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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.03.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-03-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950307018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895030701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895030701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-03
- Tag1895-03-07
- Monat1895-03
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Tabellarischer U»d Htfftrisatz nach höherem T«N- EKttB-veNugr, (gefalzt), ,»» »N st« Morqon«Ausgabe. ohne VoftbekSrdeNUtg 60.-. «it Pvithejyedeena, Iinnahmeschlllk für Anzeige«: Mb,n».Au»gobe: vormitt,,« 10 Uh». vrorge»'»u«gobe: Nachmittag» 4 Ulst. Sonn» »nd Festtag« früh 'i,S Uh». W1 den Filialen nnd Annahmesull», j, Ntt» halbe Stunde früher. Aurel»«» find stets an di» «U»»dtti»» zu richte». Druck und vertag von «. Pol» d» Leidztg 121. Donnerstag den 7. März 1895. 89. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, die An- und Abmeldung der Fremden betreffend. Mit Rücksicht aus die bevorstehende Bormcsfc für Muster- l<t»er und Mnstercolleetioncn bringt das »nte.zeichnete Polizei- am« die nachstehenden Bestimmungen des Melderegulativs mit dem Bemerken in Erinnerung, daß jede Vernachlässigung Vieler Vorschriften Geldstrafe bis zu LÖ oder entsprechende Haft- ftrafe nach sich zieht. Die An» und Abmeldung der Fremden kann sowohl auf dem Haupt- «eldcamt, Abth. n, Pollzeigebäube, Wächiersiroste 5, ll. Eloge, und zwar an Wochentagen in der Zeit von 8 bis 12 Uhr Vormittags und von 2 bis 6 Uhr Nachmittags und an den Sonntagen i» der Zeit von ',1t bis 12 Uhr Vormittags, wie auch aus jämmtlichen Bc- zirksmeldestellen (Polizeiwachen), und zwar an Wochentagen in der Zeit vo» 8 Uhr Burmiltags bis ! Uhr Mittags und von 4 bis 7 Uhr Nachmittags und an den Sonntagen in der Zeit von '/,11 bis 12 Uhr Vormittags erfolgen. Leipzig, den 28. Februar 1895. Das Polizciamt der Stadt Leipzig, v. k. 985. Bretschneider. Seilenmacher. AnSzng aus dem Melderegnlativ der Stadt Leipzig vom 4. December 1890. A. 12. Jeder in einem Gasthose oder in einem mit HcrbergS- bercchttgung versehenen ähnliche» Hause einkehrende und über Nacht bleibende Fremde ist vom Gastwirth oder Quartiergeber, und zwar, falls er vor Z Uhr Nachmittags ankommt, noch am Tage der Ankunft, andernfalls aber am folgenden Morgen spätestens bis 10 Uhr beim Meldeamt des Polizeiamts Abth. II oder der Polizeiwache des betreffenden Bezirks schriftlich mittelst des vorgejchriebenen und für jeden Fremden besonders auszufüllen den Formulars anzumelden. Befinden sich in Begleitung des Fremden Familienmitglieder, Dienerschaft oder sonstige Perionen, so sind dieselben auf dem nämlichen Zettel mit zu verzeichnen. Zu gleich mit diesen täglichen Anmeldungen ist auch dir Abmeldung her inzwischen abgereislen derartigen Fremden zu bewirken. tz. 14. Die in Privathättscrn absteigenden Fremden, sogenannt» ytsuchsfremde, sind, sobald sie länger als 3 Lage hier verweilen, spätestens am 4. Tage, von erfolgter Ankunft an, vom Quartierwirth beim Meldeamt Abth. ll oder der betreffenden Polizeibezirkswache mündlich oder schriftlich mittelst des vorgeschciebenen Formulars onzumelden. Bei den etwa in Privathäusern Wohnung nehmenden MetzfrrmdtN jedoch hat diese Anmeldung in jedem Falle, auch wenn sie nur eine Nacht hier blieben, und zwar binneit 24 Stunden von der Ankunft an, beim Meldeamt Abth. kl, als auch in jeder der PolizeibezirkSwachcn zu geschehen In gleicher Weise ist die Abmeldung binnen 3 Tagen, bei Mctzkremden binnen 24 Stunden von erfolgter Abreise des Fremden oder etwa erfolgter Wohnungsänderung an zu bewirken. Z. ltz. Bei den nur einen Monat oder weniger sich hier auf haltenden Fremden bedarf es in der Rcgel der Vorzeigung oder Niedrrlegung einer Legitimation nickt, doch bleibt der Fremde jeder zeit verpflichtet, sich aus amtliches Erfordern über seine Persönlich keit auSzuweisen. Fremde, welche länger hier verweilen wollen, haben sich in der Regel in ähnlicher Weise zu legitimiren, wie dies in 8. 