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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.12.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921210029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892121002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892121002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-12
- Tag1892-12-10
- Monat1892-12
- Jahr1892
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8570 die Deputirtenkammer. Es wird sich bald zeigen, wie weit man aus diesem Wege kommt. Die öffentliche Meinung, soweit sie von einer cvrrumpirlen Presse nicht beeinflußt wirb, verlangt, daß mit dem berufsmäßigen politischen Strebertbum, welches sich an die Soblen der Republik geheftet hat, gründ lich und bis zum letzten Mann aufgeräumt werde. Herr Ribot und die Kammermebrhcit vermeiden eS, in dieser Hinsicht bindende Verpflichtungen einzugeben; eriterer verlangt, letztere bewilligt ein Vertrauensvotum, aus Grund dessen das Cabinet Ribot den Faden der Action da wieder ausnimmt, wo ihn sein AmkSvorgänger bat fallen gelaffen. Inzwischen geht das Ränkespiel zwischen den rn der Panama-Äffaire concurrirenden Stellen, der richter lichen und der parlamentarischen Autorität, weiter, und man kann beinahe schon die Umrisse des Terrains erkennen, inner halb dessen die Untersuchung sortgeschleppt werben wird, bis sie im Sande verläuft. Der formale Conslict zwischen der richterlichen und parlamentarischen Befassung mit dem Panamaskandal birgt in seinem Sckvoßc die Keime der schönsten, tendenziös verwertdbarsten Zwischenfälle, die, mit der dramatischen Mache, auf welche sich die Franzosen so meisterhaft verstehen, in Scene gesetzt, das Augenmerk des raschlebigen und leicht vergessenden PublicumS allmälig von dem Kern der Sacke ab- und ans Außenkinge lenken werben. — Wenn man dem boulangistischen Blatt „La Cocardc" Glauben schenken könnte, so hätte am Donnerstag Ribotden Präsidenten des par lamentarischen Untersuchungsausschusses, Brisson, empfangen, um ihm eine Menge „kleiner Papierchen" zu zeige», die eine ganze Anzahl seiner (Briffon's) nächsten Freunde in der radikalen Gruppe seiner Partei auf- Schwerste blosstcllen und ihn zu ermahnen, in der Panamasache nicht allzu eifrig vorzugehen, da andernfalls die Regierung gleich falls jede Rücksicht ausgebcn und die Radikalen aufs Korn nehmen wolle. „La Cocarde" fügt hinzu, Brisson habe nach der Unterredung „ganz zerschmettert" ausgeieven. Fürwahr, eS sind nette Zustände, in denen die französtsche Republik dem neuen Jahr entgegengehr. — Von heule liegt folgendes neueste Telegramm aus Paris vor: * Paris, 10. December. (Telegramm.) Die meisten republikanischen und sämmtiiche radikalen Morgenblätter billigen den Entschluß, das.gesammte, die Panamaangelegenbcit betreffende Acten- material der ilnlersilchungScominijfiou dem „Journal des DSbats" und der „Gazette" mitzutheilen. Dem „Figaro" zufolge hätte Bourgeois die Begnadigung des Direktors des „Libre Parole", Drummoiit, veranlaßt, welcher sich im Gesängniß befindet. Drumiiiont werde heute Abend in Freiheit gesetzt werden. Wenn in Spanien ein Ministerium Canovas fällt, so kommt ein Ministerium Sagasta an die Reihe. Das ist seit Langem die ersabrungsmäßiae Aufeinanderfolge. Nachdem das conservative Ministerium Canovas sich nickt länger zu halten vermochte, weil ein Tbeil seiner eigenen Partei meuterte und, unter Führung Silvela's und Villaverde's, des zurück- getretenen Ministers des Innern, sich der Abstimmung enthielt, als es sich um das Vertrauensvotum handelte, so hat die Königin - Regentin sofort Sagasta berufen und dieser hat mit größter Schnelligkeit da« neue Ministerium gebildet und die Kammern aufgelöst, so daß Neuwahlen siatt- zufinben haben. Das neue Cadinct, welches nach vorliegenden Meldungen in Madrid sympathisch begrüßt worden ist, besteht nächst Sagasta aus Puigcerver, Morel, General Ber müde;, Re»na