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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.01.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930113022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893011302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893011302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-01
- Tag1893-01-13
- Monat1893-01
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Der „große Franzose", dessen Name Jahrzehnte lang in jedem französische» Lll,r einen säst weihevollen Klang Halle, entpuppt sich als der Genosse, im günstigsten Falle als Werkzeug und Ans bängeschild einer scrupellosen Schwindlerbandc. Das Vanamacanal-Unternehmen, das bestimmt erschien, den cioilisalorischen Ruhm Frankreichs ins Nngcmesscne zu trböben, wurde als eivc Gründerei nnd Gaunerei m me dagewesenem Maßstabc bloßgelcgt. Und nun reißt daS tlbarmuiigSlosc Panamaverhäiigniß auch von dem Haupte lrissel's den Strahlenkranz, reu der Neberschwang natio- iirler SelbstverherrlichungSlust vor kaum vier Zainen darum gewunden. Als der Panamasturm losbrach und die ersten gericht üchcn Schritte gegen die Leiter und nächsten Nutznießer der bank brüchige» Gesellschaft eingeleilet wurden, alhmcte ganz Frank reich beider Meldung erleichtert auf, Eissel habe einige ihm „viel leicht" über Gebühr zugcflossenc Millionen zurückerstattcl und könne nunmehr erweisen, daß er aus seinen geschäftlichen Be ziehungen zu der Panamagesellschasl nickt nur keinen Nutzen gezogen, sondern sogar Schaken erlitten habe. Tic gestrige Verhandlung vor dem Appciihos hat diese Legende zerstört. Es hat sich ergebe», daß Eissel 33 Millionen Francs empfangen, davon aber nur 1—5 Millionen wirklich ans Arbeiten und ebensoviel auf „Eommifficn an seine Theil- mbincr" verwendet habe. Wo sind die übrigen Millionen geblieben? Bielleicht ist daö in Paris umlausende, von der „Libre Parole" übernommene Gerücht von der bevorstehenden Bcr- daflung des vielgefeierten Thurinbauers unbegründet, aber sein Auslauchcu allein kennzeichnet den jaden tiefen Falt Eiffet'S in der öffentlichen Meinung, die noch vor kurzer Leit leiden schaftlich, als gälte cS die Wahrung der nationalen Ehre, für ihn eingetreten war, als er der Hauptschuld an der entsetzlichen Katastrophe von Mönchenstein beschuldigt wurde. Ten Ablcugnungen des „TempS" gegenüber wird jetzt scsl- gcstellt, daßFreycinet in seiner Wohnung am Sonntag vom Untersuchungsrichter amtlich während drei volle Slnnten lang verhört worden ist. Ebenso wurde am selben Tage Fioqucl in seiner Wohnung vernommen. Bcranlaßt wurde diese Maß regkl durch neue Angaben von Eharles LcsscpS über die Verwendung bedeutender Summen auS Panamagcldern zu Gunsten der Eandidalnr Frencinel's auf die Präjikentschasl nach dem Sturze Grevy'S. Cornelius Herz soll hierbei den Vermittler gespielt haben. Bei dem Pariser Bankbaus Proppcr, dem Nachfolger Reinach'S, sind »ach einer vorliegenden telegraphischen Nach richt gestern Briefe und Correspondenzc» von größter Wich ligkeil beschlagnahmt worden. Hansjnchungcn bei ankeren Bankiers hat man sür heule aiigeorvnet. Diese Maßnahmen sind durch einen Antrag Brisson'S beim Iustizmimster aus GrundderEnguetecrgcbnistcveranlaßtworden.L'bglcichrieHalis- suchling bei Propper officiös >n Abrede gestellt wird, wird sie dennoch alsThatsache hingenommcn, und die Auffindung dcrDocu- inente hat in parlamentarischen Kreisen lebhafte Bewegung