Suche löschen...
Dresdner Nachrichten : 30.11.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-11-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192911308
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19291130
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19291130
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1929
- Monat1929-11
- Tag1929-11-30
- Monat1929-11
- Jahr1929
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 30.11.1929
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Großes Re-e-uell im Reichstag BtMlte Polemik des AußenmiaillktS Esser «n» Stersodren verse»len den Stand»»»« der Realer»»« «ad der SvvoMn jStimmnngsbild unserer Berliner Schriftleitungj Berlin, 28. Nov. Um den Gcsamtetndruck vorauözu- schicken: Es war bedrückend, heute im Nahmen der groben Aussprache über das Fretheitsgcsetz Zeuge einer Mintstcrredc zu sein, die leider mit wirklichem staatsmänntschem Geiste nichts zu tun hat. Man wird vielleicht sagen können: Wer so scharf angegriffen ist, wie die heutige Negierung als Trägerin denen, was mit Erfüllungspolitik bezeichnet wird, dem wird man es vielleicht verzeihen können, wenn er weniger zur Sache als gegen Personen spricht. Aber diele Entschuldigung kann in diesem Falle nicht gelten, denn es handelte sich heute um ein außenpolitisches Borgefecht, dessen Gegenstand eine Tribntordnnng ist, die Kinder und Kindeskinder belasten wird. Hier mußte der vielleicht persönlich beleidigte Parlamentarier und Partetpolitiker zurücktretcn, und hier hätte der Staats mann. jenseits aller persönlichen Empfindlichkeiten und Partcirücksichtcn das Wort ergreifen müssen. Daß Neichs- außenministcr Dr. Curtiuö, der zugleich seine Jungfernrede in seinem neuen Ressort hielt, diese Verpflichtung nicht nur nicht erkannt, sondern vielleicht bewusst in den Hintergrund geschoben hat, ist . kein verheißungsvoller Auftakt für eine Minister» lausbah» an so exponierter und für daS Schicksal Deutschlands schwerer Stelle. Vielleicht ist ihm die Rede vom Kabinett vorgeschrieben worden, vielleicht sind Fraktionsbindungcn und sonstige Gängeleien dabet mit im Spiele gewesen. Aber in Dr. Curtins hätte sich der außenpolitische Instinkt dagegen mehren müssen, als Parteircdner und Wortführer eines an sich doch ziemlich kompromittierten Systems aus die Tribüne gestellt zu werden. Es ist notwendig, daraus hinzuweisen, und der Abg. Obersohren hat dieses Problem dann auch, wenn auch nur leicht, gestreift. Man hätte es ihm gern konzediert, gegen das Volksbegehren als solches, über dessen Zweckmäßigkeit die Meinungen bekanntlich sehr geteilt sind, zu donnern. Man hätte es verstanden, wenn er dieses Mittel, ^as ta immerhin in der Verfassung vorgesehen ist, in Grund und Voden kritisiert hätte, aber was man nicht verstehen kann, ist» daß er dem ganzen Problem keine außenpolitische Wendung gab. DaS ist sür einen Außenminister immerhin ein bedenkliches Zeichen. Man stelle sich vor. im Austrag eines deutschen Ncichskabtnctts hätte der Außenminister heute im Reichstage gesagt: Wir lehnen das Volksbegehren als politisch un tragbar ab, aber wir bejahe» den Geist des Selbsi- erhaltungswtllens. der hinter ihm spürbar ist! Und wenn Dr. Curtins. an unsere Gegner draußen gewandt, gesagt hätte: Seht die Verzweiflung und die Berwirrung in diesem an sich so ordnungsliebende« und wohl auch wenig politisch leidenschaftlichen Volk hat ein Ausmaß an genommen, daß man zu solchen groben Mitteln grei sen zu dürfen glaubt. Die Verwirrung, die aus wirtschaftlicher Not, Ueberbesteue- rung, nationaler Demütigung seit mehr als zehn Jahren zu erklären ist. wurde so groß, daß man hinsichtlich der Mittel nicht mehr wählerisch ist, daß man einen kleinen Paragraphen der Verfassung heranzieht und mit ihm Hoffnungen ver knüpft. die ja nicht cintreten können. Dr. Eurtius hätte als Außenminister heute die politische