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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.03.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930306016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893030601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893030601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-03
- Tag1893-03-06
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1586 Erfüllung,gebracht. — Die au« vrrschiedrnen Th«il«n de« Bezirke« und dem Gebiete der sächsischen Schweiz eintreffenden Meldungen besagen, daß der am grslrigrn Bußtag ausartretear Schneesturm mit ganz außerordentlicher Hesligkeit sein Wesen trieb, so daß der Berkehr auf Straßen und Wegen oft vollständig unterbrochen wurde. Große Hinderniffe er- aabcn sich ferner noch für die Elbs chisffahrt, in welcher Beziehung auch von Havarien berichtet wird. Heute Vor mittag ist ferner in der Nähe de« Revision-platzeS Krippen ein mit 13? Wagen Braunkohlen beladener Schleppkahn aus Grund gegangen. Musik. Neues Theater. Letptt«, 8. März. Die Zusammenstellung von zwei so himmelweit verschiedenen Opern wie Lorying » „Opernprobe" und Carl Schröder'« „Asket* läßt sich nur au« dem Grund sätze rechtfertigen, daß auch gegensätzliche Wirkungen sich er gänzen. Beide Werke haben avsolut nicht« gemein, und ein Bergleich ließe sich nur an gewissen Fehlern ermöglichen: beide leiden an Uebertreibungen ibre« Grundcharakter«; Lortzina'S Oper verfällt in ihrer Komik in einen sorcirten Ton, Schröder « Werk gefällt sich im Urbertrumpfrn allc« defsen, wa« wir bisher an realistischer Wirkung auf der Oprrnbühue gesehen Beide Werke greifen, um ihre Zwecke zu erreichen, nach ungewohnten Mitteln: in der „Opernprobe" ist alles so musikalisch, daß der Himmel voller Geigen bängt und die Kammerzofe zum Kapellmeister avancirt, bei Schröder ist die Stimmung so tragisch, daß selbst der Himmel mit ge waltiger Stimme mitpredigl — Blitz und Donner, ein furcht barer Sturm der Natur sind die Begleiter der Borgänge auf der Bühne. Die Grundverschiedeuheit beider Werke macht eine Sondrrbetrachtunz nöthig. Die „Opernprobe" ist rin echter Lortzina: das Werk schließt sich den rein komischen Opern deS Meister-, „Die beiden Schützen" und der Meisterthat de- „Wildschütz", eng an. Nirgends kommt jene rührselige Stimmung zum Borschein, welche so stillos oft die andere» Werke beherrscht und in der „Undine" in Krankhaftigkeit auSartet. Die Laune de« Componisten ist durch kein Wölkchen am Himmel seiner Stimmung getrübt, alle« ist eitel Lust und Freude, Scherz und Vergnügen. Die Handlung ist ein wenig un wahrscheinlich. Ein musikalischer Gras ist zwar beute nicht mehr ausfällig, heute, wo die Musik als Modekunst ibre Macht bi« an die Throne erstreckt, aber, daß rin Gras sein Dienstpersonal zu einem regulären Orchester beranzieht, sein« Köchin zum Paukenvirtuvsen, sein Stubenmädchen zum Fagottblaser, seinen Kutscher zum Flötisten, seinen Kammer- diener zum Concertmeister und endlich die Zofe zum Hof- capellmcister macht, da« ist wohl kaum je dagewesen. In diese musikalische Welt tritt ein Baron, der einer Con- venienzheiralh entfliehen will, der ihm zugedachten Braut aber direct in die Arme läuft, in die Arme der Tochter unseres Grafen. Auch das ist recht unwahrscheinlich: sollte der Herr Baron wirklich nicht zunächst nach dem Namen des Schloßbesitzer« fragen, auf dessen Besitzung e« ihm so wohl gefällt? Bon diesen Bedenken abgesehen ist aber die Handlung recht lustig und wird von einer Musik eingerahmt, die an Ursprünglichkeit nichts den berühmtesten Werken deS Meister« zurückstevr. in Feinheit aber die meisten übrrtrifft Diese Bekanntschaft mußte Jedem