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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.01.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-01-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950108027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895010802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895010802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-01
- Tag1895-01-08
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Größer« Schriften laut unserem Preis- perzeichniß. Tabellarischer und Zifferasich nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe. ohne Postbeförderung ^l 60.—. mit Postbeförderung 10.-. ^nnaijmeschluß für Änzeize«: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen«Ausgabe: Nachmittag- «Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,9 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestelle» je eine halbe Stunde früher. Unreigen sind stet« aa die Gxpedtttell zu richte». Druck u»d Verlag von E. Polz tu Leipzig 8S. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 8. Januar. Der Reichstag, der beute seine Sitzungen wieder aus nimmt, setzt die vor der Weihnachtspause so jäh abgebrochene erste Lesung der sog. Umsturzvorlage fort. Die Vor sitzenden der Fraktionen haben an die Mitglieder die Auf forderung gerichtet, zu dieser Sitzung sich einzufinden. Hoffentlich verhütet diese Mahnung, daß dem Lande aber mals das beschämende Schauspiel eines beschlußunfähigen Hauses geboten wird. Zu der Vorlage wird im Namen der Conservativen Graf Limburg-Stirum, im Namen der Socialdemokratcn Auer sprechen; die Stellung der Polen wird Abg. v. Czarlinski kennzeichnen. Die nationalliberale Fraktion wird heute nochmals zu einer Besprechung über die Stellungnahme zur Umsturzvorlage zusammentretcn. Die Berathung im Plenum dürfte voraussichtlich drei Tage in Anspruch nehmen. Außer dieser Vorlage findet der Reichstag noch das gesammte gesetzgeberische Material vor, das zur Erledigung in der laufenden Session bestimmt ist. Was dabei die Regierungsvorlagen betrifft, so ist von denselben nur der ReichshauSkaltsetat für 1895/90 in erster Lesung erledigt. Ueber die übrigen Vorlage» haben überhaupt »och keine Berathungen stattgefunden. Es ist sicher, daß der Etat in zweiter und dritter Lesung noch eine ganze Anzahl von Sitzungen in Anspruch nehmen wird. Mit ihm im Zusammen hänge steht eine große Reihe Rechnungsvorlagen, die allerdings gewöhnlich nicht viel Zeit zu ihrer Erledigung beanspruchen. Außerdem liegen noch an Gesetzentwürfen, welche die verbündeten Regierungen eingebracht haben, vor: die Novelle zum Gerichtsverfassungsgesetz und zur Strafproceß- ordnung, welche u. Ä. die Wiedereinführung der Berufung in Strafsachen und die Entschädigung unschuldig Verurteilter behandelt, die beiden Entwürfe über die privatrecht lichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt unv der Flößerei, der Entwurf über die Berufs- und Gewerbezählung im Jahre 1895, die Denkschrift über die Schutzgebiete und die Novelle zum Zolltarif. Zu diesen Entwürfen dürften sich im Laufe der Tagung von Seiten der verbündeten Regierungen noch andere gesellen. Zunächst diejenigen, welche Steuer- und Finanzfragen betreffen. In elfterer Beziehung dürfte es sich nach Allem, waS bisher verlautete, nicht bloß um die Tabakfabrikatsteuer, sondern auch um