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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.07.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-07-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950723017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895072301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895072301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-07
- Tag1895-07-23
- Monat1895-07
- Jahr1895
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Bezugs-PreiS k> der Hauptexpedition oder den im Stadt, bezirk und den Bororten errichteten Ans- oabcstellen ab geholt: vierteljährlich^ 4.50, bei zwetmaltger täglicher Zustellung in» Hau» 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich X 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandsendung in« Au-land: monatlich 7.50. Die Morgen.AuSgab« erscheint täglich mit An«, nähme nach Sonn- und Festtagen '/,? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags 5 Uhr. Nedaciion un- LrpedMou: JohanneSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag» nnunterbroche» geöffnet von früh 8 bi» Abend« 7 Uhr. Filialen: ktt« Ale««'« kortim. (Alfred Hahn), Universität-straße 1, Loni« Lösche. Aatharinenstr. 14, Part, und Aänig»platz 7. Morgen - Ausgabe. Anzeiger. Organ siir Politik, Localgeschichte, Handels- vnd Geschäftsverkehr. Anzeigen.Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reklamen »ater dem RrdactionSsnich (4g«. spalten) 50 vor den Familiennachrichtr« (6 gespalten) 40-E. Trübere Schriften laut unserem Preis, »rrzeichuiß. Tabellarischer und Zisserojatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen »Ausgabe, ohne Postbefördernng 60.—, mit PostbesSrderung ^l 70.- Annahmeschluß für Anzeigen: (nar Wochentag») Adend-Au-gabr: Bormittag» 10 Uhr. Marge n-Au-gab«: Nachmittag« 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halb« Stund« früher. Anzeige» find stet» an di« Expedition zu richten. Bruck und Verlag von E. Pol, kn Leipzig. 352. Dienstag den 23. Juli 1895. 89. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Zum Stellvertreter de» Herrn I)r. meä. Kohl in L -Reudnitz, als Leichenschauarzt für den IX. Leichenschaubezirk und auf di« Dauer von dessen Abwesenheit bis Ende August d. I. ist Herr vr. meä. Earl Bauiuann, L.-Reudnitz, Lhausseestraße Nr. 11, I., von uns verpflichtet worden. Leipzig, den 18. Juli 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. VIH. 407S. I)r. Tröndlin. Dietrich. Bekanntmachung. Die öffentlich ausgeschriebenen Arbeiten zum Bau einer Bar- fluthschleutze für Leipzig-Lindenau sind vergeben worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden auS ihren be züglichen Angebolen hierdurch entlassen. Leipzig, am 11. Juli 1895. 2S-1 Der Rath der Stadt Leipzig. 1125. Vr. Tröndlin. Etz. Io. Die größeren baulichen Herstellungen in den Easeriicment« zu Möckern, 106, und GohltS, 134» sollen nach Loosen getrennt öffentlich, wie folgt, verdungen werden: Loo» I. Schlacken- und Sandlieferung, - II. Erd-, Maurer-, Steinmetz» und Zimmerarbeiten, - III. Schieferdrckerarbeiten und » IV. Steinsetzerarbeiten. Der Termin wird Dienstag, den 30. ds. Mts., S, S'/«, 9'/« und 10 Uhr Bormittags im Amtszimmer des Unterzeichneten, Alexanderstraße 10, I., adgehalten, woselbst die bezüglichen Unter» lagen zur Einsicht ausliegen. Dir Verdingungsunterlagen können außerdem von da gegen Erstattung der Selbstkosten bezogen werden. Angebote mit entsprechender Aufschrift sind versiegelt und postfrei bis zu obigem Zeitpunkt einzuienden. Der Königliche Garntson-Baubeamte. Gesucht wird der am 11. Juli 1854 in Freiberg geborene Schreiber Eduard Krege, welcher zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten ist. Leipzig, den 12. Juli 1895. Der Rath der Stadt Leipzig, Armenamt, Abth. II. X. n 9. Nr. 555. Hentschel. Matthes. Gesucht wird die am 17. Juni 1851 inFalkenberg geborene Köchin Johanne Wilhelmine Llara verw. Mohr ged Jahn, welche zur Fürsorge für ihr Kind anzuhalten ist. Leipzig, den 16. Juli 1895. Der Rath der Stadt Leipzig, Armcnamt, Abth. IV». X. K. IVa Nr. 1042o. Hentschel. Hr. Gesucht wird der am 11. November 1862 in Ozorkow bei Lodz in Rußland geborene Spinner Daniel Janetzke, welcher auf Grund einer Be» ordnung des königl. Ministeriums des Innern zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten und eventuell mit derselben nach Rußland abzuschieben ist. Leipzig, den 16. Juli 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Armenamt, Abth. II. X. R.9. Nr. 506». Hentschel. Matthes. Gesucht wird der am 8» Februar 1863 in Schwerin a. W. geborene Schau spieler Heinrich Wolf Lohn genannt Löwcnseld, welcher zur Für- sorge für seine Familie anzuhalten ist. Leipzig, den 18. Juli 1895. Ter Rath der Stadt Leipzig. Armen-Amt, Abth. II. X. k. VI Nr. 833 ä. Hentschel- D. Sie städtische Sparkasse beleiht Werthpapierc unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 1. Februar 1895. Die Tvarcasseu-Tepiltation. zur deutschen Turnerschaft stand, absetzten und da» BeremS- vermögen, womöglich Turnplatz und Halle, den sattsam bekannten „freien Turnvereinen" auslieferten. Wie duldsam und wohlgemeint die Vorschläge des Ausschusses waren, erhellt auS den Schlußworten der Bekanntmachung in der „Deutschen Turnzeitung" vom 6. September 1894. ES heißt da wört lich: „Indem wir diese Vorschläge den Vereinen zur Erwägung und zur Nachachtung dringend empfehlen, bitten wir zugleich alle unsere Gesinnungsgenossen ebenso dringend um Duldsam keit gegen solche Turngenossen, die zwar extremen politischen Parteien zuneigen oder angehören, aber ihre Parteibestrebungen nicht auf dem Turnplätze zur Geltung zu bringen versuchen. ES girbt viele solche Turngenossen, die uns wackere und treue Kameraden sind und denen die Turnsache über die Partei geht. Man treibe sie nicht hinaus, sondern sorge überall für ein gesundes, turnerisch regeS, von deutscher Sitte, herzlicher Brüderlichkeit und Eintracht getragenes VereinSleben, dann werden von dieser Seite wenig Gefahren droben. Für den Kampf aber, den man uns aufdrängt, müssen die Waffen im Grundgesetz gegeben sein!" Bei der außerordentlichen Sitzung des Ausschusses am 5. und 6. Juni dieses Jahres in Leipzig wurde weiterhin über bestimmte Anträge auf Abänderung des Grundgesetzes nicht einzelner Vereine, sondern der deutschen Turnerschaft berathen, die jetzt dem Eßlinger Turntage vorliegen. Es handelt sich dabei in der Hauptsache um schärfere Fassung deS §. 2 deS Grundgesetzes, dem der vorberalhenve Ausschuß schließlich folgende Form gab: „Der Zweck der selben (d. i. der deutschen Turnersckaft) ist die Förderung des deutschen Turnens als Mittel zur körperlichen und sitt lichen Kräftigung, sowie die Pflege deutschen Volksbrwußt- eins und vaterländischer Gesinnung, unter Ausschluß jedweder »Mischen Parteibestrebungen." Es war vorauszusehen, daß sowohl die Vorschläge des vergangenen Jahres wie der eben angeführte Antrag inner halb des Kreises der deutschen Turnerscbasl sehr verschiedene Beurtheilung erfahren würden und rin heftiger Kampf für und wider die Ansichten des Ausschusses entbrennen würde. Daß aber dieser Kampf in so leidenschaftlicher Weise geführt werden würde, daß der Sturm die Grundvesten einer alten, wohleingerichieten Körperschaft erschüttern könnte, hatte Nie mand vorauSgesehrn. Es kennzeichnet fernerhin unsere gegenwärtigen politischen und socialen Zustände, daß dieser