ebenso große Freude bereiten, als die wirklich gute Ausführung. Das gräfliche Paar wurde durch Herrn Knüpfer und Frau Duncan-Chamber« auSge zeichnet repräsentier. Herr Knüpfer verstand e« sogar, der etwa- spröden Rollt rin charakteristische- Gepräge zu ver leihen. Sehr anmuthig und mit verständiger Deklamation führte Frl. Gronau die Rolle der jungen Gräfin durch, in Frl. Kernic die beste Unterstützung findend. Würde diese« Kammerzöschen sich einer besseren, deutlichen Aussprache im Dialog befleißigen, so wäre ,hre Leistung sehr amüsant; die Tactschlägerei gelang ihr vorzüglich und ebenso allerliebst wußte sie ibr musikalisches lieber» gewicht gegenüber der anderen Dienerschaft geltend zu machen. Aber nochmal«: da« nächste Mal deutlicher sprechen! Die Herren Marion und Franck schufen köstliche Gestalten, würdig der berühmten Lortzinggalerie. Während Herr Marion, unser brillanter Lortzingdarsteller, mehr nach Seiten der Feinheit wirkte, verfolgte Herr Franck mit erstaunlicher Wirkung seiuen Grundsatz, alle« so drastisch wir möglich zu gestalten — wirkungsvoller kann man den Johann nicht dar stellen, als eS unser trefflicher Komiker thut; Herr Neldel ge nügtr als alter Baron Reinthal. Herr Eapellmeister Porst gab den Musikstücken die flotteste Bewegung und damit der Oper ihre charakteristische Eigenart. Schröder'« „AS^et" ist insofern von höchstem Interesse al» die deutsche Oper der Gegenwart mit dem Werke den ersten erfolgreichen bedeutungsvollen Schritt auf da« Gebiet jener Realistik thut, welche der jung-italienischen Schul» so stauncnSwertbe äußere Erfolge embrachte. Schröder wäre ganz der Mann und Musiker, e« seinen italienischen College» gleich zu lbun, Härle er nur ein andere« Sujet gewählt al« da- grauenhafte seine» Asketen. Daß in Opern die Helden am Wunsche de« Dichter« dahinsterben wie di» Fliegen, sind wir schon vom „Troubadour" her gewöhnt; e« kam mir sogar einmal eine Oper in den Weg, ui der am Schluffe kein lebende« Wesen überblieb, nicht einmal eine Opernmau«, denn die ganze Herrlichkeit verschwand unter einer furcht baren Fluth de» Meere«. Aber der Mord de- Novizen an seinem Prior ist doch gar zu roh und dann unmittelbar die Balletscenel Der Zuschauer weiß, daß im Gebüsch die Leiche de« armen Opfer« liegt und muß sich den Freuden einer Balletmusik mit obligatem Tanz hiageben. Konnte nicht da« musikalische Gefühl des Componisten diesen jedem mensch lichen Empfinden Hohn sprechenden Widerspruch beseitigen? Dem Sujet fehlt e« vor allem an einem Conflict, Mindesten« sü, protestantische Lander. Daß rin Priester nicht dxm ungrartesten aller Gefühle, al« einem Fingerzeige Gotte« und der Natur, folgen soll, verstehen wir nun einmal nicht. Für uns ist Manuel kein Schuldiger, wenn er Isabella liebt. Da« Ganze kommt au« der Farbe de« Abenteuerlichen nicht berau«, >um Schaden de« Musiker«, der eia eminente« Geschick in musikalischer Seelenmalerei bekundet. Wäre der Priesterrock nicht da und da« Kloster nicht aus der Bühne, so würden wir die Seelenconflicte viel bester versieben, denn die erst« Leidenschaft, welche au« Manuel« Handlungsweise spricht, wird durch den Umhang der Priesterwürde nur in ihren Aeußerungen gehindert. Di» Scenen sind sonst geschickt aus- »baut und übersichtlich geordnet, rin Beweis, daß auch der Textdichter bemüht war. Werthvolle« hervorzubriugen. Die Musik hat vor Allem den Borzug. wirklich dramatisch zu sein, d. h. sie schließt sich aus« Natürlichste der Vorgänge aus der Bühne an, wächst gleichsam au« ihnen hervor. Der Compouist verbindet in glücklicher Weise den alten Opernstil mit den Anforderungen einer sinngemäßen Declamation; wenn er nicht vom Cbor »n alten Stil «blassen