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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.12.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921210029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892121002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892121002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-12
- Tag1892-12-10
- Monat1892-12
- Jahr1892
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8576 Urtheilen die schreiendsten Widersprüche gezeigt! fDaher sind in zahlreiche» Fällen Berurtheilungen vorgekoiiimen wegen derselben Schrift, wegen deren Verbreitung anderswo Freisprechung erfolgt ist/' — Bon diesem Gesichispunct aus wendet sich die Petition gegen die Bestimmung, daß das Jnbesitzhaben zum Zweck der Verbreitung strasbar sein soll, daß schon die Herstellung unter Strafe fällt und das, die Berichterstattung »der Bericht-Verhand lungen noch weiter eingeschränkt werde. Der Entwurf vermehre nur die Rechtsunsicherheit, di» in Folge der Deutungssähigkeit der bestehenden Gesetzgebung bereit- bestände Beigelegt sind vier gericht liche Urtheile, die über dieselbe Schrift hier verurtheilend, dort frei- sprechend lauten. * Gestern fand im Reichstagsgebäud« «in« Vorbesprechung von Mitgliedern aller Fractionen über Len Auswanderungs-Gesetz entwurf statt, unter Zuziehung Sachverständiger aus Handel und Industrie, Die allgemeine Anschauung war: Der Gesetzentwurf in der vorgelegten Form ist unannehmbar und «ine Umarbeitung in der Reichstagscommission nach der Lesung im Plenum unerläßlich. * Die Denkschrift über die Cholera ist heut« dem Reichs- tage zugegangen. Es heißt darin über die Gefahr der Wieder kehr der Seuche: „Wenn nach den vorstehenden Ausführungen anzunehmen ist, daß die Cholera in Deutschland einstweilen be- seitigt ist und voraussichtlich auch während des kommenden Winters durch die getroffenen Maßregeln unseren Grenzen fern bleiben wird, so darf doch die Seuchengesahr für das Jahr 1893 nicht unterschätz t werden. Nach den Erfahrungen früherer Epidemien hat die Cholera, wenn sie einmal in das Wolgagebiet ein gedrungen war, in Rußland während der kalten Jahreszeit in der Regel wohl abgenommen, aber nicht ganz ausgehört. Es erfolgten vielmehr meist während des ganzen Winters vereinzelte Erkrankungen, welche sich bei Eintritt des Frühjahrs vermehrten und neue Epidemien er zeugten. Mit einer Wiederholung dieser Vorgänge muß für das kommende Jahr gerechnet werden. Die Gefahr für das preußische Weichselgebiet wird dann beträchtlich größer sein als in diesem Jahre, weil das Andringen der Seuche für 1893 in der wärmeren Jahreszeit zu erwarten ist. Da eine ähnliche Ueberwinterung der Cholera wie in Rußland auch für Ungarn, Frankreich und die Niederlande nicht ausgeschlossen erscheint, so werden die Behörden fortgesetzt ihr Augenmerk aus den in jenen Ländern herrschende» Gesundheitszustand richten müssen." * Der Antrag, betreffend Anwendung der Jmmunitäts bestimmung aus den neugewählten Reichstags-Abgeordneten Ahl warbt ist zwar noch nicht otsiciell im Reichstage gestellt worden. Seine Einbringung steht jedoch bevor, nachdem die Socialdemokraten demselben ihre Unterstützung zugesagt habe». Der Antrag wird zur näheren Prüfung später an die Geschäftsordnungs-Commission verwiesen werden. proceß Äßlwardt. I,. >v. Berlin, 9. December. Erster Staatsanwalt Drescher fährt fort: Hätte ich das Gegentbeil (nämlich nicht gegen Ahlwardt, sondern gegen Löwe und Kühne Anklage erhoben) getdan, dann hätte ich den heutigen Tag sicher nicht zu den hervorragenden in meinem Lebe» zählen dürfen, eine größere Niederlage hätte die Staatsanwaltschaft wohl nicht er leben können — aber ich bin überzeugt, eine solche Anklage wäre vom Gerichtshof überhaupt von vornherein zurückgewiescn worden. — Nun will ich zur Sache selbst kommen. Es handelt sich um die beiden Broschüren des Angeklagten und um seinen in Dresden ge haltenen Bortrag. Nach den Broschüren soll der Angeklagte sich der wiederholten Verleumdung schuldig gemacht haben, indem er Löwe und Kühne des Hoch- und Landesverraths beschuldigte; ferner hat sich der Angeklagte nach K. 185 und 186 R.-Str.-G.-B. durch die Behauptung, Löwe und Kühne hätten dem Staate absichtlich minderwertbige, kriegsunbrauchbare Gewehre geliefert, der Be leidigung schuldig gemacht, ebenso durch den Borwurf der activen resp paisive» Bestechung, den er gegen Löwe und Kühne, resp. gegen dir Büchsenmacher erhoben hat. Was zunächst des Angeklagten Dresdener Vorirag anbetrifst, in dem er dem Büchsenmacher Kirch vorwirft, er habe sich bestechen lassen, so bestreitet Angeklagter aller, dings diese Aeiißernng: aber cs geht Loch durch die ganzen Bro. schüren wie ein rother Faden die Behauptung von der Bestechung der Büchsenmacher — Kirch eingeschlossen —, und auf Grund der Aussage des Zeuge», der jenen Vortrag stenographisch auinahm, nehme ich die gegen Kirch gethonc Beleidigung als erwiesen an Betreffs der Beleidigungen gegen Löwe hat der Angeklagte ja