bervorgerufen. Wahrscheinlich fühlt der eine oder der andere Abgeordnete, daß auch sür ibn sein Slündlcin geschlagen hat. Mehrere Morgenblätter erwähnen daS Gerücht, daß die bei Proxper beschlagnahmten Papiere sehr ernste Maßnahmen zur Folge haben werden. „Libre Parole" meldet ferner, das Geständniß Frcvcincl's, nach welchem er zwei Millionen Panamageld für politische Zwecke gefordert und erkalten hat, werke weitere Ber bajtungen veranlassen. Ter „Gaulois" spricht cs unverhohlen aus, daß auch Präsident Caruol durch jenes Geständniß bc lastet sei. — Das Portefeuille der Marine ist endlich besetzt; Gervais hatte erklärt, daß er nur mit „reiittichen" Männern Minister sein wolle, nun bat aber, nachdem auch Admiral Lcfvbre abgelehnt Halle, in daS Ministerium zu treten, Admiral Rcunienr den an ihn ergangenen Nuf angenommen. Der Untersuchungsrichter Franqueville will neue Verhaftungen verschiedener Deputirler beantrage», er soll Freheinet für schwerer belastet, als Nouvier ballen, ebenso Elcmcnccau. Earnol'S Demenli wird in Paris nirgends reckt geglaubt; daS Publicum ist davon überzeug«, daß Earnot seinerzeit den ungünstigen Bericht Rvlifseau's über daö Panamaunternchinen unterdrückt habe. Die Berwirrnng iin Lager der republi kanischen Partei ist eine grenzenlose. Die allgemeine Ansicht geht dahin, daß daS neue Eabiuet nur von kurzer Dauer sein werke, zumal schon die bevorstehende Interpellation Eüeiscul S über die Panamaangelcgenheil stürmische Zwischen fälle in der Kammer zur Folge haben werde. Politische Tagesschau. * Lripztg, 13. Januar. Die gestern im Reichstage verhandelte Interpellation der Svcialdcmokratc», welche Maßregeln die ver bündeten Negierungen zu ergreifen gedächte», um dem auS der andauernden Arbeitslosigkeit hervcrgehcndenNothstande cnlgcgenzuwirkc», wird auch beute neck Gegenstand der Debatte sein, obgleich gestern eigentlich schon Alles gesagt worden ist, was zu sagen war. Bon einem allgemeinen Rvlhstande im Reiche kann keine Rede sein, daS Reich bat also auch keine» Anlaß zu besonderen Maßnahmen. Solche sind Sache der Einzclstaaten, in denen ein Nothstand bestebt. Und i» jedem dieser Einzclstaaten wird man sich auS Rücksicht auf die fleißigen und soliden Slcnerzablrr hüten, den Staatssäckel zn öffnen, um leichtfertigen Streitern und verhetzten Tollköpsen die Arbeit am Ruin der Industrie noch zn erleichtern. Das ist dem Interpellanten klar gemacht worden; die Fortsetzung der Debatte bat also nur de» Zweck, die von den focialdcmokraiischen Hetzern in den Streilgcbietc» tünstlich berbeigcsübrtcn Nothstäntc zn beleuchten und den besonnenen Arbeitern klar zu machen, was das Reick gcthan hat, um die Lage der Arbciterwclt nach jeder Richtung zu beben und nach Kräften sicher zu stelle». UebrigenS stand rer Reichstag gestern unter dem von der Sacke ablenkcnden Eindruck der großen Rede, die der Reichskanzler Gras Eapriri vorgeltern in der Militaircomm ifsion gehallt« bat. Dieser Eindruck ist zweifellos ein bedeutender; um so bedauerlicher ist cS, daß nicht mir ihr Wortlaut nicht bclannl wird, sondern daß man auch nicht einmal eine eingehende Berichtigung der Uber die Rete verbrcttelen MillhcUungen zu erwarten hat. Daö geht ans der folgende», zweifellos durch den Reichskanzler selbst veranlaßten AuS lassnng der „Nordd. Allgemeine» Zeitung" hervor: „Wir werden darauf ansinerkiain gemacht, daß der Bericht über die "Aeußerungen des Reichskanzlers in der