kann, so bat seine DeclainationderGolopartitudagegensrhrvielSchwungundLeben, ene« Feuer, welche« allein dem dramatischen Talente eigen ist. von auSgezeichncterScböndeit ist da« große Duett,besten schwung volle Linien noch viel bester ohne die Zugabe de« Theater- lewitter« wirken würden. Dir Stimmung wird ja durch die« kfsectmittrl sehr charakteristisch, di« Schönheit der Musik leidet aber sehr unter diesem Zuviel scenischer Hilsrmittel. Ueberbaupt mußte der Eomponist nach Manuel « Schauerlhat den Text dichter zum Ende drängen — dir ganze HochzritSacschichte mit ihrem lustigen Geklingel ist überflüssig; die Wirkung würde beim schnellen Uebergehen dieser Nebensachen eine viel nachdrücklichere sein. Daß Herr Schröder da« Orchester in seltener Weise beherrscht, ist bei seiner Eapellmeistrr-Routine selbstverständlich. Er findet für Alle« dir richtige Orckrster- farbe und selbst sein Gewitter hat musikalisch etwa« Eigen artige«. Sehr fein geformt sind die Chöre, in denen glück licherweise einmal wieder der Wohlklang da« bestimmende Princip ist. Dem Publicum schien dir Bekanntschaft mit dem vorzüglichen Musiker eine sehr ersreulicde zu sein, denn c« spendete lebhaften Beifall, der einen wahrhaften Erfolg in sich schloß. Möge derselbe den Componisten zu weiteren, echt künstlerischen Thaten begeistern! Die Ausführung hat siäicr keinen Wunsch de« Componisten unbefriedigt gelassen. Fräulein D o pa t war ganz da» leiden- schastlichc, verführerische Weib, welche« die starken Grund sätze der Priester in« Wanken zu bringen vermag. Herr de Gr ach fand sowohl für den Ausdruck pricsterlicher Ent sagung, al« für die stürmische weltliche Leidenschaft de» richtigen Ton, bot auch schauspielerisch eine treffliche Leistung Würdig in Ton und Geberde verkörperte Herr Witte köpf den Anselmu«, nicht ohne seine Begabung zu feiner Charakteristik von Neuem in glänzende Beleuchtung zu rücken. Fräulein Beuer genügte als Eusemia, lebendig und frisch faßte Fräulein Kernic ihre hübsche Ausgabe al« Sabina an. HcrrKnüpfrr bat al« Ramiro nur wenige Worte z» sagen, schritt aber stolz wie ein erster Grande über die Bühne. Herr Neldel endlich verkündete die Absolution de» Papste« mit der nötbigen Salbung de« Tone«. Der Componisl hatte im Regisseur (wohl Herrn Goldbera?) einen brave» Helfer gesunden, der ihm sein Werk wesentlich erleichterte; Herr Schröder dirigirte selbst mit dem ihm eigenen Geschick. Der Erfolg beider Opern war der freundlichste. M. Krause. * Leipzig, «März. Inder neuen Halle des Kryst all Palastes findet am Donnerstag, den 9. März cr., ein Wagner-Abend statt. Da« Orchester bildet die vollzählige Capelle de« 8. Infanterie-Regiment« Nr. i07 unter persön licher Leitung de« königl. Mustkdirector« Herrn C- Walther. Ein auSgewrhllc« Programm liegt diesem Cvncert zu Grunde, und ist der zweite Theil dem Andenken deS Kaisers Wilhelm 1. gewidmet. Da« Concert beginnt um 8 Uyr. L Ptrna, 4. März. Nach längerer Pause bot sich gestern den Musikfreunden unserer Elbstadt wieder einmal «tn größere« Kirchen- Loncert, dessen reichhaltige» Programm durch di« herrlichen Leistanarn de» Lrgelvirluojen Han« Fährmann aus Dresden dos größte Interesse erhielt. Er erbaute die Hörer mit Bach s hoheilsvoUer 0 woll-Fuge, der sich später Mendtl-Iobii-Borlholdy's schone ^moll- Sonate anrethte, »nährend da« Trompctercorps de» hiesigen Artillerie- Regiments da« Vorspiel zu Wagner'« „Parsisat" lobenswerth zur Autsührung bracht» Den gesanglichen Theil, der u. A. Mozart s ,,X<snu« Hei" tn sich schloß, vertrat gräul. Elisabeth Bieber, die begabt« Tochter unsere» Stodtcaator». * Frau PauUne Metzler brachte lm siebenten Eoncerte der Harmonle-Gesellschast zu Magdeburg unter