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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.02.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-02-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950218011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895021801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895021801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-02
- Tag1895-02-18
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Dl ßtt Huuptziupedilitzu atzaa da> Itzt Btadt» ^U'ü^ !ü! -4 ».—. «iwete Ggl§»mqba»di»^>uä tz» IMaudiuwualUch ^ 7V0. ReD«tt<« „d Lr»E«»: Dtelkvediltou «»Wachniw»« uuuuw^rach« ^öffütt »»früh « »Z «t«d» 7 UtzL M»le>r Ott» «-»« » G-rtt». (Alfre» vui««sit»»-straß» I» L««t» Lösche. Ruchaeiueusiu» Ich psrt. uud Röukgspkatz 7^ Morgen-Ausgabe. Drgan fiir Politik, Localgeschichte, tzanoels- and GcschLstsverkehr. Slnzeigen-Prei- die Sgespalrme Petitzrile SO Pfg. «eelame» «tt« de» Red«ti»n«strich (4»ch Grog«, Schrift« laut nuserem Pmi». »«»etchaiß. Tabellarisch« «ch Ltfferastzp »ach HSHrr«» Aartz. «rtr«.vttla,eu (g^al»t). »»r wit d» Morar». Ausgabe, ohue Postbes-rderuch» ^ wi» Postbef»rd««»g -w 70.—. Am»al»«eschl»L fir Abriße«: Nbaud-Autgabe: vormittag 1Ü Uh». Morg« u-Ausgabe-Nachmitwg- 4ML So»»- »»d Festtag« früh 'j,S Uh». Bet d« FUialeu »ad Annahmestelle» j» et»« halbe Staude früh«. Auzeige» find stet« m die Agpeptttuu z» richte». Druck »ad Verlag vo» I. Holz w Leivhig a- 89. Montag dttl 18. Februar 1895. 89. Jahrgang. Amüiche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Hierdurch bring« vir znr öffentliche» Kenntniß, daß »och ein Theil des nachverzetchnrten Platze« al« Abladeplatz für Schnee und Dt« für die Dauer de« gegeuwLrtigea Winter» bestimmt ward« ist: Parzelle Rr. 2736 der Stadtflur, gelegen link« der Berliner Straße, zwisch« dem nach Leipzig-Eutritzsch führenden Fuß wege und der Verbindungsbahn. Dies« Ptatz ist durch Placattafeln bezeichnet and ist seine Be- Nutzung jederzeit all« Leipziger Einwohnern gestattet, auch gelten für ihn die betreff« der Schuttabladeplätze in unserer Bekanntmachung vom 28 November 1884 erlassenen Bestimmungen. Leipzig, am 16. Februar 189S. IX. 1056. Der «ath »er Stadt Leipzig. 0r. Georgt. Stahl. Hoh-Auktion. Dienstag, den IN. Februar ». F., sollen von vormittag» S Uhr an im Vnrganer Forstreviere aus dem Miltruvaldschlage im sogenannten Pohlenz, dicht am Hnndemafser »er Lützsche na« Grenze und der Atuthrtnne in Abtheilung 3 und 6» 100 Rmtr. Eichcn- Bnchen- «tzorn- «ustern- Sllern- ». Liutzeu- vrennfchette sowie 40 Hansen starker Abraum und 140 Haufen starke» Tchlagreitzig (Langhanfen) unter den im Termine aushängenden Bedingung« und der üblichen Anzahlung an Orr und Stelle meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: auf dem obengenannten Schlage Bormittag- 9 Uhr. Leipzig, am 7. Februar 1895. De» Rath» Forftdeputation. Die Erd- und Zimmerarbeiten für den Aufbau einer Kloben- holzwand auf der Schießstandanlage im Birnitz sollen im Wege öffentlich« Ausschreibung in einem Loose verdungen werde«. Anschlagsumme 1200 Der Termin wird Freitag, de« SS. d. vor«. IL UHr im Geschäftszimmer he« unterzeichnet« Baubeonit«, Alexander» straße 10, abgehalten, woselbst die Zeichnungen, Massenberechnungen und Bedingungen zur Einsicht ausliegen, außerdem können die Verdingungsunterlagen gegen Erstattung der Selbstkosten von da bezogen werde». Angebote mit entsprechender Aufschrift sind versiegelt und Post, frei bi« zu obigem Zeitpunkt