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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.09.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950928027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895092802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895092802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-09
- Tag1895-09-28
- Monat1895-09
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Katharinenstr. 14, Port. und KSaigSvlatz 7. Anzeiger. Drgan für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Gtschiiflsverkchr. M. Sonnabend den ^8. September 1895. Politische Tagesschau. * Leipzig. 28. September. Wie erinnerlich sein wird, wurde unlängst berichtet, daß bei einer AgitationSreise eines socialdemokratischen Abgeordneten >m Westen der preußischen Monarchie Frauen und Minderjährige in dem einen Orte von den Ver- sammlungen ausgeschloffen, in dem anderen dagegen zuge- laffen worden seien. Heute kommen die „Berl. Pol. Nachr." auf diese Meldung zurück und bemerken zu ihr: „Die Erklärung solcher Vorgänge liegt in dem bestehenden Vereins- und BersannnlnngSrecht. Die Grundlagen desselben bilden die Sätze der Artikel 29 und 30 der Verfassung, inhalts deren alle Preußen berechtigt sind, sich friedlich und ohne Waffen in ge« schlossenen Räumen zu versammeln, und nur für politische Vereine Be- schränkungen eingeführt werden dürfen. Dem entsprechend verbietet 8. 8 des Vereinsgesetzes vom 11. März 1850 auch nur die Aus- nähme von Frauen, Lehrlingen »nd Schülern in politische Vereine und schließt sie von den Versammlungen solcher Vereine aus. Für alle anderen Versammlungen besteht eine Verbot- vorschrtst für Frauen, Lehrlinge und Minderjährige nicht. So- weit also dir Versammlungen, in denen jener socialdemokratijche Agitator sprach, nicht Versammlungen politischer Vereine waren, bot das Gesetz keine Handhabe, um Frauen und Minderjährige fern zu halten. Daß selbst von Versammlungen, in welchen die Schmähung der Grundlagen unserer Staatsordnung und Cultur in der schamlosesten Weise betrieben wird, jene Elemente nicht ausgeschlossen werden können, ist sicher ein sehr bedauerlicher Mangel unseres Bereins- rechts, und es wird äs loxs ferenda gewiß dessen Ab stellung auf das Ernstlichste zu erwäge» sein. Bekannt- sich ist dies einer der Puncte, deren Aenderung bei der im vorigenJahrevorbereitetenRevision des preußischen Vereinsgesetzes mit ins Auge gefaßt war." Soll das eine Bestätigung der Gerüchte sein, im preußischen Ministerium werde eine Novelle zum Pereinsgesetze aus gearbeitet, die dem Landtage in seiner nächsten Tagung vor gelegt werden solle? In diesem Falle würden die Schluß sätze wohl etwas bestimmter lauten. Immerhin klingen sie so, als ob der Verfasser Kunde hätte von Erwägungen, die im preußischen Ministerium über die Zweckmäßigkeit und die Form einer solchen Novelle gepflogen würden. Ist das richtig, so wird man sich hoffentlich der Einsicht nicht verschließen, daß es der Socialdemokratie neuen Agitationsstoff liefern würde, wenn ein Staat strengere gesetzliche Bestimmungen bezüglich des Vereins- und Versammlungsrechts herbeisührte, als die anderen Staaten. Es wäre daher dringend zu wünsche», daß Preußen mit den übrigen deutschen Staaten über ein möglichst gleiches legislatorisches Vorgehen auf diesem Gebiete sich einigte. Wir sind der Ueberzeugung, daß ein solcher Ver such nicht fruchtlos bleiben würde. Und schließen sich wirklich einige Staaten von einem gemeinsamen Vorgehen aus, so würden sie durch die hieraus entstehenden Folgen sich bald genug gezwungen sehen, dem Beispiele der übrigen Staaten zu folgen. In