von der demokratischen Gruppe, Cap- depon und Benancio G o n z a l eS von der liberalen Gruppe, San Maura, Groizard und Admiral Topete von der unionistischen Reckten. MartoS übernimmt das Präsidium des StaatSratbeS. Lope; Domingnes wird Bot schafter in Paris. Die Neuwahlen finden Ende Februar oder Anfangs März statt, da die schwebenden Finanzjragen den schnellen Zusammentritt der Cortes erfordern. Deutsches Reich. SS. Berlin, 9. December. Unsere Berechnung über die Verkürzung des „Geschenkes an die Brenner" bedarf einer Ergänzung. Wie wir aus dem Gesetzentwürfe ersehen, soll auch das süddeutsche Conlingent herabgesetzt werden und zwar von 3 aus 2»/» Liter auf den Kops der Bevölkerung, also das gesamnite süddeutsche Conlingent von rund 500 000 aus rund 445 000 Hektoliter. Folglich wird den Süddeutschen der Gewinn von 10 Millionen verkürzt, um 55 000X20--- 1,1 Million Mark. Für die Production der ehemals nord deutschen Steuergemeinschafl beträgt die Kürzung, wie wir gestern nachgcwiesen, eine Summe von rund 3,33 Millionen Mark. Im Ganzen mindert sich also das sogenannte Vierzig Millionen-Geschenk um knapp 4i/r Millionen. — Die Mehr heit ist die verehrungswürdigste Autorität! Das ist mit wenigen Worten der Inhalt und das Erzebniß der Be rathungen,zu denen sich der conservative Parteitag gestern versammelt bat. Die Mehrheit der conseroativen Wählerschaft ist,'nachbem sie zwölf Iabre durch die Stöcker'scke Schule ge gangen, brutal antisemitisch. Der conservative Parteitag hat sich vor ihr in den Staub gelegt. Die Wenigen, denen eS würdiger schien, neue Wege der Belehrung und politischen Schulung dieser irregeleiteten Masse zu tucken, sind mit Hohn und Geschrei abgewiesen worden. Diejenige Partei, die das Autoritätsprincip — das heißt: das ackienswerthe Princip der Autorität der „alten Mächte", Königrhum Beamtenthum, Kirche, Heer — im Gegensatz zur liberalen Weltanschauung bisher so bestimmt vertreten batte, beugt das Haupt; sie „betet an, was sie verfolgte, und verfolgt was sie angebetet". Und wer diese Verleugnung so weit treibt, daß er selbst einen Ahlwardt dabei mit in Kau nimmt, findet die lauteste Zustimmung, entfesselt „Stürmischen Beifall". Wir haben nichts hinzuzusügen. Berlin, 9. December. Folgende „Culturbilder welche in den letzten Tagen vor der Stichwahl in Arns- walde in die Erscheinung getreten, sind öffentliche» Blättern zu entnehmen: „Nach der „Driesencr Zeitung" bat in Zatten zwischen freisinnigen Agitatoren und Antisemiten eine Scklagere' stattgefunden, wobei ein freisinniger Agitator tödtlich ver letzt wurde. Weiterhin berichtet dieselbe Zeitung, daß im RatbSkeller in Frieteberg bei Gelegenheit der Stichwahl eS zu einem Wortwechsel gekommen ist, der zu Tätlichkeiten auSartete, wobei ein SteUmachermcister den Unterschenkel des einen Beines brach. Der Arbeiter Dalsck, Mitglied des Charlottenburger deutschen freisinnigen Arbeitervereins, welcher vor der Stichwahl in Arnswalde - Friedeberg an der Agitation theilnahm, begab sich nack der „Bolksztg." am Sonntag Abend in Begleitung eines Boten meisterS und eines Kutschers von Nenwedel nach Stechsdors Als sie sich im Gasthos befanden, wurden sie dort, da einer von ihnen für einen Juden gebalten wurde, gebänselt. Aus Veranlassung eines Gutsangestellten wurden sie später aus dem Wege von einer Rotte mit Zaunlatten überfallen und durchgeprugelt. Dalsck machte in der Notbwebr von seinem Revolver Gebrauch. Er schoß in die Lust, um die Gegner zu erschrecken. Er wurde verkästet und nach Nenwedel gebracht. — Die Bedeutung des Knüppels und das Revolvers bei der ferneren Entwickelung unserer parlamentarischen Zustände im Reich ist offenbar noch nicht genug gewürdigt — Die Kaiserin ist au« Hannover im Neuen Palais wieder «tagrtrossen. — Ueber die parlamentarische SoirSe beim Grafen Caprivi wird den „Hamb. Nachr." aus Berlin geschrieben: ,Ljn politischen und publicistischen Kreisen