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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.04.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-04-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950427020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895042702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895042702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-04
- Tag1895-04-27
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. ^ .. .» -^ -s». Her tz« i« GtNbck kyv»v»»»» U»ruyr»»A« «»»* t bezoaen für «nd Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direkte tägliche Krenzbaadlenvuug in» AaSlaud: monatlich 72». scheint täglich mit AaS- »»- and Festtags« '/^ Uhr, gäbe Wock Rrhartts« »»- Lrpe-ition: A*htMHe-xffg 8. Filiale«: Lot» Lüsche. Aotharinenstr. 14, Part, und KönigSvlatz 7. Abend-Ausgabe. ch)MrSagMM Anzeiger. Legan für Politik, LocchWchte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Atrzrigerr,Preis die Sgespaltme Petitzeile SO Pfg. Reklame» unter de«Redactivn»strich (4qo- spalten) bO>^, vor den Fawiliennochrichlea (6 gespalten) 40^. Kroger« Schrift«« lavt »«sere» Preis- verzeichniß. Tabellarischer «nd Ziffernsatz «ach höherem Tarif. Srtra "Beilagen (gefalzt), «ar mis her Muraea-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderuug -ck 70.—. A««slsmeschluk für Änzei-m: (nur Wochentags) Abe«d-A«Sgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen» Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei de« Filialen und Annahmestelle« je eine halbe Stunde früher. Anzeige« sind stets an die Erpediriaa zu richten. Druck u«d Verlag von E. Polz in Leipzig. ^ M. Vonuabrud den 27. April 1895. 8S. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 27. April. Am Donnerst«« wird per Reichstag voraussichtlich die zweite Lesung der Umswrz»»rl»»e beginnen. Laß der EommisstonSbericht die Aufgabe des Plenums wesentlich erleichtern werde, kann leider nicht vorausgesetzt werden. „Daß der Bericht" — so schreibt man dem „Hamb. Corr." — „namentlich in dem auf die zweite Lesung in der Commission bezüglichen Theil an allzugroßer Klarheit leid«, kann man nicht sagen. Auch den Streit um die Frage, ob in dem Z. 166 der Commission«- safsung der strafrechtliche Schutz auch auf die „Lehren" der ReligionSgesellschaften ausgedehnt worden sej, giebt der Bericht eine ergötzliche Antwort. Die Aufnahme der Worte „ihre Lehren" ist zuerst ab ge leb nt, dann aber — und beide Male mit derselben Mehrheit — beschlossen worden, weil die Conservativen das eine Mal mit Nein, da andere Mal mit Ja gestimmt haben. Daß daS nur ein taktisches Manöver gewesen fei, um eine Unterlage für das Plenum ru schaffen, muß mau ja glauben, weil Herr von Buchka eS bei Feststellung de« Be richtes im Namen der Conservativen exklärt hat. Ist daS richtig, so hat also d«S Centrum in der Commission erklärt, im Falle der Streichung der Worte „ihre Lehren" gegen die ganzen Beschlüsse stimmen zu müssen." Daß daS Centrum im Plenum diese Erklärung wiederholen werde, ist nicht gerade wahrscheinlich, obgleich einige ultramontane Blätter den Anschein zu erwecken suchen, als fordere die Partei ein- mütbig die unveränderte Annahme der Conimissionsbeschlüffe. DaS Centrum bat noch stets mit sich handeln lassen, und wenn an maßgebender Stelle Neigung zum Pactiren mit dem Centrum vorhanden ist, so wird die Fraction sich nicht abweisend verhalten. E- müßte denn sein, daß ein Gewährsmann der „Berl. Börs.