mühsames Training nicht gewachsen. Diese harmonische Einheit von Fels und Strom, Wald und Feld, sogar von Schienenstrang und Elbe! Das Herz dieser Landschaft schlägt am Falkenstein, aber die stille Größe des Bildes, das „Säch sische Schweiz" heißt, wird gerade hier in jedem Rauschen der Bäume, jedem Bröckeln des Sandsteins bewußt. Schade, daß man scheiden muß, wenn es am schönsten ist. Darin liegt wohl eine verborgene Weisheit, die unser egoistischer Verstand nicht begreift. Die Sonne neigt sich nach Westen, und die Eisenbahn wird nicht auf uns warten. Also hinab zur Kleinen Bastei. Wir bummeln auf der Straße an der Elbe nach Schandau, der Stadt der großen Hotels, des berühmten Kurbades und der schaukelnden Stra ßenbahn durch das Kirnitzschtal. Jede Fähre bringt dicke Menschenpakete zum Bahnhof, denen man von weitem ansieht, wie sich ihre Nerven an diesem Tage entspannt haben. Die Züge werden überfüllt sein. Nun, es gibt größeren Kummer. Viele Tausende sind bereits mit der „Dresden", „Leipzig", „Bastei" und den anderen schönen Schiffen der „Weißen Flotte" stromab gefahren. Rotglühend sinkt die Sonnenscheibe vor dem Lilienstein und wirft flüssiges Gold über die Stahlbrücke. Die Sommergäste genießen am Ufer den kühlen Abend wind. Der Eismann packt seine Stangen. Auf dem Bahnhof sehen wir an Hemden und Jacken die roten Kreuze der Bergsamariter. Wer weiß, welche Menschen sie heute aus Bergnot gerettet haben. Eine Klampfe erklingt, Mädel und Jungen der Freien Deutschen Jugend singen. Sogar das ältere Ehepaar treffen wir wie der, und den Bergsteigern aus dem Fahrstuhl der Ostrauer Scheibe merkt man die Müdigkeit an. Ihre Arme versinken fast in den Taschen. Türenschlagen, Pfeifen. Der Zug rollt in die Dämmerung, die in der Nacht ver sinkt. Die ersten Sterne schimmern, und der Mond zeigt mit matter Sichel, daß er noch mächtig wachsen will. Vom Fluß drohen finstere Schatten. Durch die offenen Fenster spielt der Fahrtwind. Herb duftet das Gras der Uferwiesen. 39