein nationaler. Und ein Feind, sollte mau denken, nicht einer einzelnen Nationalität, also auch nicht der deutschen, sondern de- liberalen Elemente- in allen Nationalitäten, der Feind de- Liberali-mu- und de- Bürgerthum-, dessen poli- ische Wirksamkeit der Liberalismus bedeutet. Wie kommt eS, daß dieser Feind in der heutigen Zeit, wo der Kampf gegen Verfassungen und den poli tischen Einfluß de- Bürgerthum- im Staat fast zu den Verschollenheiten gehört, in Oesterreich einen neuen Anlauf nimmt? Wie kommt eS, daß Oesterreich- KleruS und Magnaten da- ungeberdige Racegefühl der slawischen Bevölkerungen Oester reichs sich zum Werkzeug wählen? Denn so tst eS, eS braucht nur gesagt zu werden, um un- widersprechlich zu sein: die nationalen Narrheiten der slawischen Bevölkerungen vermöchten in Oester reich Nicht-, wenn diese Bevölkerungen nicht al- Handlanger von einer geschickter» und wohibefestigten Kraft in Bewegung gesetzt würden. WaS beabsichtigen also die Cavaliere, vie eigentlichen Träger de- öster reichischen Staate-, mit Vieser neuesten Wendung? Beabsichtigen sie eine antideutsche, eine slawische Centralisation? Nein, sicherlich sind die öster reichischen Cavaliere Nicht- weniger al- Fanatiker de- slawischen Racegefühl-, nein, diese Aristokraten bedienen sich der slawischen Völkeriweige Oester reich- al- eine- halb barbarischen Element-, auf dessen Grundlage am besten ein aristokratische- Regiment aufrecht zu halten ist Diese Cavaliere werden gern die deutsche Bevölkerung bet ihrer Sprache und Sitte belassen, wenn sie sich nur in den Schranken der patriarchalischen Untertha. en- schaft halten will wie vordem. Wie kommt aber da- Cavalierregiment dazu, die Pfade de- älviäo et impora jetzt wieder auf zusuchen? Daraus antwortet der Aufsatz der „Grenzboten": Weil sich die Unmöglichkeit her- auSgestellt hat, zuerst für den österreichischen Ge sainmtstaat, jetzt auck für die cisleithanische Hälfte, das StaalSwesen auf parlamentarischem Wege zu centralisiren. Die Unmöglichkeit liegt einfach darin, weil die Deutschen, vie einzigen denkbaren Träger einer parlamentarischen Centralisation, gegen die übrigen Völkerschaften in der Mino rität sind. Die übrigen Völkerschaften, Polen, Czechen u. s. w., wollen eine an Separatismus reichende Autonomie mit einem Minimum von ReichSgemeinsamkeit. Dabei will jede dieser Völ kerschaften natürlich in weiteren Grenzen herrschen, als ihr zukommt. Insofern handelt eS sich aller dings um eine theilweise Unterdrückung des über den ganzen Staat zerstreuten deutschen Element-. Aber, wie gesagt, eS handelt sich nicht um eine Centralisation CisleithanienS zu Gunsten irgend einer barbarischen Völkerschaft. Wir Deutsche im Reich dürfen die Loge unserer Brüder in Oesterreich von ganzem Herzen be dauern. Aber wir kommen ganz und gar m Ver legenheit, wenn wir ihnen helfen oder auch nur rathen sollen. Der jetzige Versuch de- Cavalier- regiments, mit Hülfe der halbbarbarischen Völker schaften die alte höfisch aristokratische Centralisation festzuhalten, trägt den Charakter einer natürlichen Nothwendigkeit. Es ist das Unglück der Deutschen in Oesterreich, daß sie al- Minorität auf parla mentarischem Wege keine Aussicht haben, die Herr schaft zu behaupten. Al- Werkzeug einer reaktio nären Dictatur, wie unter dem System Bach, wollen sie nicht herrschen. Eine erleuchtete Dicta tur kann ein Volk nickt schaffen, wenn sie nicht vom Himmel fällt. Deshalb streben die Deutschen nach dem Parlamentarismus. Dieser aber ent reißt ihnen da- Heft de- Reiche- und führt sie in die Gienzen einer localen Autonomie, die nur so weit reicht, al- die Deutschen compact zusammen wohnen. Darum handelt eS sick gegenwärtig. Hätte da- deutsche parlamentarische Ministerium, das sogenannte Bürgerministerium der GiSkra, Herbst u. s. w., die Folgerichtigkeit und die Kraft gehabt, wie Rechbauer wollte, Galizien auS dem ciSleithanischen Verband zu entlassen und für die übrigen Länder einen ReichSralh auS directen Wahlen zu schaffen, so hätte man der Tschechen und Slovenen wohl Herr werden