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Dresdner Nachrichten : 07.05.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-05-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187405079
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18740507
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18740507
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1874
- Monat1874-05
- Tag1874-05-07
- Monat1874-05
- Jahr1874
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- Dresdner Nachrichten : 07.05.1874
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GetütkÜ« I»s" «ltnuelindt KL »r. 127. «em, Dm« und «igenthum der Herausgeber-. Litpsch Nttchardt in Dresden. Verantwort!. Redacteur: Julius Neichardt, gctlc» N,r. Sine «orxnlie itir d«» ntchftttaiae Seichet- ,«» der Inserate »tr» nicht «cgeden. RuiwSrtige «nnsneen. «ustrüze von UN» linde- kannten Firmen ». Per sonen tns-riren wir nur «egen Priilmmerand«- Zadlung durch vrtes- marte« oder Posteingad» » Gilben losten «»«wtirtige t Zahlung »uch «ul eine »retdnerSirm, «nweisen. Li« »ip. luna. » > *«r. können diel Mttredarteur: vr. L»U Dresden, Donnerstag, 7. Mai 1874. P-ltttsche«. In früheren Zetten, als di« ,Hrepz-Z«itung" noch Berliner Hof-Organ war, begrüßte sie stet» den russischen Zaarrn, wenn der- selbe auf seinen sinnmerlichen Badereisen Berlin passirte, mit dm überschwenglichsten Hymnm. Der Hort des Absolutismus, den der Selbstherrscher aller Reußen repr-lentirt, fand seinm begeisterten Priester und Sänger in der „biedern Kreuz-Zeitung." Heutzutage ist „Väterchen" nicht um eine Messerrückenbreite freisinniger, wohl ober die „Norddeutsche Allgem. Ztg." an Stelle der „Kr.-Ztg." das Sprachrohr der Berliner Politik geworden. Somit giebt nicht die innere Politik d«S weißm Zaaren, wohl aber sein äußeres Verhalten gegm Deutschland dm Anknüpfungspunkt zu enthusiastischen Pe- grüßungS-Artikeln, wenn er auf der Vetterstraße von Petersburg zu seinm Verwandten in Darmstadt. Stuttgart und London, auch bei seinem erhabmen Oheim, dem Kaiser Wilhelm, in Berlin ab- steiat. Wer mit frischen Augen unbefangen in die Welt hinein blickt und nicht durch die offiziös gefärbte Brille sieht, weißes wesentlich hoch z» schätzen, daß die persönlichen Sympathien des Zaarm seinem kaiserlichen Oheim Wilhelm, Preußen und Deutsch land zugewmdet find; der erinnert sich auch des stolzen Wohlbe hagen», mit dem der Zaar Alexander — als er die Nachricht ver nahm, daß König Wilhelm bei Sedan den Kaiser Napoleon und sein Heer gefangen hatte — ausrief: „Was für ein Onkel!" der weiß aber auch, daß es eine sehr mächtige Partei in Rußland giebt, die voller Neid und Haß gegen das deutsche Reich erfüllt ist und die in dem russischen Thronfolger ein sichtbares Oberhaupt besitzt. Wir werden deshalb gut thun, nicht zu fest auf die Freundschaft Rußlands zu bäum. Mancherlei Anzeichen sprechen für eine starke antideutsche Strömung unter den Moskowitern. Co fanden vor Kurzem in dem Petersburger Flotten-Offiziers-Club Borträge über die Aufgabe statt, die einer russischen Ostsee-Flotte oblägen, falls «in Krieg zwischen Deutschland und Rußland in diesem Jahre oder in H Jahren ausbräche. Auch in Deutschland träumt Niemand von esner ewig ungestörten Harmonie zwischen uns und den Russen. Der Eifer, mit dem unsere Offiziere russisch« Grammatik treiben, ist nicht überall auf den Wissensdurst und dm Trieb, hie^LpvachilWnt- «iss« zu erweitern, zurückzuführm. Wg» ßbcr stärker chl» der ül' WM-m MMmsiter fich erweism «nd