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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.02.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930206025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893020602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893020602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-02
- Tag1893-02-06
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Forsten Bebra, Lberjpier, Jecha,Holzengcl u.Slockhauien liutcr den weiteren vor Beginn der Auction belaunt zu machenden Bedingungen össentltch zum Berkaus ausgebotcn. Der vierte Theil der Steigerpreijr ist nach erfolgtem Zuschläge sofort onzuzahlen. kauflustige können die Hölzer unter etwa gewünschter Führung de» belr. Revierbeamtenpersonals vorher besichtigte». Sonsershausen, den 3. Februar 1893. Aürftl. Schvarzb -Lond. Forftamt daselbst. Politische Tagesschaa. * Leipzig, 6. Februar. Der Kelch einer neuen LandwirthschaflS-Partei ist an den Conservativen vorübergegangen. HerrRuprecht- Ransern bat. wie der „Kreuzzeitung" zu entncbmen ist, in einer in Berlin abgehaltene» conservativen Verf'ammsiing darein gewilligt, daß da» Schreien nach socialdemokratischcm Muster durch einen conservativen Agitationsverein anstatt durch eine neue Partei besorgt werde. Ter ucue Berlin soll sich „später" mit dem sogenannten Deutschen Bauernbund, dem Verein der Steuer- und WirthschaftSresormer und dem Eongreß Deutscher Landwirt!,c verschmelzen. Man wird fragen, warum die Bildung eine» neuen Herein» beliebt wurde, da doch drei bereit» bestehende den Wünschen der Gründer so vollkommen entsprechen, daß sie ihren neuen vierten mit denselben zu vereinigen in Aussicht nehmen. Die Antwort ist sehr einfach: Der „Deutsche Bauern bund", der vor Allem in Betracht kommt, ist in seinem wahren Lesen, nämlich als Vorspann für konservative Parteizwrcke, so allgemein erkannt, daß er zur Anlockung nichleouservattver Laadwirthe durchaus untauglich erscheint. AuS diesen, Grunde bedurfte es eines Geschöpfe« von demselben (5barak»er. aber ohne Vergangenheit. Die allerdings sebr durchsichtige Maske, kie ihm die Herren Ruprecht und Gras Limburg-Stirnm vorgebuoden haben, besteht in dem Worte „unpolitisch". Der Herein soll „nur wirthschastliche Fragen in den Kreis der Betrachtung ziehen", „ihm könne jeder Landwirtb ebne Rück sicht darauf beitreten, ob er etwas mehr rechts oder mehr link« stehe". In nicht sebr geschickter, aber dankcnSwcrthcr Leise ist jedoch der Vermummung sofort die Demaökirung «folgt. Herr Ruprecht erklärte, „es solle aus das Ent schiedenste und Lebbaftest: agitirt werden, so daß der Ein- jluß de» Vereins auf die parlamentarische Vertretung rm bedeutender werde", und Graf Limburg bezeichnete rieS Vorhaben als eine „glückliche Idee". Ein nicht- »likischer Verein also, der die Parlamentswahlen, und eor allen Dingen diese, machen will — das ist allerdings t.waS Neue«! Nein, doch nicht so ganz neu. Es bestehen eber bestanden unter dem Socialistenzesetze Rauch-, Kcgel- nnd Scatvcrcine, deren einziger Zweck die sccialdemckralische I Propaganda war. Die Einführung tcS Vereins, der crklärtcr- maßcn zu einer Agitation nach dem Muster der socialtcmo- kralischc» bestimmt ist, geschickt also ebcusallS nach social- dcmokratischcm Vorbild. Der Unterschied ist nur der. daß die unter einem