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Wochenblatt für Zschopau und Umgegend : 26.06.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512512809-188606269
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512512809-18860626
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- oai:de:slub-dresden:db:id-512512809-18860626
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- ZeitungWochenblatt für Zschopau und Umgegend
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406 wie deren unmittelbaren Erben nach der Erstge burtsordnung untersagt/' — Die republikanischen Blätter sind geteilter Ansicht über die Folgen der Ausweisung der Prinzen; die gemäßigten behar ren dabei, daß die Ausweisung eine ungerecht fertigte sei; die opportunistischen fordern, daß die Regierung den Intransigenten gegenüber jetzt das Visier lüste, während die radikale» Blätter eine bestimmtere republikanische Politik wünschen und die monarchistischen Blätter der Meinung sind, daß die Revolution im Steigen, die Republik im Fallen begriffen sei. — Das „Journal offiziell" vom 23. d. ver öffentlicht bereits das Gesetz, betreffend die Aus weisung der Prinzen. — Bei dem Empfange, der am 23. Juni bei dem Prinzen Viktor stattfand, hielt letzterer eine Ansprache, in welcher er sagte, man möge von seiner Seite keine eitel» Proteste gegen die Aus- wcisungsbeschlüsse erwarten; das französische Volk habe schon öfter den Verbannten die Thore wieder geöffnet. Er bleibe der Repräsentant deS Kaiser reichs, wie es die Napoleons geschaffen hätten, er wünsche eine starke Autorität, Gleichheit aller Bürger und Achtung aller Religionsbekenntnisse. „Seien Sie überzeugt, daß, welche Pflichten mir auch auferlegt sein würden, ich nie aus den Augen verlieren werde, was ich der Demokratie und meinem Namen schuldig bin. Auf Wiedersehen, meine Herren!" — Der Prinz Viktor Napoleon ist am Abend des 23. d. i» Brüssel cingetroffrn. — Der Prinz Napoleon begab sich abends nach Genf; einige seiner Freunde erwarteten denselben am Bahnhofe. — Aus Paris wird unterm 23. Juni gemel det: In Eu sind sämtliche Mitglieder der Fa milie Orleans, sämtliche Partcichefs und die her vorragenden Legiiimisten der Kammer und des Senats versammelt; die Nordbahn legte Extra züge ein. Der Graf und die Gräfin von Paris, sowie der Herzog von Orleans verlasse» Frank reich heute. Ein Manifest des Grafen von Pa ris erscheint morgen abend. Der Oberst Bonne vars vom Regiment Chartres hat seinen Abschied eingereicht, was große Sensation erregt. — Von dem gegenwärtigen französischen Kriegs minister Boulanger waren bei dem Antreten sei nes Ministeriums wesentliche Ersparungen auf dem Gebiete des ArmeewesenS in Aussicht gestellt worden. Demgegenüber beansprucht sein jüngst der französischen Dcputiertenkammer zur Annahme eingereichtes Militär-Organisationsgesctz die Ein führung einer drei- statt jetzt fünfjährigen aktiven Dienstzeit bei der französischen Armee und zur Einstellung der dadurch erhöhten Rckrutcnzahl die Errichtung von 40 neuen Jäger-Regimentern, Welche nach »eueren Mitteilungen durchgehcndS mit einem seit lange in der Erprobung begriffe nen Repctiergewehr neuester Konstruktion aus gerüstet werden sollen. Großbritannien. Gladstone hat am Diens tag, nachdem er am Nachmittag in Glasgow eine Rede gehalten, die Rückreise »ach London ange treten. Er wurde auf allen Bahnhöfen in Schott land von großen Menschcnmassen mit Begeiste rung begrüßt. — Aus Brisbane wird voüi 23. Juni nach London gemeldet: DaS englische Kriegsschiff Un dine ist von den Neuen Hebriden hier eingetroffen. Der Kapitän bestätigt, daß weder Annexion noch eine förmliche Okkupation seitens Frankreichs er folgt sei, ebensowenig sei das Prolekktorat Frank reichs erklärt worden. Der Kapitän bestätigt ferner, daß auf den Neuen Hebriden französische Einwohner von den Eingeborenen Beschimpfungen und Schädigungen erlitten haben. Asien. Ein chinesisches Geschwader unter dem Kommando des Admirals Ting, wird der „Kieler Zeitung" zufolge binnen kurzem Europa besuchen. Es