RrchsiMd von kriegerisch Abenteuern zurückhaltm wird, ist di« kommeqielle, finanzielle und politische Lage jenes Reiches selbst. Bezüglich der kommerziellen «erden folgende Thatsachm genügen, um den Rückgang Rußlands in ein ziemlich klare» Licht zu stellen. In frühere« Zeiten beherrsch ten die Russen mit ihrm großen Stapel-Artikeln, als z. B. Getreide, Korn, Talg, Hanf und Flachs den europäischen Markt fast aus schließlich. Seit 2 oder 3 Decennien hat sich dieses für Rußland aünstiae Verhältniß aber völlig geändert und die Märkte rechnen mindestens nur in zweiter oder dritter Linie auf russische Zufuhrm, weil die Vereinigten Staaten, Ungarn und die Donau-Fürsten- thümer jetzt größere Quantitäten Getreide liefern können als Ruß land. In Talg aber macht Südamerika den Russen eine Über wimende Concurrenz und Hanf und Flachs wird in dm Ländern, wohin Rußland früher exportirte, reichlich angebaut. Dies sind aber die Haupt-AuSfuhr-Artikel Rußlands, alle übrigen sind von geringer Wichtigkeit. Die eigene Handelsflotte des großen russischen Reiches ist auffallend unbedeutend, dmn deren Tragfähigkeit betrug 1872, nach den Hübner'schen statistischen Tabellen, nur 180,000 Ton», was nicht einmal diejenige einer einzigen Stadt Deutschlands, nämlich Hamburgs, welche» 240,000 Tons aufweist, erreicht. (Diejenige von ganz Deutschland beträgt 1,300,000 Tons.) Vor dem Krimm-Kricge, wrlcher dem russischen Staate 1300 Millio nen Rubel gekostet hat, standen die russischen bprocentigen Staats- papiere auf 130,2 und darüber, also 30 Procent über pari. Jetzt schwanken sie zwischen 85 und 90,2, sind also zwischen 40 und 46 Procmt zurückgegangen, so daß der Credit de» Landes sehr er schüttert ist. Da durch die Abschaffung der Leibeigenschaft di« Arbeits-Verhältnisse desorganisirt sind, so mußten die Ernten ab nehmen, statt eine natürliche Zunahme aufzuweisen, wodurch die Ressourcen des Landes einen empfindlichen Schlag erlitten. Sehr schlimm in dieser Beziehung ist es auch, daß im russischen Budget der bei weitem größte Theil der Einnahme au» der Branntwein steuer entspringt, was auf eine zunehmende Demoralisation der Bevölkerung hinweist. Es bleibm die politischen Verhältnisse zu beleuchten und diese sind kaum weniger ungünstig als die sinanziellen und kommerziellen. Ein Bild auf die Karte und die Bestandtheile der russischen Bevölkerung muß zu Betrachtungen führen, welche auf eine große politische Schwäche Rußlands deuten. Di« Finnen gravitiren nach Schweden, die deutsch-russischen Ostsee-Provinzen nach Deutschland, die Polm nach ihrem alten Jagsllonenreiche, die Georgier, Armenier und andere Asiaten stehen auch nur in einem sehr losen Verbände mit den eigentlichen Russen, den 30bi«35Mil- lionen Moskowitern, denn dieses Noch sehr uncivilisirte Volk, fast ohne Industrie, Künste, Literatur und Wissenschaften, dessen fremd artige Sprache, Schriftzüge und Drucktypen es wie durch eine Mauer von den anderen großen Culturvölkern trennen, scheint durchaus unfähig zu sein, auf die Dauer so viele heterogene Natio nalitäten zusammenzuhalten und deren notwendig stet« zunehmende auseinandersirebende Tendenzen zu unterdrücken. Es scheint un ausbleiblich, daß dieses enorme Conglomerat eroberter Völker aus einander fallen muß, ebenso wie dieser geschichtliche Proceß sich bei anderen, ebenfalls unnatürlich zusammengeschmiedeten übergroßen Staaten vollzogen hat und die socialen Gebrechen Rußland« könnten vielleicht den ersten Impuls dazu geben. In Summa: Die Freundschaft