einzuseuden. Leipzig, den 18. Februar 1895. Der königl. Garnisou-Vaubeamte. Geschäststocale. Da« Unterzeichnete Rentamt beabsichtigt das Parterre de» UniversitätS-GebäudeS Nr. 15 der Universitätsstraße (Ecke der Universität«, und Schillerstrabe) zu BerkaufSlüVen nmzubau«. Dieselben werden für 1. Oktober ». I. bezugssähig, sie enthalten zusammen 160 gm Bodenfläche und kommen zusammen oder getheilt zur Vermiethung. Bewerber werden ersucht, baldthunlichst mit dem Unterzeichneten Rentamie in Vernehmung treten zu wollen. Leipzig, am 14. Februar 1895. Untversitöts-Rentamt. - - Gebhardt. Jur oftafrikanischen Eisenbahnfrage schreibt Herr K. v. d. Heydt in der neuesten Nummer de« „Deutsch. Wochenblattes: „In dem neu erschienenen Werke meine» Freunde« Kart Peters*) über Deutschostafrika, bisher unstreitig der gediegensten und wertbvollsten Veröffentlichung auf colonialem Gebiete, ist eine Denkschrift erwähnt, welche *) DaS Deutschostafrikanische Schutzgebiet im amtlichen Aufträge von vr. Karl Peter«. München und Leipzig. Druck und Verlag von R. Oldeubourg. ,ch im Oktober vorigen Jahre« über die Eisenbahnfragr in Ostafrika an den Eoloniairath gerichtet habe. Der Verfasser nimmt und zwar mißverständlicher Weis« an, daß mein Standpunct in dieser Frage, wir er in jener Denkschrift dargelegt ist, wesentlich und grundsätzlich von seinem eigenen abweicke. Ich glaube grade im Gegen- tbeil, daß unsere Auffassungen sich im Wesentlichen decken. Gleich Vr. PeterS bin ich der Ansicht und habe e« in der Denkschrift ausgesprochen, „daß das zahlenmäßige Material zur Stützung einer Ertragsrechnung für irgend eine Eisenbahnlinie in Oftafrika noch v>.llständig fehlt, daß der bestehende Verkehr nirgends au-reickt, eine Bahn zu ernähren, daß man nur in dringendem Nothfall dazu übergehen könne, dem Gesammtplan zu präjudiciren", da« heißt nichts Anderes, als ein Vorgehen Schritt für Schritt empfehlen, wie eS auch Vr. Karl Peters thut. Meine Denk schrift war geradezu darauf berechnet, den m. E. voreiligen Entschluß, eine sogenannte Centralbahn von Dar-eS-Salaam zum Tanganita mit Reichamitteln zu unterstützen, zu ver hindern. Ich verlange deshalb in erster Linie, vor jeder grundsätzlichen Stellungnahme des Reiches zu irgend einer Richtung der zukünftigen großen Erschließungsbahn ein gründ liches Studinm der ganzen Frage aus Reichsmitteln nach dem Vorbilde der von der englischen Regierung mit einem großen Kostenaufwand durchgeführten surve^ von Mombasa bis zum Nyanza. Ein Vorgehen mit der Tbat im gegenwärtigen Zeitpunkt, über den Rahmen von localen Projekten hinaus fordere ich nur da, wo durch concurrirenke Bestrebungen anderer Nationen die Selbstständigkeit unseres Handelsgebietes bedroht wird. Daß dies für den Norden de« Schutzgebietes der Fall ist, sobald das englische Eisenbahnproject Mombasa-Nyanza verwirklicht wird, glaube ich nachgewiesen, und damit die hauptsächlichste, praktische Forderung ausreichend begründet zu haben, die ich in der Denkschrift stelle, nämlich die Neichsregierung möge durch Gewähruug von Subventionen dafür sorgen, daß in diesem Handels- und verkehrSpolitisch gefährdeten Nordgebiete der Bor sprung, den Deutschland durch den Bau der Usambarababn einmal errungen hat, nicht wieder verloren gehe. Wenn ich dabei soweit gehr, eineUnterstützunss zu fordern, die den Weiter- bau bi- zum Kilimandjaro ermöglicht, so bin ich mir klar darüber, daß auch ein solches Ziel sich nur in Abschnitten erreichen läßt, jedenfalls ist die- Ziel aber im Vergleich