-Zlg." fortsühre, Herrn von Böller al« Protektor der klerikal-conservativen CommissionS- abmachungen und den Reichskanzler Fürsten Hohenlohe als Gegner hinzustellen, der zu seinem Rücktritte ent schlossen sei, wenn eS Herrn v. KLUer und seinen Günst lingen gelingen sollte, die Vorlage in einer für den Reichskanzler unannehmbaren Fassung vurckzudrücken. Glaubt daS Centrum, den Fürsten Hohenlohe stürzen zu können, so wird e« den Versuch schwerlich unterlassen, und waS die Conservativen betrifft, die dem Nach folger des Grafen Caprivi die entschiedene Stellungnahme gegen den Antrag Kanitz nicht verzeihen können, so dürften sie der Versuchung schwerlich widerstehen, einem solchen Ver suche sich anzuschließcn. Vorläufig dürften indeß beide Parteien davon absrhen, ihre Taktik nach den Behauptungen de« Gewährsmannes der „Berl. Börs.-Ztg." einzurichten, und eS für gerathener halten, die Haltung der Regierungsvertreter abzuwarten, auf die mit Recht alle Welt gespannt ist. Mit dem dem preußischen Abgeordnetenhause zu> gegangenen Gesetzentwurf über die Bewilligung von Staat» mittely zur Verbesserung der Wohnunganerhältniffe »er Arbeiter wird «in weiterer Schritt auf einem Gebiete ge- than, daS anderweitig auch bereits bebaut ist. Al< die Arbeiter wohnungsfrage in der Mitte der achtziger Jahre bevorzugter Gegenstand der öffentlichen Erörterung zu werden begann, hat man sich ihre Entwickelung allerdings vielfach anders ge dacht. Man glaubte, daß da« Reich zu dem Erlaß eine« Wohnung-gesetzt» sich verstehen würde, i« welchem nicht dlo» ein Minimum der Anforderungen, welche an den Bau der Gebäude und die Größe und Lage der Wohn- räume gestellt werden müßten, sondern auch eine dauernde Control« über die Benutzung der einzelnen Räume z« den bei der Einholung der Bauerlaubniß angegebenen Zwecken festgesetzt würden. Andere Länder haben ähnlich« Einrichtungen schon vor langen Jabren getroffen. Jedoch au» einer solchen Tbätigkeit de« Reicks ist, obwohl einzelne Abgeordnete von Zeit zu Zeit im Reichstage auf diesen Gegenstand zurücktamen, nickt« geworden. Dafür bat aber die Reichsverwaltung nach einer anderen Richtung bin Abhilfe für einige auf vem Wohnungsgebiete vorkandene Mißstände getroffen. Nachdem eine große Reibe von privaten Arbeitgebern mit der Einrichtung von Arbeiter wohnungen vorangegangen war, bat die Marinever- Waltung jn den verschiedensten Etat« größere Summen rum Ban von Arbeiterwohnungen, zur Anlegung von Arbeitercolonien n. s. w. gefordert und auch bewilligt rrbalten. Soweit also daS Reick als Arbeitgeber thätig ist, hat eS sich die Besserung der WohnungSverbaltnisse auch praktisch an gelegen sein lassen. Eine indirekte Förderung erfuhr daS Arbeijerwohnvngswesen von Reichswegen dadurch, daß im Invalidität«- und Altersversicherungsgesetz eine Bestimmung aesroffen wurde, wonach die Versicherungsanstalten einen Theil ihre« Vermögens auch in Grundstücken anlegen können. Es sind bereits Millionen zur Erbauung von Arbeiterwohnungen auS den Fonds der Versicherungsanstalten heraegeben. Mit dem neuen, dem preußischen Abgeordneten bause zugcgangenen Entwürfe wird nunmebr eine direkte Förderung auf diesem Gebiete durch Staatsmittel angestrebt. Man kann nur wünschen, daß das Vorgehen der preußischen Regierung überall im Reiche Nachahmung findet, wo nicht bereits mit gutem Beispiele vorangegangen worden ist. Freilich wird die Finanzlage in den meisten Einzelstaaten dem besten Willen unübersteigliche Hindernisse cntgegenstellrn, so lange der Reichstag sich nicht entschließt, durch Erschlie ßung neuer Einnahmequellen