Welt davor warnen müssen, solcher Bewegung letzter politischer Entschlossenheit weiterhin durch Druck und eine Tributrcgelung. Nahrung zu geben. Sie im ?1oungplan sür uns jetzt verankert werden soll, und auch nach der Meinung der deutschen Negierenden viel zu hohe Belastungen mit sich bringt. Diese staatspolitische Wen dung hat der neue Außenminister nicht gefunden. Er hat auch nicht ans die zehn kehr substantiierten Kasseler Fragen Dr. Hugenbergs, die den Uoungplan l betrasen, geantwortet» und es war auch nicht sonderlich glücklich von ihm, den Führcrgedankcn gegen den Volksbegehrenmechanismus aus- zusptelen. Was würden unsere Regierenden sagen, wenn es den vier Millionen, die sür das Volksbegehren gestimmt haben, plötzlich eingefallen wäre, eine politische Aktion außer halb des Rahmens der Verfassung zu unternehmen. Dann wäre wahrscheinlich das Geschrei noch viel gröber geworden. Da, wie gesagt, in der Ministerrede alle staatspolittschcn Gesichtspunkte außer acht gelassen wurden, war schließlich das Niveau der heutigen Neichstagösitzung entscheidend bestimmt: Verärgert, wie die Regierungserklärung, klangen auch die Erklärungen der Koalitionsparteien. Kein wirklich überragender Gedanke war darin zu finden. Die Grammophonplatten der ministeriellen Rundfunk redner rollten vor einer wenig aufmerksamen Zuhörerschaft ab. Erst als der dcutschnationale Redner, der als ruhig und sachlich bekannte Dr. Obcrsvhrcn, die Tribüne betrat, wurde es ein wenig lebhafter. Die Ausgabe wgr sür den Redner sicherlich nicht leicht. Aber wie er sie löst«, ohne Entgleisungen in der Form und ohne rhetorische Kniffe, einfach und ehrlich, das konnte seine Wirkung schließlich nicht verfehlen. Das Gesetz «gr gedacht als efne anßenpolitische An» gelegcnheit, so «nterstrtch «8 de» Redner, nun ha» ma« einen innerpolitischeu Zank darans gemacht. Keine vorausschauenbe Außenpolitik war da, die es ver standen hätte, die Opposition zu einem Instrument ihrer Be strebungen zu machen. Auch war Dr. Oberfohren der einzige Redner des heutigen Tages, der wirklich zur S a ch e, um die eS geht, zum Boungplan. gesprochen hat.> und es wurde im Plenum nicht angenehm empfunden, als er auf die Pariser Snchverständigenverhandlungen zurückgriff und dabei auch den NeichSbaukpräsidenten Dr. Schacht zitierte. Ein drucksvoll zum Schluß waren Dr. Obersohrens Feststellungen, daß cs noch immer Minderheiten gewesen seien, die das Schicksal einer Nation bestimmt haben. Wer dachte in diesem Augenblick nicht an das zahlenmäßig so unbedeutende Grüppchen der französischen Nationalisten um Barrds. und die anderen, die im Zeichen nie ruhenden Wider standes ihrem Staat das Siegel und schließlich auch den Lieg ausgcdrückt haben. Es folgt der wirtschaftsparteiliche Redner Dr. Bredt, der zwar das Volksbegehren verurteilte, die Stellungnahme seiner Partei zum Noungplan aber offen ließ. Dann folgte der sächsische Nationalsozialist Dr. Feder mit einer leiden schaftlichen Rede, und damit war eigentlich die erste Lesung im wesentlichen vorüber, denn was der Kommunist Heckert zu erzählen wußte, ist sür Druckerschwärze und Papier zu schade. Noch einmal erhält dann die Debatte eine Tendenz nach oben. Der dcutschnationale Abgeordnete v. Freytagh- Loringhoven bespricht teils die juristische, teils die ver fassungsrechtliche Seite der Bolksbegehrenaktion und beleuchtet treffend die Art und Weise, wie bisher die Kriegsschuldluge amtlich behandelt morden, d. h. wie fast sämtliche Widerrufe dann später a«S Gründe« der Opportunität verharmlost worden sind. Der christlichnationale Bauernabgeordncte Döbrich beschließt zusammen mit dem Auswertler Dr. B e st den Reigen der heutigen Diskussionsredner. Da rheinische Abgeordnete den Wunsch geäußert hatten, an den Befreiungsfeiern im Rheinland teilzunehmen, hat der Acltestenrat beschlossen, die Sonnabendsitzung schon um IN Uhr beginnen zu lassen, damit die Sitzung am frühen Nachmittag beendet werden kann. Außerdem hat der Acltestenrat noch beschlossen, in der nächsten Woche den Frei tag und Sonnabend, sowie dann auch den darauf folgenden Montag von Plenarsitzungen freizuhalten. (Sitzungsbericht siehe Sette 3) Abl»ikdSbe!u»e »er Ranzest» i» siebst»- Koblenz. 