eine anderweitige Regelung der communalen Weinbesteuerung handeln, in letzterer um eine Neuordnung des finanziellen Verhältnisses zwischen Reich und Einzelstaaten. Es wird auch gehofft, daß eS noch möglich sein werde, die Arbeiten an dem Entwurf über die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes so zu fördern, daß er in der laufenden Tagung dem Reichs tage unterbreitet werden kann. In der Thronrede ist die leiche Hoffnung auch bezüglich des Entwurfs über die örsenre form ausgesprochen. Außerdem ist eine Novelle zum Branntweiusteuergesetz in Vorbereitung. Zu allen diesen bereits vorhandenen und noch erwarteten Vorlagen kommt die große Menge der aus der Initiative des Hauses hervorgegangenen Anträge und Entwürfe. Man wird zugeben muffen, daß der Reichstag diesmal eine Fülle von Aufgaben zu lösen hat, wie sie ihm selten gestellt waren. Am 15. December v. I. hat bekanntlich eine große, aus den beiden conservativen Parteien, dem Eentrum und den Nationalliberalen bestehende Mehrheit des Reichstags eine von Letzteren beantragte Resolution beschlossen: „die Com mission für die Geschäftsordnung aufzufordern, unter Vorsitz de- Präsidenten des Reichstags alsbald den Entwurf einer Aenverung und Vervollständigung der Ge schäftsordnung auszuarbeiten und dem Reichs tag zur Beschlußfassung vorzulegen, durch welchen die Tisciplinargcwalt des Reichstags und des Präsidenten gegen die Reicbslagsmitgliedcr während der Ausübung ibres Berufs in angemessener Weise verstärkt wird " Die Geschäftü- ordnungscommission hat in dieser Sache bisher keine Sitzung abgehalten, wird es aber jetzt ungesäumt thun müssen. Denn es liegt auf der Hand, daß eine solche Angelegenheit unmöglich verschleppt werden darf. In welcher Weise die Ver schärfung der Disciplinargewalt erfolgen wird, läßt sich noch gar nicht absehen. Es sind bisher weder von parlamentarischer Seite, noch in der Presse greifbare Vorschläge gemacht worden. Es ist auch zweckmäßig, daß man erst die Anträge der be rufenen Commission abwartet. Für ganz ausgeschlossen halten wir eS, daß überhaupt nichts aus der Berathung hervorgeht. Die große Mehrheit des Reichstags hat sich moralisch dazu verpflichtet, Sorge zu tragen, daß die Würde und das Ansehen des Reichstags in Zukunft besser gewahrt werden, als es bisher möglich war; sie hat anerkannt, daß die bis jetzt zur Verfügung stehenden Mittel, die auf bessere Zeiten eines feineren Tones unv ausgcbilveteren AnstandsgefühlS be rechnet waren, heutigen Tags nicht mehr ausreichen. Darin findet sie die Unterstützung aller Volkskreise, außer den radi kalsten. Das Scheitern der Angelegenheit, das wir nicht be fürchten, müßte uothwendig eine Krisis in der ganzen Leitung und dem äußeren Anblick des Reichstags zur Folge haben. So wenig wir bisher für Herrn von Levetzow irgend einen genügenden Grund erkennen konnten, sein Präsidentenamt niederzulegen, so gerechtfertigt wäre es bei einem Mißerfolg in der Disciplinarfrage. Die Amtsniederlegung des bis herigen Präsidenten würde aber keineswegs blos einen Per sonenwechsel in sich schließen, sondern eine principielle Aenderung in der ganzen Zusammensetzung des Präsidiums, welche die unerfreulichen Zustände in dem gegenwärtigen Reichstag zum Ausdruck brächte. Der Uebergang des tzongostnatcs an Belgien ist bereits ausgemachte Sache; im nächsten Monat wird den Kammern der