Streit von den meisten Gegnern der Vorschläge keineswegs in ruhiger und sachlicher Weise, sondern mit Beleidigungen und Verdächtigungen, mit Redensarten und Schlagworten ge führt wurde, die jeder socialdemokratischen Radauversammlung zur Zierde gereichen würden. Aber auch ruhiger denkende und wohlmeinende Turner neigten zu der Ansicht, daß die Vorschläge des Ausschusses dazu angethan seien, die Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht der einzelnen Vereine zu beschränken; Gegenvorschläge und Zusatzanträge erschienen und durch Besprechung in öffentlichen Blättern wurde die interne Angelegenheit einer geschloffenen Körper schaft beinahe zu einer Parteifrage ausgebauscht. So nützlich eS nun im Hinblick auf die Ausbreitung deS Turnens sein mag, wenn die öffentliche Aufmerksam keit der deutschen Turnerschaft sich zuwendet, so gefährlich ist es gerade bei dieser Gelegenheit, da der Fernstehende sich nur schwer ein richtige- Bild von der gesellschaftlichen Zu sammensetzung der einzelnen Turnvereine, ihrer grundgesetzlichen Bestimmungen und überlieferten Gebräuche machen kann und wohl den meisten eine genauere Kenntniß der geschichtlichen Entwickelung deS TurnenS im Allgemeinen und der deutschen Turnerschaft im Besonderen abgeben dürfte. Es sei uns daher gestattet, nach einem kurzen Rückblicke auf die Geschichte des TurnenS, seine staatliche Bedeutung und volkSthümliche Ausgestaltung, die Nothwendigkeit und Wichtigkeit der oben erwähnten Aenderung des Grundgesetzes der deutschen Turner schaft weiteren Kreisen darzulegen. Wir glauben dabei der Theilnahme aller Vaterlanbsfreunde gewiß zu sein. Stadtbibliothek. Wegen Reinigung des großen Saales muß die Bibliothek in der Woche vom 29. Juli bis zum 3. August geschlossen bleiben. vr. Wustmann. Die bei Eonventionalstrafe binnen 4 Wochen sertigzusiellende Legung von 1041 gm neues Granitpslaster i» der Stadt Schlriz (Reust j. L.) soll baldigst an einen tüchtigen Steinsetzer vergeben werden. Bez. Offerten unter Preisangabe für Legung des Quadratmeter Steinpflaster nimmt von nur leistungs- und caution-sähigen Unter- nehmern bis 1. August er. entgegen. Der Ttadtgemeindevorstand. Die deutsche Turnerschaft am Scheidewege. vr. O. In der alten Reichsstadt Eßlingrn haben sich über 200 deutsche Männer, die erwählten Vertreter von mehr als einer halben Million deutscher und deutsch-österreichischer Turner, zum neunten deutschen Turntage zusammen gesunden. Noch niemals seit dem Bestehen der deutschen Turner schaft hat ein Turntag von derartiger Bedeutung wie der gegenwärtige getagt, von einer Bedeutung, die, weit über die Grenzen der Turnrrei hinauSgehrnd, die allgemeine Theil- nahme aller vaterländisch gesinnten Männer erwecken muß. Gelten seine Berathungen doch dieses Mal dem VertheidigungS» kämpf« -egen jene vaterlandslosen Gesellen, dir unsere Turn vereine zu politischen Vereinen, unsere Turnplätze zu Agitations herden ihrer Partei umgestalten wollen. Sch«» 'längst hatte der Ausschuß der deutschen Turner- schaft, i» Sonderbeit besten Geschäftsführer, vr. Goetz in Lindenau, der getreue Eckart der Turner, die Gefahr er kannt und schon im vorigen Jahre, kurz vor dem Breslauer Feste, gewisse Bestimmungen aufgestellt, die er den Turn vereinen zur Ausnahme m die Satzungen empfahl. Er wollte dadurch ,n erster Linie verhüten, daß zufällige oder künstlich brrbeig.rführte Mehrheiten in den VereinSversamnilungen schädigende Beschlüsse faßten, z. B. «inen Vorstand, der treu Deutsches Reich. v. Leipzig, 22. Juli. Der Lippesche Erbfolgestreit soll bekanntlich dem Reichsgerichte zur Schlichtung unter breitet werden. Da aber die ordnungsmäßige Regelung der Angelegenbeit immer noch eine geraume Zeit