äußert sich heut» viel Humor. Nicht als ob die Soirse beim Brosen Eoprivi etwa be sonders ergötzlich gewesen wäre, im Gegentheil, sie war so, wie diese GeseNschatten immer sind, seit Herr von Eoprivi der Hausherr ist. Worüber inan sich amiisirt, das ist das große Ereigniß. welches den Büsten selbst zwar nicht zum Bewußtsein gekommen war, aber deute srud vom „Berliner Tageblatt" verkündet wird: Bros Laprivi hat, wir da« Blatt versichert, «in» neue Aero der Berliner Geselligkeit eröffnet, indem er zu der SoirSe «ine Anzahl „Ber- treter der Presse" einlud. Zwar scheint nach der gelieferten Aus zählung weder die „Nationat-Ztg.", noch die „Sreuzzlg." weder die „Frcis. Ztg", noch die „Germania", d. h. keines der politischen Parteiorgane Berlins, vertreten gewesen zu sein; dafür war der lherr Reichskanzler aber in der Lage, sich den Repräientantrn de- „Berliner Tageblattes" sogar „direct" vorstellra zu lassen, und die „Frankfurter Ztg." war ebenso vertreten wie die Londoner „Daily NewS"! Politnch immerdia bemerkenswerth ist da« wieder daraus erdellende heiße Bemühen de« Grasen Laprivi um gut« Beziehungen zum Deutich.Freisinn. Zwar stimmt derselbe im Parlament gegen die Vorlagen der Regierung, und seine Presse agitirl gegen ne; aber wider die Bedenken, welche die national gesinnten »reise de« deutsche» Volkes gegen die Politik und betreffs der Befähigung des Grasen Eoprivi hegen, findet er dort allezeit Vertheidiger: und selbstverständlich auch bereüwiUigst« Unterstützung gegki, die Kritik seilen« de» Fürsten Bismarck Auf die >our- naliilis-yeii Verbindungen, welche zu diesem Zweck» unterhalten werden, wirst die Liste der gestrigen journalistischen Gäste des Grasen Capnvi ein interessantes Licht. Ob eS klug war, dasselbe zu verbreite», brauchen wir nicht zu untersuchen." — Das Befinden des Finanzministers vr. Miquel hat ich soweit gebessert, daß derselbe am nächsten Montag den Verhandlungen der Steuereommission wieder beizuwvhnen gedenkt. — Eine Wiedereinberufung des Abgeordneten hauses zu Plenarsitzungen vor Neujahr anläßlich des neuer dings eingegangenen Arbeitsstoffs (Volksschulvorlage) ist nicht beabsichtigt. — Deni „Hamb. Corr." wird als Antwort auf seine, von uns in der Morgenausgabe wiedergegebene Notiz über die Löwe'schen Gewehre aus Berlin berichtet, „daß in dortigen militairischen Kreisen der behaupteten Absicht, sämmtliche Zöwe'scken Gewehre der Fabrik zurllckzugeben, bestimmt widersprochen werde." Dazu schreibt das Hamburger Blatt: „Wir möchten dazu bemerken, daß unser Correspondent nickt behauptet kalte, cs besiehe die Absicht, sonder» nur miitbeilte, cS sei die Ansicht über eine solche Maßregel ausgesprochen worden. Wir haben durch Abdruck der be treffende» Mittheilung diese Ansicht keineswegs zu der unserigen gemacyt." — Wie man den „M. N. N." berichtet, wird erwartet, daß Herr v. Helldors und die 20 anderen conservativen Abgeordneten, die beantragt kalten, dem Programm-Entwurf nur die Bedeutung einer Erklärung zu geben, aus der con servativen Partei austreten. — Neunzehn der einund zwanzig Namen, die unter der Erklärung der Herren von Helldorf und Genossen sieben, sind bereits mitgetbeilt; die beiden noch fehlenden sind: Graf von Dönhoff-Friedlich stem und Äickmann. — Der königlich sächsische Bevollmächtigte zum Bundes- ratb, Staats- und Kriegsminister Edler von der Planitz, ist hier angekommen. — In einem Artikel, der anseinandersetzt, daß jede ckadlosbaltung der Landwirtbe im Branutweinsleuergesetz überflüssig sei, schreibt die „Freis. Ztg. „Es ist nun eine ganz übertriebene Beliauptnng, daß die meisten Güter, welche jetzt noch Brennerei-Beirieb haben, ohne deinelben eine jo erhebliche Schädigung ersüdren, denn die Schlempe ist durch die sogenannte Kartoffeliuvpe und Lurch eine Auswahl zwischen den im Handel jctzl in großen Mengen käuflichen Kraitsiittermiiteln wohl zu ersetzen, besonders wenn sie sich wegen einer jo sehr