Wider- klage erhoben. La wir hier aber ein öffentliches Verfahren haben, so müssen die von Herrn Löwe gegen den Angeklagten gerichteten Beleidigungen den Gegenstand einer besonderen Klage bilden. In seinen Broichürcn bat sich der Angeklagte der wiederholten ver leumderische» Beleidigung schuldig gemacht — zunächst indem er wider besseres Wissen gegen die Herren Löwe und Kühne den Vorwurf der Vorbereitung des Hoch- und Landes verrathS erhob durch die Bcbauvlung, cS seien unerlaubter Weise drei Gewehre ins Ausland geschafft worden. Ich erblicke die Ber- leumdung auch i» dem Vorwurf, Löwe und Kühne hätten un Auf trage der ullianoe wramite dem Staate ininterwertdige, kricgs- unbrauchbare Gewehre geliefert, damit Deutschland im nächsten Kriege unterliege. Ta ich annehme, daß diese Behauptungen wider besseres Wissen ausgestellt sind, so muß ich Le» Thatbesland der Verleumdung annehmen. Betreffs des Fortschaffens der drei Ge wehre zur Zeit der GebcimhaltungSvor'chrift, das mit Dissen und Willen der beiden Dirccioren ge'chehcn sei» soll, jo sagt der Ange klagte, er habe ja gar nicht behauptet, die Gewehre seien ins AnS- land gegangen. Aber in diesem Puncte scheint ihm iein Gedächlniß ein wenig zu verlassen; denn auf Seite 5 seiner Broschüre iprichi er diese Behauptung selbst aus. Nach den Aussagen des Gans und des Scharfse steht fest, daß die Büchien- macher lhatsächlich sich Gewehre ansertigren und sortbrachten, aber es ist erwiesen — naiiientlich auch durch die Ausmge des Zeugen Scharfse —, daß dies geschehen ist, nachdem jene Geheim haltungsbestrnimung gefalle» war Ter ganze Vorgang stellt sich also als ein ganz legaler, in jeder Fabrik üblicher Gebrauch heraus, aus dem man aber ooch gewiß nicht aus einen Landeeverratd schließen kann. Man sieht hieran, wie der Angeklagte aus einem Körnchen Wahrheit einen Berg von Unwahrheit zu machen versteht Durch die Broschüren zieht sich wie ein rorber Faden der Vorwurf gegen Löwe und Kühne, sie hätten in kochverrätherijcher Absicht dem Staate kriegsunbrauchbare Gewehre geliefert, um das Vaterland und die glorreiche Hohenzollern-Dhnaflie an den Rand des Verderbens zu bringen. — Was ist nun Wadres daran, wie kommt der Angeklagte zu diesem unbegreiflichen Borwurf? — Der Angeklagte kommt zu diesem Gedanken durch die Folgerungen, die er ans gewiisen in der Löwe'schen Fabrik vor gekommenen Unregelmäßigkeiten zieht. Ich will versuchen, mich möglichst deutlich hierüber auSzusprechen, wenn ich auch weiß, daß ich trotzdem vielfach mißverstanden werde: Daß Unregelmäßigkeiten und Pflichtwidrigkeiten in der Fabrik thalsächlich vorgekommcn sind, das bestreite ich keinen Augenblick, das habe ich von Anfang an geglaubt, und ich glaube, auch die Herren Löwe und Kühne werden aus Grund dieser Verhandlungen den Eindruck erhalte» haben, daß solche vorgekommen. Aber es fragt sich nun: Wie weit gingen diese Unregelmäßigkeiten, welche Bedeutung batte» sie, und haben Löwe und Kühne um dieselben gewußt? Tie Unregelmäßigkeiten will ich gewiß nicht entschuldigen, aber solche komme» in jeder Fabrik vor; wo Menschen arbeiten, da finden wir eben auch menjch- liche Fehler. Damit will ich — ich betone das nochmals — nicht Diejenigen entschuldigen, welche diese Unregelmäßigkeiten verschuldet hoben. Aber darf man dann Herren Löwe und Kühne daraus einen Borwurf machen? Wohl in jedem großen landwirth- schaftlichen Betriebe kommen Unregelmäßigkeiten vor; was aber würde der Großgrundbesitzer sagen, wenn man dieselben alle ihm persönlich zur Last legen wollte? — Ich will aus diese Sache nicht näher eingehen, nicht etwa, weil ich fürchtete, dies wäre ein schwacher Punct, sondern weil ich glaube, daß dieses Thema eingehender der Herr Vertreter des Nebenklägers behandeln wird, da eS sich doch um eine mehr häusliche Angelegenheit für denselben bandelt. — Bei der Constatirung der einzelnen Unregelmäßigkeiten beruft sich der Angeklagte in seiner Broschüre auf das Zeugniß von braven Arbei- tern, für di« eigentlich eine Nationaibelodnung beantragt werden müßte. Nun, ich muß sagen: Nach dem Verlaus dieser Verband- lung scheint mir kür einen wichen Antrag wohl kaum Veranlassung vorzuliegen. Sehen wir uns doch seine Hauptzeugen einmal näher an: Noack und Scharfse — zwei Leute, die mit dem Straf- gesetzbuch schon in gründlichster Weise in Berührung gekommen find Ihr« Vorstrafen für Diebstahl, Brandstiftung, Unterschlagung, Urkundenfälschung ,c. müssen ihre Glaubwürdigkeit doch stark er- schütter«. Der noch dazu kommende Lrpresjungsversuch gegen Herrn Löwe muß nur zu noch größerer Vorsicht in der Be nrtheiluag der Glaubwürdigkeit dieser Zeugen mahnen. Der Angeklagte sagt in seiner Broschüre. Welche Summe wäre wohl dem Iudenthum zu doch gewesen, um das Erscheine» dieser Broschüre zu verhüten? Run — ich glaube, wäre der Angeklagte «ft solchen Forderungen an Herrn Löwe herangetreten, so würde es ihm wvhl ebenso ergangen sein wie seinem übrigen» auch keines wegs bescheidenen und zurückhaltenden Gewährsmann Noack, dem