betreffende Gesetzentwurf vorgelegt werden. Man kann sich denken, daß König Leopold II. einen so wichtige,: Schritt nicht unternommen hat, ohne zuvor dessen Ausführbarkeit nach Möglichkeit zu sickern. England und Deutschland sind jedenfalls um ihre Zustimmung angegangen worden und haben nichts einzuwenden gehabt; über Frankreich lauten die Berichte widersprechend. Während dem „Figaro" and Brüssel aus augeblich guter Quelle gemeldet wird, Frankreich sei verständigt worden und habe seine Zustimmung gegeben, behaupten die Pariser Blätter, Frankreich werde auf Grund seines Vorkaufsrechts Einspruch erheben: sollte dies richtig sein, so wäre Frankreich entweder nicht gefragt oder sein Widerspruch nicht berücksichtigt worden. Woran man in diesem Puncte ist, wird man wohl bald erfahren. Im belgischen Parlament wird der Plan einen starken Widerstand finden, wie schon aus der Haltung der belgischen Presse zu ersehen ist. Zwar die Minister sind für den Plan gewonnen und wie eS scheint, vorläufig auch eine kleineMajorität im Parla ment; indessen ist eS immerhin noch möglich, daß die Argu mente der Gegner einen Eindruck erzielen, der den Erfolg des Planes in Frage stellt. Es liegt auf der Hand, daß Belgien mit dem Congostaate trotz aller nicht zu unterschätzender Vortheile, welche sein Erwerb bringen wird, eine schwere Last auf sich nimmt; zugleich tritt Belgien aus seiner neutralen Stellung heraus, wenn es Besitzer eines Colonialreichs wird, das ihm internationale Verwickelungen bringen kann. Das sind die beiden Hauptgründe, mit denen die Gegner den Plan bekämpfen. Jedenfalls wird es noch schwere Kämpfe gebe», bis König Leopold seine °ls ^ König auf das staates los geworden is. ^ ^ . Prwatmiltelu ungezählte Conao-Uiiternebmen aus 1°""" I Stande, die Millionen aufgewendet, ''»» ab-r ^ fortzusetzen. AuS Subventionen in der bisherige Congo - Staat eigener Kraft vermag natürlich ^ also für absehbare Zeit sich nicht __ ,sichr Belgien - das jedenfalls Staatswese.,, helfend em. »idem :S das lU»Z > ^ so viel belgifcheS in dem so viel belgifches ""L, L,. und Passiven über- Blut vergofsen wurde, mit allen ucl ve ^ . nimmt, so fällt dasselbe an Frankre ch. D »n d.efe , Jahre 1885 durä, e.nen Vermag ' ohne Zweifel schon .das Vorkaufsrecht ^sicher ha^würde^o, ^ zugreifen, wenn es, wie gesagt, di s „mckit und zudem dem belgischen Nachbar gegenüber ^te"v^ach " Z unter Hinweis auf die von den Großmaa,ien u Neutralität Belgiens wider deffcn Eintritt m die ) Colonialstaaten Einspruch erbebt. Bekanntlich beabsichtigt der Kaiser von N..srla..r. jene Abordnungen aus dem Reiche, ,d.e beim « grabu.,,- Kai,« Alerander's zugegen waren, wieder nach Petersburg z ru en um sie über di- Lage und die Wünsche der Bevölkerung finden einzelnen Gouvernements zu befragen und sich durch die hervorragendsten Deputaten Vortrage über die Entw ^ luna der Industrie, der Landwirthschaft, über das Verkehrö- wZn u s w. halten zu lassen. Diese Deputationen sollen noch im Januar in Petersburg emtreffen und dort etwa drn Wochen verweilen. Auch die Warlchauer polnische Abordnung wird sich nach der Reichsbauptstadt begeben In den »,an gehenden Kreisen der polnischen Bevölkerung ^ , rettel ausgestellt worden, und man hofft, daf, die p^nstch Deputirten bei passender Gelegenheit den« Zaren die peinlichen Wünsche, wenigstens die hauptsächlichsten, vortragen