Anderm dt« Romanze de- Pagen: ,.E« hat verlassen sein schönes Weib — der juna« König Harold'^ an« der Oder König Manfred" von unserem Leipziger Metstee Earl Neiaeck« uutee großem vetsall zu »«hör. «irr gethan. »Menschenhaß und Reue" ist doch ganz «in Stück ä In „Cameliendame" — e» wurde ja auch damals in« französische übersetzt und an Pariser Bühnen aufg,führt, wa« neuerdings keinem deutschen Stücke passirt ist, während wir uns jetzt von den Brosamen nähren, die von der Tafel der Pariser Dramatik fallen. Wir plaidircn durchaus nicht für eine Wiederauferstehung de« Kotzebue'schen Geniu« auf unseren Bühnen, wir meinen nur, wa« dem Einen recht ist, da« ist dem Anderen billig, und wenn man Kotzebne verurtheilt, so muß man einen großen Theil der neusranzösischen und neu- deutschen Dramatik mit in seinen Sündenfall verwickeln. „Die beiden Kling-berg", so wenig erquicklich der Grund gedanke ist, daß sich Batrr und Sohn mit ihren Liebes abenteuern fortwährend in- Gehege kommen, bewahrten doch ihren Luftspirlcharakter dadurch, daß der alte galante Herr überall abgewicsrn und geprellt wird. Dagegen kann doch auch ein gestrenger Sittenrichter nichts einzuwendc» haben. Und der junge Wildfana schließt gar eine Ehe au- Liebe. PaS den allen Kling-berg Friedrich Hasse'« betrifft, o ist derselbe ein anerkannte« Eabinet-stück, welche« auch gestern eine durchschlagende Wirkung au«übte, die indeß mit lauter feinen, niemals aufdringlichen Mitteln der Darstellung erreicht wird. Dieser Kling-berg ist jeder Zoll ein Gentle man der altcn Schule, dem man die galanten Abenteuer um o lieber verzeiht, al« sie ja im Berlaufe de« Stücke» alle erfolg- o« bleiben. Friedrich Hasse'« Talent hat schon manche.todl- zrborcurn Stücke galvauisirt; „Die beiden Kling-berg" tragen indeß noch eine gewisse Lebensfähigkeit in sich selbst; denn auch die ankeren Rollen sind nicht undankbar für dir Dar- teller: so der junge Rou« Graf Adolf, der wenigsten- nicht« BlasirteS hat, wie die Wüstlinge neuesten Datums, und welchen Herr Hänseler recht frisch und munter spielte, die Gräfin Woellwarth, die ihre» Bruder in so ergötzlicher Weise hinters Licht führt und welche Frau Hrrmany-Benedix als eine noch immer lebenslustige Frau darstellle, die schwatz hafte und eingebildete Frau Wünschet, welcher Frl. Bnse alle Eigenschaften einer alten Plaudertasche gab. Die ernsteren Rollen sind unbedeutender; die jungen Damen tragen gleichmäßig tugendhafte Entrüstung zur Schau, wobei Frl. Mancke als Amalie Friedberg eine fast tragische Kraft entwickelte, während Frl. HeinSborff als Henrielle sich mehr in der Lustspiclsphäre hielt. Herr Geidner als Lieutenant von Stein hatte eine reservirte ritterliche Haltung. Die Slasiageflguren, der Krautmann (Herr Kraule), der Schwalbenschweif (Herr Müller), die Ernestine (Fräulein von Romberg), da« Dienstmädchen (Frl. Sandow) waren in guten Händen. Die Berliner Tbeateragenturen hätten, wenn da« Stück ihrem Berlag angehörte und von Scbönthan oder Dlnmenlhal herrührlc, von einem „sensationellen Erfolg" berichten können. Rudolf von Gott schall. Altes Theater. Leipzig. 5. März. Gegenwärtig werden nur sehr wenige Stücke Kotzebue'S gegeben, auch die „Beiden Kling«, berg" wohl nur, wen» Friedrich Haase aus seinen Gaff reisen den alten Kling-berg spielt, wie die« auch gestern der Fall war. In den Kotzebue'schen Dramen ist ja Viele« ver altet; aber e« sind in neuester Zeit auch viele Rücksichten fortgefallen, um derentwillen diese Stücke aus den Index ge setzt worden sind. Kotzebue schreibt einen flotten dramatischen Stil, dessen Lockerheit und Flüchtigkeit von den ernsteren Lileraturrichtungen mit Acht und Bann belegt wurde — aber schreiben