Herr Löwe im Wiederholungsfälle mit der Polizei drohte. — Bet Noack kommt dazu noch der gegen Kirch ausgesührte Erpressungs- Versuch, der seine Glaubwürdigkeit doch auch nicht er- höhen kann. Ich bin also der Meinung, daß diese Zeugen nicht volle Glaubwürdigkeit verdienen. — Die übrigen Zeugen haben auch Unregelmäßigkeiten bekundet, aber wiche, dir den Meistern und Arbeiter», uicht auch Löwe und Kühne zur Last allen. Der Angeklagte hat Alles benutzt, um gegen das Juden thum Angriffe zu richten, und dabei hat gegen den einzigen in Bettacht kommenden Juden, Herrn Löwe. Niemand Etwa-aussagen können, selbst der Angeklagte hat einmal erklärt, gerade gegen Herrn Löwe Nichts Vorbringen zu können. — Was die Bedeutung der Unregelmäßigkeiten betrifft, so hat die Verhandlung ergeben, daß dieselben die Kriegstüchtigkeit und Brauchbarkeit der Gewehre gar nicht beeinträchtigt haben. — Inwieweit die Verhandlung Herren Löwe und Kühne Veranlassung geben wird, in Zukunft noch größere Vorsicht gegenüber dein Vorkommen von Unregelmäßigkeiten zu beobachten, das interessirt uns hier nicht. — Die Meister — soweit iein Accord standen — mögen nur pekuniäres Interesse an dermöglichst leichten Abnahme der Gewehre gehabt haben, ein solches pekuniäres Interesse aber kam für Löwe und Kühn nicht in Betracht: im Gegen- theil, es lag in ihrem Interesse, daß nur gute Gewehre abgeliesert wurden. Für eine betrügerische Absicht der beiden Fabrtkleiter hat die Ber- Handlung nicht den geringsten Anhalt ergeben — im Gegentheil: Alle Mitglieder der militairijchen Abnahmecommission sagen aus, die Firma habe alles Mögliche gethon, um sie zufriedeuzustellen und zu dem Zweck sogar nicht Ausgaben gescheut, zu denen sie gar nicht verpflichtet gewesen. Ein alter gedienter Officier, der mit vollen Ehren und außerordentlicher Auszeichnung auf seinen eigenen Wunsch entlassen worden, wird hier vom Angeklagten hin- gestellt als Betrüger in einer Weise — doch ich will nicht weiter darüber rede»; denn Persönlichkeit und Vergangenheit machen eS vollständig unwahrscheinlich, daß ein solcher Mann die Hand biete» wird, um sein Vaterland zu verrathen. —Der Angeklagte schließt an der Acußerung des Herrn Kühne über die Ungeschicklichkeit der Leute beim Schmirgeln auf die Kenntniß unerlaubter Manipula tionen; aber das Schmirgeln war doch erlaubt, und näher läge doch der Schluß, Herr Kühne habe zur vorsichtigen Behandlung der Ge wehre mahnen wollen, damit dieselben nicht verdorben würden. — Gegen Herrn Kühne ist auch jenes Gespräch bei Borchardt angeführt worden, auf das ich leider auch eingehen muß, obgleich ich's lieber nicht möchte. Es ist überhaupt eine mißliche Sache, aus ein Ge spräch zurückzugreisen, das schon fast 4 Jahre zurückliegt. Graf Hohenthal kann nicht angeben, ob die fragliche Aeußerung von Herrn Kühn gefallen ist. Ein Gespräch aber, Lessen Inhalt mit einiger Bestimmtheit absolut nicht wiedergegeben werden kann darf wohl außer Berechnung bleiben. — Die Behauptuug des Angeklagten von dem angeblichen Auftrag der alliaves inraölite trägt schon den Stempel der Unglaubwürdigkeit, dazu brauchen wir gar nicht erst Herrn Löwe's Zeugniß darüber. — Der Angeklagte folgert dre Kriegsunbrauchbarkeit der Löwe'schen Gewehre auch aus den bei den Truppentheilen mit ihnen gemachten schlechten Erfahrungen; hier komme ich auf den Theil der Sache, der von eminenter politischer Bedeutung ist. Der Angeklagte hat sich nicht gescheut, das Ansehen der Heeresverwaltung zu ichädigen, das Vertrauen des Soldaten zu seiner Waffe zu erschüttern und die Disciplin zu lockern. Ich will glauben, daß der Angeklagte nicht in allen Puncten der Tragweite seiner Behauptungen sich bewußt war, aber bet seinem uns io oft versicherten PattotismuS hätte er doch endlich mit solchen Beschuldigungen aushören müssen. Der Angeklagte behauptet, bedeutende Verletzungen seien durch LaS Platzen Löwe'icher Gewehre verursacht worben, nun ist aber Lurch die Unter- suchung sestgesiellt worden, baß in keinem einzige» derartigen Falle eS sich um Löwe'sche Gewehre handelte. Wie leichtfertig der An geklagte seine Vorwürfe und Beschuldigungen erhob, dasür nur ein Beispiel. In einer der beiden Broschüre» druckt Angeklagter einen Brief der Frau L. in Hannover ab', in dem eS u. A. heißt: „Wahrscheinlich ist auch ein junger Mann in Ratzeburg ein Opfer der L.'jchen Grwehre geworden/' Das war noch vorsichtig ausgedrückt. — Was macht der Angeklagte daraus? — An einer andern Stelle stellt er einfach als feststehend hin, was jene Frau ihm als Bermuthung mitgetheilt hat. Durch die Brosa>ure wurden die Landwehrmonnschaften demora lisirt, sie schosse» schlecht und weil sie schlecht ichossen, sagten sie. d,e Löwe'schen Flinten tragen die Schuld daran. Es ist durch nichts erwiesen, daß sich auch nur ein Vorwurf Ahlwardt's gegen die KriegStüchtlgkeit Löwe'scher Gewehre auf einer wahren oder auch nur wahrscheinlichen Basis beruhe. Sprengungen von Läufen und andere» Gewehrtheilen sind ja vorgekoinincn, aber wenn