werde». Die Polen haben religiöse, nationale und sociale Wunfche, und zwar scheinen sie auf die religiösen noch mehr Gewicht zu leaen als aus die übrigen. Sie fordern ur erster Lime volle Freiheit des katholischen Bekenntnisses und Aufhebung der bekannten Controlmaßregelu über die roinifch-kathotifchen Geistlichen in Polen. So soll auch kein katholischer Pnester deswegen bestraft werden können, wenn er ein Kind unststcher Ellern nach katholischem Ritus taust. An den Straßen in Polen sollen wieder Christusbilder ausgestellt werden können und vor Allem künftig keine katholische» Kirchen in russisch orthodoxe umgewandett werden. Hinsichtlich ihrer nationalen Wünsche fordern die Polen die Wiedereinführung der polnischen Sprache in den Volksschulen, die Zulassung des Polnstchen neben dem Russischen in den mittleren unv höheren Lehr anstalten, sowie den Gebrauch oder wenigstens die Duldung des Polnischen bei Gericht und im Umgänge mit den Ver waltungsbehörden. Auch sollen Beamte und Lehrer polnischer Nationalität vor Allem in Polen und nicht immer im Innern Rußlands angestellt werden. Im Weitern erbitten die Polen eine bessere und freiere Handhabung der Censur hinsichtlich der Erzeugnisse auf künstlerischem und wissenschaftlichem Ge biete. Die socialen Wünsche betreffen zumal die selbstständige Errichtung und Leitung von landivirthschaftlichen und gewerb lichen Fachschulen, von Erwerbs- und Wlrthschafls-Genossen- schaften. In manchen polnischen Kreisen wäre man vorläufig schon mit einer Abschlagszahlung zufrieden. Auf dem Kriegsschauplatz in Lstasicn sind seit einiger Zeit die Operationen thalsächlich unterbrochen; das japanische Obercommando kann in jetziger Jahreszeit sich nicht weit von der natürlichen Operationsbasis seiner Unternehmungen, der Meeresküste, entfernen, und die Flotte ist ebenfalls zum Feiern gezwungen, da die hohe See durch Stürme unwegsam gemacht wird, und die feindliche Küste durch vorgelagertes Eis gegen japanische Angriffsgetüste wirksam gedeckt erscheint. Jetzt erweist es sich als em wahrer Glücksfall für die Japaner, daß sie in Port Arthur einen sicheren Ankerplatz und eine mit allen Hilfsmitteln zur Instandhaltung ihres Flottenmaterials reichlich versehene Station in der Nahe des Schauplatzes der .Kriegsoperationen de» nächsten Frühjahres gewonnen haben. Ohne den Besitz von Port Arthur dürfte die Behauptung des Petschiligolfs in jetziger Jahreszeit für Japan ein Ding der Unmöglichkeit und die Lage der festländischen Armeen in Hinsicht auf Verpflegung eine ziemlich schwierige sein. In Cbina wird man die winterliche Ruhezeit zu angestrengter Thätigkeit benutzen müssen, wenn man bei Anbruch des Frühjahrs einigermaßen vertheidigungsfähig sein will. Eine Hauptschwiengkeit des Fortganges der Action besteht darin, daß die leitenden Persönlichkeiten, die sich in der Krise am meisten erprobt haben, so hochbetagt sind. Der Prinz Kung und der Vicekönig Li-Hung-Tschang sind beide übcr^ 75 Jahre alt und, obwohl geistig noch auf der Höhe der Situation stehend, doch körperlich nicht mehr rüstig genug, um mit Einsetzung ihrer Person den Vollzug ihrer Auordnungen in allen Einzctheiten zu überwachen. Auch der neue Generalissimus Liu - Kun - Ar ist kein junger Mann mehr. Er hat seine praktischen Kriegs ei fahrungen noch in dem furchtbaren Taiping-Aufstand gesammelt und gilt als ein