einer Versammlung, in der am Mittwoch in Berlin der Abgeordnete Singer über „die politische Lage und die Socialdemokratie" sich verbreitete, hat derselbe u. A. auch mit Emphase erklärt: „Wir halten fest an den Laffalle'schen Worten: Uns gegenüber sind sie Alle eine reactionaire Masse!" Zur Eharakterisirung des Werthes solcher auf „Blendung" berechneten Schlagworte, sowie zur Eharakterisirung der Persönlichkeiten, welche, obwohl sie wissen, daß derartige Phrasen bei ihren eigenen Partei obersten nichts galten, sie dennoch unausgesetzt weiter benützen, giebt das „Kleine Journal" eine Darstellung der Geschichte des Laffalle'schen Satzes und erinnert daran, wie Karl Marx über denselben dachte. „Die Worte Laffalle's" — bemerkt das Blatt — „wurden im Jahre 1875, als sich auf dem Gothaer Socialistencongroß die heutige social demokratische Partei bildete, in das Parteiprogramm aus genommen, das seitdem bis vor einigen Jahren unverändert rn Geltung war. Damals äußerte sick der große Vater der Socialdemokratie, der verstorbene Karl Marx, über die jetzt von Herrn Singer wieder vertretene Ansicht, daß gegenüber der Socialdemokratie alle anderen Parteien nur „eine reacliönäre Masse" seien, in ziemlich deut licher Weise. Marx schrieb in einem Briefe an die Herren Bebel und Liebknecht, den die Herren wegen der vielen darin enthaltenen, für sie äußerst unangenehmen Dinge sech zehn Jahre lang in der Tasche behielten und den die Welt heute noch nicht kennen würde, wenn nicht Friedrich Engels im Besitz einer Abschrift gewesen wäre und diese trotz aller Bitten der in dem Brief Geohrfcigten in der socialdemokra? tischen Zeitschrift „Neue Zeit" in Nr. 13 des 9. Jahrganges (1890/91) zum Abdruck gebracht hätte —, Marx schrieb also wörtlich: „Von diesem Gesichtspunkt ist es also wieder Unsinn, daß sie (nämlich die Mittelstände), zusammen mit der Bourgeoisie und obendrein den Feudalen, gegenüber der Arbeiterklasse „nur eine reactionaire Masse bilden". Hat man bei den letzten Wahlen Handwerkern, kleinen In dustriellen rc. und Bauern zugerufen: Uns gegenüber bildet ihr mit Bourgeois und Feudalen nur eine reactionaire Masse? Laffalle wußte das communistische Manifest auswendig, wie seine Gläubigen die von ihm verfaßten Heilsschriften. Wenn er es also so grob verfälschte, geschah es nur, um seine Allianz mit den absolutistischen und feudalen Gegnern wider die Bourgeoisie zu beschönigen. Im obigen Paragraph wirb nun zudem sein Weisheitsspruch an den Haaren herbeibezogen, ohne allen Zusammenhang mit dem verballhornten Citat aus dem Statut der Internationalen. Es ist also hier einfach eine Impertinenz, und zwar keineswegs Herrn Bismarck miß fällige, eine jener wohlfeilen Flegeleien, worin der Berliner Marat macht." — Also der vom Herrn Reichs tagsabgeordneten Paul Singer ausgesprochene und feierlich bekräftigte Satz von der „einen reactionairen Masse" wird von dem großen Hauptheiligen des Socialismns, auf den sich die Herren Singer, Bebel und Liebknecht tausend Mal be rufen haben, dreifach gekennzeichnet: als Unsinn, als Im pertinenz, als wohlfeile Flegelei! So dachte Marx über das Thun und Treiben Derer, die sich seine Jünger nennen. Herr Singer und die Seinen aber werden sort- fahren, mit frecher Stirn Karl Marx als ihre wissen schaftliche Säule und ihren Gewährsmann auszugeben." Anläßlich der Wiener Gemetnderathswahlen haben wir uns wiederholt auf das Bestimmteste gegen die geplante Abstinenzpolitik der Wiener Liberalen ausgesprochen. Diesen Standpunct nimmt auch die „Nat.