Ausnahmegesetz lebenden Socialdemokratcn dicPolizci bintcrSLicht führen wollten,während die conservatioen Herren die „mehr links" siebenden Bauern zu täuschen die löbliche Absicht habe». Die auf unpolitische»! Wege erreichten Mandate werten sich politisch ebenso gründlich auSnützen lasse», wie die von Gesinnungsgenossen erlangten. Wenn man wirklich nur „wirthschastliche" Fragen in Betracht ziehen lassen will, warum wurde der neue Verein in einem rein conservativen Eonvcntikel zur Welt geschafft? So weit die Namen der Herren, die daS vorbereitende ComilS bilde», der Ocffeiillichkeit bekannt sind, gehören dieselben ausschließlich der conservativen Fractivn an. Und doch ist der Verein unpolitisch! Tie Herren überschätzen offenbar die Naivctät der bäuerlichen Bevölkerung, auf welche Dorfschulen von der Art, wie sie Herr v. Mmnigcrode wünscht, noch nicht haben wirken könncil. Wir konnten bereits in der heutigen Morgennummer mitlbeilen, daß die Herstellung der parlamentarischen Mehrheit im Wiener Abgeordnetenhaus aus Grund des von der Regierung auSgearbcitete», jetzt seinem vollen Wortlaut nach bekannten Programms sich nicht so glatt voll ziehen werde, da zwei der in Betracht kommenden großen Parteien lebhafte Bedenken gegen wesentliche Punete des Programms äußern. Im Club der vereinigten deutschen Linken wurde über daS neue Prvgramm einstimmig eine Resolution gefaßt, die besagt, daß der Club mit Partei gruppen von bisher in den Grundanschauungen gegensätz licher Stellung eine Coalition nicht eingebcn könne. Die Partei billigt die meisten Sätze des neuen Programms, weil sie den grundlegenden Anschauungen der Partei entsprechen, dagegen rufen die wcitergehcndcn Vorbehalte des Programms bezüglich der Rechte der Executive und administrativer Praxis insbesondere aus dem Schulgebiete ernste Bedenken wack. Tie Partei besteht aus einer wirksamen Fortsetzung der böhmischen AnSglcichü- action, insbesondere der.»at,»i»alen Bezirksabgrenzung. Da« Verhalten der Partei gegenüber der Regierung wird wesentlich von der Art der Handhabung de» Programms und dem Geiste der Verwaltung abbängcn. Bei der Bcrathung sach licher Vorlagen wird die Partei sich freie Hand wahren und dabei alle wirtbschastlichen Reformen sördcrn. Im Hohen wartclnb war große Unzufriedenheit, namentlich bei den Sloveucn und Kroaten. Hobenwart tbcilte mit, daß seine Abänkcrungsanträgc keine Berücksichtigung seiienSderNegierung gesunden. Der Club beschloß aus Antrag Hohenwarts ein stimmig folgende Resolution: „Der Elub der Conservativen nimmt daö Programm zur Kenntnis;, bedauert jedoch, die crnslcsle» Bedenken gegen verschiedene Punete auSsprecken zu müssen. Indem sich der Club die volle Freiheit der sachlichen Prüfung der Regierungsvorlagen vorbcbält, findet er dermalen keinen Anlaß, seine bisherige Stellung der Re gierung gegenüber zu ändern." In die Besprechung der Resolution mußte der Minister v. Falkenhayn wiederholt begütigend eingrcifen. Nur im Polenclub zeigte man s größere Bereitwilligkeit, aus daS Verlangen der Regierung einzngcben und rin Antrag de- Grasen Stadnicki, der daS Programm zu liberal sank, aus Ablehnung des Programms, wurde mit 23 gegen 17 Stimmen abgelcbnt. Man wird nun abzuwarten babcn, was aus diesen verschiedenartigen Wünschen und Anschauungen der ausschlaggebenden Parteien heraus kommt. Große