fähiger, energischer und sehr umsichtiger Würdenträger. Seine Heimalb ist die Provinz Hunan, welche dem chinesischen Reiche seit langen Jahren das tüchtigste militairischc Material an Führern wie au Mannschaften lieferte. Wenn Liu-Kun-M völlig freie Hand erhielte und sich ehrlich mit den Ideen der modernen Kriegführung, als deren einflußreichster ausländischer Re präsentant ur China gegenwärtig unser Landsmann Haupt- manii von Hannekeu gilt, verständigen wollte, so dürste er den Japanern nach Wiedereröffnung des Feldzuges scharfe Arbeit machen, denn der Schlüssel der chinesischen Stellung, Shaii-Hei-Kwan und die Peibobefestigungeii, bleibt noch zu erobern und wird ohne Zweifel aus daS Hartnäckigste ver- theitigt werden. Deutsches Reich. 0. II. Berlin, 7. Januar. Die vielfach verbreitete Nach richt, daß der Minister Freiherr von Berlepsch demnächst seinen Abschied nehmen werde, ist, wie wir erfahren, durchaus unbegründet. Herr von Berlepsch hat ja als Minister- wenig Erfolg gehabt, und es mögen wohl Rücktrittsgedanke» ihm bin und wieder gekommen sein; zur Zeit aber bestehe» solche nicht mehr, und eine Veränderung in den Ministerien hält man in den maßgebenden Kreisen in absehbarer Zeit für ausgeschlossen. Dagegen dürfte noch in diesem Monat eine ganzeAnzahlVeränderungen in den böherenMili- taircommandostellen eintreten. Der Oberbefehlshaber in den Marken, Generaloberst von Pape, ist ein hochbetagter Herr und seil einiger Zeit sehr leidend. Ob er noch längere Zeit in der Lage sein wird, die Functionen seines Amtes ganz auszufüllen, steht dahin; sein Nachfolger wird der älteste Corpscommandeur, Generaloberst Freiherr von Los., werden. Es ist in der preußischen Armee bisher nicht Sitte ge wesen, daß ein Generaloberst (von Loe ist eS seit dem 8. Sep tember 189.8) nur ein CorpS commandirt; die Generalobersten, welche im Range der Generalfelvmarschällen gleich, stehen (Prinz Albrecht, Prinz Georg von Sachsen, Generalfeld marschall Gras Blumenthal, Prinz Leopold von Bayern, dcr allerdings nur General der Cavallerie ist, und der Großherzog von Baden), haben die Armeeinspectionen zu leiten. Richtig FeirrHetsir. Graf Jarl. 6s Roman von Hermann Helberg. Nachdruck «erboten. (Fortsetzung.) Kaum hatte sich Baron Fernando entfernt, als Peter Hunck auch schon Nelly meldete. Sie sah in einem eng anschließenden Frühjahrsmantel, der ihre schöne Fülle nur um so plastischer hervortreten ließ, verführerisch hübsch aus, auch verliehen die weichen, blassen Farben ihrem Angesicht besonderen Reiz. „Na, mein gutes Kind! Was giebt es. Ich habe schon nach Ihnen ausgeschaut! Hat der Tollkopf sich beruhigt? — Hunck! bringen csie zierliche Butterbrode, Confect und Port wein! Nelly wird vielleicht etwas nehmen. Jawohl, jawohl, Theuerster. „Und entledigen Sie sich doch Ihres Mantels. Es wird Ihnen za warm. — Willst Du, Brand!" „Nein, nein, er wird lästig. Nun gut, leg' Dich da zu Füßen des Fräuleins und guck' sie zärtlich an, Du alter Don Juan —" So sprach Jarl rasch und aufgeräumt, bald zu dem Mädchen, dann zu Hunck und wieder dem Hunde sich zu wendend. Nelly berichtete unter Thränen. Thomas habe zunächst gar nichts von sich hören lassen; er habe ihren Brief nicht einmal beantwortet. Erst auf eine nochmalige Zuschrift hätte er ihr — sie zog ein Billet aus der Tasche — das hier geschrieben. Jarl nahm das Schreiben, rückte den