niedrigen Verwerthung der Kartoffeln als jo lheueres Futter er weist. Dann ist doch auch nur nöthig, daß der Bau von Kartoffeln etwa« eingeschränkt, und soweit erforderlich, das Minus durch andere Hackfrüchte, als Turnips, Zucker rüden rc., ersetzt wird. Kartoffeln werden die Gegenden, weiche .etzi noch in größerem Maße Brennereibetrieb habe», ichon zur Be> Ichaffung der nöihigen Mengen für die Ernährung des Volkes, doch auch für die Folge in erster Linie bauen muffe», weil die Jndustrie- bezirke und die Provinzen mir dem schweren Rubenboden ihren Bedarf bei Weitem nicht selbst decke» können Dazu kommt, das die Land- wirthschast jetzt so weit vorgeschritten ist, daß sie auch den ärmeren Boden so zu cultiviren und zu düngen versteht, daß Zuckerrüben und andere Fruchianen, welche früherer Ansicht nach nur in schwerem Boden gedeihen konnien, mit gutem Nutzen erzeugl werden." Wenn der Besitzer von Sandboden, welcher außer Kar toffeln höchstens Kiefern trägt, den gute» Ratb erkält, Zuckerrüben zu bauen, kann kann er allerdings in eine Stimmung gcratden, aus der manche beklagenswertke Er scheinung unseres öffentlichen Lebens sich wenigilens lheilweise erklärt. — Dem „Hann. Cour." wird aus Berlin gemeldet, daß man in gut unterrichteten Kreisen die Stellung res Polizei präsidenten von Richrhosen infolge des Processes Ahlwardt für erschüttert hält. — Ter Einfluß des am 1. April 1893 in Kraft tretenden Polizeikostengcictzes wird sich zunächst darin augern, daß im Etat 1893 94 für das Ministerium des Innern größere Summen rrei werden, welche nunmehr die größeren Städte auSgeben. Diese Summen sollen >etzl zur Verstauung de« Gendariuerir- corps verwandt werden. — Der „Kreuz-Zeitung" znsolge find die Generalcom missionen angewieie» worden, Vorichläge iür die Auss lrung de« Gesetzes über das Auenrechi zu machen. Wie es »yenie, werde eine entsprechende Vorlage nach Weihnachten an de» Landtag gelangen. — Es waren Zweifel darüber entstanden, wie bei Festsetzung der Pensionen von Lehrern an höheren Unterrichls- an st alten das von diesen abgelcislele Probejahr zu berechnen ist, insbesondere, welcher Tag bei den allgemein zur Bezeichnung des Beginns des Probe-Jabrcs gebräuchlichen Zeildenenungen, „Ostern u. s. w", der Berechnung der pensionsiahlge» Dienst- zeit zu Grunde zu legen ist Zur Herbeiführung eines gleich mäßige» Verfahren« hat deshalb der Cullusliinnster im Einver- ftändnisse mit dem Finanzminisier bestimmt, daß bei Feststellung der oenstonssahigen Dienstzeit der Lebrer an höheren Unlerrichisonslulten das mit einem Schuljahr zusammensallendc Probe>ahr unabhängig von seiner thatsächiichen Dauer als volles Dlenssiahr anzurechnen ist, gleichviel ob dasselbe je nach der Lage zweier aus einanoer ivlgenden Osterfeste einige Tage mehr ode, weniger als den Zeitraum eines Kalenderjahres umfaßt hat. * Lübeck, 9. December. Das Budget des lübeckischen Frei staates ,ür 1893 stellt sich in der Einnahme aus 3 492 610 in der Ausgabe aus 3 756 303 Es ergiebt sich somit ein Fehlbetrag von 263 693 der durch die Erhöhung der Beamtengehülter um weitere 100000 vergrößert werden dürste Der für 1892 berechnete Fehlbetrag belief sich auf 175 133 ^ Für 1891 war ein Fehlbetrag von 203059 ^1 berechnet, die Abrechnung ergab jedoch einen Ueberfchuß im Betrage von 113004 * Barwalvc in Pommern, 9. December. Amtliches Wahl ergebniß. Bei der heutige» Landtags-Ersatzwahl im 5. Wahl bezirk de- Regierungsbezirks CöSlin fNcustetnn, Bclgartsi an Stelle des in das Herrenhaus berufenen Majors u. D. v. Kleist-Rctzow wurde Freiherr v. Minnigerode-Rojsitten (conjervaliv) mit 186 von 19l Stimmen gewählt. Z Halle a. 2-, 9. December. Der hiesige Innungs Ausschuß beschloß, für die Mitglieder der ihm angehörenden Innungen eine Meister-Fortbildungsschule eiuzurichlen, sowie Genossenschaften zur Vermittelung von Rohstoff dezügen und Creditgewährung zu bilden. — Der hiesige nationalliberale Verein dielt gestern Abend in den Kaisersälen eme Sitzung ab. Prof. vr. Lindner kielt einen anregenden Vortrag über die Bedeutung der Reformation. * Laupark. 