Bachs Musik für den Leipziger Universität^ gelles dienst 1723—1725 67 wie die Universitätskirche eine von den Stadtkirchen unabhängige Verwaltung und Führung besaß, so wichen, wie erwähnt, auch die musikalischen Gepflogenheiten von denen der Stadtkirchen ab. Viel Geld wurde für die Musik nicht ausgegeben, und da besonders die dafür Angestellten schlecht bezahlt wurden, so ist sie nie auf eine sonderliche Höhe gekommen, trotz der schönen Orgel, die die Kirche seit 1717 besaß. An ihr spielte seit 1721 der damalige stuä. tlieol. Thiele. Er hatte die Erwartungen zuerst enttäuscht und ist erst all mählich in seine Aufgabe hineingewachsen H. Art und Zahl der Mitwirkenden. Aus Bachs Nieder schrift^) ergibt sich, daß die Aufführungen ausschließlich „unter Beyhülffe derer Ltuäiosorum" stattfanden, ohne Zuziehung von Stadtpfeisern und Thomasschülern, und daß jene Studenten unent geltlich mitwirkten. Daraus folgt, daß im Sopran und Alt Fal- settiften sangen. Ein Musterchor und Musterorchester kann das Ensemble auf keinen Fall gewesen sein. Eine „Auswahl" der Mit wirkenden kam nicht in Frage; Bach mußte nehmen, was sich an- bot: „wie man weiß, daß diese Ztuäiosi, welche Liebhaber der Music, sich allzeit gern und willig dabey finden laßen" (II, S. 46). Nur mit „willigen Liebhabern der Musik" durfte er rechnen, jungen Leuten von ebenso verschiedenem Talmt wie verschiedener Vor bildung. Weder waren sie eingesungen, noch eingespielt. Ein Ver gleich mit seiner vortrefflichen ersten Thomaskantorei, mit den Leistungen der zuverlässigen Ratsmusiker oder gar mit dem Orchester der beiden Collegia musica war unmöglich. Eine „Schulung" fiel schon deshalb fort, weil das Ensemble nur viermal im Jahre nach längeren Zwischenräumen zusammentrat und dann wohl mindestens zur Hälfte aus neuen Personen bestand. Sich aber diese Viermal im Jahre ihnen in reichlichen Proben zu widmen, wird Bach für dm Preis von 2^ Thlr. für jede Aufführung nicht ein gefallen sein, sonderlich gerade in den an Arbeit so überreichen ersten Leipziger Jahren. Ich nehme an, daß der „Chor" aus nicht viel mehr als vier Stimmen (8, .4,, D, 8), die Änstrumen- 1) Dieser stille Mann hat bis zu seinem Tode im Jahre 1774, also 53 Jahre lang, in der gering besoldeten Stellung ausgehalten. 2) Spitta II, S. 43 unter 6, S. 46 unter 6.