Hoffnungen aus eine endlicke Gesundung tcS inneren parteipolitischen Lebens in Lestcrrcich kann man vor der Hand kaum bauen. Tie cgvptische Frage wird nach wie vor in den ver schiedenen Brennpuncten der europäischen Polilik ans das Eifrigste discuürt. Insonderheit kann man darüber in London sowohl, wie in Paris und Konstantinopel noch nickt zur Rübe kommen. Der ehemalige englische Umcr- staatöseerctair der Auswärtigen Angelegenheiten, Sir CbarlcS Dille, beabsichtigt, cinigc Ertlärungcn im englischen Parlament über diese» Gegenstand berbciznsübren. Cr will die Ausmcrlsamkcil auf die wiederholten Vcrsickcrniigen verschiedener englischer Cabinctc lenke» und eine Adresse an die Königin im Sinne der Wiederaufnahme der Unterhandlungen vom Iakre 1887 (cS bandelte sich um die Convention Drummond Wolfs) bcbuss Neulralisirung EgnpicnS dcantragen. Wenn diese Neutralisirung sich mir der Zustimmung dereuropäisckenMächte vollzieht— und ander» kann dieselbe überhaupt nickt cintrelen —, so werde England sich der Dauer des auf diese Weise zu schaffenden Zustandes versickert ballen könne» und in die Lage komme», seine Truppen in einer der Billigkeit entsprechenden Frist aus dem Nitlante zurückznziebcn. In de» Pariser politischen Kreisen wird betont, daß die Unterhandlungen und Proleslc Frankreichs in dieser Angelegenheit zu keinerlei greifbarem Resultat ge führt baden und man weist auf die Aciißernng Lord Salis bury'» bin, das; die gegenwärtigen Umstände cS England nicht gestatten, Versprechungen cinzulöscn, die unter andere» Voraussetzungen gemacht worden sind. Es wird die Frage anfgeworsc», ob eS nicht angesichts der Fruchtlosigkeit der bisherigen Proteste an der Zeit wäre, irgend welche Actione» zu unternehmen. Unter Anderem wird, wie die „Magdcb. Ztg meldet, dioEventualität der Besetzung tcS in der Meerenge von Bab-el-Mandcb gegenüber der Insel Perim gelegenen Caps Sche kb-Said besprochen, eine Stellung, welche höher liegt, als Perim und Letzteres beherrscht. Eine aus Schcikb Said placirte Batterie würde die auf Perim befindlichen englische-i Kanonen bald zum Schweigen bringen können. Schcikh-Sait, welches seitens Frankreichs im Jahre 1868 durch einen Vertrag mit dem arabischen Führer Ali durch Geld er worben worden ist, kann als der eigentliche Schlüssel des Rotlic» Meere» angesebe» werden Schon unter dem Cabinet IulcS Ferry's war von der Besetzung dieses PunclcS die Rede. Frankreich hat jedoch diese Maßregel unterlassen, um England keine Ulianncbmlichkcit zu bereite»; jetzt brauchte man aber, wie in manchen Pariser Kreisen betont wirb, au England in diesem Punete keine Rücksicht mehr zu nehmen Wenn England Egvpten in Händen hält, nm die Sicherheit im Rothe» Meere zu garanliren und die Straße nach Indien zu beherrsche», so könne sich Frankreich in Schcikh-Said scsi setzen, um Liefe Straße unter seine Kanonen zu stellen. Ten Deutschen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, namentlich da, wo sic im Slanke sind, durch ihre numerische Stärke einen maßgebenden Einfluß auSzuübcn gebührt thcilweise das Verdienst, ras; sic mit der vorhandenen Mißwirtbschaft aufräumcii und an Stelle der bestehenden chädeii die den Anschauungen ihres deutschen Hcimathlandc« entsprechende» Einrichtunge» entführen. In dieser Weise gehen jetzt die Deutschen im Staate WiSconsin vor. Wie sie vor