für das Reich die auf den Einzelstaaten ruhenden Lasten zu vermindern. Im Vatikan, der nach seiner eigenen Versicherung durch eine Reihe von Jahren für die französische Republik so viel gethan hatte, daß ihm zu thun kaum noch etwas übrig blieb, terrscht gegenwärtig gegen Frankreich arger Mißmuth, dessen Ursprung die kürzlich von der Kammer beschlossene Erhöhung der Steuer für nicht autori- sirte geistliche Orden bildet. Diese Maßregel bedeutet, wie in den vaticanischen Kreisen behauptet wird, eine überaus empfindliche Schädigung, um nicht zu sagen den Ruin der nicht antorisirten geistlichen Orden und demzufolge einen schweren Schlag für die Entwickelung des katholischen Apostolats in Frankreich. Das erwähnte Gesetz dürfe al« daS für die Kirche nachtheiligste bezeichnet werden, daS in Frankreich seit einem Jahrzehnt angenommen worden sei. Es könne nicht auSbleiben, daß daS Gesetz die Beziehungen zwischen dem beiliaen Stuhle und der französischen Regierung ungünstig beeinflusse, und daß die Annäherung zwischen den Kirchlichgesinnten und derRepublik nunmehr ins Stocken gerathe. Der Papst habe sich über den der Kirche feindseligen Geist de« Gesetzes mit scharfen Worten geäußert und betont, daß ihm sein vielfaches Entgegenkommen gegenüber Frankreich übel gelohnt worden sei. Die Anregung zu viesem Entgegenkommen ist, wie er innerlich, von dem Cardinal-Staatssecretair Rampolla an gegangen, der sich dabei wie in seiner ganzen Politik von seinem Haß gegen den Dreibund leiten ließ. Jn die übelste Lage kommen nun die „Bekehrten" in Frankreich, die aus daS päpstliche Geheiß hin die Fahne des Königthums verließen und ihren Frieden mit der Republik machten. — Auch die Liebesmühe, die der Papst sich um die „verirrten Söhne" der englischen Nation giebt, ist bisher vergeblich geblieben Wenn e« sich auch nicht leugnen läßt, daß in der englischen Hockkircke eine Richtung, der sogen. PuseyismuS, besteht, welche stark zum KatholicismuS hinneigt, und daß der Gottesdienst der Hockkircke sich nickt viel von dem der katholischen Kirche unterscheidet, so wird Leo XHl. mit seinem Sirenrnruf nach Wiedervereinigung mitRom nicht mebr erreichen, als daß auch in Zukunft noch der eine oder andere reiche Lord convertirt; dir anglikanische Kirche als solche wird nicht „zurückkehren". Erst ürzlich hat der Primas, Erzbischof von Canterbury, sich dahin ausgesprochen,daß „eine korporative Vereinigung mitRom, so lange als dies seine Unterfcheidungs« und Irrlehren aufrecht erhält und seine gegen wärtigen, dem Urchristenthum und der heiligen Schrift zuwiderlaufenden Ansprüche geltend macht, durchaus ein Traumbild und eine Unmög lich kr i ist". Was nun vollends den in Schottland ent- tandenen Presbyterianismus betrifft, dem die Masse de« Volkes huldigt, und der den reinen Protestantismus in Eng land rcpräsentirt. so wird er sich mit aller Macht dem Ver langen deö Papstes rntgegenstellen. Vaughan, der römische Cardinal'Erzbischof von Westminster, kennt die englische Geschichte und das englische Volk, darum warnte er den Papst, aber vergebens. Es scheint sich zu bewahrheiten, daß der Friede von Shimonoseki, entgegen dcr über London verbreiteten Meldung, noch nicht ratificirt worden ist. Jn deutschen politischen Kreisen ist wenigstens noch nicht« davon bekannt. Es wird überhaupt bezweifelt, daß China sich zur Ratification ent schließen kann, va zumal angeblich am Pekinger Hofe und unter den Generalen der Friedensvertrag Li-Hung- Tschang's sehr abfällig deurtheilt und von einfluß reicher