wird auf sich warten lasten, so unternahm eS Herr Rechtsanwalt Asemissen in Detmold, ein etwas kürzeres Verfahren einzuleiten, um die Ansicht deS Reichsgerichts über die schwebenden Fragen in Lippe-Detmold zu eruiren. Er bediente sich dazu des Rechtsmittels der Revision in einer Strafsache gegen den Hirtenknaben Heinrich Gör der. Nachdem bereits ein früheres Ürtbeil des Landgerichts Detmold gegen riesen Angeklagten vom Reichsgerichte aufgehoben worden war, hat das Land gericht ihn am 21. März wegen Hehlerei zu drei Monaten Gefängniß verurthrilt. Der Sachverhalt ist sehr einfach. Einem Knechte war auS seinem Koffer ein 'Portemonnaie mit 9,26 -ck gestohlen worden und Heinrich Görder batte einen Tbeil des Geldes an sich gebracht. Hierin wurde der Tbat- bestand der Hehlerei erblickt. — In der für den An geklagten eingelegten Revision führte nun Herr NechtSanwalt Ajemissen Folgendes auS: Das Land gericht hat in seinem Ürtbrile nicht ausgesprochen, in wessen Namen eS dasselbe gefällt hat. Ein gesetzlicher Regent ist nicht vorhanden, da der die Regentschaft ausübende Prinz Adolf von Schaumburg nicht zur Regentschaft berufen und der wirkliche Thronfolger Prinz Alexander wahnsinnig ist. Zum Antritt der Negierung ist eS notbwendig, daß ein WillenSact erfolge; dazu ist aber der wirkliche Thronerbe nicht im Stande. Von einem Antritt der Regierung ist also keine Rede. Zwischen der Regierung und der Sländrkammer ist zwar ein Vergleich zu Stande gekommen, wonach die Ständekammer den Prinzen Adolf anerkennt; die« genügt aber nicht. Da sonach keine Regierung besteht, so kann auch nicht im Namen irgend einer Regierung in Lippe- Detmold Recht gesprochen werden. Soweit die Revision. — Herr Reichsanwalt Schumann bemerkte hierzu in der Brr Handlung vor dem Reichsgericht Folgendes: Auf den staat- rechtlichen ExcurS der Revision näher einzugehen, habe ich keine Veranlassung. Der Versuch, auf dem Wege der Revision dir Lippesche Erbfolgefrage indirret durch daS Reichsgericht entscheiden zu lassen, ist ebenso ungewöhnlich als aussichtslos. Es versteht sich ja von selbst, daß durch den Thronwechsel die Brfugniß und Befähigung der angestrllten Richter nicht im Mindesten alterirt wird. — DaS Reichsgericht erkannte natürlich auf Verwerfung der Revision, da auch die sonstigen Rügen gegen daS Urtheil sich als haltlos erwiesen. ^ Berlin, 21. Juli. Die Methode» Socialdemo- kratrn als unschuldige Opfer der Organe des „ElassrnstaateS" hiuzustellen, wenn die Justiz gegen sie ihren correclen Gang genommen hat, ist keine Erfindung der heutigen Führer, sondern von dem Parteistifter Ferdinan d Lass alle überkommen. In einem von ihm im Jahre 1849 geschriebenen und soeben bekannt gewordenen Brief erzählt er mit einer an das Komische grenzenden Unbefangenheit, wie er den preußischen EassalionSbos beloaen hat, um daraus tiefste Empörung darüber zu bekunden, daß ihm die Lüge vom Gericht nicht geglaubt worden ist. LassaUe wollte am 21. Drcembrr jenes Jahres in dem Ehrscheibungsproceß der Gräfin Hatz- feldt vor einem Düsseldorfer Gericht als Sachwalter auf- trelen, hatte aber am 18. December in einer eigenen Straf sache vor dem Cafsationshofe zu erscheinen. Er schreibt nun aus Düsseldorf au seinen Freund Müller-Tellering: „Es wäre unmöglich gewesen, hier am 2t. December diese so un- geheuer verwickelte Lache zu rühren, wenn ich am 18. December in Berlin gewesen wäre. Nach einem kurzen Kampfe beschloß ich also, lieber hier zu bleibeo und in Berlin über mich er- gehen zu lassen, was da mochte. Ich schickte indeß schnell ein Kran khei tS-At lest an den CassationShof mit den, Gesuch, da ich sebnlickst wünsche, meine Sache doct selbst zu führen, meine Verhandlung auf vier Wochen