die Presse — ich will nicht jagen unsere, sondern die Presse des Auslandes den Schluß daraus zieht, das unsere Gewehre nicht kriegstüchtig sind, so muß ich wieder darauf aufmerksam machen, daß alle diese Sprengungen nicht infolge eines schlechte» Materials vorgekommen sind, sondern weil sich Fremd- körper wahrend des Schusses im Lauf befanden. In den Armeen des Auslandes kamen unter denselben Umständen sicher dieselben Beschädigungen der Gewehre vor. Was die Zahlen aubctrifft, Laß von so und jo viel Löwe'schen Gewehren stets eine große Zahl reparaturbedürftig geworden seien, jo muß ich dem entgegen halten, daß be» miliiairischen Revisionen auch jede Schramme und jede andere Kleinigleit mit reparaturbedürftig bezeichnet wird, ohne daß dadurch die Kriegsbrauchbarkcit irgendwie in Frage gestellt wird. Geradezu eine Unlinnlgkeil war eS, daß der Angck-agie behauptete, der Com mandeur des 54. Regiments habe dem Kriegsminister die dem Regi ment gelieferten Gewehre aus der Löwe'schen Fabrik zur Verfügung gestellt, als ob man eine solche Waffenlieferung ebenso wie eine Weinlieserung, die einem nicht gefällt, dem Lieferanten einfach zur Verfügung stellen könnte. Ter Angeklagte hol auch einen Haupt- coup gesuhlt, als er die der Zintgrafi schen Expedition gelieferte» Löwe'schen Flinten i»S Treffen führte, von Lenen uns aller, dings eine total unbrauchbar gewordene vvrgelegt worden ist. Aber es ist doch durch die Herren Sachverständigen erklärt, daß klimatische Verhältnisse und falsche Behandlung der Waffen den Grund gebildet haben. Ferner aber wissen wir gar nicht, wie viel Löwe'sche Gewehre in der Ziiltgrass'schen Expedition waren. Was nun die vom Angeklagten vorgelegten oiiitlichkn Schriftstücke anbetrifft, jo war dieser Vorgang in der Thal geeignet, ver blüffend zu wirke». Man jagte sich, nun nimmt der Proceß eine unerwartet« Wendung. Es liegen mir viele Ausschnitte aus sranzo,ischen Zeitungen, worin fteudestraylend mitgetheilt wird, daß nun auch Berlin seinen PananiaskanLal habe. Aber der Mann, der oem Angeklagten die Schriftstücke übersendet hat, hat itiin einen schlechten Dienst damit gelhan. In der geheimen Ver handlung hat sich herausgesielll, was >a auch in der öffentlichen wiederholt wurde, Laß diese gestohlenen Aktenstücke nicht mehr be weisen, als die Behauptungen des Angeklagten in feiner Broschüre. Wenn seitens der Sachverständigen die Ansicht besiehe, Laß bei einem Theil der aus Wesel zurückgeiandten beschädigten Kammern die Bröckelungen durch Hammerichläge böswillig hervorgerufe» sind, so ergiebt sich daraus, Laß die Disciplin infolge solcher Schond- jchrijlen erheblich gelockert wird und daß die Leute so verhetzt werde», daß sie »elbst ihre Waffen beschädigen. Die Abbröckelung ist eine Folge des zu harten Materials gewesen, welches seinerseits wieder eine Folge der anfangs zu wenig vollkommenen Maschinv in der Löwe'schen Fabrik war. Einen Vorwurf deswegen aber den Leitern zu machen, dos kinn nur de», Angeklagten möglich sein. Tie Schlüsse, die die ausländische Presse aus den Beschädigungen von Löwe'schen Geioehrkommern gezogen haben, sind so unsinnig, daß sie der Widerlegung gar nicht bedürfe» In seinen Borträgen sucht er seine Zuhörer zu täuichen und «ein Publicum folgt dem Skondalmamer willig. Aber eigentlich müßte es Leu Mann von der Rednertribüne ziehen und sagen: Nu» beweise Deine Anschuldigungen! Daß die Schießproben keine vollgiltigen Beweise für die Tüchtigkeit Löwe'lcher Gewehre geben können, ist natürlich, aber sollen wir darum das Urtheil in dieser Sache aussetzen, bis wir in «inen Krieg verwickelt werden? I» Ungarn hat Las Krieg-Ministerium Bergleichsschießen angestellt zwischen Gewehren aus der königlichen und aus der Löwe'schen Fabrik. Das Resultat war bei beide» gleich günstig. Ich mache auch aus die Gutachten des preußische» und sächsischen Kriegs- Ministeriums aufmerksam. Das sächsische gicbt dem Löwe'schen Gewehr in Anbettacht der äußerlichen Schönheit neben der sonstigen Gediegenheit entschieden denBorzug. Auch die anwesenden miliiairischen Gummier haben dasselbe ausgciagt. Ta ich gerade hier angelangt bin, möäite ich noch bemerken, dag ich von dieser Stelle au« mein tiefstes Bedauern darüber aussprechen muß, wie diese Herren von der Bertheidigung verdächtigt worden sind. Ich will nicht weiter daraus eingehen, da dieser Bertdeidiger ja leinen Platz verlassen. ar. Eins ist sicher, die Würde vieler Herren Lfficiere und de» ganzen Lsficierscorps berührt die Verdächtigung de, Bertheidigung nicht. Me,ue Herren, mit meinen bisherigen Ausführungen mag denn das Märchen von den sprengenden Judenflinten von der Bildfläche ver schwinden. Dann bat der Angeklagte den Büchsenineislern den Vorwurf gemacht, daß sie sich hätten bestechen lassen. Ware das wahr, jo wären die Bestecher wie die Bestochenen höchst verächtliche Menschen, aber es ist nicht wahr! Herr Maior Hannig selbst hat erklärt, daß er den Büchsenmachern erlaubt habe, in ihren Freistunden privatim für die Löwe'sche Fabrik zu arbeiten und oaiür eine Geldenlschodigung an- lunehmen. Und zwar aus dem Grunde, weil der Schlußtermin >er Lieferung heranrückte. Ich bin der Ueberzeugung, daß bei diesen Bestechungsvorwursen in allen Fällen geflissentliche Uebertribang vorliegl. Ferner braucht er wohl nicht be- gründet zu werden, daß in den in der Broschüre enthaltenen Aus- »rücken „Gauner, Verbrecher " u. s. w. persönliche Beleidigungen liegen, aus Grund dieser Erwägungen komme ich zu dem Resultat, daß der Angeklagte der wiederholten Verleumdung (8. 