9. December. Der Kaiser traf um 1 Uhr 10 Minuten in Begleitung der Prinzen Heinrich und Albreckt von Preußen, de« Prinzen Ludwig von Bayern, des Fürsten von Hohenzollern rc. auf dem Iagd'chloß bei Springe ein. Unter den 31 Iagdtbeilnehmern befinden sich ferner die Minister von Wedel und von Heyden, die Generale von Walderser und Bronsart von Schellendors» Oberpräsident von Bennigsen, der bayerische Gesandte Gras Lerchenfeld, Ober-Jägermeister von Hemtzc und Vice Ober-Jägermeister Gras zu Dvbna. Nach einem im Schlöffe eingenommenen Krübstück erfolgte um 1>/r Udr der Ausbruch zur Jagd in abgestelltem Jagen auf Roth-, Dam- und Schwarzwild im Hallerbruch. Der Kaiser kehrte um 4>/« Uhr Nachmittags von der Jagd zurück. Die Jagdbeute war außer ordentlich reich. Abends 7 Uhr findet eine Abendtafel im Jagdschloß statt. * Vachum, 8. December Der Verband deutscher Bergarbeiter scheint immer mehr zurückzugeben. Nach dem Geschäftsbericht über die letzten sechs Monate stehen den Einnahmen im Betrage von 19 859 Ausgaben in Höbe von 26 280 gegenüber, so daß da» Deficit 8420 beträgt. * Trier. 9. December. In einer von 3000 Bergarbeitern besuchten Versammlung in Bildstock beschlossen die Ver sammelten, am l. Januar zu streiken, wenn die ArbeitS- Ordnung nicht nach ihren Wünschen abg rändert wird. Tarmftadt. 9. December. Ter Großsürst und die Großfürstin Sergius sind heute Vormittag zu längerem Bestich« des Groß- herzogs hier ringetrossen. * München, lO. December. (Telegramm.) Bei der Reichstagswahl in Kaujbeuren sind bisher abgegeben worden sür Wagner (nationalliberal) 1372, für Zinth (Centrum) 1066, für vr. Sigl 768, für Zitt (Soc.) 494. Zersplittert wurden 3 Stimmen. OefterreichUngarn. * Wien, 9. December. Der Kronprinz von Däne mark wird morgen Abend die Rückreise nach Kopenhagen autreten. — Eine Berliner Zuschrift der „Pol. Corresp." constaurt, daß Las gemeldete Projecl von der Aenderung der bulgarischen Verfassung zwar wenig Beachtung in maßgebenden Berliner Kreisen gesunden, daß man es aber inimertnn als einen Fehler betrachte, daß durch solche Maß regeln die Ruhe des Landes eventuell gestört werden könnte. * Lemberg, 9. December. Die Polizeibehörde nahm gestern bei mehreren polnischen Gymnasiasten Hausdurchsuchungen vor, wobei Ausrufe zur Veranstaltung einer National trauerfeier aus Anlaß der vor lOO Jabren erfolgten Tbcilung Polens beschlagnahmt wurden. — Polnische Blatter melden, ein letzthin erlassener Ukas des Zaren gestatte der katholischen Geistlichkeit, die ReligionSlehre polnisch vor zutragen. * Wien, 9. December. Abgeordnetenhaus. Im weiteren Verlauie der Debatte über dos Budget des Ministeriums de« Innern erklärte der Regierungs-Vertreter, Sectionsches Erb, die politische Verwaltung von Galizien habe sich um einen Theit der Monarchie und vielleicht um einen Tkeil Europas ein große« Verdien» erworben, indem ste unqeachtel der außerordentlich exponirten Ver- hälrniffe Galiziens die Hdolera serngehalten oder die einzelnen vorgetomineiien Fälle unterdrückt habe. Ja Oesterreich seien, trotz- dem Oesterreich am meisten exponirt gewesen, nur 193 EholerasäUc vorgetommen. Heute könnte mit Beruhigung getagt werben, daß die Loolera alle Schrecken verloren habe, vorauSgeictzt, daß die Ver waltung rechtzeitig cingreisk und hierbei von der Bevölkerung unter- stützl wird. Die Frage wegen einer Codificirung ber Epidemiegeietze werde im Ministerium des Innern berathen. Der Berlrercr Ser Regierung verwies aus den in den angrenzenden russischen Gouvernements herrschenden Nothsland und die zum 24. d nach Petersburg c,»berusene Aerzteconierenz und fügte hinzu, die »fficiellen Ziffern bewiesen, daß die Zaht der Erkrankungen in Rußland sich wöchentlich noch immer zwilchen 3000 und 40><i bewege. Deswegen