oder auch nur das Wohlwollen Rußland» ist uns werthvoll — ein Umschlag in Petersburg wird sich ertragen lassen. UebrigenS hat der russische Zaqr sowohl, wie sein Reichskanzler Fürst Gortschakoff, den kranken Bismarck durch Besuch in dessen Wohnung ausgezeichnet. Für so hohe Gäste war Bismarck selbst verständlich zu sprechen, nicht aber für die zudringlichen Photo graphen, die ihn bestürmen, er solle mit semer neuen Perrücke ihnen sitzen. , So viel besprochen in Oesterreich di« Wickhoff sch« Interpella tion über die tiefe wirthschaftliche Zerrüttung Oesterreich« ist, so wenig wird bei ihr herauskommen. Bereit« jetzt hat der Finanz minister de PretiS erklärt, daß, so lange er auf seinem Posten stche, von einer Verwendung des Geldes der Steuerzahler zu Gunsten von Leuten, die ihr Vermögen in Börsenspekulationen verloren haben, nicht die Rede sein werde. Nun mag de PretiS ein Bureaukrat von mäßiger Begabung und von beschränkt fiScalischem Horizont sein — eine Creatur der Börsenjobber ist er keinesfalls. Er wird deshalb auch nicht gestürzt werden, zumal sorgfältige Ermittelungen bestäti gen, daß ein« wirklich gefährliche Rückwirkung nur jene Industries» Oesterreichs auszuhalten haben, welche durch den vielgepriesenen „Ausschwung" auf einen gefährlichen Höhepunkt getrieben waren, und sodann der Zwischenhandel mit Ungarn, dessen Consumtions- fähigkeit völlig von seinen Ernteerträgniffen abhängt. Die Lage CiSleithanienS ist, wenn einmal die Rückschläge al» unvermeidlich betrachtet werden, nicht so schlimm, wie sie von einigen Zeitungen in tendenziöser Weise auSgemalt werden. Man muß nur ein-für allemal auf die Wiederkehr einer Zeit, wo den Leuten die gebratenen Tauben in den Mund fliegen, verzichten und daran denken, daß Sünden gegen die wirthschaftlichen Naturgesetze sich unerbittlich strafen. So lange diese Errenntniß nicht durchbricht, hat man in Oesterreich auch keine Gewährleistung vor neuen Abenteuern. Das Gekrächze der ossictösen Preßgeier in Berlin kündet deut lich den nahen Sturz des Grafen Arnim. Alle möglichenTeufeleien werden ihm zugeschneben. Er soll dem Kaiser ein eigenhändiges Memorandum gegen BiSmarck'L Kirchenpolitik überreicht, soll intri- guirt haben, um Botschafter in Wien zu werden, und sei ungewöhn lich rasch von Paris aufgebrochen, um sich gegen die von BiSmarck'S Organen ausgestreute Verdächtigung zu vertheidigen, daß er e« mit den reich-feindlichen Ultramontanen Haft«. So gereizt seien Bis marck und Arnim, daß e» beinahe zu einem Duell zwischen Beiden gekommen wäre. Wir haben bald Anlaß, uns weiter mit dieser Affaire zu beschäftigen. - "T' .. — Zu« Schluß nv«i gut« Nachricht««: Preußen hebt da» Chaussee, gekd auf den fiScalischen Straßen auf, und der Gedanke, den ober sten Reichsgerichtshof nach Leipzig zu verlegen, scheintOberwasser zu bekommen L««le» »nd «iichSsche». — Prinz und Prinzessin Georg, KK. HH., werden heute ihren Aufenthalt in ihrer Villa in Hosterwitz nchmen; von dort gehen sie später mit der Königin-Mutter nach Jahnishausen. — Der Director der dritten Bürgerschule zu Leipzig, Vr.pbil. RamShorn, hat das Ritterkreuz vom Albrechtsorden, der Pfarrer Reuther in Altmittweida da» Ritterkreuz des Verdienstordens, der Cantor und Kirchschullehrer Fleck in Probstheida die goldene Medaille des AlbrechtSordenS erhalten. — Die von dem Landwehr-BezirkS-Commandeur Oberstleut nant z. D. Birnbaum des 1. Bat. (Plauen) erbetene Entlassung aus allerhöchsten Kriegsdiensten mit Pension und der Erlaubniß zum Forttragen