ist das erste Mal, daß eine chinesische Flotten- abtcilung europäische Gewässer besucht. Die chine sische offizielle Zeitung „ShenPao", die in Peking erscheint, bemerkt zu dieser Meldung, daß die ESkadre, die aus den Panzerschiffen „Wei-Alien" und „Chen-Auen" nebst einem Avisodampser be steht, ausgesandt wird, um der chinesischen Flotte Ansehen zu verschaffen und um Erfahrungen zu sammeln. Südlich gesiegt. Erzählung von Friedrich Friedrich. (Fortsetzung.) Schweigend, ohne das, was in ihm vorging, auch nur durch irgend eine Miene zu verraten, hatte der Kommissar zugehört, erst als Strunck die Summe der Wertpapiere und des Geldes — sie betrug über 12000 Thaler — genannt hatte, deren sich der Betrüger gleichfalls bemächtigt, fuhr er sehr überrascht empor. „Und auch da — da — ist noch nicht der geringste Verdacht in Ihnen aufgestiegen?" — rief der Kommissar. — „Sie haben ihm sogar über die Höhe und den Empfang der Summe eine Bescheinigung ausgestellt uud sich eben eine solche geben lassen! Herr Polizei-Inspektor daS setzt Ihrem Scharssinn die Krone auf!" „Woraus sollte ich Verdacht schöpfen?" warf Strunck verletzt ein. Wohl niemand würde an meiner Stelle anders gehandelt haben!" „Vielleicht doch," entgegncte der Kommissar mit einem spöttischen, überlegenen Lächeln. „Sie haben selbst erwähnt, daß der Auftrag, den er Ihnen gezeigt, nur dahin gelautet habe, sich der Papiere zu bemächtigen. DaS Vermögen küm merte ihn nichts; er mußte dieS, um eS sicher zu stelle», dem hiesigen Gerichte oder auch Ihnen übergeben, daß er cS mitnahm hätte Ihnen auf fallen müssen, wie es wohl gewiß einem jeden Polizeibeamten ausgefallen sein würde!" „Daran zweifle ich," erwiderte Strunck. Der Kommissar zuckte nur leichthin mit den Achseln. — „Nun, Sie selbst wird dies am här testen treffen, denn sicherlich wird der Verhaftete gegen Sic klagen und die Zurückerslattung des Vermögens von Ihnen fordern. Sie haben ja in ihrer amtlichen Stellung eine Bescheinigung darüber ausgestellt! Bitte, zeigen Sie mir die in Ihren Händen befindliche und von dem Menschen Unterzeichnete Bescheinigung." Der Polizei-Inspektor kämpfte mit aller Macht seine Erregung ünd seine Erbitterung nieder. Er hielt den Vorwurf für ungerechtfertigt, weil er fest überzeugt war, daß -jeder an feiner Stelle und unter denselben Verhältnissen sich hätte täu scheu lassen. Schweigend stand er auf und holte die Beschei nigung aus seinem Sekretär. Der Kommissar betrachtete die Unterschrift, welche seinen eigenen Namen und auch mit den Zügen seiner Hand darstcllte, mit der größten Ausmerksamkcit. „Die Nachahmung meiner Handschrift ist vortreff lich." sprach er. — „Sie ist leicht, sicher und ganz den Charakter meiner Hand wiedcrgcbend. Wenn die Unterschrift des Präsidenten eben so täuschend nachgcahmt war, so wird mir das Ge lingen des frechen Betruges und Ihre Täuschung allerdings begreiflicher. Aber immerhin kamen andere Umstände hinzu, welche Ihnen hätten auffallen müssen. Haben Sie den Verhafteten verhört?" — fragte der Kommissar weiter. „Nein. Ich hatte keinen Auftrag, auch keine Vollmacht dazu. „Und auch seine Papiere haben Sie nicht durchsucht? Aus ihnen hätte ja sofort hervor- gehcn müssen, ob der Verdacht seiner demokrati schen Umtriebe begründet sei." „Ich habe kein Recht, die Papiere zu durch suchen. Außerdem wußte ich, daß er seiner de mokratischen Gesinnungen und Verbindungen wegen von der Universität relegiert war, und daß er seine Ansichten seitdem nicht geändert hat." „Haben Sie den Verhafteten seit seiner Ver haftung gesprochen?" „Nein." „Protestierte er bei seiner Verhaftung gegen de» Gewaltschritt nicht?" Allerdings. Daraus konnte ich indes keine Vermutung seiner Unschuld ablcite». Das thut jeder Verbrecher." „Ganz recht," erwiderte der Kommissar. „In welcher Beziehung standen Sic zu dem Verhaf teten vorher?" Eine leichte, schwache Nöte schien über das Ge sicht des Polizei-Inspektors hinzufliegen. Das so ruhig blickende Auge deS Kommissars hatte sic aber bemerkt. „Ich verstehe Sic nicht recht," gab Strunck zur