bestehe die Besorgniß, daß auch im nächsten Jadre der Kamps gegen die Eholera werde forkgeietzi werden mäste». Tie bisherigen Maß nahmen könnten sonach nicht lallen getugen werden. Frankreich. * Paris, 9. December. Wie ver „TempS" meldet, erfolgte die Ernennung des GcueralprocurakorS QueSnay de Beaurepaire zum Präsidenten bei dem Caffationöhofe, weil derselbe sich der Bejcklagnabme der Papiere des Barons Reinach und der Untersuchung der Leiche des telben widcrsctzt und diese Maßnadmcn als Willkürlich keilen bezeichnet batte, zu welchen die Gericht«-Be bürde nur unter dem Drucke politischer Gewalt veranlaßt werden könnte. Ter Generalprocurator hatte demgemäß dem Justizuiinisier bereits gestern miigetheilr, er belrawle sia> als seiner Äeniler enthoben. Der Iusiiznniiijter Bourgeois richtete Hieraus an Beaurepaire die Bitte, lick von ber rernblilaiinche» Partei nicht z» lieiiuen, ersuchte ihn auch bringend, im Rickier stände zu oerbleiben und den Posten eines Prälikenten bei dem Caffativnsdose anzunebmen Beaurepaire erklärte sich zur Annahme deS Postens bereit, um nickt nack außen hin als mißvergnügter Opponent zu gelten. — Jmderl, der Verwalter des Reinach'schen Nach lasses, ersuchte die Panama - Untersuchungscoiiimissio» im Namen der Erben, sich bei der sür den l t. dss. Mts in Aussicht genommene» Entstegelung und Jnventan»ru»g der Papiere des Verstorbenen durch Äbgeiandte ver treten zu lassen. Die Commission verhörte heute den Director der „8c>oiots centisls äe tivnrttisite"; derselbe erklärte, in den Büchern der Gesellschaft finde sich keinerlei Auszeichnung über die 500 000 Frcs., welche der eueinalige Munster Barbe von Rcinack erhalten haben solle. Barbe tonne die Summe nur m einer persönlichen Angelegenheit erhoben haben. Infolge ber Erklärungen res Jusiizimniilers Bourgeois in der heutigen Commission« Sitzung herrscht zur Zeit zwischen der Regierung und der Panama-UiilcrsuchiingS- Cominission volles Elnversiaiibniß. — In Beauvai«, wo Baron Reinach begraben liegt, sind beule zwei vereidete Chemiker und mehrere Gericktspersonen eingetroffen, um die Ausgrabung und die Uniersuchung der Leiche vorzunebmen. Die Unlersuchungscommissiv» in der Panama - Assaire wird bei der Obbucnon ebenso wie bei der Liegelabnabme in ber Reinach'schen Wohnung zugegen sei» Ter Leiamam trifft heute Nacht aus Beauvaiü hier ein und wird im Spital niebergelegl, in dem Professor Brouardel morgen Vor mittag die Leichenschau vornimmk. Belgien. * Brüssel, 10. December. (Telegramm.) Die radikale» und socialistischcn Blatter Belgiens greisen die gemägigten liberalen Abgeordneten auss Heftigste an, weil dieselbe» für die mit einem Vertrauensvotum verbundene Tages orbnung sür Woeste gestimmt haben. Dagegen bezeichnen die gemäßigten liberalen Blätter kurzweg die Radikalen als Bundesgenossen der Socialvemokraten und BolkSauswieglcr Niederlande. * Amsterdam, 10. December. (Telegramm.) T»e katholischen Delegirten beabsichtigen einen Gesetzentwurf ein zubringen betreffs Anknüpfung diplomatischer Be Ziehungen zwischen den Niederlanden und dem Batican Die liberale Partei und conservativen Protestanten werden den Antrag bekämpfen. Schweiz. * Bern, 9. December. Der Nanonalrath bat die fran zösisch-schweizerische HandelS-Uebereinkunft ein stimmig ratisicirt. Sollte die französische Kammer die Ratification nickt ebenfalls aussprechen, so würde der BunbeS- rath gegen Frankreich vom I. Januar 1893 ab den Schweizer Gcneraltarif anwenden. Die in Handelssachen tonangebende „Neue Züricher Zeitung" fordert, die Schweiz müßte in diesem Falle ibren Zolltarif derart erhöhen, daß Frank reich genau so davon betroffen würde, wie die Schweiz vom französischen Marimaltaris. Bon der Schweiz würde der Zollkrieg gegen Frankreich mit aller Scharfe und Entschieden heit geführt werben. Scho» jetzt siebt man viele Abgeordnete die französischen Flaschenweine verschmähen. Italic«. * «am. 