zu vertagen. Der Cassationshvf batte die Schamlosigkeit, eS rund weg abzuschlagen." Daß er „sehnlichst wünsche", beide Sachen selbst zu führen, hat Laffalle dem Gerichte nicht mitgetheilt, sondern dieses durch ein falsches Zeuaniß, dem vielleicht auch noch die falsche Jnsormirung eines Arztes zu Grunde lag, zu einem dem Angeklagten genehmen Beschluß zu bewegen versucht. Daß Laffalle nicht krank war, gebt aüS seinem Briefe unzweideutig hervor. Er blieb in Düssel dorf und bewältigte dort die, wie er sagt, „riesenhafte" Arbeit der Vorbereitung seine« PlaidoyerS für die Gräfin Hatzfeldt und dieses selbst. WaS ihn nicht hinderte, den Gerichtshof, der ihn für gesund hielt, schamlos zu nennen. * Berlin, 22. Juli. Der „Nat.-Z." wird auS Posen geschrieben: Der „Tziennik PoznanSkl" beklagt sich darüber, daß dieser Tage in Strelno das alljährliche Kinderfest der katholischen Schule unter ganz eigenthümlichen Ver hältnissen stattgesunden habe. Die Kinder seien fast aus schließlich polnischer Nationalität, „deshalb" wäre diesmal der DistrictScommissar in Uniform mit zwei Gendarmen er schienen, und diese Beamten hätten ebenso wie der Kreis schutinspector dem Kinderfest von Anfang bis Ende beigewohnt. Die ganze Ueberwachuna sei auS dem Grunde geschehen, damit auf dem Kinderfeste, welche- einen geradezu melan cholischen Eindruck gemacht habe, keine Politik getrieben würbe. Uns will bedürften, daß der Grund für das Erscheinen der Beamten der gewesen ist, daß bei dem Einmarsch der evangeli schen Schule von ihrem Kinderfest von einem polnischen Knecht vier Schüsse auf den Zug abgegeben wurden. Wenn auch von deutscher Seile derartige Ausflüsse eine- in ungebildeten Köpfen großgezogenen Fanatismus bisher nicht vorgekommen sind, und, wie wir hoffen, nicht Vorkommen werden, so dürfte doch ein hinreichender Grund für die Anwesenheit der Beamten zu erkennen sein. Aber ganz abgesehen von diesem Umstande, ist eS bei den Ausflügen der polnisch-katholischen Schulen recht wünschenSwerth, wenn seitens der Verwaltungsbehörden darauf geachtet wird, daß keine Politik getrieben wird. Vor gänge in früheren Jahren haben gezeigt, daß eS sich bei diesen Festen weniger um die Unterhaltung der Kinder, als um eine nationale Demonstration der Erwachsenen handelte. Dabei spielen die berühmten Provinzialfarben, welche sich von den polnischen Farben rotb-weiß nur dadurch unterscheiden, daß das Rotb carmoisinfarben ist, eine große Rolle. Der ganze roth-weiße Aufputz bei solchen Gelegenheiten würde mit einem Schlage ein Ende haben, wenn sich die Regierung zu einer Aenderung der Provinzialfarbeu entschließen würde. V. Berlin, 22.Juli. (Telegramm.) Professor Rudolph von (Kneift ist heute Nacht, fast 79 Jahre alt, gestorben. (Indem wir uns eine Würdigung diese« hervorragenden ManneS Vorbehalten, bringen wir jetzt nur die bemerkenS- werthesten Daten seines LebenSgangcs in Erinnerung. Ge borcn am 13. August 18t6 zu Berlin, besuchte Gneist das Gymnasium zu Eisleden, studirte seit 1833 in Berlin die Rechte, wurde 1836 AuScultator und habilitirte sich 1839. Daneben war er seit 1841 erst als Assessor beim Kammer- aerickft. dann als HilsSrichter bei dem Obertribunal in der juristischen Praxis thatig. Von einer Reise nach Italien, Frankreich und England zurückgekehrt, ward er 1844 zum außerordentlichen Professor ernannt. Infolge der Reaction 1850 trat Gneist von seiner richterlichen Stellung zurück und widmete sich ganz seinem Lehramt, in welchem er l858 zum ordentlichen Professor aufrückte. In demselben Jahre begann auch mit seinem Eintritt in das preußische Abgeordnetenhaus dem er seitdem ununterbrochen angehöne, seine parlamenta rische Thätigkeit; 1867—84 war er Mitglied dcS Reichstag«. In der EonflictSzeit stand er auf ver Seite der lideraten Opposition und war Berichterstatter über die Militair- vorlagen, das Bubgetrecht, über da« er eine von der fort schrittlichen durchaus abweichende Ansicht batte, und über andere Verfassungöfragen. Später schloß er sich der national- liberalen Partei an. 1864 erregte er al« Vertbeibiger im großen Polenprocrsse die öffentliche Aufmerksamkeit. 