den« di» Dichter unserer neuesten Lustspiel schwinke nicht ebenso? Und wenn man lange Zeit Uber die Uomoralität der Kotzebue'schen Dramen die Achseln zuckte — beutzutage, nachdem die neusranzösischen Stücke und ihre Nachdichtungen bei uo« heimisch geworden, ist r- nicht mehr an der Zeit, Kotzebue unbesehen« in- Feuer zu werfen, wie r« einst die Studenten mit seinen Schriften bei der Wartburg Gerichtsverhandlungen. Königliche» Landgericht. Strafkammer II. V. Leipzig, 4. März. I. Der im Jahr« 1856 geborene Schlosser Maximilian August Kotte gehört zu der Kategorie von Dieben, welche als unverbesserlich angesehen werden müssen. Er bat in den letzten Jahren die Freiheit nur als eine verhältnißmäßig kurze Unierbrcchung seiner Gesangiiiß- unv Zuchthausstrafen betrachten müssen. Eine bessernde Wirkung haben dieselben freilich nicht auf ihn auszuübe» vermocht, Len» er hat sich bereits wieder einmal wegen im wiederholte» Mckfalle verübten Diebstahl« zu verant worten. Am 6. Februar war kotte angeblich auf der Such« nach einem Logis. Sein Weg führte ihn auch in den Laden de« Bäckermeisters R. in Thonberg. Al« er bemerkte, daß er sich allein im Laden befand, kam ihm der Gedanke, seine mißliche pecuniärr Lage, in weicher er sich infolge von Arbeitslosigkeit de- fand, aus kosten R.'s zu verbessern. Rasch wurde auch der gefaßte Entschluß ausgesührt und bald batte Koite seine Baarfchaft vo» 75^4 um 33 10-H, welche sich iu der Lademasse befunden hatten, vermehrt. Allein er sollte nicht lange im Besitz« diese« Geldes »er- bleiben. In der Huussiur traf er mit dem Bestohlenen zusammen, dieser hielt ihn fest und nahm ihm das entivendet« Geld wieder ab. kalte halt« aber für diesen neueste» Diebstahl sich wieder die An- wartjchaft aus einen längeren Aufenthalt im Zuchthaus« erworben, denn von mildernden Umständen konnte bei Ihm mit Rücksicht au! fein Vorleben nicht die Rede sein. Kotte wurde zu l Jahr 9 Monaten Zuchthaus und b Jahren Ehrverlust vrrurlheilt, auch wurde feine Stellung unter Polizeiaufsicht für zulässig erachtet. II. Um sich Geldmittel zu verschaffen, fetzle die am 88. Januar 1869 tn Möldi« geborene, wegen Diebstahl« und Betrug« bereit« vor- bestrafte Tieuslmagb Brrlha Minna lkrempler folgenden Schwindel in Scene. Am 6. Februar erschien sie in dem hiesigen Toniections- aefchäsl« von St. öd K und präfenlirte hier einen selbst angeferttglen Zettel, durch den eine den» Geschäft bekannt« Dame um zusammen SO iu Lachemire und Plüsch n» Gesammtwerth vvn 104 bo bat. Man nahm auch keinen Anstand, dem Mädchen die gewünschten Waare», welche die Kremplcr nachmal« zu verkaufen gedachte, ou»- zuhäridigen. allein man war im Geschälte doch so vorsichtig ihr Jemand nachzufchicken, damit er sich überzeuge, ob die Kremvier auch in da« von der Dame bewohnte Haus gehe. Da die« nicht der Fall war, so veranlaßt« der nachgesandte Bote die Festnahme der lkrempler. Die'c halte sich durch ihre That der schweren Ur tundensälichung und de« Betrug« schuldig gemacht. Der Gerichts hof billigt« ihr für das erstgenannte Verbrechen mildernde Umstände z», da sie tnsolg« vo» Stellenlosigkeit zur That veranlaßt worden war und erkannte unter Anrechnung von 2 Wochen der erlittenen Untersuchungshaft aus 6 Mount« Gesäoguiß. vermischtes. — Berlin,4. März. Inder letztenStadtverordneten Sitzung betonte der Stadtkämmerer Maß in seiner Etat» rede, daß, während man im vorigen Jahre mit 70 Procent Zuschlag zur Staats-Einkommensteuer ausgekommen sei, im kommenden EtatSjahre 90 Procent erforderlich sein würden. Dir Finanzlage der Stadt sei trotzdem gut und solide. Der Etat wurde einem AuSschuffe über wiesen. Zwischen dem >ctie»bau»«r«i» „Unter d«» Linden" und Herrn