zwei Jahren den Widerruf des den deutschen Kircken- unk Privatschulen Verderben drohenden BennettgcscyeS durchsetzlen, so ist eS ibm jetzt gelungen, einer durch nichts als daö Herkommen und den politischen Schlendrian ge heiligten Unsitte ei» Ende zu bereiten. Nickt »ur in Wis consin, sondern auch in mehreren anderen Staaten der Union heanspruchlcn bisher die Staatsschatzmeister das Recht, die Zinsen von den Staatsgeldein für sich zu ziehen, denn — so argumentirtc man — das Verhältnis; zwischen dem Staat und dessen Finaiizmiiiister sei da» eines Gläubigers zu seinem Schuldner, also habe der Letztere an den Staat nickt mehr abzulicscrn. als den Betrag der auS öffentlichen Einnahme» erzielte» Summe. Die Zinsen von öffentlichen Geldern kämen dem SlaatSschatzmcislcr zu als Acquivalenl für die höbe Bürgschaft, welche derselbe für die Verwaltung »»d Ablieferung der StaatSgelder zu stellen bade. In Folge der Geltung dieser sonderbaren Theorie war das Amt de» SlaaiSschatzmeisterS das cinträgsichste und begehrteste. Freilich wurde dem Beamten von seiner sieg reichen Partei auch eine ordentliche Steuer auferlegt, indem er einen Tbcil seiner Einnahme in den Wableampagne-FondS ein- zablcn mußte. Der demokratische Gouverneur Pcck von Wis consin war der erste, der gegen diesen Brauch austrat. Gegen die beiden letzten SraatSschatznicistcr Harschaw und Pie Fetritge wurde ei» Proces; aus Rückerslatlung der widerrechtlich ein- genonimene» Zinse» angestrengt und in diese» Tage» gewonnen. Tie Entscheidung tcS Gerichtes verwirft die l'iSherige Theorie und stellt de» Grundsatz aus, daß SlaatSschatznicistcr nicht Scl'iiltncr de» Staate» sind, sondern Verwalter seines Ver mögens, ans dessen Erträgnisse sie keine» Anspruch erbeben können. Natürlich tverdcn die Vorgänger der beiden ge- nannlen Angeklagten durch die Entscheidung mit betroffen, soweit sie fick nicht ans Verjährung berufen können, ^cm Staat WiSconsin erwächst daraus eine Einnahme von über zwei Millionen Mark- Der Gouverneur von xlllinoiö, Altgcld (gebürtig auS Selter» in Hessen), der am >«> Januar in sei» Amt eingesührt wurde, macht in seiner AntrittSbolschast die Legislatur ebensall« aus diesen Mißbrauch ausmctksam, sv das; zu hoffen ist. daß daS in Wisconsin gegebene Beispiel auch in anderen Staate» Nach ahmung finden wird. Deutsches Reich. 88 Vrrli». 5. Februar. Die Militai reo in Mission trat am I I. Januar zusammen und bat scilbcr im Ganzen acht Sitznngc» adgebaltc», wovon siebe» allein durch die Gencralkebaltc beansprucht wurden. In der achten Sitzung begann dann zwar formell die SpccialbiScussion, doch rbat- sächlich gestaltete sich auch diese Verhandlung neck zu einer Fortsetzung der allgemeinen Besprechung, welche sich aller dings weniger auf die niililairischc» G>'iichrspu»ele, als aus die sinanzpolitische Seile der beiden Militairvorlagen unv aus die drei Slcncrvorlagen crstrccklc, welche die durch das Militairgcsetz er so» de» lick werdenden Mehrkosten anszuhringen bestimmt sink. Bekanntlich war das Ergebniß der letzten Cominissionssitzung die Einsetzung einer Subcomniissivn, welche den Auftrag erhielt, eine Reihe durch den Abg. Feurlletsn. Der Sonderling. lj Roman von P. FrlSberg. ^ Nachdruck verletm. Es war auf einer kleinen Eisenbahnstation; der Schnellzug fielt nur fünf Minuten, in welchen die neu hinzukommenden