-Ztg." ein, indem sie schreibt: Es entsteht nun für die Liberalen die Frage, wie sie sich zu der neuen Sachlage stellen wollen. Der unglückliche Gedanke einer Abstinenzpolitik, der eine Zeit lang ausgetaucht war, scheint aus gegeben (?) zu sein. Bisher hat eine solche, die gerade in Oester reich bekanntlich schon wiederholt von den verschiedensten Parteien versucht worden ist, für Diejenigen, die sie unternahmen, noch niemals gute Früchte gezeitigt. Wollten die Liberalen sie im vorliegenden Falle treiben, so würde sich diese Erfahrung nur wiederholen. Sie könnten damit nichts erreichen, als höchstens die nochmalige Auflösung des Gemeinderaths, die nicht nur neue Wirren herausbeichwören würde, sondern ihnen auch Angesichts der soeben kundgewordenen Stimmung der Bevölkerung neue und vielleicht tödtliche Verluste zufügen müßte. Ihr Führer, der frühere Bürgermeister vr. Richter, hat sich den» auch ent- schieden gegen jede derartige Politik ausgesprochen; nach seiner Ansicht muß die liberale Partei jedenfalls in den Gemeinderath eintreten und abwarten, wie sich die neue Regierung zu den Antiliberalen stellt, sowie ferner, ob vr. Lueger die kaiserliche Bestätigung erhält. Nur wenn der Partei das Verbleiben im Gemeinderathe durch bestimmte Vorgänge unmöglich gemacht würde, ^j^^imna^stcher^vb'nich^ die scheiden Es ist im Uebngen noch n.cht ""»°l M ^..rch aus Autiliberale» der Frage der Bbstat'g-mg v^ L.u ß Stroh- dem Wege gehen, daß sie zum irisier machen, mann wählen und Vr. Lueger ° ^„,roUrende Opposition der keiner Beilatigung bedarf m?„d?rkeit den communalen Inter- können die Liberalen auch m der Nttnderyeu oen ,.ln) w.» d"- M°i°E ,h» schwerlich mit gewagten parteipolitischen Exs»n semiten ihre Macht zum Schaden d-s Gan eu für 'i e Parteipolilik auszubeuten (und basiv.rdniä'l auSUc ), dann vermag die liberale Partei § x,.,, „kratisckcr wattigen Unterschied liberaler und rückschrittlich de'Eat,scher Princchien hinruweiseii und braucht nicht zu befurchten, daß man !br zur Antwort g.ebt: es K mit dem Antt em.t.smus nichts, aber es ist auch mit dem Liberalismus nichlS. In die überschwängliche Freude der Franzose» über die Anwesenheit hoher rnssischcr Würdenträger bei der großen Truppenrevne in Lothringen fallt recht unangenehm die schon kurz erwähnte Meldung der „Times , „aus gla - würdigen Petersburger Kreisen werde berichtet, „die unmittel bare Folge des Verkehrs Lobanow's mit Hauvtaiix werde die sein, daß künftighin der Zar den herrschenden Einfluß in der fraiizösisch-rnssischcn Entente aus übe Welche neuen gegenseitigen Freundschastsbetheueruligeu in Mirecourt auch erfolgt sein möchten, so sei doch kein Zweifel über Rußlands Entschluß gelassen worden, die vor wiegende Stellung in der Bundesgenoffenschafl zu behalten. Es sei sehr Wohl möglich, daß Rußlands Einfluß geiaunie >ieit zu Gunsten des Friedens ausgeübt werde; dies werde auch tbatsächlich geglaubt. Der Beweggrund für Lobanow's Einmischung sei die Besorgnis; gewesen, Frankreich dürfte einen voreilig e n i u dis er e t e n Gebrauch von seiner Freundschaft mit Rußland sur Zwecke machen, die ganz unvereinbar mit den unmittel baren Zwecken der russischen Politik wären. Dies erscheine um so wahrscheinlicher, als in hoben milttairijche» Kreisen rn Wien wie in Deutschland zuversichtlich erklärt werde, daß für die nächsten 18 Monate Rußlands Kriegsbereitschaft un vollkommen sei." Aber man wird in Frankreich die Glaub würdigkeit der Meldung bestreiten, und zwar nicht ohne allen Grund, denn die „Times" haben ihre Information auf dem sehr weiten Umweg über Wien erhalten, nicht direct aus Petersburg, und es ist doch anzunehnien, daß Rußland von vornherein den casus foederis genau sormulirl und auf die seinen Interessen