seidenbezogenen Stuhl näher dem Licht zu und laS: „ES ist alles gut, wenn Du mir versprichst, den Grafen nie wieder zu besuchen und zu sehen. Ich habe meine Augen und spähe, daß er welche für Dich und Du welche für ihn hast! Ich aber will meine Braut für mich haben. Wa« Du von Mädchen sprichst, denen ich nachgegangen sein soll, so is: da« Lüge. Ich erwarte Deine Antwort. Thomas." „Na, Nelly, dann ist die Sacke ja wunderschön! Meiden Sie mich, und der böse Wütherich macht Frieden!" lachte Sarl lustig. „Ach, Herr Graf, Sie scherzen wohl? Und das ist ja noch lange nicht alles!" „Nun, was denn noch, kleine Taube?" „Nach Empfang dieses Briefes sprach ich Thomas und stellte ihm vor, daß er doch etwas ganz ThörichteS und ganz Unmögliches verlange." „Aber da hätten Sie ihn sehen sollen! Es fehlte wenig, daß er sich an mir vergriffen hätte. Unter ganz furchtbaren Drohungen stürzte er weg und hat sich seitdem — eS sind schon zwei Tage vergangen — nicht wieder blicken lassen." „Hm, hm, Und was meinen Sie denn jetzt, daß geschehen soll, Nelly?" fragte Jarl in einem äußerst ruhigen Ton. Er nahm ihn absichtlich an, um des Mädchens Unruhe zu dämpfen. „Ja! Ich weiß es nicht, Herr Graf! Ich bin rathlos." Jarl sagte nichts, seine Stirn zog sich in Falten und plötzlich erhob er sich. Brand that ein Gleiches, folgte ihm und blickte sorgend zn ihm empor. Es war, als ob daS Thier verstehe, daß seinen Herrn etwas tief beschäftige. „Leg dich nieder!" mahnte Jarl. „Hier! Vorwärts! Das Thier gehorchte, aber es wandte das Auge auch jetzt nicht von ihm. „Ein lieber Kerl!? Nicht wahr, Nelly! Ich sage Ihnen, in dem ist mehr Treue, als in der halben Welt zusammen." Und dann den Gedanken abstreifenv, und sich seinem be drückten HeimathSkind wieder ganz zuwendend, sagte er ent schlossen: „Ich will Ihnen einen Vorschlag machen, Nelly. Ich will nochmals mit dem Wütherich verhandeln, mir selbst ein Urtheil zu bilden suchen. Rathe ich Ihnen, von ihm zu lassen, so folgen Sie mir! Sonst wollen wir ihn auf den rechten Weg zu bringen suchen." „Zorn bedeutet nichts. Im Zorn flucht der Mensch dem, dem er in dem nächsten Augenblick wieder zärtlich zu Füßen sinken möchte. Der Zorn weiß nicht, was er thut. Die besten, edelsten Menschen verleugnen sich im Affect!" „Ist das so recht? Wo wohnt Thomas! Schön! Also warten Sie ab. Und hier, kleine Taube etwa«!" Er reichte ihr in zarter Weise eine bereits vordem eingewickelte kleine Summe. „Macht eS euch bequem! — Nein, nein, nein! Keinen Dank! — Wenn ick klar sehe, werde ich ratheu! Vielleicht wendet sich noch Alles. Ich habe so meine Idee. —" »Ach, Herr Graf, lieber Herr Graf!" rief Nelly. Sie trat ihm in höchster Rührung näher und griff nach seiner Hand, um sie zu küssen. Nun knurrte Brand und erhob sich mit sehr bösem Ausdruck. „Wie, Brand du knurrst? Thor, der du bist. Dies isi a ein Freund. Sieh!" Er macbte ein zärtliche Bewegung „Komm, gieb Nelly die Pfote. Die mußt du lieb haben' Verstanden? Die stelle ich fortan unter deinen Schutz!" Der Hund that, wie Jarl ihn hieß. Wenige Minuten spater aber batte Nelly daS Zimmer verlassen. „Hier!" hob Jarl an und übergab dem eintrctenden Peter Hunck ein Billet. diesen Brief zum Grafen von der Brede! Gleich flinkes Dorfkind! Ich bitte ihn, heute mit mir im Restauran Dresse! um fünf Uhr zu speisen. Roch triffst du ihn. Nimn lieber einen Wagen. Ich