186 des St.-G.-B.) und der wiederholten Beleidigung l8. 185 des St-G-B) schuldig ist. Es bleibt zu prüfen, ob der 8. 193 ür den Angelagten in Anspruch zu nehmen ist. Ich bin uicht der Ansicht. Ich erwäge ferner, daß der Angeklagte ein hervorragender Agitator der antisemitischen Partei ist. Von dem GesichtSpuncte aus, Laß ich jeder Partei, vier ins besondere der antisemitischen, das Recht zugestehe, öffentliche Miß- tände zur Sprach« zu bringen und zu tadeln, kann ich dem Ange- klagten auch keinen MilderungSarund zuerkennen, da das, was letadelt wird, wahr sein muß. Aber bei solchen Entstellungen und lebertreibungen, wie sie der Angeklagte sich hat zu Schulden kommen lassen, kann der Schutz des 8- 193 nicht in Berück- ichtigung kommen. Meine Meinung geht dahin, daß politische Skandale, die nur Aufregung Hervorrufen sollen, auf die eigene Partei zurückfallen — ohne diese Worte auf den Angeklagten beziehen zu wollen Ich las neulich in einem antisemitischen Blatte, Ahlwardt sei der Krebsschaden der Partei. Wenn ich »un die Puncte bervorheben soll, die zu Gunsten Ahlwardt's in die Waag« chale fallen könnten, so ist das geringe Arbeit. Es sind dies 1) die Thatsache, daß wirklich Unregelmäßigkeiten in der Löwe'schen Fabrik vorgekommen sind, 2) daß er in harmlosester Weise Alles geglaubt bat, was ihm seine Zeugen erzählt haben. Tas ist aber auch Alles. Die Ablehnung des Polizei-Präsidenten, die in der Broschüre erhobenen Beschuldigungen zum Grunde einer Nachforschung zu machen, halte ich für vollauf berechtigt, den» Herr von Richthosen merkte, Laß er zum Vorspann des Antisemitismus dienen sollte. Jede andere An zeige würde er berücksichtigt haben, aber in diesem Falle mußte Jeder auf den ersten Blick erkenne», um was es sich handelt. Bei der Beurtheilung der Sachlage kommt es in Betracht, daß der Angeklagte gegen eine Reihe von pflichttreuen Männern und ehrenhaften Osficieren die schwersten Anschulbigungen er hoben hat. Ferner, daß er durch seine Broschüre sowohl die Löwe'sche Fabrik speciell, wie den deutschen Handel und die deutsche Industrie dem Ausland gegenüber sehr geschädigt hat. Die schwerste Schädigung aber, die durch sein Buch hervorgerufe» wurde, ist die des Ansehens der Heeresverwaltung und der mililairische» Disciplin. Welche Folgen dies haben könne, zeige der Fall, daß ein, jedenfalls militairischer Mann dadurch veranlaßt wurde, Acten aus dem Militairarchiv zu stehlen und dem Angeklagten einzujenden. Wie ich zu An fang der Verhandlung ihre Leffentlichkeit begrüßte, freue ich mich auch jetzt noch sehr darüber, denn das Vaterland wie Las Aus land haben gesehen, was an den AHIwardt'jchen Beschuldigungen ist. Es hat sich herausgestellt, daß unsere Waffen durchaus gut und kriegstüchtig sind. — Ich stelle den Antrag, den Angeklagten wegen wiederholter öffentlicher Beleidigung und wieberholler öffent licher Verleumdung zu einer Gesängmßstraie von 1 Jahr und sechs Monaten zu verurthcilen. Ferner beantrage ich, den Beleidigten Rorner, Holz, Kletl und Oberbüchjenmacher Kirch die Berechtigung zuzuerkennen, das Urtheil in der Zeitung „Die Post" zu ver öffentlichen, ferner, daß die »och habhaften Exemplare der Brwchüre confiscirt und die etwa noch vorhandenen Druckplatten zerstört werden. Angeklagter Ahlwardt: Da ich drei Herren gegen mich habe, möchte ich den Präsidenten ersuchen, mir nach jedem Herrn das Wort zu »erstatten. Präsident: ES ist wohl besser, wenn Sie nach Beendigung der 3 Plaidoyers das Won erhallen, denn die drei Herren können nur über denselben Gegenstand sprechen, d. h. nur über Las, was hier vorgekommen. Zunächst erlheile ich dem Herrn Justizrath 1)r. Gerth das Wort. Justizrath l>r. Gerth (als Vertreter der Nebenkläger): Tie Vertreter ber Nebenkläger haben sich, mit diesen im Einverständniß, während der Verhandlung mehr als Zuhörer gegeben. Ich folge auch jetzt den trefflichen Ausführungen des Staatsanwalts — auch was die Unregelmäßigkeiten im Löwe'schen Fabrikgettlebe anbetrifst. Aber eins, was der Herr Staatsanwalt gesagt hat, möchte ich noch wiederholen. Das ist: die Gewehre aus der Löwe'schen Fabrik sind gut. Unregelmäßigkeiten komme» in icder größeren Fabrik vor; die Cdess sind außer Stande, dergleichen abzujiellen. Was die älliavee isratzlit« anbetrifst, so holte ich es für eine Thoreit, darüber zu reden. Anfangs legte ich mir die Frage vor, ob der Geistes zustand Ahlwardt's wohl «in normaler sein könnte. Ich hielt ihn nicht für verantwortlich für seine