1 bezüglich der Einwohner vorgeschriebe» ist. §. 18. Für rechtzeitige An- und Abmeldung der Fremden hasten nicht nur diese selbst, sondern auch die betrestenden Ouarticrwirthc, welch« Fremde bei sich ausnehmen. Bekanntmachung. In Gemäßheit des §. 1 der Vorschriften für die Ausführung von Anlagen zur Benutzung der städtischen Wasserwerke vom 6 Februar 1888 machen wir hierdurch bekannt, daß der Klempner Herr Wilhelm Reinhardt, L.-Tölitz, Bornaische Strohe Nr. 81, zur Uebernahme solcher Arbeiten bei uns sich angemeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewiesen hat. Leipzig, den 5. März 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. X. 1055. Vr. Georgi. Wolfram. Versteigerung. Freitag, den 8. und evcnt. Sonnabend, den S. März 18S5, von Vormittags 10 Uhr an arlangrn im Restaurant zur „Marienbnrg" in L.-Schlentztg, KönneriHstratzc, l große Partie Materialwaaren. als Kaffee, Zucker, Cigarren, Tabak, Hülienfrüchtc, Seife, Syrup, Honig, Ehocolade, Rosinen, Mandeln, Olivenöl, Datteln, Feigen, Conierven, Weine, Spiritnosen, l große vollständige Ladeneinrichtung, 1 Eis. schrank, I Brückenwaage, 1 Petroleumapparat, Möbel und ver jchiedene andere Gegenstände zur Versteigerung. Leipzig, am 6. Mürz 1895. Der Gerichtsvolljieher de« König!. Amtsgerichts. Secr. Rassow. Gesucht wird der am 13. August 1861 in Breslau geborene Feilenhauer August Oscar Max Alter, welcher zur Fürsorge sür sein Kind anzuhgiten ist. Leipzig, den 2. März 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Armcnamt. Abth. 11. K. VII. Nr. ?9e/713. Hentschel. Mür. Gesucht^ wird der am 5 November 1862 in Neuendors bei Bernburg geborene Handarbeiter Gottsricd Trangott Hcnschcl, welcher zur Fürsorge lür seine Kinder anzuhatte» ist. Leipzig, den 5. März 1895,. Ter Rath der Stadt Leipzig. Armcn-Amt, Abth. IV». 71. R. 1V a. Xo. 624. Hentschel. Hr. Oie drei berechtigten privatjchulen in Veipjig führen wie die öffentlichen Realschulen ihre Zöglinge bis zu der durch das Gesetz vom 15. Febr. 1884 für die öffentlichen wie für die privaten Realschulen vorgeschriebenen Reifeprüfung, mit deren Bestellen auch die Berechtigung zum einj freiw. Milftairdiensl er- laiigl wird. Zugleich bereiten sie sür die entsprechenden Klassen der össenllichtn höheren Lehranstalten vor. Hur Ausnahme in die Vt. Realschul- bez. Progymiiasialklasse genügt das 9. Lebensjahr, während in die Vorschulklassen Schüler vom schulpflichtigen Atter an ausgenommen werden. Das Schuljahr beginnt Montag, den 22. April. Die Unterzeichneten sind zur Entgegennahme von Anmeldungen und zur Er.Heilung jeder gewünschten Auskunft täglich (anher Sonntags) 11—'/»I Uhr bereit. Dir- llr. L. vartst, Realschule mit Elementarklassen (Querstr. 19 u. Bahnhofslr. 