28. Nov. Der letzte noch anwesende französische General D e l i g n e hat heute dem Oberpräsidenten, dem Re gierungspräsidenten und dem Oberbürgermeister seinen A b - schiedsbesuch gemacht. Die französische Flagge wird auf dem Ehrenbreitstein morgen mittag eingezogen. — Zum ersten Male nach Jahre» wird im Stadttheater wieder Schillers „Wilhelm Tel!" gespielt werben, dessen Auffahrung die Rheinlandkommtssion in bekannter Eng. Herzigkeit verboten hatte. Sic findet nun sogleich am Be frei» ngstage statt. Obwohl Koblenz von französischen Truppe« befreit sei« wird, steht bis heute noch nicht seft, ob auch die Rhein» lanhordonnanzcn der Interalliierten Rhetnlanbkom« Mission schon aufgehoben werden. Darüber dürfte erst am Sonnabendvormittag die Entscheidung fallen. Falls di« Ordonnanzen nicht aufgehoben werden, bürste die Gefahr be stehen. daß die Bofrciungssciern in der zweite« Zone am Sonnabend noch nicht abgehalten werben könne«. limdMunadrSSberbürarnmillerSventkoblknz Berlin, 29. Nov. Der Oberbürgermeister von Koblenz veröffentlicht eine Kundgebung zum Besreiungstage, in der es heißt: „Der heiß ersehnte Tag der Freiheit ist endlich gekommen. Der schwere seelische Druck -er Unfreiheit, die Menge -er Be schränkungen und Hemmungen find von uns genommen. Die hinter uns liegende schwere Zeit wird zu allen Zeiten eine geschichtliche Bedeutung haben. Die Einstellung der Stadt Koblenz als Hauvtstadt des besetzten Gebietes, die Haltung ihrer Bürgerschaft zur Besatzung W nicht nur in Deutschland, sondern fraglos auch bet den Mächten des Gebietes, und darüber hinaus in der ganzen Welt einer genauen Be obachtung unterzogen worden. Dessen waren sich auch die Bürger bewußt. Ihre Losung lautete: Mutig, selbst unter Opfern, bas Deutschtum bekennend, alle diejenigen Lügen zu strafen, die Zweifel an der Echtheit unserer Vaterlandsliebe hegen, zugleich aber auch ihre würdige und zurückhaltende Friedfertigkeit gegenüber den Fremden zu betonen, das war die große, durch kein noch so böses Ereignis unterbrochene Linie." Trost für -er» Besiegten Der russisch-chinesische Krieg ist beendet. China hat kapituliert. I» „Fern-Ost" wird bis aus weiteres wieder Ruhe herrschen. Rußland ist Triumphator in der Man dschurei und wird wieder Herr der ostchinesischen Eisenbahn. Vielleicht schlägt es in den Friedcnsverhandlungen noch einige weitere Vorteile für sich heraus. Aber im großen ganzen ist dieser Fall erledigt. Der rückschauenden Betrach- tung bleibt nur noch die Frage: Wie kam es zu diesem blutigen Konflikt, bei dem nach russischen Heeresberichten Zchutausende von Chinesen, darunter sehr viele Zivilisten, niedcrgcmctzclt wurden? Wir erinnern uns, cs war am ll. Juli dieses Jahres. Da überraschte das soeben notdürftig geeinte China die Welt mit der Nachricht, es habe den sowjet- russischen Leiter der Ostbahn und andere hoho russische Be amte verhaftet und an die russische Grenze gebracht. Es gab damit zu verstehen, diese Bahn solle in Zukunft unter die Oberhoheit des Reiches -er Mitte kommen. Die Sowjet- russcn taten gewaltig entrüstet. Das ist verständlich,- denn die Bahn ist die kürzeste Verbindung zu Rußlands östlichem Hafen Wladiwostok. Sie hat nur den einen Nachteil, sie geht mitten durch die Mandschurei, also durch chinesisches Ge biet. Aber was kümmert das die Russen. Zwar ist die Bahn von der alten imperialistischen Zarcnregierung gebaut und dem schwachen China ohne viel Federlesens aufgezwungcn worden. Daraus können jedoch nach russischer Ansicht nur ganz weltfremde Ideologen folgern, es erwachse