Schriften. Aber die Verhandlung hat mich eines Anderen belehrt. Angesichts der Tenuncirungsver- juche des Angeklagten durch seine Besuche beim Polizciprälidenten und Portier des «riegsministers und durch den Versuch im Gc- richtssaal, die Veraniwortllchkeit für sein Thun von sich abzulcnken, bin ich anderer Meinung geworden. Tas giebt mir di« Heber- zeugung, daß er Alles geschrieben und gethan hat wider sein besseres Wissen, Len» so ist nicht die Art eines Fanatikers. Ich beantrage für dies frevelhafte Vorgehen eine ernste Sühne. Präsident: Nun erlhcile ich dem Rechtsanwalt Muuckel das Wort. Rechtsanwalt Munckel (Vertreter der Nebenkläger): Die Neben kläger halten ihr Interesse in dieser Sache für identisch mit dem öffentlichen Interesse, darum wollen sie auch keine persönliche Ent schädigung. Ist »> dieser Broschüre irgend eine Behauptung wahr, oder durste der Angeklagte an die Wahrheit seiner Behauptungen glauben? Ich antworte darauf: Nichts ist wahr, er hat an nichts geglaubt. Es kann kein mildernder Ilmstanv gefunden werden. Ich bi» überzeugt, Laß es von Ahlwardt nichts als gewerbsmäßige Ver leumdung war. Nur das Geschäft, die materiellen Voltheiie haben ihn zur Herausgabe der Schriften bewogen. Und jo ein Manu will von Patriotismus, von Idealen reden. Wie kann er das. Hier möchte ich die Verse citireu: „Tu gleichst dem Geist, den Tu be greifst." Ich möchte den Angeklagten mit Ravachvl vergleichen, wenn er auch nicht mit Tvnamil und Bomben operirt, io zer trümmert er doch die Ideale des Voltes. Kein Social- oemoirot würde so Handel», denn dieser hat doch noch Ideale. Meine Herren! Sie können sich keine schwereren Krankungi» vor- stellen als die, die Ablwardt meine» Clienten angeihan hat. Ich hoffe, daß der Gerichtshof dein Angeklagten ein i^uvusguv tuncirin zurusen wird. Hieraus erhält der Angeklagte Rector Ahlwardt dos Wort: Leider bin ich nicht in der Lage, in so rhetorischer Weise wie die beiden letzten Redner aus.,»treten. Doch werde ich thu», was in meinen Kränen sieht. Tann gievl der Angeklagte ein ausführliches Bild von dem Betriebe der drei Löwe'ichen Fabriken. Er geht dann auf die Gutachten der inili- lairlschen Sachverständigen über und fährt fort: Hoher Gerichtshof, ich bekenne, daß ich Antisemit bin, und zwar ein rücksichtsloser. Als ich das Material gegen Lowe zuerst erhielt, wollte ich Zunächst damit nur für meine Partei agtliren. Aber die Aussagen meiner Zeugen gaben mir nach und noch das Bewußtsein von der Schwere und dem Umfang der Beschuldigungen und von den unabsel baren Folgen. Ich versuchte daher eine Verfolgung ber von m:r vitlcelene» Angelegenheit zu veranlassen; wie Sie alle wisse», gelang mir das nicht. Als letztes Mittel nahm ich die Veröffentlichung der Bro- schüre vor, woblbewußt, daß ich mich einer »ngeh, urcn Verant wortung ouSietzte, aber guten Muthes, denn ich hielt Alles, was ich schrieb, für wahr und kann auch heule noch nicht sagen, Laß ich in meinem G-auben erschüttert bin. Ich wollte nicht das Veriraucn der Soldaten zur Waffe rauben, sondern den Staat veranlaßen, die schlechten Flinten an Löwe ,,urücizugevcn, dam» unier, nrineei, w-cder wedlsübig werden. Wns das uuvelrisst, baß ick- d» Alliaiii.« hineingezogen bade, w tam vas >o: Im vorige» Jahre, wühlend meines Ausenihaltes in Wie», wurde mir bas Originals, .vivtoll einer Sitzung der „Houprjuden" — so nannten sie >ch in oem Protokoll selber — vorgelegt. Diese HauvtjubiN waren Ludwig Lvwe und Professor Lazarus aus Berlin. L Franzvien, 2 ixi,g,o»aer und 3 Leslerreicher. In dem Proiokoll wuroe für Prof Lazarus 20 000 ausgkieyt, wvsür er das Programm zur Vervrellung einer neuen erblichen Cullur für Europa ausaroeileii sollie. Ich muß dem widersprechen, üaß ich vurch die Veiöffenilichiing meiner Broschüre» dem deutschen Export nach »ein Ausianoe geschadet habe. Im Gegenlh.il. Die Wahrue» sann nie iwadlich »ein. Was in de» französischen Zeitungen steht, ist durchaus unniavgebltch, denn von eine»! Juden würden sie orrgieichen nicht bringe». Die Sache »nt den Hauiiiierjchlägen ist so unwahrscheinnch, daß sie der Herr Staatsanwalt selbst nicht zu g-aubrn lcheint. Ich will nicht täuschen, sondern auskluren. Der Staaisanwalt gab meinem Publicum den Rath, mich von der Rednerbühne verabzuzleken. »m »ine kleine Keilerei zu beginnen. Na, wenn es dazu iamr, dann t-ätie >a berseibe Staatsanwalt gleich Grund, gegen diese einzu- schreiten. Ich bin getauscht wordci,, aber ich will nicht täuiwen. Ter vom Staatsanwalt citiric Ansbruck eines Parteigenossen über mich ist von Bückel. Mit dem werde ich mich auch schon wieder ver- ständigen, wenn sich bei ihm die Aufregung über meine Erfolge gelegt hat. Der Aussvruch de» Abg. Böckei entspringt einer ver zeihliche» menschlichen Sawäche Meine parlci w-rd übrigens jetzt i «ksatzrea, daß >ch kein Krebsschaden für sie bm. Daß mir di« miliiairischen Actenstücke »ugesandt wurden, dafür kann Ich doch nicht. Ich kenne den Absender nicht einmal dem Namen nach Aber da ich solch wichtiges