Antwort, allein auch in diesen Worten konnte er eine leichte Unruhe nicht verbergen. „Haben Sie zu dem Verhafteten in einem feindlichen Verhältnis gestanden?" fragte der Kommissar bestimmter. „Oder waren Sie viel leicht mit ihm befreundet?" „Befreundet nicht," erwiderte Strunck. „Aber auch nicht verfeindet." Der Kommissar schwieg eine zeitlang, er schien nachzusinncn. Der Polizei-Inspektor hatte sich ihm selbst verraten. Er wußte, daß es diesem eine Genugthuunz, eine Freude gewesen war, Stern verhaften zu können. Auch der Betrüger hatte sicherlich dies gewußt und hierauf mitge- rcchnct. „Stern heißt der Verhaftete?" fragte der Kom missar ohne aufzublickcn, noch tief in Gedanken versunken. „Ja." „Er muß natürlich heute noch in Freiheit ge setzt werden, so bald als möglich, ehe eS indes geschieht, möchte ich mit ihm noch sprechen. Wollen Sic die Freundlichkeit haben und mich zu ihm führen?" Gerade dies war es, was der Polizei-Inspek tor gerne vermeiden wollte. In der festen Vor aussetzung, daß Stern Jahre lang im Gefäng nisse zubringen werde, hatte er sich bei der Ver haftung Beleidigungen gegen ihn erlaubt, die sein Amt nicht gestattete und welche in des Kommissars Augen ein eigentümliches Licht auf ihn werfen mußten. Hütte er an Stern- Verhaftung nicht daS geringste Interesse gehabt, so würde cS in einem milderen Lichte erscheinen, daß er einem Betrüger zum Werkzeuge gedient habe. Verge bens sann er auf ein Mittel, diesen gefürchteten Schritt des Kommissars zu verhüten. Der Kommissar war aufgestanden. Er war bereit, sich zum Gefängnisse zu begeben, und blickte auffordernd auf Strunck. „Ich weiß nicht, ob es geraten ist, Stern so fort in Freiheit zu setzen," erwiderte dieser stot ternd mit seiner Verlegenheit, ringend. Der Kommissar blickte ihn erstaunt an. „Ob eS geraten ist?" wiederholte er langsam. „Herr Polizei-Inspektor, diese Ihre Worte sind mir un begreiflich. ES kann hier nicht Ihr Interesse entscheidend sein," —fügte er mit Nachdruck hinzu. „Sie haben die Gewißheit erlangt, daß Sterns Verhaftung nur ein Streich eines schlauen Be trügers gewesen ist, ich dächte, da erforderte es Ihr eigenes Nechtsgefühl, Ihre eigene Ehre, ihn so bald als möglich wieder in Freiheit zu setzen. Suchen Sie ihn nicht noch mehr zu erbittern, ich fürchte ohnehin, daß Sie eine schwere Abrechnung mit ihm haben werden." Strunck schwieg. In ihm stürmte cs gewaltig, er müßte sich indes beherrschen. Ohne ein Wort der Erwiderung begleitete er de» Kommissar zum Gefängnis. Dort wollte er sich von ihm trennen. Der Kommissar ersuchte ihn noch, de» Gefäng niswärter über Sterns Freilassung zu instruieren. Auch dies that er. Während der Kommissar in die Zelle ging, in welcher Ster» saß, schritt Strunck zurück, um seinen Sohn aufzusuchcn. Er mußte ihn sprechen, mit ihm konnte er sich allein beraten, was er zu thun hatte. Immer drohender sah er daS Ge witter hcranzichc», er konnte ihm nicht entgehen, wohl konnte es ihn gänzlich vernichten. Dieser Gedanke, diese Besorgnis raubte ihm jede Ruhe und Besonnenheit. Sein Sohn konnte ihm raten und Helsen, der war ruhiger und verlor weniger leicht die Fassung. Und dann mußte er von ihm jenen Brief zu rück haben, der Olga so viele Thränen verursacht hatte. Er hatte diesen Brief aus Sterns Pa pieren genommen, ihn seinem Sohne gegeben, weil er geglaubt hatte, durch ihn Olga am leich testen von Stern abzuwcnden. Er hatte nicht daran gedacht, daß ihn, hieraus Unannehmlich keiten erwachsen könnten, denn wenn Stern nach Jahren wieder in Freiheit kam, war dieser Brief längst vergessen. Ander- gestaltete eS sich jetzt, wenn er denselben in die Hände bekam, und ihn deshalb zur Rechenschaft zog. Seine Stellung als Polizei-Inspektor konnte er dadurch verlieren und dann war er vernichtet, da er kein Vermögen besaß. Durch das verschwenderische Leben seines SohncS war längst alles aufgezehrt, seinetwegen hatte er sogar Schulden gemacht. (Fortsetzung folgt.) Redaktion, Druck und Berlag von Paul Strebet ow io Zschopau.
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