ersten Sitzung der Militair oiiiinifiion des Reichstags in dem von uns gebrachten Wort- laut ebenso wie i» der von andere» Blätter» mit einzelnen Ab weichungen wiedergegebenen Fassung teineriei Anspruch aus Authciiticität bar. Da die Ausführungen des Reichskanzlers vor der Commission nicht für die Oessentlickkcit bejliinmi waren und daher stenographisch nicht sixirt wurden, so be ruhen die Zeitungsverichie vorüber lediglich auf Hörensagen, und die ziemlich gleichmäßig von Len verschiedensten Blättern gegebenen Mittheiliinge» sind nicht mir un vollständig, so» Lern enthalten auch theilweise erhebliche Irrt hin» er und an einzelne» Stellen eine directe Verkehrung der Worle des Herrn Reichskanzlers. Mit welcher Vorsicht die betr. Nachrichle» aiisznnehnlen sind, crgiebt sich u. "A daraus Laß sowohl bezüglich Dänemarks, insbeiondere bezüglich nnicres Verhältnisses zu Rußland, dein Reichstag er Aeußerltiige» in Leit Mund gelegt werden, die als leine ch.e». Ansicht erscheinen lassen, was er in Wirklichkeit als Anschauung der deutsch feind lichcn Elemente wiedergegeben hat'. AuS dieser Auslassung geht nickt einmal mit Sicherheit hervor, ob die folgende Berichtigung des „Bcrl. Tagebl." richtig ist: Ter Reichskanzler hat in der Mililaircominiision am Mittwoch nicht aus eigener Meinung den Satz ausgesprochen: „Der Weg nach Konslantinopcl führt nicht mehr über Wie», sondern durch das Brandenburger Thor"; er hak vielmehr bei Dar legung der Geiahren, welche Tentschland von Rußland drohen können, darauf l ingewiescn, daß das deutsch-österreichische Büudniß in weilen Streuen Rußlands verstimmend gewirkt habe und daß die dentsch- eindlicheu Elemente in Rußland damit gegen Deutschland agiliren. Laß sie sagen: „Der Weg »ach Konslaniinopel" ». s. w. Mg» weiß min, daß man über die Rede des Reichs kanzlers nichts weiß und nichts erfahren soll. Da Letzteres von vornherein scststand, so hätte auch eine Berichlerslattung überhaupt vermieden und den Colnmissiönsmilglictcr» die Pflicht auferlegt werten solle», ihren übrigen College» im Reichstage nur diserete Millheillingen über daS Gehörte zn machen. Wenn durch Falschmeldungen, die nicht einmal authentisch berichtigt werden sollen, im Auslände Mißsliiu muiigen entstehe», so ist daö nicht Schuld der Presse, sondern die Sckuld einer mangelhaften Disposition, die man im Interesse der Würde des Reichstags und der Sicherheit des Reiches nur aufrichtig beklagen kan». Die Czeche» pflegen bekanntlich immer, wenn cs gilt, den verhaßten Deutschen eins anznhängcn, große Worte im Munde zu f'übren, sie sind aber nickt von der Art, daß sic, wenn man sie alsdann wegen der gelbanen Aeußerungen zur Rechenschaft zieht, die Beraittwortlick,lcit auf sich nehmen; sie suchen sich vielmehr vvn dieser Berantwortlichkeit unter allerlei "Vorwänden zn befreien. Wir wurden a» diese Dliat- sacbe erinnert beim Lesen des jüngsten Telegramm« auS Prag, wonach gegen die czechisthen Scho» und Hetzredner bei dem Turnfest in Nancy im vorigen Sommer die Untersuchung bat eingestellt werden müssen. Die „Polit. Corr" verössenl lickt in ihrer neuesten Nummer hierüber Folgendes: Wie erinnerlich, Halle sich an einer im Sommer 1802 in Nancy stallgesundene» Turiicrieicr auch eine größere Anzahl von Mit gliedern czechischcr Sokol'Tur»er-)Verei»e unter Führung des Prager Advocate» l)r. P odlipuy und des Sprachlehrers Schmidt- Beanchez belheiligt. ZeitniigSberichten zufolge sollen