entsprechende»Alöglichkeilen beschränkt haben wird, zu denen ein französischer Revanchekriez schwerlich gehören dürfte. Uns scheint aus der „Times".Meldung nur englisches Miß vergnügen und der Versuch zu sprechen, in Frankreich gewisse Kreise gegen Rußland zu animiren. Thatsächlich entspricht ja der Standpunct der russischen Politik dem Inhalte der „Ti»ies"-Meldun^, thatsächlich ist die Friedensliebe deS Zaren ein Hemmschuh für den französischen Chauvinismus, thalsäch lich sind es lediglich egoistische Zwecke, welche man in Ruß land mit der französischen Freundschaft verfolgt, aber man wird das in Petersburg nie sagen und man wird es den Franzosen nicht in dieser Form zu verstehen geben, auch nicht ans dem Umwege über Wien und London. Aus diese Weise würde man unfehlbar das erreichen, was die „Times" wollen: das Mißtrauen Frankreichs gegen Rußland erwecken. Vor Slnzeigen.PretS dte 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclam^« unter dem RedactionSstrich (4 ge spalten; bO^z, vor den Famtltrnnachrtchir» (6 gespalten) 40^, Größere Schriften laut unjrcem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Tarif. Eptra»Beilagen (gesalzt), nur mit de» Morgen-Ansgabe, ohne Postbesördernna KO.—, mit Postbesürderung 7v.->. Ännahmkschluß für Anzeigen: (nur Wochentag«) Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 llh^. Vei Len Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an di« Er-e-iti«» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 8S. Jahrgang. wenigen Tagen erschien in dem „St. Petersburger Herold", dem , russischen Blatt in deutscher Sprache", ein Artikel, in deni es u. A. heißt: Die durch das nervös erregliche nationale Temperament der Franzosen gesteigerte Verfänglichkeit der gegebenen Situation konnte für die officielle Eloquenz der französischen Staatsmänner leicht ge wisse Gefahren mit sich bringen. Weder der ultra-demokratiiche Charakter des heutigen sranzösiichen Staatswesens noch der Gedanke an die Revanche dürste» ohne die Anwesenheit eines Grandseigneur, wie des Fürste» Lobanow - Rostowsky, und eines so im- ponirend gewiegten Diplomaten, wie unseres Ministers des Auswärtigen, kaum einen so reservirten und Lis- creten Ausdruck gefunden haben, wie es thatsächlich geschehen. Wir sind überzeugt, Fürst Lobanow hat Frankreich und in gewissem Sinne auch der Ruhe Europas einen große» Dienst erwiesen, als er den französischen Manöver- festlichkeiten beizuwohnen nicht zögerte und dort unter den Staatsmännern der französischen Demokratie, den Beamten einer doch erst neuerdings etwas beständigeren Kammer-Majorität, die weise Mäßigung und die ruhige Seibslgewißheil des kaii erlichen Rußland repräsentirte, das Frankreich die Hand gereich:, gerade um den Frieden Europas gebietend sicherzusteUeii." Sehr auffallend ist die Uebereinstimmun^ dieser Aus lassung mit dem Inhalt der Wiener „Tiines"-Eorrespondenz. Sollte man am Ende in ihr die Quelle dieser zu erblicken haben? Unmöglich wäre es nicht. Dann aber würde die Aufsehen erregende Meldung noch mehr von ihrer Bedeutung verlieren und es würde thatsächlich von ihren Mittheilungeii nichts übrig bleiben, als was schon längst allbekannt, daß nämlich in dem Zweibundc Rußland der friedliebende be sonnene Factor ist, der bis jetzt auch die Oberhand hatte. Bevor nicht Blätter, wie das „Journal de Sl. Petersbourg" und die „Nowvje Wremia", die allein wirklich Beziehungen zum Ministerium des Auswärtigen in Petersburg besitzen, sich über die Sache ausgelassen haben, wird man jedenfalls gut thun, mit einem Endurtheil über die „Times"-Eorre- spcndenz zurückzuhalten. Vielleicht schweigen sich diese in dessen