können, wenn auch zeitweise mit Hülfe deS Belagerungszustandes. Aber dieser Schritt hätte auch sonst noch große Unzuträglichkeiten gehabt. Die Tbeilung der Staats schuld, die Schwierigkeit, bet einem dreigethrilten Reich die Einheit und den Nachdruck der auswär tigen Politik aufrecht zu erhalten u. s. w. Daher darf man sich nicht wundern, daß der einzige Wea, den Deutschen die parlamentarische Herr schaft zu sichern, nicht eingeschlagen worden. DarauS eraiebt sich aber da- jetzige Experiment. Die December - Verfassung zu retten, glauben die Deutschen in Oesterreich wohl selbst nicht mehr. Unsere- BedünkenS kann eS sich nur darum han deln, die Autonomie in den deutschen Landschaften möglichst ausgedehnt zu retten und die Gleichbe rechtigung in Böhmen besser zu sichern, als in dem jetzt vorgelegten Nationalitätengesey geschieht. Für dieses Kampfziel sind unsere Sympathien in voller Stärke bet unfern österreichischen Brü- de'rn. Denn wir sehen' wohl, wer ihre Gegner sind. Für den berechtigten Gedanken, die RerchS- einheit zu retten, welche auf dem Wege parlamen tarischer Centralisation allerdings nicht zu erhalten ist, bedient sich da- gegenwärtige Ministerium nicht nur de- maßlosen EgoiSmuS halb barbarischer Völkerstämme, man bedient sich nicht nur, wie immer, der Jesuiten, man bedient sich sogar der Internationalen. Deun durch den Minister vr. Schäffie, der al- volk-wirthschaftlicher Schrift steller den Theorien von Carl Marx über da- Capital nicht gerade zustimwt. aber doch sich von demselben vie Hand reicken läßt, durch die lite rarischen Werkzeuge desselben Minister-, durch die Freese und Consorten reicht die Internationale in da- gegenwärtige Ministerium, oder wenn man lieber will, da- Ministerium in die Internationale. Der Bund ist nicht schön, dessen sich unsere Stamme-genossen zu erwehren haben. Sie wer den siegen, da- glauben wir fest, wenn sie ihr Ziel richtig zu wählen verstehen. Diese- Ziel aber kann kein anderes sein, al- diese-: daß me Deut schen, die treuesten Söhne de- alten Kaiserstaates, nickt, die Einzigen im Hau-, al- Stiefkinder be handelt werden. Lagesgeschichtliche lleberficht. In einem der Proceffe gegen De. StrouSbrrg und Consorten hat der Herzog von Ujest al- angeblich reick-unmittelbarer Stande-Herr den An spruch auf einen privtlegirten Gerichtsstand er hoben und damit die Entscheidung verzögert. Wir wollen hier nicht uutersuchen, ob der Herzog von Ujest wirklich in Preußen al- deutscher Stande- Herr im Sinne de- Gesetze- zu betrachten fei (wir bezweifeln eS stark) — jedenfalls wird diese her zogliche Einrede dazu beitragen müssen, zunächst m der Presse die ganze, auS Rheinbund-- und Bundestagszeiten übernommene AuSnahmSgesetz- gebung für die sogenannten „SlandeSherren" einer erneuten Krim zu unterziehen. AtS dem hohen Adel die beregten Privilegien eingrräumt wurden, damals hat er wenigstens keine Handels geschäfte getrieben. Wenn aber ein Mann, der einerseits seine ausgezeichnete gesellschaftliche Stel lung dazu benutzt, industrielle Unternehmungen zu poussiren und daraus höheren Vortheil zu ziehen, nach der Hand den geschäftlichen Verbindlichkeiten durch Berufung auf die Privi legien einer halbsouveränen Stellung auSzu- weicken suckt, so wollen wir — nicht erörtern, wie weit ein solches Verfahren den allgemeinen Vorstellungen von Lovalität und — Ritterlichkeit entspricht, sondern wir fragen, ob der Rechts staat ein solche- Mißverhältniß dulden kann und darf. Nebenbei wird diese Lehre endlich nicht verloren sein für Diejenigen, welche sich durch die vornehmen Namen, die gewissen Unternehmungen zum Aushängeschild und zur Empfehlung dienen müssen, der eingehenden Prüfung des inneren WerlheS derselben enthoben glaubten. In diesem ganzen rumänischen Eisenbahnschwindel tritt urt eilte Reihe verschiedenartiger Verirrungen und Verwirrungen de- juristischen UriheilS, de- Recht- sinns und ver öffentlichen Moral entgegen, welche die Tagespreise zur Aufklärung de- großen Publi cum- nachdrücklich beleuchten sollte. Der „engere Ausschuß des bayer. Lande vereins