9. December. Die italienischen Blätter beurtbeilen die Rede des Ministers Brin in beifälliger Weise. „Diritto" schreibt: Lucisero beklagte, daß Giolitti'S Regierung sich zum Dreibund bekannte. Barziiai hingegen nannte die« glück verheißend und sab darin ein Zeichen der Umkehr von CriSpi's Politik, welcher den Dreibund mit Rücksicht aus einen bevorstehen den Krieg abgeschlossen. Indem Brin die Rathschläge Lucisero'« mit dem Hinweis aus die allmälige Klärung der Verhält nisse und auf die Friedenözwecke des Dreibundes und die Ehrlichkeit Italien- beantwortete und Barzilai'S Zumuthungen ckroff zurückwies, bewies er, daß die Friedenspolitik in guten fänden ruht und da« Land der Zukunft mit Ruhe entgegen eben da«. In gleicher Weise sprechen „Tribuns", „Opinione" und alle Provinzausgaben der Morgenblätter vom Freitag. — Die „Opinwne" schreibt zum Ahlwardt-Proceß, es sei traurig, daß die einst so rubige, vernünftige, billig denkende öffentliche Meinung Deutschlands sich o weit vergessen konnte, einen Ahlwardt in den Reichstag zu senden. WaS aber am meisten zu denken geben gebe, sei das allgemeine Mißtrauen in die Un parteilichkeit der deutschen Justiz. Wen der Antise mitismus ein Beweis deö Rückschrittes auf dem Wege der Civilisation sei, den Deutschland einst so triumphireud be- chritten, so sei die Wahl Ablwardt'S ein beredter Beweis für die Verkehrung des Moralsinnes deS deutschen Volkes. Ebenso wie die conservative „Opinione" urtheilen ast alle übrigen Blätter. Großbritannien. * London, 10. December. (Telegramm.) Die Prin° zessin Mary von Edinburg wird nächsten Donnerstag nach Sigmaringen abreisen. Der Herzog von Edinburg be zieht sich am 19. December ebenfalls nach Sigmaringen, woselbst am lO. Januar die Vermählung der Prinzessin mit dem Thronfolger von Rumänien stattfindet. — Die anti- em irischen Beschlüsse des deutschconservativen Parteitages in Berlin werden von der Presse sehr abfällig besprochen. Die „Times" sagt, der Anschluß an einen Ahlwardt und die Ablehnung eines Helldorf könne nur den Einfluß der Partei vermindern und ihre Respectabilität ckwächen. — Die vielerörterte Frage, ob daS Ministerium Gladstone Zusammenhalten werde, hat einen neuen Anstoß empfangen. Der Londoner Berichterstatter der „Birmingham Post" schreibt: während Gladstone am letzten Sonnabend einen der schönsten Augenblicke seines Alters genoß, als ihm seine Vaterstadt Liverpool den Ebrenbürger- bries überreichte, sei Lord Rosebery mit der Aufgabe be schäftigt, mit John Morley über die irische Politik, wie sie in der nächsten Zeit geleitet werden soll, zu beratben. Niemand gebt nach Dublin um diese Zeit des Jahres zum Ver gnügen, und am Allerwenigsten wäre der Minister deS Aeußern zu der Reise jetzt geneigt. Dennoch habe sich Lord Rosebery in die „Loge" des irischen Ober-Sccrerairs begeben. Der Grund dieser Reise sei folgender: Der Entwurf einer Homerule- Bill ist bekanntlich einem Ausschüsse des Ministeriums über geben worden. Der Ausschuß besteht nur aus Gladstone, Lir William Harcourt und John Morley. Lord Rosebery kenne die Hauptpunkte, welche man in die Bill ausnebmen will; er habe sich mehrmals schon energisch darüber ausgesprochen und werde gewisse Vorschläge nie mals zugcben. Die Schwierigkeiten, mit denen das Ministerium in seinem eigenen Schooße zu kämpfen hat. seien deshalb unvermindert, unv eS srage sich, wie LaS Cabinet am 31. Januar aussehen werde, wenn es vor das Parlament tritt. Dänemark. * Kopenhagen. 