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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.06.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930617020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893061702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893061702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-06
- Tag1893-06-17
- Monat1893-06
- Jahr1893
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4SVS Sn drr öftrrretchllche« hat der Reich»kri«g«- Minister Freiherr von Bauer auf die anmaßendru Dar legungen der Iungcze»rn in Betreff de« bSh mischen Staat« rechte», init kessen Anrufung sie alle ihreForderungen glaube» begründen ;u können, eine Antwort gegeben, die in Oesterreich lebhafte Beachtung und Anerkennung findet. Tr kenne, fo sagte der KrirgSmiaister, kein döhnnsche« Staat«- recht, und wenn die Iuugczechea immer i» Namen Böhmen« spreche», müsse er ihnen bemerke», daß auch andere Herren au» Böhmen in der Delegation seien, die ganz andere Anschauungen haben, so daß er nicht wisse, wie dir Lertretung Böhmen« von den Iuugczeche» allein in Anspruch genommen wrrden könne. Da« ist in der Thal eine ebenso schneidige al« treffend« Abfertigung: r« giebt kein böhmische« Staat«recht, und der KriegSminister kann e« daher anch nicht kennen. Damit fallen auch alle nationalen Ansprüche, welch« au« dem Staat«rechte abgeleitet werden, in ihr Nicht« zusammen Fast möchte man bedauern, daß Freiherr v. Bauer Krieg-minister ist und daß er nur vor der Delegation die Sprache führt, die schon längst im Reich«rathe wie ihm böhmischen Landtage von der Regierunz«- bank hätte geführt wrrden sollen. Manche« hätte sich ander« entwickelt, wenn man da« böhmische Staat-recht rechtzeitig mit der gleichen Entschiedenheit gefaßt hätte, welche der Krieg««imfter beute bekundete, und wenn mit der Aufforderung zu gegenseitiger NechtSaHtuog die Fiction eine« böhmischen Staat-rechte« nicht in ofsiciellster Weise unterstützt worden wäre. Drr Vnnnmn-Eenndnl hat bekanntlich zwei Proc die BerwaltuogSräthe der Panama-Gesellschaft zur habt: einen wegen Betrüge« und einen wegen Beste Der rrstgrdachtr Proceß wurde mit Rücksicht auf da« Privi legium de« greisen Ferdinand von Leffep« al« Großkreuz drr Ehrenlegion vor dem Apprllhofe geführt. Ferdinand v. Leffep« war durch Krankheit verhindert, zu erscheinen. E« erschienen am 1V. Januar d. I. sein Doha Karl von Leffep-, dann Eissel und Fontane. Cottu war ebenfall« abwesend. Drr Proceß dauerte einen vollen Monat. Die Bertheidigung machte die V« " darauf binwie«. geleitet worden Thatsachen bereit» verjährt waren. Der Gericht-Hof ging j doch auf diese Auffaffung nicht ein und verurtbeilte am lü. Februar d. I. die Panama-BerwaltuaaSräthr Ferdinand und Karl v. Leffep«, Eissel, Fontane und Cottu, die beiden Erstgenannten zu je fünf, die drei Anderen zu je zwei Jahren Gesängniß. Die Berurtheilten, mit Ausnahme Cottu'«, brachten gegen diese« Erlenntniß die Nichtigkeitsbeschwerde vor dem EaffationShcs ein, welcher am 8. Juni die Sache in Verhandlung nahm. Jetzt ist nun der Spruch de« Cassation-Hofe« erfolgt, welcher die seiner Zeit von der Bertheidigung vor dem Appell- ,reichte geltend gemachte Verjähr»« g al« thatsäcklich vor liegend erkannte und da« Urtheil de« EaffationShofe« gegen die gesummte» Verwaltung-räthe der Panama-Gesellschaft cassirtc. Dieselbe» sind somit von der Anklage wegen Betruges sreigesprochen. Der BestechungSproceß wurde vom 8. bis 2l. März vor den Pariser Geschworenen gegen den gewesenen Bautenminister Balyaut, Karl v. Leffep« und Blondin geführt und endete mit deren Berurtheilung. Der Erstgenannte, welcher ein vollständige«, reumütbige« Geständniß ablegte. erhielt fünf Jahre, Blondin