zu den Entfernungen, die überhaupt in Ostafrika in Betracht kommen, noch immer diesseits der Grenzen eines Systems von localer Bedeutung gelegen. Die von Herrn vr. PeterS selbst, schon im Jahre 87 empfohlene Localbadnstrecke Dar-eS- Salaam Farhaui hat etwa 220 Kilometer, Tanga-Kilimandjaro 280 Kilometer Luftlinie. Wenn ich nun den Standpunct meines Freundes Peters, daß man zunächst schrittweise von geeigneten Puncten der Küste aus zu den nächsten entwickelungsfähigen Gebieten im Innern Vorgehen solle, vollkommen theile, so glaube ich doch nicht, und das unterscheidet uns, daß man der Rücksichtnahme auf den zukünftigen letzten Endpunkt der Bahn sich ganz entschlagen kann. Es macht für die Entwickelungssähigkeit der „Local strecken" doch einen ganz gewaltigen Unterschied, ob sie dauernd Sackgassen bleiben oder ob sie zur gegebenen Zeit in bas große Verkehrsnetz al- unentbehrliche Theile eingcgliedert werden können. Diese« ostafrikanische Verkehrsnetz wird doch nach Peter«' Ansicht wie nach der meinigen einmal zur That- sache werden, und wie ferne man auch diese Zukunft annebmen mag, eine Eisenbahn ist ein derart auf die Dauer berechnetes Werk, daß es unter allen Umständen ein großer Fehler wäre, eine solche zukünftige Entwickelung gar nicht zu berücksichtigen. Sobald man sie nun aber in irgend einer Weise berücksichligen will, muß man sich, da die wirthschaftliche Enlwickelungs- fähigkeit des gesammten Gebiete- ein noch unbekannter Factor ist, an bleibende und allgemeingiltige geographische Thatsachen Hallen. Solche Thatsachen sind nach meinem Unheil erstens die, daß Tanga als der Europa zunächst gelegene ostasrika- nische Hafen den besten AuSgangSpunct, und zweitens die, daß der Nyanza-See, jedenfalls im Vergleich zum Tanganika, weil er völlig im Bereich der verkehrSpolitischen Anziehungs kraft des indischen O(ean- liegt (der Tanganika gravitirt nach dem Congo hin) den besten Endpunct darstellt. Endlich ist eS außer Zweifel, und die „hergebrachte Auffassung" dürste hierin entgegen Herrn vr. PeterS im Rechte sein, daß ein großer Binnensee an und für sich einen besseren Endpunct bildet als irgend ein Punct im Inland, Gleichwertigkeit der Gebiete vorausgesetzt. i Denn wenn man um einen InlandSpunct einen Kreis als Wirkungsgebiet einer Eisenbahn etwa mit einen, Radius von 50 Kilometer' schlagen kann, so kann man bei einem See, besonders einem so rund gestalteten, wie eS der Nyanza ist, fast die Hälfte de« Durchmesser- desselben dem gedachten Radius hinzusügen, da die Kosten der Schifffahrt einickiließlich Umladung gar nicht inS G wicht fallen gegenüber den Fracht löhne», die der Endpunct im Inlands für die Heranschaffung der Waaren zu tragen hat, selbst nachdem gute Zufuhrstraßen auSgcbaut sind. Von diesen ganz allgemeinen GesichtSpuncten auSgebend, habe ich das Project Tanga-Nyanza, welches ich selbst heute noch für verfrüht batte, dem Prviect der Centralbahn zum Tanganika gegenüber gestellt, welche« seit einigen Monaten in die Erörterung geworfen worden ist, obgleich eS noch weit mehr verfrüht ist. DaS von vr. PeterS befürwortete Dorgeben muß genau zu dem gleichen Ergebniß führen, welches auch ich, und zwar unter Berücksichtigung der serneren Zutunfl, für das richtige halte: Bereinigung aller öffentlichen und privaten Kräne ans die im Bau begriffene Localbahn zum Uiambara-Hochlanb und auf die von Vr. PeterS empfohlene und sich auS seiner „Werthschätzungskarte" von selbst ergebende Localbabn nach dem Uluguru-Hochland in Ukami. Ein