Seite zur Fortsetzung deS Krieges ge- restben wird. Wir können die Richtigkeit dieser Meldungen nickt controliren, aber unwahrscheinlich ist eS nicht, daß China durch die Intervention der Mächte neuen Mutb be kommen hat. Seine Weigerung würde natürlich den Druck der Mächte nur verstärken können. Unterdessen mehren sich, was in Japan besondere Beachtung finden dürfte, in Eng land die Stimmen, welche Japan davor warnen, den Bogen zu überspannen. Der „Times" folgt heute der „Standard" und predigt Nachgiebigkeit, falls Rußland, Deutschland und Frankreich auf ihren, Einspruch bestehen, Er sagt: England sah den Ausbruch des Krieges mit Bedauern, da es die Beilegung des Streites durch Verhandlungen für möglich hielt. Die öffentliche Meinung Englands rieth Japan zur Mäßigung im Siege, aber Japan nahm den Rath nicht an, und nun ist, waS erwartet wurde, eingetrofsen: Japan hat China besiegt, aber nicht ohne große Opfer, so daß der Sieger nicht einem neuen Feinde gewachsen wäre. Wenn also Rußland, Deutschland und Frankreich ent» schlossen sind, bleibt Japan nur übrig, nachzugeben, sonst würde es nicht nur «inen Theil, sondern all« Landerwerbungen verlieren. Daß die drei Mächte thatsächlich zu nachdrücklichstem Auftreten entschlossen sind und daß Rußland, wahrscheinlich auch Frank reich, nöthigenfalls ihren Einspruch mit den Waffen in der Hand geltend machen werden, wird allgemein als sicher an genommen. WaS spcciell Rußland betrifft, so hat es seit mehr als zwei Jahrhunderten konsequent und unter großen Opfern den Plan verfolgt, in Asien eine ausschlaggebende Roll« zu spielen, so daß eS, wie russische Blätter sich aus- drücken, eine Politik des Selbstmorde- wäre, wenn eS jetzt ruhig zusehen wollte, wie alle seine bisher erreichten Erfolge durch das Erscheinen eines neuen, für Asien auSschlag gebenden FactorS in Frage gestellt werden. Aller dings wäre ja ein Krieg mit Japan kein bloßer militairischer Spaziergang nach Tokio, aber, wenn behauptet wird, daß die im Ussuri- und Amurgebiet zur Verfügung stehenden russischen Truppen dem Vordringen eine- japanischen HeereS keinen Tag Stand halten könnten, so ist da« qrg übertrieben. Schon seit Beginn de» japanisch-chinesischen Kriege« sind die nöthigen Vorkehrungen getroffen, daß in den genannten Gebieten eine genügend große Truppenmacht con- centrirt ist, um bis rum Eintreffen von Verstärkungen auS dem Baikalgebiet und Westsidirien, evrnt. auch auS Europa die Japaner in Schach zu halten. Der Umstand, daß die Be völkerung des Uffuri-, Amur- und Baikalgebiets vorzugsweise auS militairisch geschulten Kosaken bestebt, erleichtert diese Aufgabe ungemein. Auch der Marinemmister hat, wie auS guter Quelle verlautet, bereits seit längerer Zeit für die Eventualität Vorkehrung getroffen, daß die russische Flotte in den chinesisch-japanischen Krieg einzugreifen haben sollte. Von deutschen Preßsti mmen liegt beute eine der Beachtung besonders werthe vor. „Die „Hamb. Nachr." schreiben: „Wir warten die weitere Entwickelung der Dinge ab «nd hoffen, daß die deutsche Politik, so weit ihre Aufgabe über di» Wahrung der deutschen Interessen von Handel, Industrie, Niederlassung re. hinausgehen sollte, in steter Fühlung zunächst mit Rußland und in zweiter Linie mit den übrigen näher betheiligten Mächten bleiben und auch den bloßen Anschein vermeiden wird, irgend wie nach der englischen Interessensphäre hin zu gravitiren". Deutsches Reich. * Berlin, 26. April. Die bevorstehende Eröffnung des Nordoftsee-CanalS bat den Anlaß zu Klagen darüber