bei diesem Anlässe seiiens der czechischen Theilnehnier Reden und Ansprachen von illoualer »nd unpalrivlischer Tcndenz geballen worden sein, was die Slaalsgnwallschciit in Prag bewog, die Einleilnng einer slrasgerichlliche» Untersuchung gegen die belheiliglen Personen zu veranlaßen. Diese Untersuchung wurde kürzlich cingestcNt. Die Beschuldigten habe» nämiich in Abrede gestellt, ihre Reden in jenem Wortlaute geholte» zu haben, wie derselbe, ihrer Angabe nach, vielfach entstellt, in einigen französischen Journalen enthalten und aus diesen in die inländischen Teilungen übergegaiige» war. Eie beriefen sich ins besondere ans die czechüche Tnrnerzeitschrist „Sokol", welche eine aulhenlßche Beschreibung aller Vorgänge des Sokol Ausfluges enl- hallc und in welcher die gehaltenen Reden richtig wiedergegeben seien. Da diese Rechtfertigung der Beschuldigte» durch keine dcr zahlreich auigeiiommeiien Zeugenaussagen widerlegt wurde und die ili der letzterwähnten Zellschrist wiedergegebenen Reden der Fcsttbeitiicbiner einen strafbaren Thatbesland nickst begründen, so war sür eine wcilere gerichtliche Verfolgung ein Grund nicht Vorhemden. Die letzte Sitzung dcö belgische» Kammerauösck'usscs hat endlich die Pläne dcr sogenannten dvctrinär-liberalcii Partei in Betreff dcr belgischen Perfassungsresorm an das Tageslicht befördert. Der Finauzminister bedauerte, daß die Negierungövorschläge bei der Linkeu wenig Anklang sänke». DaS NegierungSsyflcm ergebe an Stelle dcr jctz 136 000 Slimmberechligie» 800000 Wähler, während das Fröre Orkan geforderte Cavaeirätssystcm nur 531 ooo Slimmberrcktigle schasse. Sei leine Einigung möglich, so sei die Auslösung der Kammern unabweisbar. Nach dieser Erklärung beantragte der Depittirtc Fröre Orkan, daß die Dcputirlen und Senatoren vvn denjenigen 25» Jahre alten Bürgern gewählt werde» sollen, welche Bolksschulhildung besitze». Das lünstige Wahlgesetz soll den Umfang dieser Kenntnisse, die .Kategorien der Personen, deren Schulbildung als genügend erscheint, die Dauer des DomicilS und die Fälle dcr Ausschließung vem Stimmrechte scslslclle». Alle jetzigen Wähler bleiben stimmberechtigt. Der Führer dcr zweiten Gruppe, Dcpnlirtcr Granx, beantragte, daß alle Bürger stimm berechtigt sind, welche die im Wahlgesetze sestgcstelllen Be dingungen erfüllen. Ausgeschlossen vom Stimmrechte sind Alle, die nicht lesen nnd schreiben und aus eigenen Mitteln fick und ihre Familien nickt erbaltetz können. Wahlprüfuiigen sind nicht vorgesehen; der Bürger, welcher dasStimmrcchlwilnscht.mnf; rer dem öffentlichen Beamten »nd zweiZenge» Nachweise», ras; ec lese» und schreiben tan» und nickt aus öffentlichen Mitteln nnlerballen wird. Beide doctrinärcn Anträge stützen sich aus die Schul bildung und schließen, da die belgischen Schulzuständc erbärm liche sind, vorweg weile Kreise von dem Slimmrechle ans; Heide fordern überdies, daß das künftige Wahlgesetz nur mit Zweidrittel Mehrheit beider .Kammern abgcändcrt werden kann. Nach der Gesamnillagc dcr Verhältnisse werden die Anträge dcr Regierung und der Doctrinären wahrschein lich verschmolzen werden. Die „New zßorker Handels Zeitung" veröffentlicht sehr interessante statistische Mttihcilungen über die Präsidenten- w a l> l in den Bereinigten Staat e n von N ordamerika. Es gebt daraus hervor, daß. was bis jetzt noch immer zweifelhaft gewesen war, nach cndgiltigcr Feststellung im Staate Calisornien die Demokraten acht