5). Dir. vr. kr. kqtii (Teichmann-Vr. Rotb'iche Privatschule) Real schule mit Progymuasial- und Elementarklasten (Ecke der Universitäts- und Schillerstr. Fernsprecher Nr. 2059). Dir. 0. Doller, Realschule lCentralftraße l). Jesuiten in Licht? Ueber den Beschluß des Reichstags, welcher den Jesuiten, den Antipoden deülichen Wesens, in unserem Vaterland? Hütten zu bequemerer Wühlerei für römische Zwecke bauen will, steht dir Entscheidung nun beim Bunkesrash. Fürst Bismarck hat Wesen einmal als einen stärkeren Hort des Reiches bezeichnet, als der Reichstag sei. Ter Bundesratb hat jetzt eine Gelegenheit, vie Probe auf die Wahrheit dieses AuS'prucks zu machen. Die TageSpreffe bringt neuerdings öfter Notizen, es sei an leitender Stelle Neigung vorbanven, dem Zentrum die heiß' ersehnten Jeiuiten an sein so deutsch (!) fühlendes Herz zu legen. Vielleicht sind solche Notizen Versuche, me Meinung des protestantischen VvlkesvonNeuem herauszulocken. Uno wenn dies jetzt schweigt oder nicht so laut seine Stimme erhebt, wie die Römischen zu reden sich gewöhnt haben, so folgert man, die Protestanten stünden nun in kühler Gleichgiltigkeit zu der Frage, ob man den Jesuiten die Thorr des Reiches wieder öffne oder nicht. Aber wenn der Bundesralh durch solche Erwägung sich das „Ja" zu dem Reichslagsbeschluß er leichtern wollte, beginge er einen verhängnißvvllen Fehler. Die evangelischen Deutschen sind es müde, immer von Neuem gegen die valicaaischen Gelüste zu protestiren; wenn sie jetzt schweigen, so geschieht es, weil sie oft genug gegen die Wiederaufnahme der jedes Volk und jeden Staat verderbenden Jesuiten gesprochen baden; ihre Ansicht darüber kann weder dem Bunkesrath noch dem Reichstag fremd sein; an beiden Stellen muß man Kennlniß davon haben, welch' ein Widerwille gegen Gewährung jesuitischer Niederlassungen durch alle die Schichten gebt, die in warmer Begeisterung um vie Fahne deS deutschen Reiche- sich schaaren. Wenn sie jetzt schweigen, so geschieht es, weil nun der Bund esra i h zu reden bat. Und wenn sein Spruch für die Loyoliten, für diese starren, kalten, grausamen Verfechter des Romanismus säsit? Dann hat das Cenlrum seinen Willen; die Minori tät der Deutschen, die im Gefolge deS Papstthums bient, übt ausschlaggebenden Einfluß; die Verhältnisse unseres Vaterlandes werden durch römische Rücksichten be stimmt; der Vatican regiert mit in Deutschland; bann bat das Cenlrum seinen Willen: Es wird in weiten Kreisen des Volkes da- Vertrauen zur Kraft der Regierung weiter ge schwächt und das patriotische Interesse für'S Reich unter bunden; die centrifugale Strömung nimmt zu. Wie sollte auch feste und entschiedene Neigung sür ein Slaatengebiet Platz greifen, in dem dem römischen Bischof sreundlichst die Hand gedrückt, höslickst daS Coniplinient gemach, nnd römischem Geiste überall die Wege sreigegeben werden! Für den J«su- ilismus ist das deutsche Reich nicht gegründet; nein, dazu erstand cS in großer Zeit aus der Vollkraft germanischen Geistes nicht, daß »S wieder der gehorsame Diener der vati kanischen Universalibeokratie werde, von der die gewaliigste Thal si-iner Geschichte, die Reformation, den deutschen Geist gelöst hat. Vicksrwt consules! Weitere Concessionen gegen das Cenlrum entfremden der NeichSregierung die Kreise, in denen der Reichsgedanke seine zuver lässige Stütze bat, und läbmen die freudige Hingabe an das Reich. Und wenn nun das hier die römische Partei erreicht, so wäre dies schon ein großer Triumph für sie. Aber sie wird, wenn sie nun ihre Jesuiten wieder ungehindert zur Verfügung Hai, noch mehr erreichen. Gras Hoensbroech hat abermals vackgewiesen, daß die Loyoliten grimmige Hasser des deutschen Reiches sind, wenigstens so lange, als dieses nicht nach den Winken des Vatikans niarschirt; er hqk nachgewiesen, daß sie den Einfluß des geordneten deutschen Priesters auf die