am Ende über sie ganz aus, wie es ja gelegentlich des seiner Zeit so viel besprochenen Communiguss der Pelers- burger Regierung in der bulgarischen Frage der Fall war. Die Verkehrseröffnung der neuen Donaubrücke in Rumänien ist ein Ereigniß von so hervorragender cullu- reller Bedeutung, daß dadurch die glänzenden Feierlichkeiten, mit denen der Einweihungsact begangen wurde, vollauf ge rechtfertigt erscheinen. Die Brücke, welche die Schienenverbin- dung zwischen dem rumänischen Bahnnetze und der Hafenstadt Eonstanza (einstmals Küstendsche) am Schwarzen Meere ver mittelt, füllt eine sehr empfindliche Lücke aus. Zwei deutsche Meilen breit war die Unterbrechung, eingeschloffen das Ucber- schwemmniigSgebiet. Im Winter, wenn die Donau mit Eis bedeckt war, erlitt der Maaren- und Personenverkehr wochen lange Störungen, so daß die Dobrudscha vom Mutterlande gänzlich abgeschlossen war. Das hat sich jetzt geändert. Von größerer Wichtigkeit aber ist die politische Seite. Erst jetzt ist die Dobrudscha wirklich mit Rumänien vereinigt, und diesen Gesichtspunkt hat König Earol i» seiner Festrede auch gebührend hervorgehoben. „Rumänien, mit dem Schwarzen Meere verbunden, fürchtet jetztkeiner- lei Hemmnisse in seiner Entwickelung." Das sind stolze und selbstbewußte Worte, die ihre Berechtigung darin finden, daß Rumänien heute dem Dreibünde angcgliederl ist. Wie die Ziele des Dreibundes friedlich sind, so sind es auch die der Politik Rumäniens. Es ist der Negenlen- weisheit des Königs Karl gelungen, in den weitesten Kreise» des rumänischen Volkes das Verständniß dafür zu wecke», wie fundumcittal wichtig es für die gedeiblicbe Zukunft der Nation ist, ihre Kraft nicht in häuslichen Zwisten und Krisen nutzlos zu verzetteln, sondern sie zu concentriren auf die Hebung des intellectuellen und materiellen Gesammtniveaus Feuilletsn. Schwere Kämpfe. Roman aus dem großen Kriege. 24) Von Earl Tanera. Kachdruck verboten. (Fortsetzung.) Für den guten Gefreiten gab es kein größeres Ereigniß, kein noch so folgenreiche- Begebniß. das ibn in eine ähnliche Aufregung versetzt hätte, wie der Verlust seiner Pfeife. Er packte den zerdrückten Deckel und den gebrochenen Kopf sorgsam in sein Taschentuch und steckte beides in den Brod- beutel. Dann marschirte er mit einem Gesicht weiter, als ob er die ganze Welt auffreffen wolle, und jeder, der ihn neckte, weil er nun einmal nicht rauchen konnte, bekam eine solche Grobheit zu hören, daß er den wilden Bären in Ruhe ließ. Man hatte aber auch gar keine Zeit mehr zu Scherzen. Nun ging eS wieder im Laufschritt weiter, und zwar gegen den Park vor. „Die ersten und zweiten Züge ausschwärmen l" Wie Raketen sausten die Säger auseinander. In be schleunigtem Schritt drangen die langen Schützenlinien gegen den Park deS Schlöffe« Monviller« vor. Oberlieutnant Horn kam mit seinem Zuge zufällig auf den linken Flügel de« Bataillons. Der Jäger Hautzner blieb mit einem Male stehen. „WaS ist, Hautzner? Vorwärts!" Plötzlich, wie vom Blitz erschlagen, brach er zusammen, ohne einen Laut auS- zustoßen. DaS war der erste Todte. Oberjäaer Renner spran zu und konnte nur noch constatiren, daß ihm ein Gescho durch das Auge in« Gehirn gedrungen war. „Weiter, Jäger! Vorwärts!" Niederer sah noch einmal »m und rief: „Der hat - geahnt, der arm' Deisel. Gott sei seiner Seel' gnädig!" Jetzt vernahm man da« Signal: „Bajonett aufpflanzen und rasch vorwärts!" „Ma siehaat ja no' goar koan Feind. — Au Weh, au Weh! Mi' hat'«. Ti Noan Zeh' is hin. Au weh, au Weh!" „Schreien Sie nur nicht so und gehen Sie zurück nach einem Verbandsplatz. — Auf den Parkrand l Vorwärts, vor wärts, hurrah, hurrahl" Jetzt