PräslkentlchaflS- Elcetoren und die Republikaner mir einen erwählt haben. Das ändert aber insofern nichts an dem Wablresnltale, als Clcvcland auch ohne die Eleetoralstimmcn des genannten taates eine bedeutende Majorität erhalten hat. Zn gleicher Zeit ist übrigens auch das ziemlich genaue Ergebnis; der Bollsabstimmung bei der am 8. "November stattgebabten Wahl dcr Elcetoren, nachdem die vssieicUe Srinimzählung in allen Staaten vollendet, bekannt geworden. Es sind iin Ganzen an Stimmen abgegeben worden für die verschiedenen - Präslkentschafts Eandikalcn: Clrvetand (Demokrat) 5507 000, Harrison (Republikaner) 5>700ll, Weaver (Belkspartri) I 025 ooo und Bidwell (Temperenzler) 2.',8 347. Elcvcland's Mehrheit über Harrisou beträgt somit 30l 37!» Stimmen. Bor vier Iabren betrug die Anzahl dcr für die Präsidcittschafts Cankikaten der vier genannten Parteien abgegebenen Bollsstimmcn: Demo kraten 5 536 212, Republikaner 5 410 708, BoltSparlei Il0 836 und Temperenzler 240 870 Slimmcn. Das bei der Präsidentenwahl im Jahre I8!«2 abgegebene Gcsammlvotuni hat somit gegen dasjenige von 1888 nur eine Zunahme um 05? 340 Stimmen erfahren, während diese Zunahme 1888 gegen 1884 1 317 050 und 1881 gegen 1880 831 155 Sli mmcn betrug Die Zunahme im Jahre 1881 wäre übrigens eine weil größere gewesen, wenn sich damals nickst viele Republikaner, namentlich in den Ncueng- lanb-Slaatcn, reS Stimmciis gänzlich enthalten hätten, well sie vvn dem Cantidalen ihrer Partei, Blainc, nichts wissen nnd sür den demolralifchen Canditalcn, Clcvcland, nickt stimmen wollten. Die verhältnißmäßig geringe Znnahme des diesjährigen Gcfammtvollims ist nm so auffallender, alü erwiesenermaßen sich die Bevölkcrnngszahl sowie die Zahl dcr ciiigeborencn nnd uatnralisirlc» Bürger während dcr letzten vier Jahre ganz hedenlend vermehrt hat. Der einzige Grund sür diese eigenlhümlichc Erscheinung ist unserer "Ansicht nach, daß ci» sehr groyer Thcil der sliinmbcrechligtcn Bürger ttzeils auS Gleichgiltigkeit gegen die Politik, lbeils aus anderen Ursachen seine Etimmcn nicht abgegeben bat. Zn bemerken ist noch, daß, wie aus der obigen Ansstellung ersichtlich, Clevcland, obwohl er 1888 mehr Stimmen bei der "Wahl als sein republikanischer Gcgeneandidat Harrison erhalten, doch nickst e>wählt war, da er trotz dieses Bolums zu seinen Gunsten nickst die zn seiner Erwählung nolbwentige Zahl de, Electoralstiminkn erlangt hatte. Wieder ein Beweis für die Rolbwendlgleit der Ersetzung des Elcrtvral-SystemS durch die dlreele Bollswalst. Deutsches gleich. cd- Pcrli», 12. Januar. Es scheint, daß die Grundzüge des Wahlgesetzes bei der Mehrheit des Abgeordnetenhauses, insbesondere den Heiden eonservatioen Fraetioncn und den Feuilleton. Für die Ehre der Familie. Roman von Llarissa Lohde. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) 8. Capitel. „Endlich, Octavia, endlich! O, wie konntest D» so gran- ssm sein? "Wenn Du wüßtest, was ich gelitten habe!" — Paul Wolken hielt plötzlich in dem leidenschaftlichen Ausdruck innc, mit welchem er in das Zimmer Fra» von Hegener's gestürmt war. Ein Blick in das l leickc, schmcrz- turchwühltc Gesicht, ans die zuckenden Livpcn, die in Tbränen schwimmenden Augen der geliebten Frau, und er mußic sich mit Beschämung cingestebe», daß er kein Recht dsbe, ihr Borwürse ^zu macken, daß sic in den Tagen, während welcher sie ibn fern von sich gehalten, ungleich schwerer, tiefer noch gelitten batte als er. Sie