1875 wurde er Mitglied des Oberverwaltungsgerichts, auch war er Mitglied de« preußischen SiaatSrathe«. Im Mai 1888 wurde er von Kaiser Friedrich III. geadelt.) L. Berlin, 22. Juli. (Privattelegramm.) Die banseatische Land., Minen, un» Handelsgesellschaft für reutsch-Lüdweftafrika bat am 20. d. M. ihre General- Versammlung in Hamburg adgehalten und den Verwaltung-- rath endgiltig constituirt. Das Grunbcapital der Gesellschaft ist zunächst auf 2 400 000 ^e, eingethrilt in 12 000 Antbeile zu je 2000 festgesetzt. Hiervon haben erhalten Herr v. Lilienthal zu Elberfeld (welcher inzwischen gestorben ist) und die South-West-Afrika»Company limited zu London gemeinschaftlich l0 000 -4 als voll eingesetzt geltende Antheile wegen des Einbringen« ihrer Rechte. L. Berlin, 22. Juli. (Privattelegramm.) Der außer ordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister der Süd afrikanischen Republik Herr veelaeris van vlotland ist mit seinem Sobne, vom Haag kommend, in Berlin eingetroffen. L. Berlin, 22. Juli. (Privattelegramm.) Der 10. Deutsche Uorbmachcrtag bat heute folgenden Antrag der Hamburger Innung einstimmig angenommen: Der Vorstand des Bundes deutscher Korbmacher-J-inungen wolle zunächst dabin wirken, daß authentisch festgestelll werde, wie und in welcher Weise Korbmacherarbeilen im Gefängnißwesen angefertigt und zu welchen Preisen dieselben verkauft werden, und demnächst in einer Eingabe an dir zuständigen Be- börden und an den hoben Reichstag mit allem Ernst die Abstellung der da« Handwerk ruinirenden Gefängnißarbeit fordern. — Zu der Meldung der „VolkSzta.", da- Lehrer» dotationSgesetz sei gesichert, da zahlreiche conservalive Mitglieder des Abgeordnetenhauses sich bereit erklärt hätten, dafür zu stimmen, bemerkt die „Kreuzztg." etwas spöttisch: ,.Dir Neugier der „Bolksztg." können wir insofern befriedigen, als wir wissen, daß sich eine große Anzahl confrrvativer Abgeord neter bereit erklärt hat, für das Zustandekommen eines umsassenden Volksschulgesetzrs zur Sicherung der christlichen Volks schule einzutreten. Wir erinnern nur an die Erklärung, die Namens der Partei vor wenigen Tagen bei Gelegenheit der Inter- pellation des Abg Rintelen der Abg vr. Kropatjckeck abgegeben hat." Das klingt nicht sehr verheißungsvoll. Wenn eS gilt, die Volksschule der Obhut der Kirche zu überliefern, sind die Herren schneller bereit. — Der Allgemeine Deutsche Handwerkerbund versendet eine Mittheilung, in der u. A. gesagt wird: Nachdem der Deutsche Jnnungs- und Allgemeine Handwerker tag zu Berlin in seiner Resolution ganz besonders betonte, daß an der gewünschten Enquete vor Allem bewährte Kenner und Vertrauensmänner des Handwerks theilzunebmen batten, diesem Wunsche aber seitens der Regierung keine Folge gegeben wurde, so Kat eS der Allgemeine Deutsche Handwerkerbund für nothwendig erachtet, zur Ergänzung der regierungsseitigen Erhebungen ebenfalls eine Enquete von sich au- bei den österreichischen Genossenschaften und sonstigen Handwerker-Bereinigungen zu pflegen. — Die „Germania" bemerkt zutreffend: „Ueber den „Verlust eines Arbeitstage-", der „dem Proletariat in der bürgerlichen Presse angekündigt wird" — Schließung aller großen Geschäfts- und Fabriketablissements am 25. Sedantage — sucht der „Vorwärts" sich und seine „Genossen" aufruregen. — Mit