zwei Jahre und Karl von Leffep« ein Jahr Gefängnis;. Die beiden Letztgenannten meldete» die Nichtigkeits-Beschwerde dein» Cassationohose an. Um ganzen großen Panama-Scandale, welcher die Welt monatelang in Atdem gehalten hat, giebt e« somit jetzt nur ,ivei Bcrurlheilte, Karl von Leffep« und Blonbiu, und auch aber deren Schuldig oder Nichtschuldig wird der Caffation«- lios noch endgiliig zu entscheiden baben Wie au« Pari« ge meldet wird, beschäsligen sich die Blätter lebhaft mit dem srcisprechencen Urtbril de« obersten Gerichkrhose» und nehmen cS meist zum Anlaß heftiger Angriffe auf die Minister, die im vergangenen Jahre die Verfolgung beschlossen. Da« englische Nntcrh««» hat auf die Clausel IV der Home-R»le-Vorlage bereit» drei Sitzungen ausgewcndet, ohne die Berathung zum Abschluß bringen »u könne». Wenn da« so sortgcbt, dann wird der Monat Juli herankommen, ebe da« als Ausschuß tagende Hau« der Gemeinen bei der wichtigen neunten Clausel anlangt, und da« Ende de« Sommers, bevor die Einzelberathung überhaupt zum Abschluß gcveiben kann. Die entscheidenden Kämpfe werden beide Parteien bereit« so erschöpft vorfinken, daß allerhand Zufällig keiten vielleicht einen größeren Einfluß auf da« Eudergebniß auSüben werden, al« der hoben Bedeutung der Angelegenheit entspricht. — Die „Times" bestätigt' di« Vermuthung über die Gründe, welche Gladstone veranlaßt haben, auf die Vertagung der Di-cussion über di« finanziellen Klan.se ln seiner Home-Rule-Borlage bi« zum Ende der Eomittberathung zu verzichten und demnächst in dieselbe cinzutrettn. Er will di« Entscheidung gerade über diese» effe . . Folge ge gegen oaoerre einen vouea wroaar. -vre vrriyeirrgung ne Verjährung (prösoription) geltend, indem sie inwie«, daß die Verfolgung erst zu einer Zeit ein- oordro war, wo dir den Eridabestand begründenden Punet beschlonnignn, da «r van drr ihm dnrch Chn«t«rl»i» nachgewitsenen Zrrthümlichkrit der jenen Klauseln zu Grund« liegenden Berechnungen die schlimmste Einwirkung auf di« entlich« Meinung befürchtet. Er will die Dache also an der Welt schaffen, so lange die« »och innerhalb de« Unter haus«« ohne allzulebhaft« Einwirkung von außen geschehe» kann. Ob die« aber noch möglich ist, mag mit Recht bezweifelt werden; di« Verwirklichung der Gladstoneschrn Vorlage würde de» britischen Steuerzahler zu Gunsten Irland- erheblich belasten, und in diesem Puncte verstehen auch di« Gladstoneanrr keinen Spaß. In Bezug auf den Irrthum, welcher die Bast« der finanziellen Arrangement« in der Hömerule-Bill bildet, dessen wir schon Erwähnung gethan, schreibt der „Dublin Independent": Wir haben keinen Grund, u glauben, daß die verbesserte Berechnung zuverläßlicher sei. Nr. Gladstone giebt selbst zu, daß die Bücher schlecht geführt worden. E« giebt Einem etwa« zu denken, wenn man er wägt, daß wahrend einer langen Reihe von Jahren die Be steuerung Irlands aus einer BuchbaltungS-Methode beruht, welche, wie e« sich jetzt zeigt, etwa« weniger al« betrüge risch war. Dem Fia«co de« n«rwe,ische« Nadicali««»» in Betreff der militairischen Vorbereitungen bei der Ministerkrifl« am 2. Mai bez. de« darüber am 2. Juni abgebaltenen Großthing«- verhör« ist am 13. d. M. eine noch stärkere Niederlage ge folgt. Der sogenannte „GlockenzugS-Paragraph" berechtigt da« Großthiog zur Einberufung und zum Verhör sämmtlicher Staatlbeamten, auch der militairischen, außer den Mit gliedern drr Dynastie, und dem entsprechend standen auch am 2. d«. Mt«, der Admiral Koren und drr Com- mandeur Otto vor einem theilweise recht kleinlich durchgeführten parlamentarischen Kreuzverhöre. Jetzt am 13. diese« Monat« handelte e« sich um die angeblich beabsichtigte Webrlosmachung Norwegen« gegenüber einem schwedischen Einmarsch