Grnieinde verdrängen und das Volk sich unlerlbänig machen. Glaubt man in Berlin, daß sie ihre Herrschaft über die Gemächer zu Nutz und Frommen des Patriotismus gebrauchen? Glaubt man, daß sie die deutschen Katholiken in der Treue gegen Kaiser und Reich festigen? Glaubt man. daß sie, die Vertreter einer entsetzlichen Moral, die Vorkämpfer mittel- atlerUcher Gedanken, ihr Gefolge willig machen werden zur Mitarbeit an den Culturausgaben unseres Volkes? Har man in Berlin keine Furcht davor, daß es jesuitischer Minir- arbeit gelingen könne, die coufessionelle Spaltung immer mehr zu erweitern und den Gegensatz zwischen Ploteftanten und Katholiken im deutschen Reich zu eiuer unüberbrückbaren Kluft zu dehnen? Kann man dort aus den Zusätzen, dir das Ceütruin zu dem Um siurzaesey gebracht hat, nicht aus die Ziele schließen, die man auf vaticanischer Seite verfolgt? Im Syllabutz PiuS IX. war darauf bingewiesen, daß der Staat zum Kampfe gegen die Feinde der römischen Kirche verpflichtet sei, da diese der einzig berechtigte Cultus, dir einzige Ltaatsreligion sein dürfe; die Anträge des CenlrumS zu», Uinstrirzgesetz wollen in 'etzier Lini« dem Strafrichter die Rolle de« alten Inquisitor) geben. Wer hätte gedacht, daß 25 Jahre nach Errichtung de« denlschen Reiche« Versuche mit Aussicht aus Erfolg unternommen werden könnten, die Kritik am Roman'smuS und daS freie Wort des evangelischen Geistes mundlodt zu machen? Ein solcher Schimpf ist selten dem Deutschen angethan worden. Villoaut couzulss! Unser Volk rüstet sich, in bellen, Jubel den 80. Geburts tag des Altreichskanzlers zu begeben. DaS ist eine lichte Stelle im Dunkel der Gegenwart. Aber mag diese Feier nicht blos begeisternde Reden bringen; mag sie von Neuem die Hobe Freude am deutschen Vaterlanoe und den Einschluß allerorten wecken, aus der vornehmen, sich sicher dünkenben Zurückhaltung gegen das Vordringen des vater. landstosen und des römischen Wesens zu kralliger Ver tretung evangelischer und deutscher Interessen sich zu erheben! Wenn es unser Spruch sein soll: Deutschland, Deutschland über Allo-, über Alles in der Welt, so muß uns zuvor da andere seststeben: Deutschland für sich selber und nicht für den Roinaiiismus mit seinen culturseindlichen Schaaren! Steht dies fest, so haben auch die Thore des deutschen Reiches den Jesuiten verschlossen z» bleiben! ^ Meyer. Deutsches Reich. * Leipzig, V. März. Im „Vorwärts" ist heute zu lesen „PinVtrr hält es ohne e n Organ nicht länger auS und will um einem eigenen, tiefgefühlten Beoürsniß zu genüg'N, vorab ein Wochenblatt gründen. Es soll „Deutsche Sonntagspost" heißen und bei Otto Spanier in Leipzig erscheinen. Mel dungen von Ministern verflossener. gcge»marliger ober auch zu künftiger Curie, die etwas Ltficiöses abzutagern haben, können vorab noch entweder vo» Pindter persönlich ober auch postlagernd unter der Chiffre „Mißdufr" berücksichtigt werden " Der Berlagsbandlung Otto Spanier ist, wie wir er fahren, von einem derartigen Unternehmen nichts bekannt Q Berlin, 6. März. Allenthalben in der bürgerlich- radikalen Presse stößt man auf das begeisterte Lob einer von Ernst Freiherrn von Wolzogen unter dem exclusiven Titel „Linksum kebrt schwenkt — Trab!" veröffent lichten Schrift, die sich zum Tbeil gegen die Umsturzvorlage wendet und im klebrigen einen aristokratischen Standpuncl vertritt, auf den rübmend hinzuweiseu unsere bürgerliche Bescheidenheit selbst dann nicht ausreichen würbe, wenn w>r in der erwähnten Vorlage nichts AnnedmdareS fänden. Man liest da: „Ich glaube an daS Blut — als überzeugter