seiner jetzigen Uniform ist genehmigt und der Oberstleut nant z. D. v.Kotsch zum Landwehr-BezirkS-Commandeur des vorge nannten Bataillons ernannt worden. — Landtaa. Die allgemeine Debatte der 1. Kammer über da» Budget keö Cultusminlsteriumö fesselte durch eine Anzahl princlpleller Gesichtspunkte über die Bildung der Gegenwart. Die Unterlage bot der Bericht deö Kammerherrn v. d. Planitz. Der Etat des Cultusministeriumtz erhöht sich von 520,200 Thlr. auf 1,496,900 Thlr. Eine solche Erhöhung nöthigte die De putation zu strenger Prüfung, doch tritt sie im Wesentlichen den Bewilligungen der 2. Kammer bei, ta alle für den CultuS und den Unterricht verwendeten Summen zur Hebung der sitt lichen und intellektuellen Kräfte des Volkes dienen und für diesen Zweck Sachsens Regierung und Stände niemals Opfer scheuten. Präsidentv.Zehmen übergab den Vorsitz dem VIcepräs. Piotenhauer, um angesichts der großen Summen, die zur Berwllligung stünden, einige allgemeine Bemerkungen zu machen. Man sage oft: Wissen sei Macht, Mangel an Bildung dieOuelle de» Proletariats, erst Bildung erhebe den Menschen zum men schenwürdigen Dasein. Darin liege viel Wahres. aber nicht die ganze Wahrheit. Nur die mit der Verstandcöbllbung vereinte Herzensbildung gebe wahre, ben Menschen veredelnde Bildung, und diese lasse sich nur aus dem Boden des Christenthums er reichen (Sehr wahr!) und nur diese werde die sociale Frage lösen. DaS Lbristentyum lege allen Stänken gleichmäßige, gegenseitige Pflichten aus. Der Mangel an dieser wahren Durch bildung beö Menschen sei die Quelle des Proletariats und der Verwilderung, die sich setzt in allen Ständen zeige. Beschämend für die Gegenwart sei eS, daß trotz aller vermehrten BilbungS- grleaenbeiten sich eine zunehmende Rohheit zeige, besonders bei den jungen Leuten, die sich zu den eigentlich „gebildeten" Stän den rechneten. Jeßt sorge man nur für VerstanbeSblldung. für Erwerbung von Kenntnissen und Fertigkeiten; daraus resultire die Ueberhebung der Zelt. Auch die Schule überhebe sich gegen über der Kirche und wolle letztere mitunter ganz verdrängen. Ein großer Theil der Lehrer - man lese nur mitunter ihre Pe titionen - zeige eine gewisse Selbstüberhebung. So hoch die Ausgabe der Schule siebe, sie habe doch nur ein begrenztes Gebiet: die Resultate der Wissenschaften incl. der Theologie erst werden <ür die Schulzwecke zu verarbeiten. Jetzt habe man so vielerlei Lehrstoffe, daß bald weder Lehrer noch Schüler körperlich und geistig sie verarbeiten könnten. Mit der schönen Redensart: für Schulbildunaszwccke solle man keine Opfer scheuen, erspare man nicht die beschämende Erkenntniß, daß unsere Zeit nicht reicher und productiver an großen Männern und Charakteren geworden sei, als die Vergangenheit. Troß aller Opfer für BilbungSzweckc erzeugt die Gegenwart nur Mittelmäßigkeiten und mit Neid müsse sie ans die großen Sterne der Wissenschaft blicken, dir auS vergangenen Zeiten herüberleuchtrn. Man «olle aut Bildung von Charakteren sehen. Er habe sich gerade beim Budget de- Unterrichts-Ministerium» verbunden gehalten, die Schattenseiten der modernen Bildung hnvvrzubrben. (Lebhafter Beifall.) - Auch Prof. Nr. Fricke nmnt eS einen großen Jrtthum, bloö mit der Bildung die Ausgaben der Zeit losen zu wollen. Nicht bloö Wissen und Erkennen, auch Wille und Herz entscheide im Leben. DaS Wissen sei an sich keine Macht, sondern bloß im Dienste des edel geleiteten Willens. Unsere Schulen seien mit Wissensstoff so überladen, daß sie beinahe eine Gefahr tür