bei jener norwegischen Staatlkrifl« vom Juni 1884, welche mit dem Rücktritt und der reich-gerichtlichen Berurtheilung de« Cabinet« Selmer und der Einsetzung de« Ministerium« Johann Sverdrup endete. Da« Verhör ergab, daß in der Thal damals im Arsenal die Zünder aus den Gewehren genominen wurden, aber «eil sich die betreffende Besatzungstruppe in einem an Meuterei grenzenden Zustande befand und von ihren 81 Mannschaften »7 unter Anklage wegen grober Insubordi nation standen, nicht ohne indirecte M:tschuld der norwegischen Demokratie, welche während jener Ministerkrise namentlich auch unter drr bewaffneten Macht agitirte und wobei sich der jetzige GroßthingSpräsident Ullmann besonder« hervorthat. Mau kann sich den Eindruck der Enthüllung vorstellen. Unter- deß hat drr Radikalismus einen neuen Kummer erfahren, und zwar auf dem Wege über England. Dort zog nämlich Mr. Gladstone von den Consuln in den verschiedenen Ländern Berichte über die Wirkung der Parla- ment«diaten auf den Gang drr parlamentarischen Ge schäfte ein, der General-Consul in Ehrisliania Mr. Michcll aber bezeichnte in seinem Bericht da« norwegische Großthing al« eine Gesellschaft, welche der übrigen« nicht eben fürst lichen Diäten von 12 Kr. -» 13,50 halber, die Geschäfte möglichst in die Länge ziehe, sich au« Staatsmitteln unerlaubte Nebeneinkünfte znwendc, theilweise au« Tagedieben und Trunkenbolden bestehe u. s. w. Durch die „Time-" wurde der Bericht veröffentlicht und am 13. d. M. richtete der GroßthingSpräsident Ullmann eine betreffende Interpellation an da« Ministerium Stana, welcke« aber jede Kenntniß de« Schriftstücke« bestritt. Auf die Anordnung de« Großthing« soll jetzt der Michell'sche Bericht zugleich un Original und auf norwegisch veröffentlicht werden. Danach zu schließen, scheint da« Gefühl für Komik bei dem norwegischen Radika lismus bedauerlich wenig au«gebildet zu sein. Deutsche» Rei* 6. 8. Berlin, IS. Juni. Zu den Stichwahlen hat die Socialdemokratie schon gestern die um fassendsten und weitgehendsten Vorkebrungen getroffen; die agitatorisch und rhetorisch geschulten Kräfte in 24 Wahlkreisen sind frei und sollen sämmtlich nach den Stichwahlkrrisen tirigirt werden; nur aus die „Genossen" in Bayern wird man verzichten, da dieselben bereit- mit deu Vorarbeiten für die LandtagSwahlen stark be'chästigt sind. In zahlreichen Wahlkreisen, wo freisinnige BolkSparteiler Nationalliberalrn und Eonservativeu gegenübcrstkhen, bat die Socialdemokratie die Entscheidung. Gemäß den St. Gallener Beschlüssen wird hier strictrste Wahlenthaltung rmpsohlen werten Befolgt wird dieselbe freilich selten Selbst in solchen Wahlkreisen, in denen die Socialdemokratie nicht die geringste Aussicht auf Erfolg hat, soll die Agitation mir allem Hochdruck betrieben wrrden. Dabei wird sich freilich der Mangel au „Munition" bcmerklich macken, und dieFlugblätter-Vcrtbeilunzwird wohl eine Einbuße erleiden; dagegen dürfte» sich die Versammlungen in- Unendliche «ehre». In diese, Beziehung wird h«s»,der« Berlin etwa« tr ieben, da« sich bereit« mit de« Gedanken vertrant mache» muß, daß bald di« rothe Fahne über 5 von ihren 8 Wahl kreise» weht. Die Antisemiten, welch« eventuell de» Au«schlag geben könnten, werde» sicherlich Wahlenthalluna proclamire»; ein bestimmter Beschluß ist zwar noch nicht gefaßt, aber die Stimmunageht dahin. Di« gestern hier und da von hervor ragende» Männern gegebene Anregung, im Stichwablkampfe eine Liga gegen dir Socialdemokratie in« Leben zu rufen, wird sich schwerlich realisircn; dir Zerfahrenheit und Zerrissenheit ist zu groß und die Verhältnisse in den einzelnen Wahlkreisen sind zu verschiedenartig. — Der Kaiser und die Kaiserin unternahmen heute früh «inen gemeinsamen Spazierritt