Keck, dem Pächter de- EaföS in der Passage, ist ein zehnjähriger Pachtvertrag abg«schl«ffe» worden, wonach die nach de» Linden zu liegenden Räume der Ge- ellschast für eine jährlich« Mieth« von 240 000 Hern» Keck lberlassrn werden. — Arts-Park, « März. (Telegramm.) Während eine« Stierkampfe« in Minaolo (Mexiko) stürzte «»«Mauer, welche sich hinter einer vollbesetzt,» Tribüne befand, ei», von den Personen auf der Tribüne wurden 18 gelobtet und 30 mehr oder minder schwer verletzt. Uich Schluß ßer Le-urNo» einge-auge». * Ltegnttz, 5 März. In der Nekch«tag«stichwahl ür den Reich-tagSwahlkreiS Liegnitz-Hainau-Gokbberg waren bi- II Uhr Vormittag« für den freisinnige» Eaadidatrn Jungfer 10 760 und für den Antisemiten Hertwig 6330 Stimmen gezählt. * München, 5. Marz. Der erst« Bürgermeister vr. von Wideomayrr ist heute Nachmittag 2 Uhr gestorben. * Part-, S. März. Da« Mitglied der Akademie Taine st gestorben. — Dem vernehmen nach wird die Regierung die Interpellation Millevoyr'« über di« rechtlichen und par lamentarischen Folgen, di« au« der Betheiligung Fretzciaet'S, floquet'S und Clemencrau'« an der Panama-Affaire entstehen könnten, nicht vor Beendigung de« Proceffe« acceptiren, der am 8. März beginnt. * Paris, 5. März. Nach Meldungen au- BuenoS- AyreS bat der Minister der Armee und der Marine, General Liktoriea, seine Entlastung eingereicht. * Rom, 5. März. Gestern Abend wurde ei» Beamter der römischen Bank, Agazzi, welcher seit 2 Jahren S7 000 Zranc« Bankgelder veruntreut hatte, verhaftet. * Madrid, 5. März. Der österreichisch-ungarische Bot- chaster Gras DubSky hatte mit dem Minister de» Aus wärtigen, Armijo, eine Unterredung, um Verhandlungen wegen eine- Handelsabkommen« eiuzuleiten. — Anläßlich der Wahlen kam e« in Velcz, Provinz Grauada, zu Unruhen, wobei eine Person gelobtet wurde, und mehrere Personen, darunter der Bürgermeister, verwundet wurden. Auch in Barzrlona werden Unruhen befürchtet. * Madrid, 5. März. Die Wahlen zur Drputirten- ammer, welche heute begannen, nähme» in der Stadt einen ehr ruhigen Verlauf, dagegen soll der Wahlkampf in den Provinzen eia sehr heftiger sein. * Lissabon, 8. März. Der Finanzminister erklärt die Gerüchte von einer beabsichtigten Unifikation der portu giesischen inneren und auswärtigen Schuld für unbegründet. * New-Aork, 5. März. Gestern wüthete in den Staateu Mississippi, Alabama und Georgia eia sehr heftiger Cyclon, welcher großen Schaden anrichtete. Dir Stadt Barnett, Eisenbahnstation am Mississippi, wurde nahezu zerstört. Die Zahl der Gctödtcten wird auf 14, diejenige der verwundeten auf 20 beziffert. Auch vou andere» Orte» werben zahlreich« Tobte und Verwundete gemeldet. * Petersburg, 8. März. Der „Regierungsbote" ver öffentlicht eine amtliche Mitthrilung, in welcher e« heißt: Die kaiserlich« Regierung habe schon mehrmals Gelegen heit genommen, ihre Ansichten über die Umwälzungen in Bulgarien und über die Principien zu äußern, von denen sich die Regierenden in Sofia leiten ließen, seitdem der Prinz Ferdinand zur Macht gelangt sei. Nachdem diese Leiter der Regierung nunmehr beabsichtigten, die Sobrauje einzuberufen, uni den Artikel 88 der Verfassung von Tirnovo abzuändrru und auch der Religion de« Lande« Eintrag zu thon, könne die kaiserliche Negierung, wenn sie auch an dem Princip der Nichtinterrention in die inneren Angelegenheiten de« Fürsten- thumS festhalte, nicht stummerZeuge diesem Versuche gegenüber bleiben, welcher einer energischen Opposition unter der bulgarischen Bevölkerung begegne. Die Mitthrilung schließt wie folgt: „Die kaiserliche Regierung spricht ihren aufrichtigen Wunsch au«, baß vir Stimmen, welche sich unter der Geistlichkeit und den gut gestimmten