9. December. Gestern und beute tagte hier die Jahresversammlung der Delegirten der Rechten. Im Laufe der Verhandlungen wurde von ber Versammlung eine Resolution angenommen, in welcher die von der Regie rung befolgte Politik gebilligt wird. Nach Schluß ver Verkauklungen sand heute ein Festbanket statt, an welchem etwa 400 Personen, darunter alle Minister, theilnabmen. Der Ministerpräsident Estrup hielt eine Ansprache und drückte den Wunsch au«, die Reckte möge auch sernerbin die von der Regierung befolgten politischen Grundsätze unterstützen. Eine starke einige Rechte sei im politischen Leben constilutioneller Länder ein ndttiwenkiqer Factor, denen Bestimmung es sei, eine ruhige Entwickelung der öffentlichen Aligelegenbeiteii zu sickern und die von den untergrabenden Tendenzen der Gegenwart drohenden Erschütterungen zu bekämpfen. Rußland. * Petersburg, 8. Decemoer. vr. Chon, der bekannte Mitarbeiter und Agent Kalkow'S, schreibt in der „Nowoft Wrcmja", seine Nachforschungen betreffs der Bebanptung, d>e „Moö'owLtija Wjedvmosti" batten eine balde Million Francs aus den Panama-Geldern bekommen, führten >bn auf zwei Quellen. Die eine sei Lesseps selbst, der behauptet, Rouvier habe die genannte Summe verlangt, weil die Ge.eimsvnbs der Regierung erschöpft seien um zu verhindern , daß die „Moskowskija Wjcbomcsti" , nachdem Katlow gestorben, in deutsche Hände übergehen. Die zweite Quelle sei bie Rebactivn ver „Libre Parole", der eine Meldung icitens einer ibr befreundeten Redaktion eines sranzosenseind- iicken russischen Blattes zuging. — Im Redactions-Locat des „Swjet" wurde ein glänzendes Diner zu Ehrendes neuen ser bischen Gesandtei Wasiijevi c gegeben. Unter den Anwesenden oesanden sich Gras Jgnatiew und der Reichsconiroior Filippow. Recacteiir Komarow toastete aus Wasiljevic und die russi'ch-ser» iscke Vervrüderung. Besonderen Enthu siasmus ries ein Gedickt des Sckriststellers Safonow bervor, worin eS beißt: Der Kops Serbiens berührt Wien, seine Füße bespülen die Meeieswellen, an sein Ohr dringt eas Rauschen des Agäischcn Meeres bei Ealvnichi. Wie der Bräutigam nach der Braut, so sehnt der Serbe sich nach Maccoomen. Qrient. * Lo-la, 9. December. Die „Svoboda" ist ermächtigt, die Nachricht ausländischer Blätter über die angeblich bevor- stehenbe Verlobung des Prinzen Ferdinand mit der Tochter des Herzogs von Parma, sowie über die Anknüpfung diesbezüglicher Vcrbandlungen mit dem Papste als völlig un begründet zu erklären. * Bukarest, 9. December. Der Senat nabm heute mit 82 gegen 4 Stimmen den Gesetzentwurf, betreffend die Do tation für den Thronfolger, an Die Deputirtenkammer nabm mit 9? gegen 2t Stimmen die Adresse an den König an. Amerika. * London, 9. December. Nack einer Meldung aus Duenos-AyreS bleibt der Finanzministcr Nomero Mitglied des Cabinets: der Präsident hat jedoch die Demission des Ministers des Innern, Quintana, angenommen. Die Minister- krisis ist damit beendet. Reichstag. * An den Reichstag bat der Centralvcrein deutscher Colportage-Buchyändler eine Petition um Ablehnung der Novelle zu 8. 184 de« Reichsstrasgesetzbuckes eingereicht; es handelt sich um Bekämpsung der in der sogenannten „I«L Heinz»" vor gesehenen Bestimmungen über die Verbreitung unzüchtiger Darstellungen in Schrift und Bild. Die Petition betont, daß dem Handel mit als unzüchtig charatierisirten Erzeugnissen allerdings entgegen getreten werden müsse. „WaS ist aber unzüchtig?" heißt es weiter; „das ist der wahre Mangel des 8. 184 Reichs-Strafgesetzbuchs, daß das Wort unzüchtig in der deutschen Sprache im juristischen Sinne nicht ausgemünzt und auch nicht auSmünzbar in. Die Definition des Reichs gericht- stellt nur eine allerdings einschränkende Umschreibung dar, insofern eS vertongl, daß die Schritt geeignet ist, in gröblicher Weise da« Scham- und Sitilichkeitsgesühl in geschlechtlicher Be ziedung zu verletzen. Diese Definition soll anscheinend durch die geplante Novelle nichi beseitigt werden, es sollen also nach wie vor nur gröbliche Verletzungen desirast werben, nicht jede an sich harm lose Anekdote. Aber was ist geeignet, „da« Scham- und SiltlichkeitS- gesübl in geschlechttichrr Bezieh »g gröblich zu verletzen?" Diese Entscheidung ergmg im Iabre 18Ä, und ieitdem hoben zahlreiche bratsch« Strafkammern in Bezug a»s dieselben Schriften in ihren
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