in dir Umgebung Pots dam«. Nach der Rückkehr in« Schloß ronferirte der Monarch mit dem Reichskanzler und arbeitete mit dem Vertreter de« Militaircabinet«. — Die Elchjagd im Jagdrevier von Hünneberg in Schweden, zn der, wie wir meldeten, Kaiser Wilhelm eingeladen worden ist, findet am 28. September, nicht am 29. v. M. statt. — Ein hiesige« Blatt will von Wohlunterrichteter Seite erfahren habe», daß auch der Commandeur drr 22. Division, Generallieutenant Prinz Friedrich von Hohenzoller», seinen Abschied nimmt, »nd zwar noch vor den diesjährigen Herbstmanövern. — Die ,N. Pr. Ztg." schreibt: „Die verschiedenen Mittheilungea der Laae-blätter über den bo- absichtigten Rücktritt Sr. Hoheit de» Erbprinzen vou Sachsen- Meinuigen von dem Tommando der L. Garde-Infanterie-Division mischen Wahre« und Falsche« zusammen. Wir glauben gut unter- richtet zu sein, wenn wir behaupten, daß rin entscheidender Schritt vom Erbprinzen bi« jetzt noch nicht gethan ist und daß die Gerüchte au«schließlich auf den der Schonung bedürftigen Ge. sundheltSzustand seine« erlauchten Boter«, de« Herzog« Georg von Sachsen-Meiningen, znrückzusiihre» sind. — Grobherzoy Friedrich Franz von Mecklenburg. Schwerin verweilt einige Tage zum Besuch bei seinem Bruder, dem Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg^Lchwerin, und dessen Gemahlin in Potsdam. Heute Abend findet dem Großherzvg zu Ehre» bei den Majestäten im Neue» Palair »in Mahl statt. — Die „Straßb. Corresp." macht darauf aufmerksam, daß, da voraussichtlich auch im laufenden Jahre nach Be endigung der großen Herbstübungeu von den einzelnen Truppentheilen Beurlaubungen von Mannschaften nach zweijähriger Dienstreit zur Disposition er folgen dürften, jeder, der diese Vergünstigung nachsuchen will, seinen Antrag rechtzeitig einreichen muß. Al- Zeit punkt der Einreichung der Anträge ist allgemein der Monat Juni anzusehen, indessen können auch Anträge, die noch im Juli und Anfang August eingcreicht werden, Berücksichtigung finden, wenn besondere Dringlichkeit nachgewicsen ist. Alle diese Gesuche sollen bei dem Vorsteher der beimathlichen Gemeinde eingercicht werden. Jede directe Einreichung solcher Elesuche an die Truppentbeile oder Militair- bebörden soll vermieden werden, da dadurch nur unnütz Zeit verloren gebt, weil die Militairbehördrn die ibnen direct von den Bittstellern eingereichten Gesuche entweder an die Eivil- bchörde abzeben oder aber den Gesuchstellern znrücksendea, damit diese sie in vorschriftsmäßiger Weise durch Vermittlung ihre« Bürgermeister« einreichen. — Die großen Herbstübungeu der Flotte werden nach einer Verfügung de« Oberkommando« der Marinc in diesem Jahre so frühzeitig vor sich geben, daß sie noch vor Mitte September beendet werden können, um die zu diesem Zeitpunct zur Reserve übertretenden Mannschaften zur Ent lastung gelangen zu lasten. So weit bi« jetzt Bestimmungen darüber rorliezen, wird der Kaiser an Bord drr „Hohen- zollern" den Flottenmanövern, deren Operationsfeld sich wie im Vorjahre auf da« ganze Küstengebiet drr Ostsee erstreckt, persönlich beiwohnen. — Die demokratische „VolkSzcitung" tritt im Leitartikel bereit» gegen den Vorschlag cm. daß die bürgerlichen Parteien wenigsten- bei den Stichwahlen vereint gegen die Socialdemokraten schlagen möchten. Sie will so viel als möglich Gegner der Militairvorlage und, wenn e« nicht Frei sinnige sein können, dann eben Socialdemokraten. E« wäre, so sagt die genannte Zeitung, kein Unglück, wenn dabei die Herren Rickcrt in Danzig. Brömel m Stettin, Hinze in Oldenburg vor den Candidatrn der Socialdemokratie vie Segel streichen müßten! * Etting. lk Juni. Wir man der ,Danz.Ztg." meldet, sind wegen Betheiligung an den Ausschreitungen in drr Panaritz-Colonir di« jetzt acht Personen verkästet worden. Di«Anklage werde aufrandfriedeasbrach erhoben werde». * Bremen. 