BeweiSmalerial hatte, sollte ich eS da wieder nnbenutzl aus der Hand geben? Ich meine auch noch immer, daß es Patriotismus ist, wenn ich uniere Armer davor behüte, geschlagen zu werde». Nicht Löwe persönlich habe ich treffen wollen, onder» in ihm das allgemeine Iudenthum, die uns seindliche Nation. Im Kampfe dagegen kann ich keine Rücksicht auf irgend welche Personen nehmen, den» da» Iudenthum, welches uns erdrücken will, kenn! auch keine Rücklicht. Ich sage nicht, daß seder Jude schlecht sei, aber das Iudenthum als solches ist schlecht. Herr Juslizrath Gerth zog meinen Geistes- zustand in Zweifel. Gut, daß er nicht gleich Prof. Lazarus Arzt st, sonst hatte die Behörde setzt die Berechtigung, mich ins Irren haus zu sperren. Ich bin kein Fanatiker, noch sonst irgend «in extremer Charakter. Ich bin ein sehlbarer Mensch wie Andere. Ich will das Richtige — und ich werde mit Schmutz beworfen. — Und »un Herr Rechtsanwalt Munckei zu Ihnen. Ich habe gekört, daß Sie ein ausgezeichneter, schlagfertiger und gefährlicher Redner seien, so daß ich ein gewisses, unangenehmes Gefühl, Ihnen allein gegen über zu stehen, nicht unterdrücke» konnte. Aber nachdem ich Sie gehört, bin ich — von meinem Standpunkte aus — angenehm ent- täuscht. Was Herr Munckei vorbrachte, waren nicht Thatiaaien, sondern Phrasen. Wenn ich einrnJuden hier antasten kann,dann thueich's—das age ich Ihnen! Ich stehe im offenen Kampf gegen das Iudeiilhum. Herr Munckei jagte mir ein Cilat aus Faust: „Du gleichst dem Geist, den Tu begreifst!" und er meinte, ich thäle Alle» aus Geldgier, aus materiellen Gründen. — Herr Rechtsanwalt, einen Geist wie mich begreifen Sie nicht, weil Sie nicht begreifen können, daß Jemand auch etwas thun kann, ohne Bezahlung zu erwarten. Von einem Verhetzen der Arbeiter meinerseits kann nicht die Rede sein. Bei Allem, was ich ihat, bin ich von dem Gedanken ausgegangen, daß Manches bei uns der Aenderung bedürftig ist im Verhältnis; zwischen Capital und Arbeit. Dieses auf dem Bode» der Monarchie und oes ChristenthumS innerhaib des deutschen Reiches hcrbei- zusühren, ist die Ausgabe der antisemitischen Partei. Tas JuLeilthum wird uns natürlicherweise hier immer feindlich gegenüber stehen. Ich will nochmals bekennen, daß ich die Bücher schrieb, uni meiner Sache zu nützen. Nicht um Gnade bitte ich, denn das sähe aus, als ob ich an ein Unrecht meiner Sache glaubte, nicht um Gerechtigkeit bitte ich, denn dadurch würde sich der hohe Gerichtshof beleidigt fühlen — ich sehe meinem Schicksal mit Ruhe entgegen. Der Präsident fragt nach Schluß feiner Rede den Angeklagten, ob er feinen Antrag auf Widerklage zurücknehme» will. Der Angeklagte bejaht diese Frage und bittet nur bei der Strafbemessung die Gegenbeieidigung zu berücksichtigen. AlS auf die Frage des Präsidenten weder der Staatsanwalt noch die Nebenkläger oder deren Vertreter noch etwas richtig zu stellen oder zu erwidern haben, zieht sich der Gerichtshof zur Beralhung der Urtheilsbestimmung zurück und erscheint nach vierstündiger Berathung um 8"/« Uhr wieder. Landgerichtsdirector Brausewetter publicirt das Urtheil. Der Gerichtshof Kat bezüglich de» Vorwurfs des Landesverraths nicht verleumderische Beleidigung, sondern nur Beleidigung im Sinne des 8- 186 angenommen. Die Behauptung, daß die Gewehre heimlich ins Ausland geschafft worden, ist nicht erwiesen, vielmehr ist erwiesen, daß die Mitnahme dreier Gewehre seitens der Büchserinacher einem Brauche in Waffensabriken entspricht Gegen die Behauptung des Angeklagten, daß die Löwc'- schen Gewehre kriegsunbrauchbar seien, sprechen die Gutachten der inilitairischen Sachverständigen. Die Gewehre sind nach allen Richtungen hin durchprobirt und es kann nicht darauf ankommen, ob einzelne Arbeiter bezw. Meister Durchstechereien gemacht und schlechte Arbeit geliefert haben. Dabei soll gleich berichtigt werden, daß in einer der ersten Sitzungen nur gejagt worden ist, gegen das Guiackite» der inilitairischen Sachverständigen könne natürlich nicht das Gutachten von Arbeitern und eines Droschkenkutschers ins Feld geführt werden, womit natürlich Kräbabn gemeint war. Wir haben keinerlei Mißtrauen gegen einen der Sachverständigen gehabt, aber der Unter- luchungSrichter hat noch einen eigenen Sachverständigen, den Herrn Baielia, gehabt. Beide Herren haben sich nach Spandau begeben, sie baden aus der Menge fünf Grwehre herauSgegriffen und Herr Barella hat im Schnellfeuer bis zu 130 Schuß abgegeben. Dieser Sachverständige sagt ebenso wie die übrigen Sachverständigen, daß die Kricgsbrauchbarkeit durch die kleinen Unregelmäßigkeiten, die vorgekommen sein möge», keineswegs beeinträchtigt ist. Wir können nacki wie vor unsere ganze Hoffnung aus unsere Armee setze» und überzeugt sein, daß sie mit kriegstüchttgen Gewehren ausgerüstet ist. Die Sachverständigen haben auf ihren Eid versichert, daß da» Gewehr gut und kriegsbrauchbar ist. Der Eid ist das Höchste, und es ist bedauerlich, daß der Angeklagte und fein Bertheibrgcr von Anfang an mit Mißtrauen