Blick aus die „Werth- schätzungskarte" zeigt, daß die eine dieser Bahnen zum Nyanza, die andere zum Nyassa weist. Er zeigt ferner, daß ausschließ lich nur die>e beiden Richtungen durch Gebiete führen, welche nach vr. Peters für europäische Ansiedler oder Pflanzer ge eignet und deshalb doch wohl auch von ihm als enttvickelungs- fähiger eingeschätzt sind, als das, was er „Cultivationogebiet für Eingeborene" benennt. Diese Zukunft mag aber und soll Zukunft bleiben. Mir genügt vollständig, baß für die Gegen wart ich vollständig mit einer Autorität wir Vr. Peters über zwei Linien einig bin, die für mich nebenbei auch noch den Vorzug haben, daß sie der zukünftigen Entwickelung, wie ich sie sehe, keinen Eintrag thun." Deutsches Reich. L.L. Leipzig, l?. Februar. Das Neueste auf dem Ge biete des Boycott-Un wesenS ist, daß katbolis che Geist liche öffentlich zum Verruf ausfordern. Nämlich: Die Ham burger Bürgerschaft hatte jede Unterstützung katholischer Gemeindeschulen abgelebnt. Der „Anzeiger für die katbolische Geistlichkeit Deutschland«" bemerkt nun dazu: „Wäre eS etwas Unmoralisches, wenn alle Katholiken über Ham burg den Boykott verhängten? Wir Geistliche sollten wenigsten- zusammenstehen und in Hamburg so lange nichts mehr kaufen, als die Intoleranz gegen die katholischen Bürger fortrauert. Fast jede Woche werden unS ja von Hamburg auS alle möglichen Waaren angeboren; von jetzt ab sei die Parole: Alle Hamburger Preiscourante unbesehen in den Papierkoib! Und wenn noch einer von uns eine Rechnung in Hamburg zu bezahlen hat, so schreibe er bei Einsendung de« Betrages auf den Coupon der Postanweisung: Dies war die letzte Bestellung, so lange die Intoleranz der Hamburger Bürger schast gegen die Katboliken fortrauert. Ich bist überzeugt, daß dieses Mittel nicht verfehlen wird, aus die Krämerieelen einen tiefen Eindruck zu machen." Berlin, 17. Februar. DaS Ergebniß der eben voll zogenen Neuwahlen zur Abgeordnetenkammer inWürttem berg steht nun fest. Bei der allgemeinen Messung der Kräfte am 1. Februar waren von allen abgegebenen Stimmen 3l,1 Procent den Demokraten, 23,4 Procent den Klerikalen und 10,9 Procent den Svcialdemokraten zugefallea. Den radikalen Oppositionsparteien gegenüber haben nur 34,6 Procent der Wählerschaft de, den Candidaten der Rechten und der liberalen Mitte auSgebalt«. Würden die 70 durch die VolkSwahl zu vergebenden Sitze in der Kammer nach diesem Krästeverhältniß auSgetheilt, so hätten die Demokraten 22, daS Cenlrum l6, die Social demokratie 8 Sitze zu beanspruchen, die unterlegenen Minder-- beitsparteien 24, aber die Demokraten haben 3l, da» Cea- trum l8 Mandate an sich genommen, die Svcialdemokraten begnügen sich mit 2 und die Minderheit-Parteien mit 2l Man daten. In der Hauptsache sind auch diese Berschieduugen ans vie Ungunst veS Stichwahlensystems zurückzuführen, während von der einzigen namhaften Gunst diese« System« — der Möglichkeit, durch Zusammenschluß der ftaatS- erhaltenden Kräfte relative Mehrheiten der Social- demokratie zu überwinden — nur ein bescheidener Gebrauch gemacht wurde. Die gemäßigt-liberale Wähler- chaft war selbstlos genug, im Amt Stuttgart für den Demokraten, in Aalen für das Centrum einzutreten, und hierdurch ist an beiden Orten d«r Soc,alremo- rat bezwungen worden. Dafür hat die Demokratie Stuttgart und Cannstavt den Svcialdemokraten in die ^ände gespielt und auch in der Eßlinger Stichwahl von ihren l500 Stimmen des ersten Mahlganges ein rundes Tausend den Svcialdemokraten zugefübrt. Wenn