1k. Juni, von Herrn August Griffel er hält dir „Wesrr-Ztg." eine Zusö au« drr hervorgrht. daß auch di« Drutschfreisinnlge» Bremen» ihre» Vanmöech haben. Dir Zuschrift lautet: »re«,», de, 1». J»,i 18»». Verehrllche Rrdacttonl >»f die von Ihnen ln der heutigen Morgeu-Au-gabe telegraphisch mltgetheilt» Erklärung des Herrn Eugen Richter lheile ich Ihne» Folgende» mit: Zu Anfang Mai empfing i» von et,«« hervor, ragende» Mitglied« der Parteileitung der freisinnigen «olktparte!. Herr» L. Parisiu», einen Privatbries. iu welchen, Herr P. di« eventuelle Aufstellung eine« Zählcaudidateo aneegte. Ich beantwort«« diese» Brief nicht, weil ich anch inzwischen krnnk wurde. Am 18. Mai erhielt ich »in Schreiben mit de» Schluß: .Lch bitte aijo, den darin eventuell ertheilten Rath al« nicht geschrieben zn erschien. Wir können nn» von Seiten der Leu tratst« lle nicht in dorliqe Parieiverhäitnisse mischen." Am Sonnabend, den 10. Juni, erhielt ich ganz unerwartet eiae, Brief von Herrn Lugen Richter und lese: „Wenn ich j, Bremen wahlberechtigt, würde ich für den Lompromißcaadi- baten stimmen!" Hocherfreut über dies« Nachricht, melde ich Jhue» dieselbe, werde aber am Sonntag durch Briese, Telegramm«, sowie durch da« Dementi in der „Freis. Zeitung" ausgeklkrt, daß ich da- Wort „nickt" ilbersedcn habe. Las eine» Eilbrief mit nochmaliger eingehender Schilderung der hiesigen Parteiverhaltniss» erhalle ich gestern Nachmittag von Herr» Richter, der inzwischen erst an« Hagen nach Berlin zurückgekehrt war, folgender Telegramm: „Ich bitte, einfach zu widerrufen, daß ich eiae Aufforderung geschrieben, für Soalpromibcandidaten zu stimmen. Eugen Richter." Ich bringe Borstehende» zur allgemeine» Kenniniß mit dem Ausdruck tiefen Bedauern«, daß mir der Lesefehler widerfahren ist. Eine absichtlich« Täuschung des Publicum« wird Niemand, d« mich und meinen entschieden freisinnige» Parteistaudpuuct kraut, mir zutraurn. Hochachtung«»»!! August Griffel. * Pusen, lk. Juni. Ueber die Reise de« Kaiser» nach unserer Stadt und die Uebcrrumprlung drr hiesigen Garnison wird noch Folgende« mitgetheilt. E« hat schon lange in der Absicht de« Kaiser« gelegen, Danzig und Pose» einen unerwarteten Besuch zu machen und dir Garnisonen dieser Städte zu alarmiren. Zur Fahrt nach Danzig waren seinerzeit schon die Koffer gepackt und der Zug rangirl, al« die Ansicht de« Kaiser« durch eine Indiskretion »» die Oeffent- lichkeit gelangte und die Reise damals unterblieb. Um einer abermaligen Vereitelung seine« Plane« vorzubeugen, balle der Kaiser zur Fahrt nach Posen ursprünglich einen Exlrazuy nach Dirsch au bestellt und alle Stationen bi« dahin waren über diese Fahrt informirt. Die Station-beamten hatten keine Ahnung, daß der Kaiser gar nicht daran denke, dieses Ziel zu erreichen. Al« der Extrazug in Kreuz eingelausen war, gab der Monarch plötzlich den Befehl, den Zug auf -al nach Posen gehend« Geleise zu dirigiren und über seine Fahrt dorthin da« tiefste Stillschweigen zu beobachten. Aus diese Weise gelang dem Kaffer sein Plan. * BreSla», 18. Juni. Wie die „Bre«l. Morgenztz." meldet, wird hier die Gründung einer neuen Vereinigung, die auf dem Boden der liberalen Secessionisten siebt, vorbereitet. Diese will alle gemäßigt-liberalen Elemente Schlesiens zusammensaffen. * Mciutnge», lk. Juni. Heut« fand hier der festlich« Einzig de« Herzog« und seiner Gemahlin nach längerer Krankheit stau Abend« ist großer Fackelzug. * Straßburk t. Elsaß, 1k. Juni. Der Ausfall der Reich-tag-wablen ist ein unerwartet günstiger. Da« Elsaß hat fünf Anhänger der Militair-Vorlage gewählt: Prinz Hobni- lobe, Baron