dem Verlust eines Arbeits tages für die „Proletarier" bei der Maifeier, selbst dann, wenn viele Arbeiter wegen ihrer Betheiligung an der Maifeier nicht nur einen Arbeitstag, sondern Stellung und Brod ver tieren, nimmt eS der „Vorwärts" weniger ernst. — Unter Bezugnahme auf eine Mittheilung des Ministers für Landwirthichaft, nach welcher die Lage der Land- und Forslwirth» schaft es wünschenSwerth erscheinen taffe, den Absatz des im In- lande erzeugten Nutzholzes nach jeder Richtung zu fördern, fordert der preußische Justizminister die Präsidenten der Ober- landesgerichte und die Oberstaatsanwälte auf, Anordnung dahin zu treffen, daß bei den Staatsbauten und Staatsbetrieben, so» wie bei Anschaffungen zur inneren Einrichtung der gerichtlichen Ge- schäftsräume und Gefängnisse nur inländische- Holz verwendet wird, soweit nicht zwingende Gründe dies verbieten. Auch sonst erscheint e« wünschenSwerth, daß bei der Anschaffung von Materialien für die Justizverwaltung die inländischen Erzeugnisse vor anderen, soweit angängig, bevorzugt werden. * Posen, 2t. Juli. Die Gesammtfläche des polnischen Großgrundbesitzes in den Provinzen Posen und West preußen, der in den letzten fünf Jahren beträchtlich zurück gegangen ist, beträgt nach einer Berechnung deS »Furyer" noch immer 2 865 840 Morgen, darunter 61 580 Morgen kirchlichen EigenthumS. 62 Familien besitzen über 10 000 Morgen, die verbleibende Fläche von 982 111 Morgen vertheilt sich auf 388 Besitzer. Der bäuerliche Besitz ist hier nicht mitgerechnet. * Viclcfel», 2l. Juli. Der VerwaltungSrath der Anstalt Bethel bei Bielefeld hat in seiner jüngst abgehaltenen Jahresversammlung einstimmig folgende Erklärung be schlossen, welcher sich zahlreiche, in der Versammlung nicht anwesend gewesene Mitglieder augeschlofsen haben: „Wir weisen die in letzter Zeit erhobenen Angriffe gegen die Leitung der Anstatt „Bethel", die Beschaffenheit ihres Pflegepersonals und die Behandlung der Pfleglinge auf das Entschiedenste zurück. — Wir sind mit den Einrichtungen, dem Personal und dem Betriebe der Anstalt »um Thcil seit vielen Jahren genau bekannt. Mögen einzelne Verschlungen in dem überaus schweren Beruf der Brüder und Schwestern vor- gekommen sein: in der Hauptsache sind jene Angriffe unbegründet und unwahrI Theils aus Unkenntnis und UebelwoUen, theils aus Lust und Freude am Scandal, theils aus offenkundiger Feindschaft gegen das Christenthum sind sie hervorgegangen. — Wir ersuchen alle ehrenhaften Gegner und Zweifler, denen es ernstlich um die Wahrheit zu thun ist, sich durch eigene Anschauung von den hier herrjcvenden Zuständen zu überzeugen. — An alle Freunde und Wohlihäter aber richten wir di« Bitte, tu ihrem vertrauen und ihrer treu bewahrten Liebe zu diesem Werk der Barmherzigkeit sich nicht beirre» zu lassen." * Göttingen, 21. Juli. Am Abend des 18. Juli ver anstaltete die Göttinger Studentenschaft auf dein weiten Platz vor dem Rathhause «iu« außerordentlich wirkungsvolle Erinnerungsfrier der SiegrSzeit von 1870/71. Der weite Raum war durch Grün und Fahnen prächtig geschmückt, durch 30 mächtige Gasslambeaur taghell erleuchtet unv füllte sich alsbald dicht mit der gesammten Studentenschaft, dem Prosessorencollraium, dem OfficiercorpS, den Spitzen der Behörden, vielen Alten Herren und einer großen Zahl von Damen. Eine tausendköpfige Menge schaute der Feier zu. Dir officiellen Reden wurden ausschließlich von Studirenden gehalten, welche auf den Kaiser, auf daS Vaterland, den Fürsten Bismarck, die Gäste und die Damen ein Hoch ausbrachten; der Prorector Prof. Schultz erwiderte in gehaltvoller Rede und schloß mrt einem Hoch auf di« deutsch« Jugend.
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