brauchte man den Jägern nicht mehr zu jeigen, w» der Frmd stand; jetzt sahen sie e« von selbst. Der ganze Parkrand schien sich in eine einzige feuerspeiende Linie ver wandelt zu haben. Aber wieder wie bei Beaumont ließen sich die Jäger keine Sekunde dadurch beirren. Sie hatten dort erfahren, welch' enormer Erfolg durch einen schneidigen, flotten Anlauf erzielt werden konnte, und darum rannten sie heule sozusagen instinktartig wieder unter donnerndem Hurrahgebrüll hinter ihren Officieren drein. Daß diesmal weit mehr ihrer Kameraden zurückblieben, weil ihnen das fränkische Blei ein unüberhörbares Stopp befohlen, merkten die Stürmenden gar nicht, so eilig jagten sie auf den Park loS. Ein gemauerter Bach bildete besten Grenze. Der hielt nicht auf. Mit einem Satz war man drunten, zwei Sprünge genügten hinüber, dann ein Schwung hinauf, und jetzt giiigs loS. Weder schießen, noch das Vorhalten der Datagans half den französischen Marine-Infanteristen. Mit den Kolben schlugen die bayerischen Jäger die im Anschlag liegenden ChaflepotS zur Seite, und der nächste Stoß traf den Schützen selbst, ehe er abfeuern konnte. Dort drang daS Bajonett Huber'S einem Sergeanten in die Brust, bevor er seinen Stoß auf den Niederer auSfübren konnte, hier krachten zwei Schliffe zugleich, und der Jäger und der Franzose sanken blutend ins GraS. Die hier kämpfenden feindlichen Marineinfanteristen waren durch den wilden Sturm der Jäger so auS der Fassung gebracht, daß Manche alle Besinnung verloren. So schrie nahe vor dem Oberlieutenant Horn ein französischer Lieutenant einem Hornisten zu: „Sonner L I» bkjonnetto!" Der zitterte aber so, daß er daS Signalinstrument kaum an die Lippen und dann keinen Ton auS demselben herausbrachte. Ein Säbel hieb deS bayerischen OsficierS verhinderte ihn überhaupt am Blasen; der französische Lieutenant aber entwischte. Von Busch zu Busch drangen die Jäger vor und trieben ihre Gegner rurück. Es war ein ähnliche« Hetzen und Jagen, wie bei Beaumont, aber es kostete viel mehr Blut. Mitten im Park befanden sich «ine kleine Lichtung und abermals ein Graben. Der letztere erschien aber nicht sehr breit und konnte übersprungen werden. Da« machte Lieutenant Ulmer der 4. Compagnie seinen Jägern vor. Mit einem mächtigen Satz flog er über den Graben, den Säbel streckte er auf wärts und gerade, als er den höchsten Bogen deS Sprunges erreichte, schrie er „Hurrah". Dann aber fiel er auf dem jenseitigen Theil der Wiese der ganzen Länge nach zu Boden und stand nicht wieder auf; rin Geschoß, «u« nächster N3be abgesenert, hatte sein Herz durchschlage». Aber kein Beispiel wirkte begeisternd nach. Wie eine Windsbraut sausten seine Jäger über Graben und Lichtung und rächten blutig den Tod ihres Lieutenants an allen Franzosen, die sie noch er reichen konnten. Horn war mit seinem Zuge immer mehr links gekommen. Jetzt sah er die Mauer, welche den Park Monvillers von der Stadt Bazeilles trennte, vor sich. Durch eine jedenfalls von den Franzosen vor dem Kampfe zur Verbindung an gelegte Lücke verschwanden soeben zwei feindliche Marine- Jnfanterieosficiere, mehrere Soldaten und ein Fahnenträger mit einer Fahne. Der Oberlieutenant deutete darauf und schrie seinen Leuten zu: „Jäger, die müssen wir haben. Mir nach, hurrah, hurrahl" Von Neuem brüllten die Jäger ihr markerschütterndes Hurrah und rannten auf die Lücke zu. Dort wurden sie von mehreren Schüssen empfangen. Ein Jäger brach blutend zusammen, Witzelberger, der mit ge zogenem Seitengewehr, weil er ja keine Büchse hatte, hinter seinem Herrn dreinlief, bekam einen Schuß durch die Helm raupe, und Corpora! Heeg wurde leicht an