Darwinianer; ich glaube, daß wir Adligen eine besondere Rasse darstellen, welche — wenigstens bi« in hie neuere Zeit hinein — die zum Herrschen berufene war. Das Auswachsen in der Freiheit ist allein im Stande, geistig und körperlich tüchtige, kraftvolle Menschen zu erzeugen und lange Zeit war es der Adel, der allein solcher Freiheit genoß. Und auch späterhin war er noch lange Jahrhunderte hindurch durch Besiv und Vorrechte aller Art in den Stand gesetzt, die höchste Bildung, die feinste Sitte der Zeit sich vorzugsweise zu eigen zu machen und in tüchtigem Manneswerk, in Krieg und Frieden stets an her vorragender, führender Stelle seine Kräfte vielseitig auszu- t'ilden. DaS mußte in jedem Adligen ein gewisses Herrscher- hewllßtsein erzeugen, welches selbst bei den Minderbegabten durch eine ungezwungene Sicherheit und Freiheit des Auftretens zu Tage trat, welche den Adkömmtingen der Unfreien bei allem Bemühen nur «nvollkommen oder gar nicht sich anzueigncn gelingen kpnnte. Heutzutage haben sich die Verhältnisse insofern freilich erheblich ver schoben, als die Abkömmlinge alter Bürgerfamilien, deren Mitglieder schon seil vielen Generativen im Besitze großer Vermögen, höherer Bildung und bedeutender Stollungen sich befanden, jene Vorzüge mit den Nachkommen des Adels tbeilen. Sie sind also im eigentlichsten Sinne d«r GeburtS- arlstokratie zuzurechnen, ein Unterschied zwischen adlig und bürgerlich besteht in diesem Sinne wicht mehr. Was aber immer bestehen bleiben wird, das ist der Rassenuntezschied zwischen alten und erst neu in die Höbe gekommenen Familien " Was die Leser freisinniger Blätter, die nach der als Freiheit-- und Fortschritts-Botschaft empfohlenen Schrift jedenfalls zu Tausenden gegriffen haben, zu der an- jenehmen Abwechselung sagen mögen, die sie ibrxn politischen Beralhrrn verdanken ? Wo sie sonst eme Raubriltervergangen- heit zu sehen gelehrt wurden, zeigt man ihnen jetzt eine Zeit allein kstelttfthcawürdiger Freiheit, deren Produckk eine Kraft ist, die nicht, wie es gewöhnlich b<d, ein Rowdiethum nach Belbätigniig drängt, sondern ihren Trägern das Recht aus die Herrschaft verbrieft, einer Herrschaft, die sie, wenn eA sein muß, mit den „Abkömmlingen der Unfreien" tbeilen dürfen, vbiie deshalb des Bewußtseins ihrer Waffenüberlegenbeit ver lustig zu geben! Die Selbstverleugnung freisinniger Blätter, die in der Anerkennung von der Rasse bedingter Oualitäts unterschiede liegt, ist wahrhaft heroisch zu nennen. Der viel gepriesene Edelmg spielt seine angestammte Volkssührerrvlle übrigens nicht nur der bürgerlichen Demokratie zu Dank, auch die Socialdemokralie findet in seinem Sendschreiben Goldkörner, und der „Vorwärts" verrätb vielleicht einen sichereren Jnstinct als die Herrn von Wolzogen wie einen neuen Hutten preisenden Freisinnigen, wenn er die Stelle bervorbebt, die die Ehe als „staatlich und kirchlich con- cessionirteS Hazardspiel, in welchem gleichzeitig der unglück liche Verlierer zu lebenslänglichem Zuchthaus verurtbeilt wird", drfinirt. (Soweit unsere ^-Correspondenz. Wir unsererseits haben allen Grund, zu bezweifeln, daß Herr von Wolzogen sich auf eigene Erfakrnngen stützt, wenn er die Ehe in Deutschland einem lebenslänglichen Zuchthaus vergleicht. Die Red.) 0. H. Berlin, 6. März. (Privattelegramm.) Der Kaiser hat auf das Telegramm der Berliner Studenten schaft anläßlich der BiSmarckseier erwidert, daß er sich herzlich gefreut Hab« über den schönen und würdigen Verlauf der Feier, welch« von der begeisterten Dankbarkeit und der warmen Pietät der akademischen Jugend gegen den großen Kanzler rin glänzendes Zeugniß ablege. ö. Berlin, y. Marz. (Privattelegramm.) Die „Kreuzztg." bestätigt, daß Ppcrpräsivcnt Graf Ttolbcrg den Abschied genommen hat. Die „Nqtivnalzlg." meint, den äußeren Anlaß zum Rücktritt habe die Erklärung Slolberg'S zu Gunsten deS Antrags Kanitz gegeben, und fährt dann Feuilleton. Ein altes Leipziger Zunftbild. Mitgetkeilt von Otto Moser. (-taLdruck »,rl>o!en.) Al« der ursprünglich erste Stand der Leipziger Bevölkerung, der Ritterstand, die sogenannten Geschlechter, im 13. Jahr hundert an Macht und Ansehen verloren batte, erhob sich um so kräftiger der zweite und dritte Stand, daS Bürger- thum, die Handelsherren, oder wie sie sich selbst bezeichneten, ..die Edlen von der Kalifniannschafr" und die Handwerker. Letztere waren ursprünglich erbliche Freisassen, von welchen den meisten wobl nur ein HauS mit Hofraum zustand. Dieser Stand trat schon frühzeitig zu Gilden und Innungen zu sammen und schuf sich eigene, da« Ganze ordnende und regelnde Gesetze, wodurch er so rasch an Macht und Kraft gewann, daß er nickt nötbig batte, zur Wahrung seiner Errungenschaften mit den eklen Geschlechtern, wie anderwärts vortam, Kampfe zu bestehen. Mit Gründung der Innungen, die sich im Laufe de- 13. und t4. JabrbundertS vollzog, trat «uch bald eine Beschränkung der bisherigen Gewerbefreibeit ein und schließlich übte der Handwerkerstand unter seinen Oberältesten über alle seine Angehörigen eine eigene Gericht- barkrit, dtren Gesetze keinen Widerspruch gestatteten. Bor unS liegt das Archiv der hiesigen Hutmacher- Innung, einer der ältesten Zünfte der Stadl, nach welcher in grauer Vorzeit eine Nachbarschaft „die Hutrrgasse", die vor d«m Ranslävler Thore, bei der Angermühle, lag und noch 1542 in die Jakobskirche eingepfarrt war, benannt wurde. Die in der Jnnnngslade verwahrten Schriftstücke führen fünf Jabrbunderle zurück und bieten einen ununterbrochenen Nachweis aller Verpflichtungen und Ver handlungen, wie sie in den Meisterversammlungen, vor offener Lade, bis zur neuesten Zeit zur Sprache gekommen sind. Jetzt, wo die Aufregung und Meinungsverschiedenheit über die Gewerbefreibeit und Aufhebung deS JnnungSwesenS noch keineswegs überwunden ist, dürfte ein Einblick in vie Niederschriften der Jnnnngslade der Leipziger Hutmacher, welche ein halbe- Jahrtausend an sich vorüberzieben sahen und vieles Denkwürdige enthalten, wohl von allgemeinerem Interesse sein. Am Tage der heiligen drei Könige (6. Januar) nach Christi unseres Herrn Geburt 1429 versammelten fick die alten Handwerksmeister „der Huler-Jnnunge tzu liptzk" zur schriftlichen Feststellung ihrer langst vorhandenen Satzung und Ordnung. Ihre Namen waren Hentschel Hüter, Nikel Hnter, Trewvel, Lamprecht, HanS Mockow, Jleburg, Heinrich Peßener, Mats Rorback, Frantz Kulebvrn, Moritz Lorentz, Hans Wiveris, HanS von Halle, Heyntz Werlitz, Nikel H»en, Ulrich Hane. Frantz Huler, Nikel Twargk, Andres Schroter und Nikel Malern, also neunzehn Meister, Beweis genug für die Blütbe des Geschäft- zu einer Zeit, wo Leipzig wobl kaum l 5 000 Ein wohner zählte. Im Jahre 1483 nahmen, mit Wissen und Willen deS ehrsamen RathS, als Magister Johannes Wild, Bürgermeister und Hanö Leympach Richter gewest, vie Meister Melchar Tunkel, Hans Körber, Nikel Baldrian, Hans Unvorzait, Michel WideriS, Oswald Wayner, Gloriu« Huker, Dintz KorbiS, Lenbard Sidentpopp. Hans Hofmann. Symon Tunkel, BrosiuS Kluge, Symon Baldrian und Peter Burck> hawser, abermals eine Revision der JnnungSartikrl vor, die um Eintracht. Willen, Nutz und Gediene des Handwerks für die Gegenwärtigkeit wie für die Nachkommenschaft dazu dienen sollte, daß alle Meister und Gesellen in umliegendem Land und Städten, ihrer Gebrechen wegen, vor offener Hauptlabr der Leipziger Innung erscheinen und sich nach löblicher Gewohn heit bescheiden lassen sollten. Die Satzungen enthielten im Ganzen nur zwölf Artikel, die jedoch ausgiebig genug waren, um alle personellen und geschäftlichen JnnungSgesetze zu umfassen. „Znm Ersten wurde das Meisterrecht behandelt. Mer Meister werden wollte, mußte dies dem Handwerk rechtzeitig knndthun und mutben (nachsuchen), und zugleich Nachweise», daß er sich beweibet und daS Bürgerrecht gewonnen hatte. Hieraus mußte er einen rauchen Hut, einen häsenen Hut und ein Paar guter Socken anfertigen, und vor der nunmebr erforderlichen zweiten Mutbnng den, Handwerke zur Erhaltung der Har- Nische und anderer Notbvurft fünf Gülden und vier Pfund Wach« (für die Kerzen des JnnungSaltarS) geben. Hatte aber der Gesell das Handwerk bei einem Leipziger Meister gelernt, durfte er, außer den fünf Gülden, nur zwei Pfund Wach- spenden. Mutbete aber Einer das Hand werk überhaupt (nur einmal), der zahlte sechs Gulden, vier Pfund Wachs und sechs Groschen Mutbgeld. Derselbe durste aber im ersten Jahre keinen Hut auSbängen, keinen Jungen ausnebmen (lernen) und auch keinen Gesellen halten. Ein MeisterSsobn sollte das Handwerk ganz (Meisterrecht umsonst) und eine Meisterstochter (sür die Heiraiv) um die Halst« der Gebühren haben. Dafür mußte aber ver MeisterSsobn die Kerzen (artt dem Altar) so lange warten, dis ein anderer nach ihm Meister wurde, auch balle er beim JnnungS- quartal vie Lichte zu warten und daS Handwerk zusammen zu berufen. An einem Sonntage oder anderem heiligen Tage Hüte auSzubängen, wurde mit einem Pfund Wachs bestraft, soviel als wenn Jemand mehr als sechs Hüte aushing. Weiter war ver boten, falsches Werk zu macken, wie Kubhaare in Rauchwerk zu schlagen oder zu bleckerft?) Ein Lehrjunze sollte nicht unter drei Jahren angenommen werden, auch war verboten, einen Lehrknecht aus einer fremden Stadt, gegen den Willen seines dortigen Meisters, au'zunebmen und denselben arbeiten zu lassen. Wem da- Handwerk zugesagt worden, Ver sollte von des Handwerks wegen, wenn e- dir Noth erforderte, einmal vierzehn Tage, auf seine eigene Kostung, mit seinem eigenen Harnisch, in die Heerfahrt ziehen, oder einen anderen Taug lichen für sich schicken und auf seine eigene Kosten auSfertizen. Und wie viel Tage Einer über vierzehn Tage ausblieb, den sollte man nach Anzahl der Zeit vrrsolden: Wer aber eines Meisters Tochter zum Weibe nahm, der hatte nicht mehr als acht Tage aus seiner selbst außen zu bleiben. Mehr als zwei Gesellen und einen Lehrjungen m seiner Werkstatt zu halten, war keinem Meister erlaubt. Endlich war untersagt, das Handwerk ans einen Anderen zn übertragen, es wäre denn, daß er dessen Wachs und Geld entrichtet«^ auch sollte kein Meister einen Lehrjungen aufnehnien. bevor er nicht zwei Pfund Wachs nnd zwei Groschen entrichtet hätte. Im Jakre 1527 verordnte der Rath, daß kein Huter- meister fremde Hüte aufkaufcn, feil haben oder vertreiben durfte, sondern nur Hüte, die in Leipzig gefertigt worden Wenn aber Einer dem Andern seine Hute allbi« abkaufen und vertreiben wollte, war idm die- unverboten. Diese Be willigung sollte sich jedoch nur versuchsweise auf die Zeit von zwei Jakre» erstrecken. Die Innung scheint von dieser Zeit an Vera,lassung zu mancherlei Beschwerden gehabt zu haben. So klagte sie r«
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