gegeben, daß an der Brücke von Levensau nicht deutscher Granit verwendet worden ist. In dieser Angelegenheit wird den „Berl. N. N." aus sachverständigen Kreisen ge- chrieben: „Die Behauptung, daß e« sich im gegebenen Fall um chwedischen Granit handle und nicht um deutschen, ist wört- ich genommen richtig, denn der vortr-Micke, an den Werk tagen, und Pfeilern versetzte Granit stammt auS den Brücken von Wonevik bei OScarShamm. Diese Brüche aber sind seit langen Jahren im Besitz der deutschen Firma Kessel L Röhl in Berlin, die durch ihre Leistungen auf dem Gebiete der monumentalen Kunst in ganz Deutschland rühmlich bekannt ist. Dadurch, daß diese Firma, die durch ihre eigenen Arbeiter und Aufseher ihre schwedischen Brüche betreiben läßt, den Auftrag ausführte, ist vas Geld dafür — und darauf kommt es doch an — in der Hauptsache in Deutschland geblieben. Im Baufach liegen aber die Verhältnisse oft nicht so ganz einfach, und wenn die Canalcommission in diesem Falle dem schwedischen Granit den Vorzug gab, so hat sie ganz sicher ihre guten Gründe dafür gehabt. Vor Allem darf nicht vergessen werden, daß die LevenSauer Brücke von vornherein gar nicht geplant war und erst nachher aus Anregung des Kaiser« statt zweier Drehbrücken entstanden ist. In solchen Fällen mußte die Baubehörde in gewissem Grade völlig freie Hand haben, zumal da eS fraglich sein kann, ob der bayerische Granit ebenso rasch, in derselben Farbe und Güte und ebenso billig zu schaffen war. Die 1200 Kubik meter Granit spielen gegenüber dem gesanimten Werk der LevenSauer Brücke, insbesondere gegenüber der Eisenconstruction, eine nebensächliche Rolle, so daß der Ausspruch, die Brücke sei ein deutsches Werk, dadurch nicht tangixt wird." 4) Vas Geheimniß von Szambo. rr»-orff. Aal «druck »kriotkn Novelle von B. MilLr (Fortsetzung.) Adolf Hagen schrak leicht zusammen. Er hatte bereits vollständig vergessen, waS ihn eigentlich bieryergefübrt, und die plötzliche Mahnung daran berüyte ihn in diesem Augenblick fast unangenehm. Er fuhr sich über die Stirn, als wolle er seine Gedanken sammeln, brachte aber nur zerstreut und sichtlich befangen hervor: „Weshalb sagen Sie — hoffentlich?" „Weil ich Ihnen nicht verschweigen darf, daß da» Herz erwähnter Dame bereit» in Fesseln liegt." Der Amtsrichter, ver sich ganz in den Banden der interessanten Ungarin verstrickt fühlte, nahm diese Ankündigung, welche «ine für ihn betrübende Auslegung gestattete, mit einer GemütbSrvhe hin, über dre er sich alsbald wunderte und gleichzeitig ärgerte, — eine Doppelempfinduug, die »ber ebenso schnell verschwand, wie sie gekommen war, um einem Gefühl der Erleichterung und des Behagens Platz zu machen. „Gehen Sie", sprach Ljubitza weiter, „hier liegt die Coeurdame und hier" — sie zählte wieder sieben Karten — „ter zu ihr gehörende Eorurbube; die VerlobungSauzeige liegt bei Ihnen, auf dem Zimmer." Hagen lieh Ljubitza'« Prophezeihungen wenig Aufmerksam keil, er berauschte sich nur an dem Woblklanß ihrer Stimme »uv s.,h mit leuchtenden Augen auf sie, die nn Eifer keinen Blick von ihren Karten wandte. Plötzlich erblaßt« sie und zu kte mit einem leichten Aufschrei zusammen. „Um Gotte» willen, wa» ist Ihnen?" fragte er erschrocken. ..Nicht», — rin« Kleinigkeit", sagt? sie verstört, „»« wird gleich vorüberaehen". »Haben Sie vielleicht Unheil au» den Karten gelesen?" ^ uiciine er scherzend. „O, weshalb fragen Si« das!" seufzte sie. „Nun, warum nickt? Glaube« Sie, daß ich nicht» Schlimme» hören kann?" — Er bemüht« sich umsonst, den