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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.07.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-07-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930720023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893072002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893072002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-07
- Tag1893-07-20
- Monat1893-07
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S1S8 tritischen Weltmacht au«. Di»« hat dir britisch« Regierung längst erkannt. Hieraus erklärt sich auch da» energische Vorgehen England» gegen die bisher mehr oder weniger «»abhängigen Völkerschaften in den schwer zugänglichen Gebirgen am Nordwestsaum Indien». Die britische Regierung mußte bestrebt sein, nicht nur die Pässe, die von dem Pamir nach dem Indu» herunterfllhren, zu sperren, sonder» auch die Bewohner dieser Gegenden nachhaltig dem Englischen Machtbereich zu unterwerfen. Diese Eroberungen, die theilweise zu heftigen Kämpfen geführt haben, sind noch nicht abgeschlossen, doch kann England daraus zählen, daß es bald in den wirklichen Besitz der betreffenden Land schaften kommt. * Leipzig, 20. Juli. In den „Leipziger Neuesten Nachrichten" lesen wir heute: „Dir durch die Presse gehende Meldung, S. Kgl. Hoheit Prinz Max, Herzog zu Sachse», sei in ein Kloster gegangen, können wir aus Grund der von uns in Dresden eingrzogenea Erkundigungen als unrichtig bezeichnen. Richtig ist, daß der Prinz, der» wie bekannt, m Oschay bei den Ulanen stand, von dort ohne Dienerschaft und ohne jede Begleitung nach Eichstädt in Bayern abgereist ist, mit der Absicht, sich in dem dortigen Priesterseminar auf den Berus eine» Priesters vorzubrreiten. Unser Gewährs mann glaubt, daß die Abreise des Prinzen nicht ohne vorauS- gegangenr Rücksprache mit seiner hohen Familie erfolgt sei, wö be» eS allerdings zweifelhaft bleibe, ob der Entschluß Sr. Kgl. Hoheit an allerhöchster Stelle mit großrrFreude ausgenommen worden. ES ist wahrscheinlich, daß iu den nächsten Tagen von amtlicher Stelle aus Näheres bekannt gegeben wird. Der Fall ist selbstredend nicht dazu angethan, um ihn osficieü des Breiteren zu erörtern. Iu den betheiligten Kreisen wird eS natürlich gesunden, daß im Bolle die Person de- Bischofs Wahl mit dem Vorgänge in Verbindung gebracht wirb, nachdem der Bischof längst zweimal in Oschatz gewesen ist und in der sächsischen Kammer eine Haltung eingenommen hat, welche seinen bestimmenden Einfluß auf de» Entschluß deS Prinzen sehr glaubhaft erscheinen läßt." Das könnte ein Jesuit geschrieben haben. Jedenfalls bestätigt es unter dem Anscheine, das in dem Oschatzer Amts- blatte Mitgelheilte widerlegen zu wollen, alles Weseut- liche. was m diesem Blatte behauptet worden war. U Berlin, 19. Juli. In einigen Blättern finden sich unter Hinweis aus gegenwärtige mißliche Wasserrechts verhältnisse Aufforderungen, mit der Regelung deS Wasser- rechtS nicht bis zur Fertigstellung deS Bürgerlichen Gesetz buches zu warien. Diese Aufforderungen gehen von einer falschen Voraussetzung aus. Das Wasscrrecht wird im Bürgerlichen Gesetzbuch keine Regelung finden, mit der selben werten vielmehr die Einzelstaaten vorgeben. In Preußen schreiten die Arbeiten aus diesem Gebiete rüstig vor wärts, wenn auch die Schwierigkeiten der Materie und sonstige politische Momente es nicht wahrscheinlich machen, daß ein darauf bezüglicher Entwurf schon in der nächsten Landtags session zur Bcralhung gestellt werden wird. In Württem berg sollen ebenfalls bereits die Arbeiten nach dieser Rich tung ausgenommen sein. — In der Thronrede, mit der die vorige Legislaturperiode des preußischen Landtages ge schlossen wurde, ist bekanntlich daraus hingewiesen worden, daß die Gesetze über die Errichtung von Rentcn- gütern, namentlich