jetzt dem roten Väterchen Stalin die sittliche Pflicht, die Bahn raschestens dem lieben chinesischen Nachbarn zur Verfügung zu stellen. Was ich einmal habe, das behalte ich. An diesem Prinzip halten auch die kommunistischen Moskowiter fest. Sie verdammen den Imperialismus bei den kapitalistischen Staaten, bei England, Japan und Amerika. Aber der rote Imperialismus? Ja, verehrter Chinese, das ist etwas ganz anderes. Jenseits der großen Mauer hat man das aller dings nicht so recht begriffen. Als die englischen Schiffs geschütze vor wenigen Jahren die chinesische Stadt Wanshien am Jangtse in Trümmer legten, weil die Chinesen die Eng länder ihrer Vorrechte in den chinesischen Handelsstädten be rauben wollten, da war außer den Chinesen keine Macht entrüsteter als die Sowjetunion. Moskaus Senblinge eilten damals durch das Reich der Mitte und forderten die gut gläubigen Chinesen auf, nur ja sich von dem kapitalistischen Imperialismus nicht cinschüchtern zu lassen. Die Frcmden- vorrechte müßten fallen! China den Chinesen! Schluß mit der AuSbcutcrpolitik fremder Staaten! Den Gelben gefiel die Melodie. Als aber die nationale Einigung vollzogen war, empfanden die Chinesen zweierlei sehr unangenehm. Das eine war die russische Propaganda für den Kommunismus und das andere die Tatsache, daß jene Russen, die China so wacker gegen die imperialistischen Mächte aufgestachelt hatten, auf chinesischem Gebiete selbst eine sehr egoistische Politik verfolgten. Die Chinesen konnten nicht verstehen, daß zwischen dem russischen und dem englischen Imperialismus ein Unterschied sei. Ganz im Gegenteil. Sie empfanden mit der Zeit den roten Imperialismus als den weit unangeneh meren. Moskau hielt ja nicht nur eine Bahn von ungefähr 1800 Kilometer Schienenlänge in seinem Besitz. Auf dieser Bahn gab es nicht nur Tausende von sowjetrussischen Be amten. Das unangenehmste war, daß sich diese Leute als Sendboten der kommunistischen Weltrevolution betrachteten. Sie hatten ihr redliches Teil zu der Verschärfung des chine- fischen Bürgerkrieges bcigetragcn. So war es kein Wunder, daß die nationale Negierung in Mukden. die mit der Zen- tralregierung in Nanking eng verbündet ist, die Zeit für reif hielt, die unangenehmen Russen unter Berufung auf das rots Evangelium aus dem Lande zu jagen. Beiderseits die nötige Begleitmusik! Vertragsbruch schrien die Sowjets. Notwehr behaupteten die Chinesen. Noten gingen hin und her. An der mandschurischen Grenze versammelten sich rote Armeekorps. Die ersten Gefechte fanden statt. Krieg im Frieden. Auf Kriegserklärungen verzichtet man ja in heuti gen pazifistischen Zeitläuften. Jeder möchte doch der un schuldig Ueberfallenc bleiben. Trotz der Kämpfe gingen die Verhandlungen weiter. Deutschland vermittelte. Der „Dank" blieb nicht ans. Sowjetrußland leistete sich eine in der Geschichte der Diplomatie unerhörte Anrempelung unserer Regierung, weil sie nicht verhindern konnte, daß die Chinesen, durch den russischen Einmarsch nervös geworden, alle Sowjctleute, deren sic habhaft werden konnte, hinter de» Stacheldraht der von den Engländern erfundenen Konzentra tionslager setzten. Der Prügelknabe Deutschland mußte da für zur Steigerung der Kriegsstimmung in Rußland seinen geduldigen Rücken leihen. Unterdessen gingen die Reibereien munter fort. Europa, durch seine eigenen Sorgen in An spruch genommen, achtete längst nicht mehr aus die Vorgänge in Fcrn-Ost. Dafür arbeiteten die Russen ganz in der Stille, aber um so intensiver. Sie isolierten die nordchinesische Re gierung durch ein höchst einfaches und oft bewährtes Mittel. Tschiangkatschek, der Führer der sübchinesischen Regierung, wurde durch einen Ausstand der Kwangsigruppe sehr ernst bedroht. Hinter den Aufständischen stand niemand anders als Moskau. Die versprochenen Htlfstruppen des Südens blieben
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite