Wie entstand das Wort Hanse? DasWort Hanse, im Mittellatein Hansa oder Ansa, hat von jeher den Sprachforschern zu schaffen gemacht. Darin aber stimmten die meisten überein, daß es Gesellschaft, Vertrag oder Bund zu bedeuten scheint. Die Meinung derer, die die Hansestädte als solche Städte gelten lassen wollten, die an der See lagen, und daher auch Hansee- städte schrieben, ist wohl nicht richtig. Aber auch das Wort Hanse als deutsches Wort, das den Begriff Bund anzeigen soll, ist seltsam. Hieße Hanse, aus welcher Sprache es auch stammte, ein Bund, so wäre es ungereimt, von einem hanseatischen oder Hansa-Bunde zu reden; denn das wäre ja dann ein Bundesbund oder ver bündeter Bund. Der hamburgische Geschichtsforscher J. L. v. Heß war denn auch mit dieser Her leitung nie zufrieden, sondern hat immer vermutet, die Hanse oder der Hansebund müßte eine andre Bedeutung haben. In dieser Vermutung hat ihn der unter Bauern, Bürgern und Adligen seit undenklichen Zeiten gebrauchte deutsche und nordische Name Hans bestärkt. Wenn man weiß, was dieser alte Name - wie alle echt deutschen Benennungen zeigt er wohl eine besondere Eigenschaft an - bedeuten soll, dann wird man leicht den ursprünglichen Begriff des Wortes Hanse entdecken können. Jornandes, ein lateinischer Schriftsteller des Mittelalters, sagt, »daß bei den Goten die Reichen und Vornehmen wären Anses genannt worden«. Da bei den Römern die Weglassung des Buchstaben H, den sie, wie die Franzosen, nicht mitsprachen, sehr gewöhnlich war, so ist es einerlei, ob Jornandes Anses oder Hanses geschrieben hat. Wenn das Wort gotisch oder deutsch war, so kann es nichts andres als Hanse oder Hänse sagen wollen, und so »wurden die Reichen und Vornehmen genannt«. Es ist also nichts mehr und nichts weniger als die jetzige Ehrenbenennung Herr. Denn der Reiche und Vornehme ist ja der, der ein sichtbares Eigentum besitzt und andern dadurch nützen oder schaden kann. Hans bedeutet also Herr. In der deutschen Volkssprache sind noch Spuren genug, aus denen sich entnehmen läßt, daß das Wort Hans ehedem etwas andres als ein bloßer Taufname gewesen ist. Man hört oft von einem großen, starken, reichen oder dummen Hans sprechen. Auch Familiennamen gibt es mit dieser Zusammensetzung, wie: Langerhans, Lang haus, Schmalhans usw. Es bleibt noch die Frage zu lösen, ob die Ableitung derBenennungHaruestädte von Hans berechtigt sei, und was die Benennung in diesem Zusammenhänge bedeute. Jornandes lehrt, die Hanses wären bei den Goten die Reichen und Vornehmen ge wesen. Nun sind die Wörter »reich« und »vornehm« zwar gleichlaufende, aber doch nicht vollkommen gleiche Begriffe; es bleibt also zu untersuchen, welcher von den beiden Begriffen dem Worte Hans eigentlich zugrunde liegt. Das Wort selbst ist sehr kurz, einsilbig, und sein Ursprung ist nicht durch Zerlegung zu finden. Es muß somit als ein zusammengezogenes Wort betrachtet werden, dessen Ursprung nur mit einiger Kühnheit im Forschen ermittelt werden kann. Sehr wahrscheinlich kommt es von demWort »haben« her, das noch jetzt in Sachsen, Thüringen, Schlesien und andern Landesteilen »han« ausgesprochen wird. Noch in Luthers Gesängen und in den Erzeugnissen späterer Dichter wird han für haben gefunden. Daß es in alten Zeiten überall für haben im Gebrauch gewesen sein muß, erhellt auch noch aus der dritten Person der gegenwärtigen Zeit: er hat. Ganz Deutschland sagt und schreibt: er hat, wo man doch eigentlich »erhöht« sagen und schreiben müßte, wenn das Wort ursprünglich haben, nicht han geheißen hätte. Wir würden sehr wahrscheinlich heute noch han hören, wenn die früher immer zu sehr latinisierenden deutschen Schriftsteller nicht so verkehrte Rückblicke auf das Lateinische geworfen hätten, wo »haben« habere heißt. Zu diesem eingeflickten b