in den östlichen Provinzen, in erfreulichem Umfange auf die Seßhastinachung der ländlichen Bevölkerung bingewirkt haben. Wie groß dieser Umfang ist, gebt wohl deutlich genug aus dem Umstande hervor, daß die Erledigung der infolge von Umwandlungen in Nentengüter uothwenbig werdenden Arbeiten bei den Generalcommissionen der östlichen Provinzen die Kräfte der bei diesen beschäftigten Landmesser aus lange Jahre, bei der Generalcommission in Frankfurt a,O. beispielsweise auf etwa ein Iahrzebut, in Anspruch nehmen wird. — Der Kaiser verständigte, wie die „B. Z." meldet, die deutsche Botschaft in London dahin, daß er am l. August in CowcS eintreffen werde. — Wie man sich noch erinnert, wurde cs von den ver schiedensten Seiten getadelt, daß der amtliche stenogra phische Bericht des Reichstags jene kurze Ansprache nicht enthielt, welche der Kaiser nach der Verlesung der Thronrede an die Abgeordneten richtete. Das Bürcau deS Reichstages hat in Folge dessen eine neue Auflage des Berichtes über die Eröffnungssitzung Herstellen lassen, in der auch die früher fehlenden Worte enthalten sind. Sie lauten nach der amtlichen Feststellung: „Und nun, meine Herren, gehen Sie hin; unser alter Gott sehe aus Sie herab und leihe Ihnen Seinen «egen zum Zustandebringen eines ehr lichen Werkes zum Wohl unseres Vaterlandes!" — Mehrere Ausschüsse des BundeSrathS hielten heute Sitzungen ab. — Der von der RrichS-Marinevrrwaltung vor längerer Zeit entworfene Plan, betreffend dir Anlage von Festungswerken an der Elbmündung und Errichtung einer Marinestatioo, geht jetzt seiner Verwirklichung ent gegen. Es haben zu diesem Zweck vor Kurzem Terrain- besichtigungeo durch höhere Marinrossiciere au» Wilhelms haven stattgefunden. — Zu den deutsch-russischen Handelsvertrags- Verhandlungen melden russische Zeitungen, daß der StaatS- ratb Tinivojasew, welcher bereits früher als einer der in Aussicht genommenen russischen Unterhändler genannt war, in den nächste» Tagen nach Berlin abreisen wird, um die Verhandlungen hier mündlich weiter zu führen. — Die deutsch - spanischen Handelsvertrags verhandlungen stoßen nach einer Mitlheilung deS „Hamb. Eorresp." fortdauernd auf Schwierigkeiten. In der Haupt sache handelt eS sich um bearbeitete Korke. Obschou beide Theile sich in diesem Puncte Ziigeständnisse gemacht haben, ist man doch zu keinem festen Resultat gekommen. Da in Deutschland eine ausgedehnte Korkiuduslrie rxistirt, besteht dir deutsche Regierung darauf, für bearbeitete Korke erhöhte Zölle zu erlangen. — Anscheinend ofsiciöS wird geschrieben: „Die im Reichs amt des Innern in Angriff genommene Revision de» Alters- und InvalidilätS-VersicherungS-GesctzcS wird sich voraussichtlich nur auf untergeordnete Puucte erstrecken. Um eine gründliche Reform vornehmen zu könne», muß man erst noch weitere Erfahrungen sammeln." — Nach der „Nat.-Zlg." wird gegenwärtig auf Veran lassung des Reichskanzlers in allen Staaten des Reiches eine Schankstätren-St atistik hergestellt. Die Regierung soll mit dem Gedanken umgehen, die concessionirende» Behörden in Zukunft an bestimmte Verhältnisse und Ziffern zwischen Einwohnerzahl und Schaukstätlcn - Zahl und au bestimmte örtliche Bedingungen zu binden. — Im Finanzministerium werden gegenwärtig die Aus führungsbestimmungen zum Communalsteuer-, sowie zum VermögcnSsteuergesetz auSgearbeilet. Um den Eommunen Ge legenheit zu geben, sich möglichst bei Zeiten über die im Zu sammenhang mit dem Communalsteuergesctz nöthig werdende Umformung ihres Finanzwesens klar zu werden, wird, wie die „Nordd. Allg. Ztg." hört, demnächst eine im Finanz ministerium auSgearbcitete gemeinverständliche Zu sammenfassung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen erscheinen und in großer Auflage verbreitet werden. — Wegen Beleidigung des FinanzministcrS Dr. Miguel ist gegen den ReichstagSabgeordneten Ahlwardt daö Straf verfahren eingeleitet worden. Am 24. April hielt der „Deutsche Antisemitcnbund" in den Germaniasälen eine öffentliche Volksversammlung ab, in der Ahlwardt einen Vortrag über sein „dem Reichstage vorgelegtes und noch vorzulegendes Actenmaterial" hielt. Iu diesem Vorträge ist die Beleidigung enthalten. — Wie der Kaiser bestimmt hat, ist die Commandantur Toraau in Folge de» Eingehens der Festung auszulöse». Der Garnison-Aelteste von Torgau hat die gcrichtSherrlichen und DiScivliiiarftraj-Besugnisse des Commandanten eines offene» Ortes auszuüben. — Der „N. Pr. Ztg." zufolge sind jetzt zu den Be rathungen zwischen I)r PeterS und Smith Mitglieder des Auswärtigen Amtes hinzugezogen worden. Daö Blatt sieht hierin ein deutliches Ze'ckitn dafür, daß die beiden Bevoll mächtigten mit ihren Vorberatbungen dem Ende nahe sind. — Der Ersatz der siidwestafrikonischen Schutztruppe, deren Stärke durch Eintreffen einer zweiten Colonnc aus 196 Mann erhöht wurde, bat gestern Abend Berlin verlassen, um die Fahrt nach Walfischbat anzutreten. Ter Lehrter Bahnhof, woselbst die Truppe in drei Wagen des fahrplanmäßig Nachts um 11 Uhr 2ö Minuten nach Hamburg gehenden Zuges untergebrocht wurde, war polizeilich abgejperrt, und nur mit Fahrkarten versehene Per- sonen fanden Zulab auf den Perron, auf welchem auch die nächsten Angehörigen der Mannschaften sich cingefunden hatten; ebenso war eine Anzahl höherer Ofsiciere anwesend. Die Mitglieder der Schutz, truppe stimmten, wie die „Nat.-Zta." berichtet, Gesänge wie „Ade. du mein lieb' Heimothsland" und „Muß i denn zum Stabile hinaus" an; als sich der Zug in Bewegung setzte, rieten die Abführenden dreimal laut Hurrah, was von den Zurückbleibenden stürmisch be- antwortet wurde. — Der Ersatz hat sich verpflichtet, bis zum 3' März 1896 im Eolontaldienst zu bleiben; die Zurückkehreuden erhal.eu dann den Civilversorgungsschein. — Aus BreSlau wird hiesigen Blättern gemeldet: „Gegenüber der Meldung einiger Blätter, daß der Dragoman Mariano in Bagamoyo die in Neiße lebende Schwester Emin Paschas, Fräulein Melanie Schnitzer, benachrichtigt habe, Emin sei in Nyangw« angekommcn, ermächtigt Fräulein Schnitzer den „BreSlauer General- Anzeiger" zu der Erklärung, daß ihr diese oder ein« ähnliche Noch- richt nicht zugegangen sei, sie habe vou dem Schicksal ihres Bruders keine Kenntuiß. — In die internationale Jury der Chicago«! Weltausstellung sind, der „Nordd. Allg. Ztg." zufolge, vom Rcichscommissar außer den bereits ausgeführten folgende Herren berufen worden: Barandou, kaiserlicher Eapltaiii zur See und Inspekteur des TorpedowesenS, Kiel; Bischofs, Protessor an der Kunslgewerbe- schule, Karlsruhe; v. Borries, königlicher Eisenbahnbauiuspector, Hannover: Brochier, Professor an der Kunslgewerbeschule, Nürn berg; I. v. Diesenbach, Ober-RegierungS-Rath a. D„ Stuttgart; Heinrich Ernst, in Firma Rockiliü L Co., Thurmuhrenfabrikant, Berlin; N. Fromm, i» Firma I. Fromm, Kaufmann und Beeren- weinproducent, Frankfurt a. M.; Lr. Gieseler, Professor an der Landwirthschaftlichen Akademie, Bonn; Leopold Gmelin, Professor an der Kunslgewerbeschule München; Heinrich Schultz, Inhaber der Firma Hoeninghau» L de Greift, Seidenfabrikant, Lrefeld; Wilhelm Spemann, Verlagsbuchhändler, Stuttgart; Wedding, königlicher Geh. Bergrath und Professor, Berlin. Da- Königreich Sachsen ist bei der Ernennung der Preisrichter auffallender Weise beinahe gänzlich übergangen worden. — Die Bäckergesellen haben am Dienstag Nach mittag in zwei öffentliche» Versammlungen endgiltia be schlossen, zur Hebung ihrer Lohn- und ArbeiiSverhältniste die Arbeitrrcontrolma rke auch für ihr Gewerbe einzu- sühren. Die Marke soll von der AgitationScommission an die Unternehmer deS Bäckerberufes zur Kennzeichnung deS Brodeö unter folgenden Bedingungen verabfolgt