zur Unterstützung der katholischen Reformbewegung" in München erläßt fol genden Aufruf: „Katholische Mitbürger! Der 18. Juli 1870 ist ein UnglückStag ohne Gleichen in der Geschichte der Kirche. Römische Herrsch sucht und römischer Wahnglaube hat in dem Augenblicke, da ein von Schmeichlern und Heuch lern verführter Papst sich selbst an die Stelle de- Evangelium- zu setzen wagte, einen allgemeinen Vernichtungskrieg gegen deutsche Cultur, gegen deutsche Ehrlichkeit und Frömmigkeit begonnen. Aber schon nimmt da- unverfälschte katholische Bewußtsein Angesicht- der gotteslästerlichen Irr lehre von de- Papste- Machtsülle und Unfehl barkeit einen unwiderstehlichen Aufschwung; schon bat sich unser nationale- Bewußtsein gegen die ver suchte Bedrohung unserer politischen Freiheiten zur Abwehr erhoven. Es bedarf nur der Sammlung aller jener reichen Kräfte de- Widerstande-- Darum wollen wir zunächst in politischen Vereinen unsere und aller Staatsbürger Rechte gegen die päpstliche Allgewalt verthetdigen: dann aber für die un- treu gebliebenen und deshalb von pflichtvergessenen Bischöfen verfolgten Geistlichen die äußeren HülfS- mittel hrrbeischaffen, damit sie un- wiederum die Segnungen der Religion spenden und unsere Kinder m echter Religiosität und warmer Vater land-liebe heranbildrn können. Haben wir nur erst in Vereinen un- fest zusammengefchaart, so wird eS den glauben-treuen Priestern rasch ge lingen, die katholischen Gemeinden so, wie sie ChristuS gewollt hat, wieder herzustellen Eine tiefernste Stimmung geht durch unser^zanze- Volk ; gekommen ist die Stunde der That. So weit deutsch« Herren schlagen: wo gebe eS jetzt noch einen echten Pa trioten, einen einsichtsvollen Familienvater, einen edlen Menschen, der in dem erschütternden Kampfe um die höchsten Güter seiner Nation, seiner Fa milie und seiner selbst gleichgültig bliebe? Tretet also, katholische Mitbürger Bayern-, einmüthig dem gemeinsamen Feinde entgegen und sammelt Euch unverzüglich in dem „Landesverein zur Unterstützung der katholischen Reformbeweaung!" Lasset unS im Gegensätze zum römischen PeterS- Pfennig, womit wir nur die Verunstaltung unserer Religion bezahlen, einen deutschen Pfennig zum Besten der Kirche und zum Besten unsere- Vater landes gründen! Auch die kleinste Gabe zu diesem Zwecke wird gesegnet sein. Unsere Sacke ist ge recht und heilig, und der endliche Sieg heftet sich an unser lichte- Banner, dessen Inschrift lautet: Für Gott und da- Vaterland! 3m Aufträge de- engeren Ausschusses dev „bayerischen Landes vereine- zur Unterstützung der katholischen Re sormbewegung." München, 1. October 1871. vr. Ztrngiebel, Gecretatr. Seit dem 1.October giebt e- keine badische Diplomatie mehr. Die Regierung de- Groß» Herzog- hat also auch auf diesem Gebiete den An schluß an da- große nationale Ganze rückhaltS- und au-nahmSloS vollzogen, indem die Vertretung Baden- forthin naturgemäß durch die Gesandten de- Deutschen Reiche- erfolgt. Diese- Beispiel so wie der neulich gemeldete Vorgang Bayern- mögen dem sächsischen Landtag al- nachahmung-werthe- Borbild erscheinen! Nach den heute, allerdings meist nur in fran zösischen Quellen Uber die elsässische Zoll konvention vorliegenden Nachrichten würde dieselbe sich nunmehr ihrem Abschluß uähern. Der „Jndependance" wird au- Pari- telearaphirt, daß der deutsche Bevollmächtigte dem Präsidenten der Republik am 30. September die Antwort de- Fürsten Reichskanzler- auf die französischen Vor schläge amtlich mitgerheilt habe, wonach der von der Nationalversammlung dem Entwürfe zugefügte Artikel 3 definitiv abgelehnt sei. Herr Thier habe darauf die Erklärung abgegeben, er fei be reit, den Artikel 3 falle« zu lassen, wenn deutscher- seit- dagegen auf eine Verkürzung der für da- ReichSland beanspruchten AuSnahmefrist einge gangen würde. Die „Patrie" versichert, da- Gou vernement de- Herrn Thier- sei vollständig in der Lage, den Vertrag zu zeichnen und zu erfüllen, und man möge in Deutschland sowohl hinsichtlick der Erfüllung der bereits geschlossenen Conventionen wie auch hinsichtlich der