die den Gebieten beS Wissens, Denkens, Handelns und persönlicher, Einsetzens für eine Uebcrzeugung. Viele zersplitterte Strahlen machten noch keine Sonne; lösche die Sonne auS, so erlöschen auch die Strahlen. (Sehr gut!) Man solle die Lehrpläne aller Schulen vereinfachen; allerlei Wissen gebe zuletzt doch kely Wissen. Unsere Zeit habe keine wissenschaftlichen Bahnbrecher mehr, sie sei viel zu realistisch, zu wenig den Idealen zugewendet. Ohne idealen Grundzug aber könne keine Gesellschaft bestehen. Noch beklagcn-werthrr sei der pessimistische Zug, der sich vielfach in der Jugend, die doch voller Freude und Ideale sein solle, zeige. Verpestend geradezu wirke die vielfach hervortretcnde Meinung der Jugend, daß die Welt nur den Zweck habe, „daß sie zu Grunde gehe". — Redner rühmt sodann den Zustand der Universität Leipzig und dankt sür Alles, wag ihr daS Land bewillige. Ein Unglück sei eS, wenn die kleinen Universitäten eingingen; eine große Universität, wie Leipzig, die größte der Welt, gewähre aber durch das Zusammen arbeiten der verschiedensten Nationalitäten ganz besondere Vor thelle. Zum Schluß spricht Redner noch verschiedene Special wünsche auS. — Der CultnSmInister vr. v. Gerber will nicht in die prlnciplelle Erörterung der soeben gehörten Gedanken cin- gehen; er fasse seine Aufgabe als Chef deö Schulwesens praktisch auf. Recht habe vr. Frlcke darin, daß das zu Vielerlei des Un terrichtsstoffes eine Verflachung deS Geistes der Schüler zur Folge haben müsse; auch er sei davon erfüllt, daß daS Wichtigste in der Schule die Erhaltung elneö einheitlichen Schwerpunktes in der Seele des Schülers sei» müsse. Aber sür die Regierung lei eS ungemein schwierig, ausschließlich nach diesem Gesichtspunkte zu handeln, wo kaö Leben von allen Seiten die verschiedensten An forderungen an die Schule stellt. Noch keine Zeit habe so viele Ansprüche erhoben wie die Gegenwart. Aufgabe sei cS, elneVersöh. nung zwischen diesen Zeftansprüchen und vereinfachen,glücklichenZeit beS einheitlichen Lehrstoffs zu finden. Der vlelbekiagte Realismus der Zeit finke in sich selbst sein Heilmittel und setzt bereits komme daS nie ganz zu unterdrückende Streben nach Idealismus miete, mehr zum Vorschein. Dem Pessimismus, diesem sittlichen Ban kerott, sei mit allen Mitteln zu steuern. Er trete v. Zehmen vielen Punkten bei, aber nicht darin, daß die Awgabe der Schuir sei, große Männer zu erzeugen. Die Schule könne nicht syste matisch die Alles überragenden Geister bilden. die der Nation ihre Wege zeigten. Große Männer kämen oit aus den dürstig- sten Bildung-Verhältnissen heraus; Aufgabe der Schule se> eS, die DIldungSresultate der größten Männer in Münzen zu ver wandeln, die In allen Kressen cursirtcn. Möge die Kr. trotz aller sonstigen Bedenken der Schule ferner die All Ittel gewähren' Res. v. d. Planitz bezeichnet es alh Ehre und Freude, einer Kr. anzugehörcn, in der solche Reben gehalten werde». Slbg. Bl e > n - hold illustilrt die Morte der Vorredner. Die Masse dcS Volks wende sich von der Religion ab und dem Genüsse zu. Alis der Umkehr solle die Schule den Anfang machen; man solle der zoin Sozialismus führenden falschen philosophischen Richtung ent« gegcntreten. Die Universität solle, dankbar ttir die ihr zmlie- ßenden Summen, mit dem Minister Männer berufen, die aui dem Boden des gcoffenbarten Glaubend stünden. «Ter Mi nister beobachtet letzterer Aufforderung gegenüber ein beredtes Schwelgen.) — Die Kr. tritt in die Spezialdebatte. Wir beben nur die Positionen