scherzhaften Ton festzuhalten. «Bitte, sagen Sie mir, wa» I steht in den Karten:"' Si« streift« ihn mit einem traurigen Blick und antwortete opfschüttelnd: „Wenn Sie darauf bestehen, muß ich sprechen. Sehen Sie hier die Treffvame?" Ja** 5,Und dort den Carokönig?" „Gewiß" „Ahnen Sie, wa» die Lage dieser beiden Karten zu ein ander besagt?" „Durchaus nicht." „Sie kündet den baldigen Tod einer Ihnen nahestehenden Dame", kam eS zögernd über ihr« Lippen. Der Amtsrichter fuhr nun doch zusammen. Einige Augenblicke herrschte tiefes Schweigen, dann machte er eine gewaltsame Anstrengung, den unheimlichen Bann, unter dem er stand, zu brechen. Cr sah fast mit Grauen auf Ljubitza, dir noch immer bleich, regungslos, mit weit geöffneten Augen ins Leere starrte. „Kommen Sie doch zu sich, liebe« Fräu lein!" rief er mit gepreßter Stimme, „Ihre Prophezeiung scheint Ihnen näher z« gehen als mir, dem Betheisigten!" Wie aus einem Traum erwachend, s-h sie ihn verloren an und flüsterte: „Wenn Du wüßtest!" Er wußte sich diese Worte nicht zu deuten. „Uebriaens", fuhr er mit etwa- freierer Stimme fort, „kann ich Ihnen zur Beruhigung sagen, daß ich in keiner näheren Beziehung zu irgend einer Dame steh«, daß also Ihre trübe Weissagung demnach kaum Aussicht hat, in Erfüllung zn gehen." Si« schüttelte leis« da» Haupt und erwiderte: „Meine Karten lügen nicht." I« Adolf Hagen stritten sich die verschiedenartigsten Empfindungen. Waren e» einerseits warme» Interesse, innigste Theilnahme für da» jünge Mädchen, die sein Herr höher schlagen ließen, so bemächtigte sich seiner andererseit« ein seltsames Unbehagen; er verspürte instinktiv, wie ein nn- sichtbar»» Band sich um ihn und Ljubitza von Radovanovit» zu schlingen beginne, und diese Wahrnehmung erfüllte ihn gleichzeitig mit Lust und Bangen. Da» Gespräch zwischen ihnen gerieth in» Stocken, hi» endlich gänzliche- Schweigen «intrat, da» dem Amtsrichter peinlich wurde, so dqtz er e» arn »utvruw mayme. «,cy ra,cy erveveno, sagte err „Gnädige- Fräulein, es schmerzt mich aufrichtig, Sie ,n ßiner Gemüthsstimmung verlassen zu müssen, die Ihnen ohne »leinen Besuch sicher erspart geblieben Ware. Ich bitte Sie herzlich um Berzrrhung und gleichzeitig »« Erlaubniß, mich demnächst persönlich überzeugen zu dürfen, daß dieser Abend keine unliebsamen Folgen für S,e gehabt hat." Ljubitza stand auf und reichte ihm die Hand. „Seien Sie unbesorgt, der kleine Anfall gebt schnell vorüber — ich kenne meine Natur." Mit halbem Lächeln fügte sie hinzu: „Daß meine Karten Ihnen nichts Erfreuliche- sagen konnten, werden Sie mir doch nicht nachtragen?" Statt der Antwort drückte er einen langen Kuß auf ihre Hand. „Und darf ich wiederkommen?" bqt er noch einmal. „Wann Sie wollen." „Also auf baldiges Wiedersehen!" Schon im Begriff, die Schwelle zu überschreiten, fiel ihm eine eigenartige Wanddecoratwn ist die Augen — unter Glas und Rahmen auf schwarzem Sammetgrunde gestickte, fremdartige Schriftlichen. Näher hexantretend fragte er: „Sind d«S nicht arabische Buchstaben?" „Gewiß." „Und was bedeuten sie!" „Auch da- geht vorüber", klang e» tonlos. Er s«h sie überrascht an. „DaS ist doch nicht Ihr Wahl- fpruch?" Zögernd gab sie zurück: „Der Wahlspruch meiner seligen Mutter, der auch mich durchs Leben geleitet." Er war nahe daran, eine scherzhafte Aeußerung fallen zu lassen, aber ein Blick auf daS liebliche Antlitz, das in diesem Augenblick einen unnennbar rührenden Ausdruck von Schmerz und Entsagung trug, bannte daS Wort aus sein» Lippen. Stumm druckte er ihr die Hand und