Erfüllung förmlich er» thetlier Zusagen ohne Sorgen sein. Welcher Werth kann indessen diesen Behauptungen der „Patrie" beigemessen werden, wenn daS Blatt in einem anderen Artikel die Frage aufwtrft, ob eS über haupt noch opportun sei, die Milliarden weiter zu zahlen, wobei e- zugleich gegen die deutsche ReickS- regierung den Vorwurf erhebt, daß sie ihrerseit- den Stipulationen der verschiedenen Verabredungen nicht Nachkomme. Die „Patrie" bedauert sehr, daß Frankreich an Händen und Füßen gebunden sei, und ricktet an „Europa" die Frage, ob es denn noch länger zusehen wolle, wie Frankreich den Launen eine- Minister- preiSgegeben würde, „für welchen Eide wenig Werth zu haven scheinen". (!!) Meint die „Patrie" vielleicht die Deutschen mit Unverschämtheiten auS ihrer Position drängen zu können? Nickt minder anmaßend drückt sich ein andere- der bevorzugten PaÄser Organe, der „Moniteur universel" au-, welcher seine Lands leute ermahnt, die in Frankreich lebenden Deut schen nicht zu molestiren, damit nicht etwa in Berlin EntschädigunaSforderungen für dieselben formulirt würden. „Wir haben in diesem Augen blicke unsere Aclionsfreiheit nicht. Erst bezahlen, nachher werden wir sehen." DaS ist nicht die paffende Sprache für Leute, welche alle Augenblicke die Attitüde von Bittstellern anzunehmcn ge zwungen sind, aber eS scheint eben traditionelle Bestimmung der französischen Presse zu sein, wenn auch wider Willen, nach Kräften dem Interesse de- eigenen Lande- entgegenzuarbeiten. WaS die innere Lage Frankreich- anbetrifft, so mehren sich die Anzeichen einer Verstärkung der bonapartistischen Partei von Tag zu Tag. Auch diejenigen Organe, welche bisher fast aus schließlich in einer bourbonischen Restauration da- Heil Frankreichs zu finden geglaubt haben oder wenigsten- zu glauben schienen, schein«« sich jetzt der neuen Strömung zu nähern. Die „Patrie" verlangt mit allem Nachdruck die Wiederherstellung der Monarchie, ohne wie früher dabei der bour- boniscken Prätendenten »u gedenken, sie begnügt sich vielmehr mit Angriffen auf den 4. September. Nach Berichten auS Clermont vom 29. Sept. lagen an diesem Tage noch 800 Bayern in der Stadt. SenliS, Compiögne, Ereil und Cripy waren ebenfalls noch vesetzt. ES tst unbekannt, au- welchen Gründen die Occupatio« dieser Städte, die nach dem französischen offlciellen Blatte am 25. Sept. aufgehört haben sollte, noch fortdauert. Die Versailler Regierung hat bi- jetzt keine Auf schlüsse darüber gegeben. Za Dii on, wo in Folge von Angriffen gegen deutsche MilitairS die ver schärfte Belagerung erklärt und die allgemeine Entwaffnung angeordnet wurde, sind mehrere Personen wegen Verheimlichung von Waffen, Aufläufen und Plünderung argen deutsche- Militair zu verschiedenen Gefänanißstrafen verurthellt wor den, die sie in Deutschland absttzen müsse«. Ein gewisser Gillot und ein Gerbermeister erhielten ein Jahr, ein gewisser Ballot seckS Monate, der Advocat Ballot und ein KaffeeyauS-Kellner drei Monate. Dieselben wurden schon nach Deutschland abgeführt. In Lyon dauern die Verfolgungen gegen die Deutschen fort. Bor dem Hause ve- PseifenhändlerS Jahr fand am 29. wieder eine Zusammenrottung Statt und man warf ihm die Fenster ein. Die Lyoner Blätter fordern die Bewohner wiederholt auf, die Demonstrationen gegen die Deutschen zu unterlassen. Sie behaupten zugleich, daß die deutschen und schweizer Blatter die Vorgänge übertreiben. Ferner deuten sie an, daß diese Demonstrationen von verdächtigen Individuen, d. h. von Leuten hervorgerufen wür den, die Interesse hätten, daß die Deutschen einen Vorwand fänden, sich zu beklagen. Sie bezeichnen einen Polen, Namen- DombrowloSki, der sich in den Händen der Polizei befände, al- den Haupt- anstifier der antipreußischen Kundgebungen. Der selbe sei gegen alle Deutschen lo-gegangen, die er auf der Straße angetroffen. Er habe eine Pfeife bei sich gehabt, deren er sich bedient, um die Menge um sich zu versammeln, die er dann gege» die Deutschen aufgehetzt habe. Schließlich ver-
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