werde jetzt frühstücken und dann eine Visite machen. Um vier Uhr bin ich spätester^ wieder -u Hause." Als sich Jarl eben anschicken wollte, seine Wohnung zu verlassen, meldete Franz den Rittmeister von Hadeln. „-Vehr, sehr angenehm!" rief Jarl angeregt. „Das ist ja vortrefflich, Bester! Sie haben eine hervorragende Divination in sich! Gerade später wollte ich zu Ihnen! Bitte, begleiten Sie mich. Frühstücken Sie eine kleine Pikanterie mit mir bei Habel. Ich lade Sie freundlichst ein!" während sie in einem Wagen, den Jarl draußen ae nommen, dahinfuhren, sagte Jarl: „Also Folgendes. Herr Rittmeister von den Dragonern Ich habe Don Fernando de Jocquelin dazu veranlair rmr die Forderung an Sie zu verkaufen. Ich habe sie ik, abgebandelt. Sie sind also mein Schuldner geworden un wir werden uns verständigen. ^ un ... '.^ine so Hadeln- Wir machen das Capital v°, d.r"L/^L Mch, Utz.« höchst unangenehmer Gläubiger sein soll. Ueberhau, soll »Na, ja, und so weiter und so weiter Desbalb aal, '7 KS?" - --LV-.L „Wann darf ich zu Ihnen kommen, lieber Jarl, um die Schuldacte auszufertigen? Und noch einS: Es ist mir eine angenehme Pflicht, daß ich schon in diesem Jahre mit einer Abtragung beginne!" „Ach, nichts da! Ich weiß, Sie sind zur Zeit genirt, des halb erlaubte ich mir, daS für Sie zu arrangiren. Der Freund trat für den Freund ein. Erst wenn es Ihnen durchaus paßt, tragen sie die Auslage, die ich für Sie machte, ab. Nicht eher, und wenn Sie wollen, überhaupt nicht. „Und nun genug davon, nun etwas anderes. Wie steht'S mit Ihrem Herzen? Haben Sie sich die Sache auS dem Sinn geschlagen? Nein!? Ich bitte Sie dringend darum, lieber Hadeln! Es wäre ein freundlicher Gegendienst für meine Intervention bei Fernando. Meiden Sie fortan das Haus! Tbucn Sie, als ob das Mädchen nicht mehr auf der Welt wäre, Hadeln. Sie können es, wenn Sie wollen. Man kann alles, was man will — Nun, Hadeln? —" Hadeln seufzte tief auf. „Ach, lieber Jarl, wer kann die Neigung zu einer Frau wie ein paar Galoschen abstreifen? Sie verlangen etwas» das ich nicht halten zu können fürchte." „Aber, liebster Hadeln, Sie müssen doch Ihre beiden Thor- reiten — pardon für den Ausdruck — aus der Welt bringen. DaS kann doch nur dadurch in richtiger Weise geschehen, daß Sie sich das Ehrenwort geben, nie wieder sich in gleiche Situation zu bringen! Thun Sie'S, wenn Sie es nicht um ihretwillen wollen, mir zu Liebe!" „Daß ich nicht wieder spielen werde, verspreche ich Ihnen, lieber Jarl. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort. WaS das junge Mädchen betrifft, so erbitte ich Bedenkzeit. Ich werde mich prüfen. Ich bin doch an mein Wort gebunden. Also gewähren Sie mir Frist, an mir zu erproben, ob ich eS halten kann!" „Schön! Einverstanden! Und nun! — Hier sind schon die raucherfüllten Räume von Habel! Wie denken Sie über eine Flasche Ungarwein?" »i- - . . ^ ^ »Ich will Jhen in kurzen Worten sagen, wie ich die Situation bei meiner Sondirunz gesunden habe!" hob Graf Adam nach Beendigung deS dritten, splendiden Diner-Gange- an und verbeugte sich gegen sein Gegenüber, den Herrn Grafen von der Brede, mit dem er in dem eleganten Dreffel- schen Restaurant unter den Linden saß. , "Och fand jegliche Sympathie bei meinen Verwandte»/-» Ihre Person, Herr Graf. Ich stehe unter dem Eindruck, daß
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