der Wange ge streift. DaS Alles wäre das Geringste gewesen. WaS dagegen Horn und die Jäger vor sich sahen, war weit mehr dazu angethan. Schauer und Grausen zu erwecken. Sie blickten nämlich in einem wahren Pfuhl von Flammen Qualm, Blut, Tod und Entsetzen. Sämmtlicbe Häuser der ganzen Straße brannten lichterlob. Auf dem Wege selbst lagen einaestürzte Mauern, brennende und glimmende Balken, halbverkohlte Leichen und blutende Verwundete. Dazwischen kauerten an Punkten, die nur einigermaßen sicher vor den Branden schienen, bayerische Soldaten und schossen nach den Fenstern der noch nicht eingestürzten Häuser. AuS diese» feuerten französische Marine-Jnfanteristen heran«, unten suchten Bayern mit Beilen und Aexten die Thore einzuschlagen, an anderen Stellen stürmten Bayern durch die erbrochene» Fenster, um ein Haus zu erobern; dort wälzten sich Franzosen Hermes, um dem Verbranntwerden zu entfliehen; dann begann Stechen und Schießen auf der Straße, und über Allem lag der dicke Qualm der Brände, und es roch 22 ^hastig ein H^-npfuhl. Da hinein mußte jetzt Horn seme Jäger führen. VorärM' ^ «ntwischt sein. Mir nach! «Gott steb mir bei!" „Legt den Schorlach auf die Seite. Schnell die Treppe hinauf, daß sie nickt mehr schießen können." Vier Sätze, dann war er oben. Sein Säbel sauste dem französischen Seraeantmajor über den Kopf. Waldstätter folgte als der Nächste hinter seinem Oberlieutenant nach. Dessen Schuß zerriß nicht nur durch das Geschoß, sondern auch durch dis Flamme und den Pulverdampf einem Franzosen das Gesicht. Witzctberger hieb einem anderen die Finger ab, als er anlegen wollte, und nun stürzten etwa zehn Jäger die frei gewordene Treppe hinauf. Alles drängle hinter einigen weichenden Franzosen nach in ein Zimmer. Man erkannte vielleickt 6 Mann in dem engen mit Qualm erfüllten Raum. Mit Donnerstimme schrie sie Horn an: das leg armes! lienctes vous!" Wie wenn ihre Flinten glühend geworden wären, ließen sie sie fallen und wollten sich ergeben. Da schrie es von der Treppe her. „Raus, raus! Herr Oberleitnant raus! Die Trepp' stürzt ein. Die Tragbalk'n san abbrennt." Wie eilte da Alles zurück! Der Ofsicier schrie aber noch den Franzosen zu: „8a«ver vous! I/sscalier drule." Dann stürzte er hinaus. Er mußte schon durch die Flammen springen, ohne zn wissen, wohin. Aber eS ge lang. Er wurde von den bereits unten stehenden Jägern aufgefangen Ebenso gelang der Sprung den vier noch nachfolgenden Jägern und drei Marine-Infanteristen. Ein vierter derselben brach den Fuß. Die Jäger rissen ibn aus den Flammen. Da erscholl verdächtiges Kracken und Knistern. „Hinaus, Jäger! Nehmt den Schorlack mit!" Er selbst, der deutsche Ofsicier, erfaßte den verletzten Marine- Infanteristen und warf ihn mehr, als daß er ibn trug, auf die Straße. Als der Letzte kam er selbst ins Freie; da gab eS einen fürchterlichen Schlag, der Dachstnhl stürzte ei», zer schmetterte die Tragbalken der Zimmerböden und in einem kolossalen Funken-, Flammen- und Oualmberg war daS ganze Hang in sich selbst eingefallen. In der Glutb hatte eS Infanteristen, vielleicht auch vuuv z,cy zelvlt eingefallen, mehrere der französischen Marine-x die Fahne, begrabe». Pfeifende und auf dem Dod« .... auf dem Boden aufschlagende Geschosse lehrten die Jäger, daß sie hier nicht verweilen durften. „Waldstätter und 4 Mann die Verwundeten und Gefangenen hinter die Parkmauer in Sicherheit bringen. Die Andern mir nach!" Ein rweiteS HauS, auS dem noch Schüsse gefallen, wurde angegriffen. Niederer sprang mit beiden Füßen zugleich gegen die Tbür. Sie gab nach und flog aus. Hier wahrte
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