streckte ihm tie weiße, sein geäderte Hand entgegen; er bedeckte sie mit sllübcndkn Küssen nnd snbr, ohne feine Erregung bemeistern ui tönncn, in beinabe schluchzendem Tone fort: „Warum hast Du daS gcthan? Warum hast Du Dick und mich aus die Kolter gespannt? Warum wie- man mich wie einen lästigen Bettler von Deiner Tbur?" „Weil ich krank war", antwortete sie mit verschleierter Stimme. „War eS da nickt mein Recht, an Deiner Seite zu sein, Tick zn pflegen, zu trösten?' fragte er leidenschastlich Sie lächelte traurig: „Paul, was haben wir sür rin «eckt?" „Dat allergrößtste, da- Reckst unserer Liebe, da- Reckt der freien Selbstbestimmung!" riet er, „dock wozu sich lange mit Grübeleien gnälen; ick habe Dick endlich, endlich wieder »ad lasse Dich jetzt nicht inebr!" Er riß sie in seine Arme unk bedeckte sie mit beißen Küssen, und sie leistete ihm keinen Widerstand. Alle Kälte, die sie künstlich wie eine letzte Schanze nm sich gelegt, schmolz an seiner Glulb, sie war nur noch ras liebende, ganz sich hingebcnde Weib. „Octavia, meine, meine Tctavia!" stammelte er. „Dein, ganz Tein", erwiderte sic, aber der Klang ibrcr Worte schien sie zur Besinnung gekrackt zu haben. Sie entwand sich seinen "Armen, strick das goldene Haar aus den Schläfen und wiederholte langsam und schwerathmend: „Tein, ganz Dein; Paul, verstehst Du ganz die Bctculunz dieser Worte?" Mil einem Iubclrns wollte er sie von Neuem, noch stürmischer, noch glühender in die Arme schließen; sie streckte ihm die Hände abwclirend entgegen. „Höre mich, Grliclster!" sagte sic, indem sie sich wie erschöpft auf ein Polster niederstes;. Paul, dcr sich doch ibrcr Hand bemächtigt Halle, ließ sich, dieselbe scstbalteud. zu ihren Füßen nieder und vergrub den Kops in die Fallen ibrcS dunklen ScidcnllcidcS. Trotzdem cs kaum io Ikbr des Morgens, war Frau von Hegcncr bereits vollständig und sehr einfach angcklcidct. „Noch einmal habe ick, gekämpft, gerungen, ich wollte Dich nie Wiedersehen, Paul", begann sie. „Und Du bist uiiicrlegen!" jauchzte er auffahrend, „o sei dafür ianscnkmal gepriesen und geküßt." „Ich bin nuterlcgcn", anlworlete sie, seinen sich nach ihr cinporstreckenkcn Armen ausweichend; „o. noch gestern glaulste ick, als Siegerin auS dem Kampfe hervorgebcn zu können —" „Es war ein Frevel an Dir, an mir", murmelte er zwischen den Zähnen ..Da kam ein Brief von Hcgcner", subr sie, ohne den Zwischenruf zu beachten, »nt halb abgewanklem lUZich» fort, „er kündigt seine Rückkunft an, Allfang der nächste» Woche kann ich ibn erwarten!" „Ick, begrciie", murmelte Paul, nnd in seinen schwarzen Augen stammle es heiß auf. „Dank, tausend Tank, Ge liebte!" „Tn vegreifst! O. ick> danke Dir dafür! D» begreifst, daß ick, Hegcner nicht Wiedersehen, nicht seine Rückkehr in seniem Hause erwarten kann!" L'ctavia hatte sich bei diesen Worte» lebkast erhoben, ihr entging darüber der Anskruck dcr Betroffenheit, dcr sich in Paul Wolren's schönem Gefickte malte; sie wartete auch nickt aus eine Antwort, sondern sprach weiter: „"Als ick, Hegener's Brief gelesen, da wußte ich, daß ich diese kalte Elie mit ihm nickt sorlscycn könne, ich will, ich mag nicht die Fra» des einen Mannes beißen, während Leib »nd Seele sich zu einem andern drängt, an dessen Brust ich erst rum Leben erwacht bin, dcr mich erst gelehrt hat, was Liebe ist. Paul, mein Pygmalion, der mich, die erstarrte Galathca, belebt und erwärmt, Dein ganz allein bin ich, nimm mich