Passagiere sich beeilten, einen möglichst guten Platz zu gewinnen. Am schwersten schien cS drei Damen zu werten, die ge wünschten Plätze zu erhalten, da alle Damencoupös voll besetzt waren. Der Schaffner zuckte bedauernd die Schultern und stellte e- ihnen anheim, eine Abthcilung für Nichtraucher zu benutzen, in welcher sich noch reichlich Platz bot. Die Zeit drängte. Mühsam nur, aus Mutter und Schwester gestützt, bewegte sich ein schlankes Mädchen vorwärts. „Guten Tag, Frau Baronin," rief ein älterer Herr den Damen entgegen, „bitte, hier ist noch vollauf Platz; darf ich (ihnen Helsen? Arme Rosa, noch immer nicht besser?" „O, Herr von Werden, ich danke Ihnen, Sic sind zu Mg —", erwiderte Baronin von Felde», als Werden schnell kr» Coup» verließ, um den Damen behilflich zu sein, welche er so herzlich begrüßte. In demselben Coup6 saß nur noch ein Herr, und die Damen, namentlich die Kranke, konnten eS sich bequem machen. „Ist der Fuß noch immer nicht besser ?" forschte Herr von Werden. Traurig schüttelte daS junge Mädchen den seinen Kops unt dem schönen braunen Haar; ihre Augenlider senkten sich, und um den kleinen rosigen Mund zuckte eS, als sie erwiderte: »Er wird eS wobl nie mehr." „Doch, dock, Rosa", beschwichtigte die Mutter und schlang t:n Arm um ihr leidendes Kind. Währenddessen batte die andere junge Dame, die Schwester trr Kranken, daS Handgepäck untergebrachk, und der stille Reisende in der gegenüberliegenden Ecke des CoupöS hatte reichlich Gelegenheit, die .herrliche Gestalt derselben zu bc winbern, die in dem rng anliegenden grauen Reiseklcid zur rsllsten Geltung kam. Jede Bewegung vcrricth die edlen, stelzen Formen, die üppige Iugendfüllc und ruhige, vornehme Erazie. Er konnte den Blick nicht loSrcißcn von den« schönen Antlitz, von der üppigen, rötblich glänzenden Lockensülle, dem schlanken, schneeweißen Hals, Len so stolz und rukig blickenden Augen, die eine Secunde nur den Fremden gestreift mit ihrem kalten Strahl. Er wandte sich gewaltsam ab ron dem schönen, stolzen Deibe, da- nur mit einem leichten Neigen des KorscS und einem halben Lächeln den Freund ihrer Familie begrüßte. Er wollte nicht zudringlich sein und vertiefte sich anscheinend in eine Lcctüre, die neben ihm lag, und zu der er unwillkürlich griff, als der stolze Blick in traf. Mit Spannung lauschte der Fremde aus die Untcrbaltung, welche hauptsächlich von der älteren Dame und ihrem Bekannten in leisem Tone geführt wurde, und nur seinem scharfen Gehör verdankte er eS, daß ihm kein Wort entging. „Ja, bester Herr von Werden, wir sind nun wieder Nach barn, hoffentlich gute, wie früher, nicht wahr?" kam cS beinahe bittend von den Lippen der Baronin. „Trene Freunde! Können Sie zweifeln an mir und meiner Frau? Ich denke, wir kennen u»S gut genug, und wahrhaftig, ich zürne Ihnen, daß Sie bei mir vorüberfabren wollen und meine Gastfreundschaft verschmähen, so lange bis daS alte Nest wohnlich gemacht ist." „Werden, ich danke Ihnen," sprach die Baronin und reichte eine schmale, blasse Hand ihrem Gegenüber, die dieser an seine Lippen führte. „Ein Freund in der Noth, das tbut wohl; der Gedanke allein genügt, Schwierigkeiten zu be kämpfen. Wir werden rinS einzurichten lernen; nur Rosa, meine arme Rosa macht mir Sorgen." „Nicht dock, Mütterchen", meinte die Kranke und lehnte ihr Köpfchen an die Schulter der