Bürgern vernehmen lasten, allen Bulgaren ohne Unterschied der Partei al- Mahnung dienen und die Gefahr beseitigen werden, welche vem ganzen Volke droht, da- im Be griffe steht, seine heiligsten hundertjährigen Traditionen zu verleugnen. Die kaiserliche Regierung ist überzeugt, daß die beabsichtigte Acnderung in dem geistigen und politischen Leben de« FürstentbztviS keine günstigen Resultat« erziele» und nur traurige Folgen für die Zukunft habra wird, indem sie Zwistigkeiten im Innern und tiefgehend« Mißhelligkeite» in moralischer Beziehung herbeiführeo wird." vr Wunderlich und vr Sonnenkalb, sowie die Denkschrift de- ärztlichen Zweigvrrein« zu Leipzig beigefügt waren. Ja dieser Vorstellung, welch« am S. April abgmg, wurde darum gebeten, „daß davon abgesehen werden möge, größer« Trupprn- inassen im Schlofft Meißrnburg zu caserniren*. Zugleich richtete der Rath eine Eingabe au da» königl. Justizministerium, in der di« Vereinigung der in Leipzig de- finblichcn königl Gerichle auf dem Areale der Pleißenburg als kochst wünschenöwerth bezeichnet wurde. Schneller, als zu erwarten stand, ging die Antwort de« könglichen Krieg-Ministerium« ein. Dieselbe, datirt vom 21. April 1869 und hier eingegangen am folgenden Tage, halte folgenden Wortlaut: „Auf da» Gesuch de« geebrtcn StadtrathS zu Leipzig vom 7. d M. den daselbst >» Aussicht genommenen Casernenbau betreffend, befindet da» königliche Kricg-ministeriunl sich z. Z. noch nicht in der Lage, irgend welche auch nur annähernd bindende Erklärung avgeben zu können, da wegen einer Be nutzung de- Areal« der Pleißenburg zu den erforderlichen Casernendauten nur erst vorgängige Erörterungen stall- gesunden haben. Wobl aber ergreift dasselbe gegenwärtigen Anlaß. <S auS- zusprechen, wie ein geehrter Staklrath bei seinen keSsallfigen Befürchtungen, daß eine Vermehrung der in der Pleißenburg zu casernirenden Truppen den Gesundheitszustand der Stadt Leipzig gefährden könne, wohl bei der Ueber- zeugung volle Berubigung fasten kann, daß da« KriegS- niinisterium ii» allgemeinen Interesse, wie anch im speriellen Interesse der Truppe de, seinen Entschließungen auch jenen Rücksichten ausreichende Rechnung tragen wird, di« in sanitätlicher Hinsicht wirklich vorliegen dürste«. Auf die dem Gesuche vom 7. d. M. angefügten drei Gut achten, die überdies nur bereit« Bekannte« bieten, hier näher einzugehen, liegt nicht in Absicht und beschränkt man stch ihnea gegenüber daher our aus nachfolgende Bemerkungen. Wohl mag e« sein, daß der in östlicher Richtung an da« Schloß Pleißenburg angrenzende Tbeil der inneren Stadt bei seiner qesammtrn Bauart und dichten Bevölkerung in Zeiten von Epidemien als vorzugsweise ungesund und gesäbrdet er scheinen kann, keineswegs aber siebt da« Schloß Pleißenburg mit diesen eventuellen ungünstigen Verhältnissen in irgend welchem directen Zusammenhang«. Man bezieht stch hierbei einfach aus die Tdatsache, daß, odnerachiel der der Pleißenburg schuldgegebenen ungesunden Lage, die da« Schloß zu Casernen- dautcn al« überhaupt ungeeignet erscheinen lasten soll, gerade zu jenen Zeiten, in denen Leipzig von Epidemien, wie Cholera und Typhu», beimgesucht wurde, selbst die in dem sogenannten Trotzer. milbin in jenem bereit« oben angeführten vorzugS- wei» gefährdeten Stadttheile zunächst untergebracht gewesenen Truppen eine« ungestörten Gesundheitszustände« sich zu erfreuen hatten. Bei der unmittelbaren Nähe der Promenade der Stadt haben, wie e« kaum anders sein kann, dieCasernen der Pleißenburg in sanitätlicher Hinsicht zu üblen Erfahrungen denn auch niemals Anlaß geboten. Wenn aber in den anher mitgrtheilten Denkschriften und Gutachten der ärztliche Zweigvrrein zu Leipzig sich