Bulach, KrriSdirector Pöhlmann, Hörstel, Bostetter. Al« sechster wird wahrscheinlich noch Petri hinzu- kommen. * Stuttgart, lk. Juni. Dir hiesige socialdemokratische „Tagwacht" giebt die in Degerloch gefallene Arnßerunz „lieber französisch al« preußisch" unverfroren zu und fügt bei, die Nationalen sollten sich nur an die Zeit von vor 1888 erinnern, wo sic selbst solche Aeußerungeu gtthan hätten. Die „Württ. BolkSztg." bemerkt dazu: „Wir wären begierig, welche Beweise die „Tagwacht" für diese schamlose Bcrleum- düng beizubringen vermochte." * Reutlingen, 18. Juni. Hier wurde Nacht« da« Polizrigebäude angegriffen und die Fenster zer trümmert, die Polizei schritt mit blanker Waffe ein. Et herrscht große Aufregung. (Verl. Tagebl.) * München, 16. Juni. In der gestrigen Versammlung der Antisemiten und Klerikalen im katholischen Casiu» erklärte nach Bekanntgabe de« Resultate« der Wahl ia München Herr Chefredacteur Frick, daß bei der Stich- wabl in München I. da« Crntrum für den liberale» Candidatrn Herrn Burkhard ciutrete» müsse. Da« Gleiche erklärte auch der Candidat für München I., Herr Leib, mit großer Entschiedenheit, während drr Antisrmitrasührer Wenng erklärte, er für seine Person werde weder für de, Socialisten noch für den Liberalen eiutreteu können; wa« die antisemitische Partei thun werde, würde sich in den nächste. Tage» entscheiden. (M. N. N.) Tics aufatbmrnd hielt Gabriele ion«, aber anstatt heftig zu werden, lachte dir Gräfin hell auf und rief: „Divan. da« muß ich Hugojirrzähleu; sie möchte ««de» ihm sitzen und seine Hand drucken." Gabriele verharrte während de« Reste« der Fahrt in stummem Schweigen, und dir Gräfin unterhielt sich mit Mäus chen, den sie heule mitgenommen hatte. Am nächsten Vormittag saß da« junge Mädchen im Park und stickte ein Monogramm in Gold auf eine hellblaue Tuch decke für Mäuschen, al« Lip« eilig herbeikam und flüsterte: „Gnädige« Fräulein — e« geht ihm diel besser — ich darf Herrn Dich holen." „O, da« freut mich", sagte,Gabriele warm. Gleich darauf schritten Bernbard Dietz und Lip« dem Hause zu; dann öffnete drr Alte die Thür de« Krankenzimmer« und ließ den jungen Steinmetz eiotretrn. „Guten Tag, Dietz", sagte Hugo matt, „et ist frtundlich von Ihnen, daß Sie mich besuchen." „Ich kam gern", versetzte Dietz ruhig, „Sir waren kränker al« sonst, Herr Gras?" fragt« er dann „Ich war — de« Teufel«" knurrte drr Kranke. Mil tiefem Mitleid blickte Dietz auf den Kranken, der seine Hand umklammert hielt; er sprach kein Wort, aber ab und zu strich er mit der linken sanft über Graf Hugo « feuchte Stirn» und plötzlich erschütterte rin krampfhafte« Schluchzen de» verkrüppelten Körper. Da« Gesicht in den Kiffen bergend, weinte drr Kranke bitterlich; endlich ward er ruhiger und flüsterte halb beschämt: „Der Kuckuck hole meine elenden Nerven!" „Graf Kronsel«', sagte Dietz sanst, „darf ich Sie hinaus in den Garten bringen? Da« Wetter ist köstlich — die Vögel singen so schön, und dir Lust wird Ihnen sicherlich gut thun. Sic waren zu lange im Zimmer." „Können Sie bei mir bleiben?" fragt« Hugo, anstatt zu antworten. „Nein — ich muß wieder zur Arbeit, aber ich will Sie erst bma»«bringen." „Sind Menschen im Park?" „Die bsibsclic junge Lame. Ihre Cousine, wie Lip« sagt, sitzt aus einer Bank und stickt." „Ich will lieber hier bleiben", entschied Hugo. Tiey überlegte einen Augenblick „Kranke sind wie Kinder", sagte er sich, „man muß für sic entscheiden " „Ich komme gleich wieder, Herr Gras", sagte er dann laut, und gleich daraus stand er vor Gabriele. „Der Graf kommt in den Part", begann er. Sofort sprang Gabriele aus. raffte ihre Arleit zusammen und wantlc sich zum Gehen. Dietz hatte kaum auf so rasche« Verstäntaiß gehofft, und halb verlogen