I. Splitter und Bruchstücke aus meinen „Schlussreden“. Von R. L. Schneider. H I. Die Musik hat mehr Töne als die Sprache Worte. Sie ist die Kunst, die Gefühlsbewegungen der Seele iu Tönen aus zudrücken. Ihr Ausdrucksgebiet ist grösser als das der Sprache, denn das Gefühl ist freier als der Verstand. Nur insofern gehört die Musik zu den Künsten, als ihr Eindruck als Sprache der Gefühlsbewegungen der Seele sich los löst von dem Eindrücke des Mechanischen, so dass unbehindert von letzterem die Idee zur Darstellung gelangt und durch die in der Meisterschaft zur Nebensache gewordene Technik gehoben und getragen wird. Zum Verständnisse der Musik ist es nicht nötig, ein Virtuos zu sein. Die beiden Ziele: »die Schönheit zu erkennen« und »mit technischen Fertigkeiten zu glänzen« haben nichts gemein sames. Das erste ist wahr, erhebend und moralisch veredelnd, das andere aber ohne das erste heuchlerisch, unwürdig und moralisch verderblich. Es kann nicht oft genug gesagt werden, dass Virtuosität nicht der Zweck des Kunststudiums, sondern nur Mittel zum Zweck sein soll.