hier- wenig stens die deutsche Partei mit 400 Summen Mehrheit siegte, ist eS im Wesentlichen ihrer eigenen Kräste-Anspanvung zu danken. Das freundnachbarliche Berhältniß der Demokraten zum Cenlrum bat sich zwischen Hauptwahl und Stichwahl etwas getrübt. Eine Erklärung des Führers der Demokratie für Aufrechterhatlung des LandesgesetzeS gegen die Jesuiten und die Haltung des Centrums im Reichstage z»r Umsturzvorlage scheinen in ursächlichem Zusammenhänge zu stehen. E- setzte stachelige Bemerkungen herüber und hinüber, sofort nach der ersten Wahl mußte der „Beobachter" eine Blütbenlese über „die Vergröberung de« CenirumS" veröffentlichen, kurz, es konnte am Stichwahl- tage wohl den Eindruck machen, alS seien die siegreich vor- schrcilendeu Oppositionsparteien unter sich zerfallen, wie nie zuvor. In Aalen schwenkte der ausgegebenea Parole ent» Iprechend die gesammte demokratische Wählerschaft, 500 Köpft stark, gegen daS Centrum für die Sozialdemokratie ein! In Mergentheim, KünzelSau und Geislingen trug sie wenigstens entscheidend zu den Wahlsiegen der Landesparte, über das Centrum bei. Dennoch wird kein ernsthafter Politiker, der beiden Parteien fernsteht, ge schweige denn Herr Gröber oder Herr Payer t'iese Häkelei tragisch nehmen. Auf Seiten der Demokratie wäre eS schnöder Undank, sich jetzt gegen daS Centrum zu kehren, dessen Hervortreten als selbstständige Partei im Lande und zum Landtage recht eigentlich den AuSgangSpunct der außer ordentlichen demokratischen Wablerfolge bezeichnet; und daS Eenlrum befindet sich in Württemberg nicht in der glück lichen Lage, wie im Reichstag, daß eS je nach Gefallen mit der Rechten oder der Linken eine Mehrdeit bilden kann. Es ist lediglich auf die Verständigung mit der Demo kratie angewiesen, wenn es im württembergische» Landtage die Hände mit i», Spiele haben will. Eine cvnservative Partei »st dort so gut wie nicht mehr vorhanden. Eher könnt« die Demokratie von sich sagen, daß sie da« „Zünglein an der Waage" sei) fraglich nur, ob das Centrum ibr die genügende Bewegungsfreiheit gestattet. — Wie nun die Dinge im Laave sich entwickeln werden, ist kaum zu übersehen. Die unterlegenen liberalen Mittelparteien haben mit der Einlehr im eigenen Hause begonnen, um sich darüber klar zu werden, wie weit etwa die Niederlagen selbst verschuldet sind. Schon vor der Stichwahl wurden Stimmen dahin laut, daß die politische Richtung der nölbigen Einbeit ermangelt habe, daß auch bei der Auswahl der Candidaten Fehler vorgekommen seien und daß es vor Allem an Bethätigung in den einzelne«« Wahl bezirken gefehlt habe. Andrerseits wird auf die allAmeiaen FertNletsn. Aus -er neueren Literatur Rußlau-S. Äteraturbild von R. Uhle. I. In seinen „Reisebriefen auS Deutschland" erzählt Karamsin, der berühmteste russische Geschichtsschreiber, wie er einst im Sommer de» Jahre» 1789 bei einem Abendessen Leipziger Professoren mehrere russische Gedichte verschiedenen Vers maße» vorla», um, wie er sich ausdrückt, „zu zeigen, daß seine Sprache keinen schlechten Klana habe." Bon dem Eindrücke, den er damit bei seinen Zuhörern erzielt hat, unter denen sich der au» dem Leben Goetbe'» bekannte Oeser, Bürger meister Müller und der in Universitätskreisen damal» be sonder» hervorragende Professor Platuer befanden, berichtet er nicht», ebenso wenig darüber, in welchem Umfange damal» die russische Literatur bei un» Deutschen bekannt gewesen sein könnte. In dem ganzen Buche, da», mit großer Anerkennung deutscherBildung aeschrieben, sich