heraus, bei denen sich Differenzen zu den Beschlüssen der 2. Kammer ergeben. Den Abstrichen der 2. Kammer beim LandeSconststorium stimmt die Deputation zu, daS Gleiche thut die Kammer gegen 12 Stimmen, obwohl Oder- hofprediger vr. Kohlschütter schier nicht glauben will. daß das neue Landesconsistorium auch mit einer geringeren Zahl Räthc cmsreichcn kann. Bel der Universität bewilligt die Deputation auf Professor vr. Frlcke's Antrag die geringen, jenseits gestrichenen GehaltS-Erhöhungcn dcS Erpcditionö- personalS der Universität. Wichtiger sind die großen Bau ten, die im außerordentlichen Budget für die Universität gefordert werden: 749.200 Thlr., die im Verein mit dem ordent lichen StaatSzuschuß die Ausgaben Sachsens sür seine Uni versität aui 1,181,000 Thlr. sür 1874 75 steigern. Die Deputa tion findet, daß wenn man auch nicht karacn soll, cS doch eine Grenze gebe. Man fragt sich, ob eine weitere Steigerung der ohnehin schon hoch gestiegenen Freguenc der Universität wirklich ein Vorthcst sei, cdcr ob nicht die etwaige UebcriüUung die or dentliche »Ausbildung der Studenten Hintere und die Kräfte der Professoren zu sehr zersplittere und anslrenge. »Auch erinnert man im Interesse der säcl-ssschcn Steuerzahler daran, baß unter den Jünglingen, zu deren Gunsten Sachsen so große Summen ver wendet, nickst einmal ein volles DrIMhell Sachsen find. Jeden falls will die Deputation die Baute» nicht zu schr überstürzen, sie lieber aus mehrere andere Finanzperloben vertheilen. Daher empfiehlt sie zwar die Bewilligung aller anderen Postulate des anßerorkcntllchen Budgets, aber die »Ablehnung zur Zeit von 200,000 Thlrn. für einen neuen botanischen Garten. Letztere Summe wird jedoch mit 20 gegen 19 Stimmen bewilligt vr. Fricke hatte u. A. bervorgehobcn, daß eS doch unpassend sei, wenn die Studenten nach dem bisherigen botanischen Garten durch die verrufene Pleißengasse gehen müssen. Lebhaft wird vom Referenten und von vr. Frlcke getadelt, daß vr. Birnbaum parlamentarisch-politische Debatten mit den Studenten gehalten habe. (Schluß morgen.) — Die 2. Kammer stimmte den vom Abg. Starke-Schmölen bezüglich der Errichtung von Güterstatlonc», Haltestellen n. s. w. vorgeschlagenen Anträgen — die wir bereits früher mittheilten — bei, mit folgenden Ausnahmen: Die Petition um Errichtung einer Haltestelle zu Schedewitz lZwickau-Sctiwarzenbergcr »Bahn) wurde auf Antrag dev Abg. Kirbach, die Petition ui» Verwand lung der Haltestelle Pommrltz in eine Gütcrstaticn (sächsisch- schlestsche Bahn) aus Antrag dcS Slbg. Strauch der Regierung znr Erwägung übergeben. Auf »Antrag des Abg. Schreck wurde gegen 20 Stimmen beschlossen, daß ans der Station Pötzscha eine Weiche errichtet und der StatlonStelegraph dem öffentlichen Ver kehre überlassen werde. Eine Anzahl anderer Petitionen wurde nach den »Anträgen v. Ebren steinS erledigt; eine Petition um »Aufhebung des Collegicnzwanges zur Kenntnißnahme über geben; der Durchbruch des Schlosses von der Schösseraasse auk als eine reine lokale »Angelegenheit Dresdens aber (Res. vr. Mclschner) einfach abgelehnt. — Es bestätigt sich, daß alle zur „Deutschen Fortschrittspartei" gehörigen Mitglieder der 2. Kammer dem Biedermann-Ludwig'schen Reichsvereine nicht bcitreten, auch der von diesen Herren nach Döbeln ausgeschriebenen Landesversammlung von derm Parteige nossen, nicht beiwohnen werden. Die zur deutschen Fortschritts partei gehörigen Mitqlieder der 2. Kammer sind bekanntlich
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