sagt« er jetzt: Grgs sagte nicht, daß er Niemand sehen woge, ab«r er ist matt und angegriffen, und so ist'« vielleicht besser, wenn rr Niemand spricht." „Gewiß ist'« Keffer", nickte Gabriele ruhig, „ich gehe gleich." In» Krankenzimmer zurückkehrrnd, sagte drr junge Stein metz ruhig: „Dir Dame ist uicht mehr draußen, und so werde ich Sie jetzt mit Lip«' Hilfe hinausbringen." Hugo machte keine Einwendung, und bald befand rr sich an seinem alten Plätzchen neben dem murmelnden Spring brunnen. Köstlicher Blütheodust wogte in drr herrlichen milden Lust; blaue Falter spielten im Sonnenschein, die Vögel zwitscherten in den Zweigen, und ab und zu fielen weiße Blütbenschauer gleich Schneeflocken auf da« Lager de« Kranken. „Nun, ist'« nicht schön hier?" »ragte Dicy heiter. „Ja, aber ich mache den ganzen Mairnslaat der Natur zu Schanden", knurrte Hugo. „Ich muß jetzt geben", sagte Dietz nach einer Weile. „Ich stehle Ihnen Ihre Zeit", äußerte Hugo trübe; „aber ich hoffe dock, Sie besuche» mich heute im Lause ve« Tage« nochmal«, nicht wahr, Dietz?" „Gewiß — ich komme gern und so oft ich kann. Schicken Sie nngenirt, wenn Sic mich nöthia haben — ick> arbeite nicht im Taglohn, sondern aus« Stück, und da läßt sich« schon rinrichten." „Dirk — hatten Sie nie Sehnsucht, e« weiter zu bringen — Künstler, Bildhauer zu wrrden?" fragte Gras Hugo plötzlich. „O ja — al« Knabe träumte ich von einer solchen Zukunft, den» ich konnte sehr gut modelliren; aber später sab ich ein, daß noch mrhr dazu gehört, um Künstler zu sein, und so fand ich mich darein, wenn auch uicht ohne Thräneo und etliche schlaflose Nächte." Dietz entfernte sich, und Graf Hugo blieb grübelnd zurück. In seinen langen 8eiden«stunden hatte der Gedanke an die stet« offene« Pforten ihn getröstet, aber r« kamen auch Augen blicke, in welchen er wieder schwankte, ob er wirklich da« Reckt Hab«, sein Leben willkürlich zn roden, und so gelangt« rr nie zu innerer Ruhe und Klarheit. Da« kleine schwarz« Buch zur Hand nehmend, blickte er aufmerksam hinein; in der letzten Zeit hatte er de» Au«sprüchrn drr alten Schrift steller Zr,tuag«au»schnitte, die rr «ingeklebt, »»gesellt, und nun la« er dir Berichte über die modernen Selbstmorde. Da hieß e«, eia junge« Paar habe sich gemeinsam rrtränkt. weil dir Eltern d,r Leirath nicht zugrbra wollten, und Graf Hugo murmelte spöttisch: „Die Narren — bätten sie'« nickt so eilig gehabt, dann würven sie spater enlweder den Eltern für die Weigerung danken, oder, wen» sie einander doch geheiratbet hätten. Jede« einzeln in« Wasser springen. Und wen habe» wir hier; ah, «ne Frau, die erst ihren treulose» Geliebten und daun sich selbst erschießt, da« gefällt mir auch nicht. Pah — man muß eben Jeden nickt nur nach seiner Fayoo selig werden lassen, wie der alte Fritz e« wünscht», sondern auch hinsichtlich de« Tode« ihm keine Vorschriften machen. Eine« aber predigen mir all diese Berichte: man muß^fich nicht übereilen, und da« will ick auch nickt thnn. Wenn mein Vorsatz nack Verlauf eine« Jahre« noch unverändert besteht, habe ick die moralisch« Berechtigung, denselben zur Ausführung zu bringen, und so will ick warten, so schwer mir'« auch mitunter wrrden möge." Und dann schloß Graf Hugo da« kleine Buch und senkte die müden Augenlider zu festem, erquickendem Schlaf. Ei» Traum zauberte ibm eine schlanke, holde Gestalt mit rehbraunen Augen und süßem Lächeln vor die Seele, und al« Dietz um dir Mittagsstunde nach seinem Schützling sab. fand er ihn noch immer ;anft schlafend, und um die bleichen Lippen spielte ein matte« Lächeln. Sechzehnte« Capitel. „Nun, Gabriele, wir war die Probe?" „Ach, ganz herrlich, Tante Adelheid! Die sechzehn Pferde sind wahre Schönheiten und —" „Dir Menschen interrssiren