auch wegen der darin enthaltenen Gespräche Karamsin'» mit Kant, Nikolai, Weiße, Herder und Wieland sehr anziehend liest, wird überhauvt nur eine einzige Uebersetzung eii«» russischen Werke» erwähnt: die Uevrr» setzung einer Oeschichl« de» russischen Theater», welche Karamsin ganz zufällm bei dem damals berühmten und in Stötteritz wohnenden Dramatiker und Lyrik« Weiß«, und zwar in Handschrift vorfand. Eia in Leipzig stuvirendrr Russe hatte sie üversetzt und Weiße verehrt. Allem Anscheine nach war die Kenntnis der russischen Sprach, und Literatur zu jener Zeit in Deutschland, vie jedenfalls überhaupt im A««lande, eine sehr vereinzelte, an» welchen Gründe«, möae hier dahingestellt bleib«,, »brr anch heutzutage ist st, nicht so verbreitet w,e st« e« verdient, obwohl st« sett jener Zeit wirkliche Meisterwerke oervorgebracht hat und es an guten Ueber- srtzllngru drrMen durchaus nicht fehlt. In den siebziger und achtziger Jahren scheint übrig«»» da» Verlsngeu darnach theilveis« eia lebhaftere» «wesen z« sein wi« gegenwLrtig, dem, «auch«» au» jener Zeit auf dem deutschen Bücher märkte erschienene Buch ist jetzt aus dem deutschen Buch handel verschwunden oder nur schwer antiquarisch zu bekommen, wie bei pielSweise die Schriften MafsalSki'S, Leitin'S, MarlinSki'S, Kukolnik's, Sollogbub'S und Reschetnikow's. Wenn nun hier über die neuere russische Literatur berichtet wird, so aeschiebt die« nicht in der Absicht, gelebrte literar- ästhetische Kragen zu erörtern oder Vergleiche mit der unseren anzustellen, sondern nur, um einen orienlirenden Blick über da« ganze Gebiet derselben zu werfen, und zwar nach einer kurzen Charakteristik der sich gegenüber siebenden literarischen Schulen zunächst nur einen Blick zu tbun auf ihren Inhalt und eine ihrer besonderen Eigentbümlichkeiten, die Natur schildungen; die» alle» auch nur insoweit, al» e» sich aus schließlich auf in die deutsche Sprache übersetzte Werke be ziehe» soll. Scharf zeichnen sich bei einem solchen Ueberblicke zwei durch die Wahl der Stoffe, die ganze Anlage und Ausführung, die Charakteristik der Personen, d,e Erfindung der einzelnen Situationen und da« mehr oder minder bemerkbare Hervor- treten subjektiven Fühlen» ganz verschiedene Kunstrichtungen von einander ab, Richtungen, die allgemein unter der Bezeichnung der romantischen und realistischen Schule bekannt sind und sich in jeder Literatur vorfinden. In den Werken der ersteren tritt, wie das ja nicht ander» sein kan», da» subjektive Gefühl de» Dichter» deutlich hervor; seine Phantasie ist die bildende Kraft. Sie zeigt sich besonder» tbätig bei dem Entwurf« der Dichtung, wie auch bei der ganzen übrigen Au»sübruna, besonders- der Erfindung der emzelnen Situationen. Will kürlich trennt sich der Dichter von den Verhältnissen der Wirklichkeit, um ganz sich hinzugeben dein Grdankengange der Phantaste. Die Phantasie de» russischen Dichter» verirrt sich übrigen» selten in» Zügellos«. Nur wenn sie in da» Gebiet ^ ^ Za ... Marlin»ki'«, wie „Siue Nacht im Kaukasus" gehören hirrber Da» Syiet Vieser Erzählungen gehört ganz dem Gebiete de« Schauerlichen an. Die Dichter der realistischen Schule suchen sich mehr der Wirklichkeit zu nähern. Ihr« künstlerische Darstellung ist ausgesprochener Zweck. Sie ist im großen Ganzen nüchterner, als die ihrer romantischen, poesievolleren Schwester. Die Vertreter der romantisclren Schule geboren im Allgemeinen den ersten vierzig Jadren de- Jahrhundert« an. ES sind dies Puschkin, Lerniontow, MafsalSki und