verließ da« Zimmer. Al- er die kühle Abendlust einathmete, war ihm, als er wache er allmählich aus einem schweren Traum, aber ver geben« bemühte er sich, da« eben Erlebte noch einmal klar und ruhig zu überdenken- Die Nutzlosigkeit seine» Beginnen« einsebeyd, schlug er den Weg nach einer Weinstube ei«, wo er allabendlich nn Freundeskreis einige Stund,- zuzvbringen pflegte; al» er aber dieselbe fast erreicht hatte, tzijit ihn ein» unbestimmte Empfindung zurück — ep suhlt«, «» se» ihm heut» unmöglich, sich in der gewohnten Gesellschaft zu bewegen. Er machte Kehrt und ging nach Hause. „Niemand daaewesen, Hermann?" fragte er seinen Drener. „Nein, Herr Amtsrichter, nur «in Brief ist gekommen, er liegt auf dem Schreibtisch." „Schön, stell mir d,e Lampe hia und dann kannst Du gehen" Ans den ersten Blick erkannt« Hagen di« zierliche und noch unau-gefchriebene Hand. Cr stutzte. Da» wäre doch ein omischer Zufall, dachte er, indem er wirklich gespannt den Brief erbrach. Jede« Wort darin athmete Glückseligkeit und er — der älteste Freund ihre» Vaters, ihr lieber „Onkel" — ollte früher als alle Anderen an ihrem Glück theilnehmen. Sie schmeichle sich, sich ein klein wenig in sein gute« Herz hinringescherzt zu haben, und hoffe, daß trotz ihrer Verlobung zwischen ihnen alles beim Alten bliebe. Noch an diesem Morgen würde ihn die vertraulich« Mit- tbeilung aufs Tiefste erregt haben — jetzt war e« nur LjubitzaS Prophezeihuna — so rasch eingetroffen —, die ihn beschäftigte. Halb belustigt, halb ärgerlich ries er: „Ja, bin ich denn behext? Treiben böse Geister ihr Spiel mit mir?" — Er lachte hell auf. — „Dumme- Zeug — WaS will das sagen? Der Zufall hat schon wunderlichere Dinge zu Stande gebracht!" — Da fiel ihm Ljubitza'S zweit« Prophezeihung rin, ihr verlorene-, gebrochene» Wesen nach derselbe», ihr tiestrauriger Blick beim Abschied, und Adolf Hagen durch rieselte ein leiser Schauer. In dem Hause Belle-Alliancestrahe K8 konnten die Klatsch basen nickt zur Ruhe kommen. Nachdem Frau Elsa Schulze in ihrer Sache gegen Ljubitza von Radovanovit- de» Kürzeren gezogen, war es sämmtlichen Hausbewohnern sonnenklar, dqß nunmehr von einer Versöhnung der beiden Parteien keine Rede mehr sein könnte. Desto größer wa» daher die Ueber- raschung, al« eine« Taae« Frau Schulze in Worten höchster Anerkennung von Ljubitza sprach, und als vollends bald daraus di» Kunde von einen» FreundschaftSbündniß zwischen Elara und Ljubitza sich verbreitete, kannte da« allgemeine Erstaunen keine Grenzen mehr. Kopfschüttelnd wurde die schier unglaubliche Neuigkeit von einer ^ur anderen getragen und nach jeder Richtung hin mit der Gründlichkeit erörtert, die allein der Wichtigkeit de» Gegenstände« angemessen schien. Clara batte in der Tbat den mit ihrer Mutter verabredeten Besuch bei Ljubitza gemacht und war von Letzterer auf« Freund lichste empfangen worden; der Aufforderung, bald wieder zu kommen, war si« um so lieber gefolgt, als sie sich vom ersten Augenblick an zu Ljubitza binaezogen fühlte, und da diese ebenfalls an Clara'» Wesen Gefallen fand, jo sonnte e» nicht fehlen, daß die trotz aller äußerlichen Verschiedenheit innere Uebereinstimmung der beiden jungen Mädchen sich bald zu innige« Freundschaft entwickelt«. Die träumerisch schwermüthige Ljubitza entfloh in Gesell schaft der heitern, lichtumfioffenen Clara gleichsam der Nacht , ,» ihrem Innen,. — Claris Phantast« dagegen wurde von dem mystischen Schleier, der ihr« neue Freundin umwoh, i»
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