Mutier. „Wir werden unS auch daran gewöhnen müssen, daß ich nun einmal flügel lahm bin. Ich will cS ja zufrieden sein, aber Du, Liebste, darfst mich nicht immer bedauern." „Mein kleiner lahmer Vogel", schmeichelte die Baronin leise. „Gicht der Arzt denn jede Hoffnung aus?" fragte Herr von Werden. „Nickt jede", erwiderte die Mutier der Kranken, „aber vor Allem gilt eS, den Körper zu kräftigen. Vielleicht, daß dann durch eine Operation daS Ucbcl gehoben wird. Reine, frische Landlust und gute Pflege, da» fehlt meiner Rosa jetzt, und das soll sie haben. Leider ängstigt mich nur, daß nicht ein Arzt in rer Nähe wohnt." „Ja, ja, das ist eine reckte Calamität in Felben und seiner Umgehung. Es hält sich kein Arzt dort, dir Leute sind zu arni, uin zahlen zu können; so kommt cS, daß immer nach ein bi» zwei Iabren die Aerzle daS Dorf verlassen, um sich lohnendere Praxis zu suchen." „Früher war cS anders, als die Schönhnrg'S ihr Schloß noch bewohnten. Wo steckt denn der Majoratsberr, der sich gar nicht »m sein Stammschloß kümmert?" „DaS ist unS Allen ein Rätbsel, theuerste Baronin: er soll ein sonderbarer Mensch geworden sein, eine Art Menschen feind, der rubeloS die Welt turckschwcist", erwiderte Werten. „Er ,st nicht mehr ganz jung; ich glaube. eS wäre Zeit für ihn, daran zu denken, sich eine Gemahlin zu suche», sonst fällt da» Majorat an seinen Neffen, den tollen Scköndurg, der bald genug nnler Curatel gestellt werden müßte." „Mein Gott, Mama, Schönburg ist noch jung genug, um sich ändern »n können", ließ sich plötzlich die schöne stolze Tochter der Baronin vernehmen „Ich kenne Deine Vorliebe für ihn, Gclrud", lächelte die Baronin. „Bille, Mama, cS ist durchaus nickt die»; aber ich finde cS nicht so schrecklich, wenn ei» junger Lssicier sein Lebe» genießt. Er ist ein schöner Mann, ei» liebenswürdiger Cavalier, er wird verhätschelt im Salon, von seinen Kameraden, er liebt eS. der Held beS Tages zu sein, und bat ein Reckt dazu, ick verstehe ihn ganz gut." Die offene, sreimiitkigc Ver tbeidigung zog der jungen Dame einen mißbilligendeii Blick ihrer Mutter z», welche nicht ohne Bedeutung zu dem Fremde» hinüber blickte, der jedoch keinen Blick von seinem Buche hob. „Wirklich, Fräulein Gcrtrud, Ihr Interesse scheint groß zu sein", neckte gutinütbig Werten. „O. Sie kennen meine Schwester nickt", lachte Rosa leise dazwischen, „sic wird stets Jedermann vertbeibigen, von dem sie UebleS sprechen hört, darin ist sic groß; ich nenne sic stets den Anwalt der Verleumdeten. Aber hier, wo es sich um Schönburg bandelt, würde ich Mama recht geben." „Aber Kinder, ick bitte Euch, kein Wortgefecht!" mahnte die Baronin mit einem ernsten Blick aus Gertrud, als diese etwa» erwidern wollte. ES lag ein klein wenig Ironie in der Art, niit welcher Rosa Felde» daS Lob ihrer Schwester aussprach. Der Frcnide Hörle eS wobl heran» und Lackte bei sich, welche von de» beiden Schwestern die bessere sei» könne. Forschend flog sein Blick über da» bleiche, anmulhigc Gefickt der Kranke», bastele ans dem süßen Mund, als er sich znm Sprechen bewegte und leise Grübchen nm ibn zuckte», erhaschte einen der zärtliche» Blicke der großen strahlenden Augen, die blau wie c». Sec, in dein der Himmel sich spiegelt, zu ibm kerübcrleuchteten. Sic war noch sehr jung, wobl siebzehn Jahre alt, aber in dem Blicke ihrer Augen lag eine