ermächtigt hielt, seinen deSfallsigcn Ansichten sein Bedauern voranzusenten, „daß eS — wie man wobl anzunedmen berechtigt >st — der höchsten Militairbrbörde Sachsen« nicht grsallen bat, die gutachtliche Meinung, sei e« der obersten mitilairischen SanilätSbekörke, sei e« de« LandeS-Medicinal-Collegium«, über den Casernenbau einzuholea". und derselbe beim AuSsprechcn diese« seine- Bedauern« über die Lage der hier einschlagenden Verhältnisse bei dieser höchstn, Militairbehördr Sachsen« weder unterrichtet war, noch unter richtet sein konnte, — wenn ferner da« Gutachten de« Herrn Professor« vr. Wunderlich der Denkschrift de« ärztlichen 8e- zirkSverein« allenthalben beitritt, und solche Meinungsäuße rungen durch einen geebrtenStadtrath demKriegSniinisteriun, in osficieller Weise übermittelt wurden, so bat dasselbe darauf zu erwidern, daß jene« Aussprechen de« Bedauern» al« ein nur voreilige« kaum einen geeigneten Weg bezeichnen dürste, aus die Entschließungen de« KriegSminisler»»»« in einer den betreffenden Herren erwünschten Weise einzuwirken. Indem man sich Vorbehalt, seiner Zeit mit dem sehr ge ehrten Stadtralbc in Angelegenheiten der für die Pleißenburg projectirlen Bauten noch »i weitere« Vernehmen zu treten, beiiutzt da« KricaSministerium übrigen« gern diese Gelegen- beit zu der Versicherung, daß e« ihm nur angenehm sei» wird, auch in vorstehender Frage eine Lösung zu finden, die den Wünschen der Stadt Leipzig wie den militairischen Interessen gleichmäßig Genüge leisten möge. Dresden, am 2l. April >869. Königlich Sächsische« Kriegsministerium, v Fabrik«." Zwei Tage nach Eingang de« Vorstebenben fand eine Sitzung bei Rathe« statt, in welcher da« Schreiben de« Krieg-minifteriumS wörtlich verlesen wurde. Der Vorsitzende, Bürgermeister Vr Koch, bemerkte hierbei, „daß hiernach Alle« erreicht sein dürste, wa» für jetzt erwartet werden könne" Da» Collegium beschloß, hierbei Beruhigung zu fassen und vo» ferneren Schulten in dieser Sache zur Zeit ab- zusehea. Wenngleich die brüske Antwort de« Krirg«ministerium« verstimmend wirkt«, so waren di« Verhandlungen jedoch noch nicht zu Ende. In den Kreisen der Bürgerschaft wurde der Wunsch aufrecht erkalten, dir Gerichtsbehörden aus dem Areale der Pleißeuburg zu verewigen. Allerdiaß« gab ms» e« ans. den sanitären Standpunkt noch weiter ,n d„ Frage bineinzutragen, allein immer mehr spitzt, sich die Bewegung darauf zu. daß die Stadt-emeind« da« Areal der Pleißenburg gan, und gar käusltch erwerbe. Da« Angebot der Stadt ging zunächst damals dahin, ein Areal von 800 000 Ouadratellen (—- 160 000 am), ge legen zwischen Bayerischer Bahn und Sonnewitzer Chaussee, dem Staate für einen Caserneodau zur Verfügung zu stellen und außerdem t oo 000 Thaler baar zu zahlen, wem» da« Militair au- der Pleißenburg entfernt und rin« Umaesialtuug der Gebäude derart vorgenommen werd«, daß Verkehrswege durch da« Areal geschaffen werden. Trotzdem sich ader sogar die zweite Kammer in ihren Sitzungen vom 21. Februar t>70 und 18. März 1872, in welchen namentlich di« Herren Schnvor, vr. Heine, vr Pauitz und Niiser, al« da malige Vertreter LripziaS, mit Energie di, Interessen der Stabt verfochten, vollständig für diele Interessen erklärte, verblieb die StaalSregierung auf ihrem rntgeaengesrtzten Standpunkte und — setzte ihren Willen durch. Neubauten wurden vorgenommen, und da» Militair verblieb di« zu« heutigen Tage iu der Pleißenburg. Ob e« nun ander« werden wird, di» Entscheidnng hier über liegt in der Hand der Bürgerschaft. Wir wollteu nur eine eingehende Schilderung de« damaligen Verlauf« »er Verhandlungen geben. Da« ist i, vorstehende- geschah««
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