gegen den Eid vieler Zeugen ausgetreten sind. Selbstverständlich muß der Gerichtshof die Glaubwürdigkeit der einzeinen Personen prüfen und wenn cs sich um vorbestrafte Leute handelt, die einen Erpreffungsverfuch gemacht Haben, jo muß der Gerichtshof vorsichtiger sein. Wenn der Angeklagte behauptet hat, daß vielfache Sprengungen von Gewehren und Verletzungen von Mannschaften stottgefunben haben, so hält der Gerichtshof dies in keinem Falle für erwiesen und stützt sich dabei auf die Berichte der Regimenis-Coinmandos. Jeder, der auch nicht Soldat, sondern nur Jäger ist, weiß, daß oft Zufälligkeiten, wie das Eindringen von Sand, <»chnec rc. das Sprengen des Laufes verursacht. Nach Auskunft der Miiitairbehörde steht fest, daß von alle» 425 000 Gewehren, die die Firma Löwe geliefert hat, 69 gesprungen sind. Tas sei ein brillantes Resultat und beweist, daß die Miiitair- Verwaltung das beste Material zur Herstellung der Läufe sich besorgt. Der Angeklagte versteht offenbar die ganze Sache nicht, er hätte sich aber erst genau orirntiren müssen, ehe er eineBroschüre von solcher Trag- weite in die Weil schickt. Wenn bei der Revision viele Visire in Folge schlechter Löthung beim Anklopsen abgesprungen sind, jo ist das keineswegs bedenklich, denn dazu sind ja gerade die Revisionen da, um kleine Fehler festzuftcllen. Der Angeklagte aber bat wahrherts- widrig die Sache so dargestellt, als ständen nun Taniende von Gewehren mit schlechten Bisiren in Spandau. Dies sei aber ganz und gar nicht der Fall, vielmehr sitzen die Visire auf den Gewehren jetzt außerordentlich fest. Ter Gerichtshof bat keinen Zweisei, dag Unregelmäßigkeiten in der Löwe'ichen Fabrik vor- getoinmkn lind. Wenn Las bei einer Fabrik mit io viele» Arbeitern nicht vorkälne, dann müßte es geradezu nur musterhafte Arbeiter gebe». Dos Drücken der Gewehre ist von den Arbeitern gemacht worden, während die Herren Löwe und Kühne nichts davon wußten. Daß etwaige doppelte Schcibenviider zu bettügerijchen Zwecken benutzt worben, sieht der Gerichtshof nicht für nach- gewiesen an; ebenso haben »ach seiner Ansicht die beiden Leiter der Fabrik hiervon >o wenig Kenntniß gehabt, nne von etwaigen Unregelmaßlgtciten beim Umringeln. Auch beim Abstempcln sind nach Ansicht des Gerichlsboirs Unregeimaßigketten vorgckoinmen, die eventuell disciviinarrfch strafbar fein können. Herr Löwe bar von allen diese» Dingen abjo-ut keine Kenntniß gehabt, das steht ganz fest, auch bei dem Lberstlientcnant a. D. Kühne ist die» nicht er wiese», dock- soll nicht die Möglichkeit bestritten werden, daß einzelne Unordenilickfleiten, weiche aber auf die Kriegsbrauchbarkeit der Gc- wcbre keinen Einfluß ausgeübt haben, ihm zu Ohren gclominen sind und er oarum g-wnßt har. Von dem Diebstahl an Patronen bauen beid, Fabriklc.ier keine Krnntniß gehabt. Tie Zuhilfenahme von Arven«! n bei den Revisionen war Len Büchsenmachern von der Rrvifionc-coininiision genatlel worben. Tie nachträglich« Lefsnung eines vivmc-lrlen D-agins ist zwc>iel!os eine Unregel mäßigkeit. Man bat sich eben darin in der Ebriichieit der Arbetter gktäuichl. Fengeßellr ist anbererlerts, dah bei vieler Unorbentlich- ten Betrüg,riicbes »>chl vorgekoniiilen, höchstens bandrir es nch nach den Ieugcnauc-agen ui.i eine» Fall, in dem 10 Gewehre, die wegen kleiner Riffe zum Schmirgel» zurückgegeben worden wareii, wieder beige,egt waren, ohne daß sie nocrnttals z»m Bcichn« gekommen. Ter Donvurf der Bestechung, welcher gegen die Nebenkläger u»o die Büchienmocher erdoben woroen ist, beruht aus einer vollständige» Verdrehung der Thatiachen. Die Handlungs- weue der Büchienmocher ist aöiolut unverdächtig und ollerhöchsie»- bai sich Siangenverg einer UnreeUitäl ichuldig gemocht, welcher Manche» aus Rechnung letzte, was nicht die Büchsenmacher, sondern idn anging. Ten Vorwurf des LractirtwerüenS, der ferner Len Pnchtcnmachern gemacht worben, hat der Gerichtshof Nicht für beleidigend gehalten. Tie Büchsenmacher hätten solche Bewirihungeii nicht annehmen sollen. Widerlegt ist der Vorwurf des Angeklagten, daß die Büchicnmacher >500 Gewehre ohne Wissen des Lieutenant« Klcimchmibt widerrechtlich gestempelt hatten. Es liegt in diesen Dingen zweifellos der Vorwurf, der wwolsi für die Letter der Fabrik als auch für die Büchsenmacher im S nne des 8. 186 beleidigend ist. Schuldig erscheint auch der Angel aqte niehrfacher, schwer kränkender Beleidigungen gegen die Prwatlläg.r »n Sinne des 8- 185, er bat auch am erflen Tage selbst zugegeben, Laß er zu weil gegangen sei. — Ter letzte Punct ist die jchwere Beieftigung des Büchienmocher» kirch, eines aiten und verdiente» Beamten, der auch schnöder Bestechung beichiildigl wirb. Kein Wort davon ist wahr, der Beamte hat da» Geld, was er für ehrlich« Arbeit erhalten, in feine Taiche gesteckt und stecken dürfen. Ein strikter Beweis dasür, daß der Angeklagte die Unwahrheit der von ihm behaupteten Thotfachen gekannt Hai, ist nicht geführt worden, und deshalb
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