MarlinSki-Bezucheff. Die zweite "älfte de- Jahrhundert« wird fast ausschließlich von den ertretern der realistischen Schule beherrscht, von Gogol, Turgenjeff, Leo Tolstoy, DostojewSky, Nekrassow, Gontscharow, MeschtscherSki, Grigorowilsch, Tschernyscheffsky, Solloghub, Reschetnikow. Mittelstellung nehmen Leikia, Bielin-ki unv Danilew«ki ein. . . Will man da« Sckiller'sche „Heiter ist die Kunst" auf russische Literaturverbältniffe anwenden, so wird man eS vor Allem den Dichtungen der Romantiker, in erster Linie Puschkin'« und Lermonlow'«, dann aber auch dem geistreichen Bezuchrff und dem Liederdichter Kolzow zuerkennen müssen. Sie, ganz besonder- aber Puschkin und Kolzow, singen „wie der Vogel singt". Die Form dieser Dichtungen ist überaus einnehmend und gefällig. Man spürt bei dem Lesen derselben jene« erhebende, befreiende Gefühl, daS stet- nur echte -Kunst zu erzeugen vermag. E« ist in der That ein Genuß, die Novellen Puschkin'«, reine Meisterstücke der Erzäblung-'nnsi, feinen pessimistisch gehaltenen „Lnegin", Roman in Versen, und da- tief empfundene Gedicht „Der Gefangene im Kaukasus" zu lesen. Auf diese» letztere Gedicht, eine kostbare Perle der russischen Literatur, zwar nicht in Bezug auf die Form, wobl aber wegen de» lieblichen poetischen Dufte», der über der ganzen Dichtung auS^edreitet liegt» könnt« in der Thal jede» Volk stolz sein. E« wird darin die erste Liebe «ine» kaukasischen Tatarenmatchrn» zu einem vornehmen russischen Gefangenen er zählt. Daneben enthält e» die prächtigsten Schilderungen de« Kaukasus, wi« auch de- Leben» und der Sitten seiner tapferen, wilden Bergbewohner. Dasselbe kttnstlerisck,eWohl»mpfindeu wie Puschkin erzeugen auch die Dichtungen Lermonlow'». Stet» sesselnd und unterhaltend, zaubermächtig wirkt sein ebenfall« pessimistifch gefärbter „Held unserer Zeit", eine der lnter- «ffantesteo Erzählungen au» der russischen Literatur. Diesen beiden Dichtern möchte ich den Volks- und Liederdichter Kolzow al» auserwählt« Liebling der Musen beigrsellen. Seine Lieder entquellen natürlich und zwanglo- einer echten Dichterbrust. Sie gleichen dem Vogelgesang, der ungekünstelt zum Himmel emporsteigt. Schon au- der Uebersetzung berau« süblt man, wie glücklich er darin den Volkston getrvffev hat. Kann es etwas einfachere- geben al- da- Lied: Du mein gülden Ringelein, Augenlust und Reichthum mek», Liebe-Pfand — blick hell und klar Mir ins schwarze Augenpaar l Wenn sie Seelenkummrr hat, Werde trübe, blinke matt; Ist sie wohlarmuth, al-dona Nimm des Demant« Gluthen an! Wenn sie meiner nicht mehr denkt, Andern ihre Gunst verichenkt, Dann, mein Ring, so gülden klar, Werde schwarz ans immerdar! Welche tiefe Empfindung athmet ferner sein Gedicht „Erste Liebe". Wo» einst die junge Seele mir entzückte, — DaS einst mein Herz zum ersten Mal Mit zärtlich reiner Gluth beglückte, Mit liebrtrruem Eegensstrahl — DaS will ich mit Gewalt vergesse», will Dem wilden Herzen, den erregten Sinnen Gebieten, lenken sie zum ander» Ziel, Will flammend eine Audre liebaavinneul Umsonst: die erste Liebe — die Vergißt man nie! Kaum schlai' ich «in. so schwebt sie halb und mild Zu meinem Lager gramersüllt, Reicht traurig mir dt» Hand, Beseligt mich mit füßn» Traume» Glück Und heftet unverwandt An« Auge mir den thräuentrüben Blick . .. Und wieder hört mein vbr der Lieb« trauten Gruß Und mein» Seel» babt im Hochgenuß . . . Wann endlich schlägt di» Dtuud< wo ich D»in v«rg»ss» oder »v Lu ewig «»t»V
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