bin!" Jetzt war sic es, die sich an seine Brust warf, ihr Gesicht gegen das seine drückte. Er erwiderte ihre Lieb kosungen. fragte aber dazwischen leise: „Was hast Du gcthan?" .,WaS ich mnßtc", antwortcte sic, sich ansrichtend. „Ich habe an Hegcner geschrieben nnd ibm erklärt, das; ich seine Frau nicht länger sein unk nicht länger heißen könne, daß ich sein Hau» beule noch verlasse. Nachdem ich mich so befreit, ries ich Dich zu nur!" „L-clavia, das hast Du gelhan!" Sie wandte sich plötzlich kcriiin nnd blickte il»n scharf ins Gesicht; auS kein Ton dieses "AnSruses mochte sic etwas gekört haben, was sie schmerzlich überraschte. Ihr bleiches Gesicht warb noch bleicher, die weißen Zähne gruben sich lies in die Unterlippe, die Augen schienen größer »nd dunkler zu werden. „Hast Du e» anders erwarlrl?" fragte sie und trat ihm einen Schritt näher. „Nein, nein", stammelle rr in sichtlicher Berwirrnng. „Hast Du geglaubt, ich könne Dich lieben, Dir angrlwrrn und im Hause meines Gatten bleibe»? Seine Fra» beißen, tie Borttieile, welche niir diese Stellung lietet, genießen, ibn betrügen? Hast Du mir die ungeheuere Sckmack, angctba», das von mir zu Kossen, wärest D» fähig, die unwürdige Rolle zu spielen, die ein solche« Ber bältniß Dir anierlegte — kann — dann Kälte ich mich surcklbar in Dir geirrt — dann wären wir auf immer geschieden!" Sie war in ihrem Zorn wunderbar schön. Noch nie batte Paul "Wolken eine solche Leidenschaft für sie empfunden, wie ln diesem "Augenblicke, wo sic gleich einer Rachcgöttin vor il»n stand. Nur mit dcr größten Milbe beherrschte er sich. „Sctavia", sagte er, nach ihrer Hand haschend, „Du hast mich mißverstanden." „Welche andere "Auslegung wäre möglich?" „Kannst Du cs nickt verstehen, daß ich erschrocken bin vor dcr Größe de» TpfcrS, das D» mir bringen willst?" „"Welches Lpfer?" „Deinen Reichst,nm, Dein glänzendes Lehen, Alles, "Alles willst Du tahingel'cn, nm meinetwillen!" „Habe ick. Dir nickt schon weit mehr gegeben; mein Herz, mciiic heiße, grenzenlose Liebe?" fragte sie, schon halb bc- sänsligt; große Tbräueil rannen, Perlen gleich, langsam ihre "Wangen herab, und dann erfaßte sie wieder die Leidenschaft, die Angst, dieser Mann, dcr ihr "Alles war, könne ikr ver loren geben. „Paul, Paul, verlaß mich nickt! Ich kann, ich kann nicht mehr ohne Dick lehr»!" „Nie, nie!" schrie er und drückte sic beiß nnd stürmisch an sich. „"Verkenne mich koch nickt, i?etavia. Du machst mich nnanSsprechltcki glücklich; eS ist ja nur die Sorge nm Dick, was mich erschauern ließ vor der Größe dieses Glücks. Ich kann eS nickt glauben, das; Hegcncr einen Schatz wir Dick, kampflos frei geben wird." Sie läckeltc bitter: „Du senilst ihn schleckt. Nack dein Briese, den ick, ibm geschrieben, gicbt er mich frei, ohne ein "Wort zu vcrlicren. und wird sogar Alles ttmn, nm zu be wirken, daß das Band, welches n»S noch aiieinaiiker fesselt, rccht bald gelöst werde." „Du hast —" „Ich habe iliin Alles cingestandcn »nd ihm erklärt, daß ick, wenn der Bricf in seinc Hände elelangt, sein HauS ver lassen habe» werde lind das geschieht", fügte sic, sich bock attsricklend, Hinz», „aus jeden Fall. Mein Stolz ver bietet mir, bei einem Gallen zu bleiben, dem ich dir Eh« gebrochen habe —" „Octavia!" „Ick, mag nichts bemänteln und beschönigen, ich mag nicht leben i» der Lüge!" snbr sie fort, „heule Abend reis« ich ab — mit Dir vder allein —"
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