Tiefe, wie er sie nur bei gereisten, denkenden Frauen gesunden batte. „Schade", Lackte er, und sein mitleidsvoller Blick priisle die zarte gebrechliche Gestalt, die i» der Ecke kauerte wie ei» flügellahmer kleiner Vogel cder wie eine geknickte Blume, und unwillkürlich dachte er weiter: „Arme Rose!" „Also wirklich — Sic wollen weiter fahren, unS nicht die Freude gönnen, unter nnserem Tacke einige Wecken z» ver bringen, bi» alles da drüben in Ordnung ist?" fragte noch mals Werden, und aus seinem gulmülbigen Gesicht war deut sich genug daS Bedauern zu bemerken, welches er empfand. „Danke, danke, bester Werden, wir kommen bald, wobl schon Sonnlag, um dann einen eianzen Tag bei Ihnen zu ver bringen. Tausend herzliche Grüße an Ihre liebe Gattin —" Der Zug hielt, Herr vo» Werten stiea au» nach herr lichem Händcdrücken und den besten Wünschen für die drei Damen. Schweigend begann nack einiger Zeit Gertrud da» Hand gepäck ;» vrdncn »nt zum AuSstcigcn sich zu rüsten. Ei» schwerer Albemzug, der wie ein Seufzer klang, hob dabei die Brust de» schönen Mädchens; sie ging nickt gern in das alle Nest zurück, das sic als Kind zuletzt gesehen, nnd das jetzt i» der Erinnerung keinen Reiz für sie balle. Sic, die stolze, Vielbewunkerte, wollte anderes, wollte in der Welt leben unter Menschen, die ihr huldigten, und empfand cS als ein Unglück, in da» arniscsigc, stille Dörfchen zuriickznkcbrc», in dem ein kleine», verwahrlostes Gut ihr beständiges Heim fein sollte. Und dock war in der Hanpfstadt ihre» Bleiben» nickt länger; das wußte sic gut genug. Der letzte Rest eines großen Vermögen» war dnrck de» Ban'erolt eines Hauses, das seit einem Men'chenalicr die Geldgeschäfte der Felde»« besorgt halte, verloren gegangen. Euic kleine Rente vo» bei» Gute in Felten, daS zum Tbcil verpachtet war, blieb noch, dazu da» alle Herrenhaus mit seinem aller'.hiiinlichcn HanSraih, seinen hoben Zimmern mit den weis; gciünchlen Wänden, den blank gescheuerten Dielen unk den Fenstern mit winzig kleinen Scheiben Alle» ländlich, alt modisch. ohne den Coinsort und LuruS, an den Gertrud Felde» cicwöbnt war wie an elwa», da» sich von selbst ver siebt ^ie grollte dem strengen Vormund, der eS so an- geordncl, und der Mutter, das; sic nachgegcbcn, das; sic nicht alle Mittel daran gewandt, in der Residenz weiter zu leben, da» schöne, berauschcndc Lebe», in dem sic geflattert von Fest zu Fest, sie, die Begehrteste nnb Schönste vo» allen. Wie anders war cs geworden, seil sic arm war. Sic huldigten ihr noch, doch nicht wie srüher : sie empsand den seine» Unter schied zwischen dem ernsten Werben uin Herz und Hand und der nur ihrer Schönheit gezellten Bewunderung. Im Geist zog manches Männeranlliy a» ihrem Auge vorüber; sic balle wählen könne», jetzt war eS zu spät. Nickt einer von alle» batte sie geliebt um ihrer selbst willen. Tech, doch — einer! Aber er war arm wie sie, »nd sic Halle bedauernd die Achsel gczuckl, als er cS ihr gestand, als er bat, sic möchte warten aus ihn, bis er ihr mehr biete» könnte als sein liebendes Herz. Eine Hütte nnd ein Herz, daS war nicht» für sic, »ein, das kennte sic noch immer baden; dazu brauchte sic nickt mit ihren neunzehn Iabren noch zebn Iabrc zu warten, bis er endlich kam, fick seine treue alle Braut zu holen. (Fortjetzung folgt.)
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