mich mehr", unterbrach dir Gräfin da« junge Mädchen in kühlem Ton; „wer war denn von Zuschauern aus der Galerie, außer der Gräfin Walden- brrg, die auch bester nach ihrer koketten Mrrcrve« sehen sollte; wie ich höre, läßt sie sich von Paalzo» in ««stallender Weise die Cour machen?" „O, Mercrde« sah z» Psrrd« ganz entzückend au«l" rief Gabriele lebhaft. „Natürlich, Du bist stet« anderer Meinung als ich. Mans chen, — mein Engel — möchtest Du Zuckere" „Tante, weine Sphinx ging prachtvoll — sie ist wirklich ei« liebe« Thier!" „Pfui, Gabriel«, «er wird so zärtlich von seinem Reitpferd rede». Ia, Mäu«chen, Du bist mr>» Herzblatt »ad viel schöner al« alle Pferd« der Welt." In der Gräfin Augen war Manschen entschieden längst kein Thier mehr, sondern mindesten« ein Mensch; Gabriele schwieg eine Nein« Weil« und sagte dann lächelnd: „Mick haben von Iograd aas dir Pferde interrssirl, »nd al« ick zurrst Mythologie lernte, erschien mir'« gar nicht so schrecklich, von einem Centauren geraubt zu werden." „Na, auch heutzutage würden fick noch Centauren an m»«« finde», welch« mit einem hübschen Mädchen gern davoalausen würde», not» den«, wenn da- Mädchen rin« schöne Mitgift hätte", gab die Gräfin lackend zu. „Na — dann bi» ick vor den modernen Centauren sicher"', scherzte Gabriele Dir Gräfin warf einen mißtrauischen Blick ans da« junge Mädchen »nd fragte dann nach «rhrrrr» Osficier«- jraut», di« «ater de» Rectennnen waren. Gabriel« mecnt«, die Damen ritten sämmtlick sehr schön, aber die beste Reiterin sei doch Merced««, welche mit Herr» v. Paalzow dir Quadrille aaführe. „Natürlich — inzwischen mag der alte arme Marquis sehen, wie er sich die Zeit vertreibt", bemerkte die Gräfin giftig. „Wie gefällt Dir Herr v. Paalzow?" fügte sie gleich darauf hinzu. ,O, ich finde ihn sehr angenehm." „Hm — Du bist sehr offen." „Aber Du fragtest mich ja!" „Womit doch wohl nicht gesagt sein soll, daß ich diese offene Bewunderung provocirt hätte?" „Gewiß nicht, er gefiel mir wirklich sehr gut, er sieht s» strahlend beiter au« und ist auffallend schön." „Du scheinst ihn Dir sehr genau angesehen zu haben" „In der Tbat, da« habe ich gethan und lebhaft gewünscht. Mercedes möchte seine Verlobte sein, anstatt dir de- ver trockneten Marqui« de Ballion." „Die Waldenberg'S würden Dir für diese» Wunsch kaum dankbar sein — Paalzow hat kein Vermögen, und Mercedes ist nicht dafür geschoben, sich mit einrm Herzen und einn Hütte zu begnügen. War Herr v. Paalzow auch gegen Du» ausmertsam, Gabriele?" ,O ja — er unterhielt mich brillant. Er hat viel gelesen und dadurch mehr Ressourcen, al« die Herren v. Raven und v. Haller, deren Eonversatio» sich in sehr enge« Kreise bewegt und —" „Ich fühle mich plötzlich sehr schwach", sagte die Gräfin matt, und Gabriele erschrak über ihr bleiche« Aussehen; von dem jungen Mädchen unterstützt, begab sich die Dame io ibr Zimmer, und bier trank sie hastig mehrere Gläser Ehartrenfi und aß BiScuil«, worauf die Schwäche verging, wenn an» ihr Athen, immer noch kurz und bastig war. „Du sollst sehen, ich bleibe eiumal in einem solchen Anfall' flüsterte di« Gräfin ängstlich. „Soll ich den Arzt hole, lasten, Tante Adelheid?" frnztc Gabriele. „Ach nein — der Hilst mir doch nicht. Inf Hugo'« Wnr 4 consultirte ich ihn vor einiger Zeit, und wa« glaubst Di. wa« rr mir vrrordnete? Ich solle weniger effrn, kr,ne Liquenn trinken und täglich schon srüb um 8 Uhr spazieren geh«,! Da« fehlte mir gerade, daß ich Morgen« mit de» Marktwribeni aufständ« »nd zu Fnß ging — woz» Hab« ich den» meinen wagen?" „Willst Dn'S nicht doch vielleicht versuchen, Tante Adelhei»?' bat Gabriele; „ich würde Dich sehr gern begleiten." (Fortsetzung solgtff
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