werden: Ter Unternehmer hat sich zu verpflichten, die zwölsstündige ArbeitSreit (einschließlich der Pause») in seinem Betriebe einzuführen, be> Bedarf von Arbeitskräften nur den Arbeits nachweis deS Verbandes der Bäcker und BerufSgenosse» zu benutzen und in den Arbcitsräumen für Reinlichkeit und genügende Ventilation zu sorgen. Dem Arbeiter ist ein Mindestlohn von 18 bei freier Station von 8 -6 wöchentlich zu zahlen. * Münster ». W, 19. Juli. Ter Provinzial-Stcuerdirector Steinkopss, Wirkt. Geheimer Ober-Finanzrath, ist gestorben. * Wesel, l8. Juli. Die CentrumSpartei des Wahl kreises MörS-Nees hat gegen die Wahl deS LandrakhS Gescher Protest erhoben. Derselbe gründet sich auf angeb liche amtliche Wahlbeeinfliissung deS Landraths Haniel im Kreise MörS, auf die Verlhcilung eines WahlfluzblatteS in Ellen, in welchem von einer Verlegung des Seminars , die Rede war, und auf die Wahlagitation des Vorsitzenden des Wescler KricgervcrcinS. I-. Duisburg, 19. Juli. Der bekannte Vorkämpfer des Evangelischen Bundes, Herr Pastor Terlinden, ist vom Kaiser durch Verleihung deS rotben Ablerordens IV. Elaste ausgezeichnet worden. Die Auszeichnung geschah, wie der Eonsistorialrath Hempel-(Coblcnz) bei der Uebcrgabe des Ordens bemerkte, in Anbetracht der Verdienste um den Staat und die evangelische Kirche. Herr Pastor Terlinden ist bekanntlich die treibende Krasl für den Bau einer Luthe rkirche in Rom und gehört schon aus diesem Grunde zu den von den CeiilruniSniänncru bestgehaßten Vor kämpfern der evangelischen Sache. * Wilhelms!,ühr, 19. Juli. Die Kinder des Kaisers sind heule hier angelomiiieii. Aus dem Bahnhöfe wurden sie von eiucm zahlreichen Publicum begrüßt. * Köln, l9. Juli. Gestern war der verantwortliche Ne- dactcur der „Kölnischen VolkSzeitnng", wie diese selbst meldet, in der Klagesackw deS Polizeipräsidenten Feichter zu Ttraßburg gegen die Herren Paris und Genossen zur Ver nehmung als Zeuge geladen. Derselbe lehnte die Beantwor tung der Frage nach dem Verfasser deS vielbesprochenen Ar tikels der „Kölnischen VolkSzeitunz" ab. Daran schloß sich eine Haussuchung nach dem Manuscript deS Artikels, welche sich aus die Privatwobnung des RedacteurS und aus die Ge schäftsräume der „Kölnischen VolkSzeitunz" erstreckte, aber ohne Ergebniß blieb. "Breslau, 19. Juli. Gelegentlich de» Parteitages der Freisinnigen Volksparlei traten die schlesischen Delegirte» zu einer besonderen Besprechung zusammen. Wie nach der „Brest. Ztg." verlautet, wird die Euiberusuilg eines Parteitages der freisinnigen Volts- Partei der Provinz Schlesien nach Breslau sür den September geplant. * München, 19. Juli. Der doppelt gewählte Landtagsabgeord- nete 0r. Ratzing er nahm, der „F. Z. zufolge, in Regen an. Demnach findet eine Neuwahl in dem weniger sicheren Deggen dorf statt. * Ans Hlsast-Lothriiigc», 18. Juli. Dis Ende der sieben- ziger Jahre pflegte die reichSländische Bevölkerung am 14. Juli massenhaft nach den französische» Grenzstädte», namentlich aber auch nach Paris zu gehen, um das National fest mitzuseicrn. In den letzten Jahren hat der Zuzug auS Elsaß-Lotdringen jedoch immer mehr abgenommen. Be sonders schwach war er in diesem Jahre; die Unruhen in Paris haben wohl Manchen von der Reise abgehaltcn. .. Oefterreich.Nugar». * Wien, 19. Juli. Von den an der Demonstration gegen den Metropoliten Sembrato witsch betheiligten ruthenischen Studenten wurden zwei von der Wiener Universität rclegirl; gegen die übrigen dauert daS Verjähren deS akademischen Senats noch fort. — Dem „Fremdenblatt" zufolge würden morgen die amtlichen Blätter von Wien und Pest das Ausfuhrverbot sür Heu. Stroh, Futter» kräuter und Häcksel veröffentlichen. DaS Ausfuhrverbot solle morgen in Kraft treten, so daß die bis morgen auf- gegebenen Sendungen noch zur Ausfuhr gelangen dürfen, wenn das Ausgabercccepiste das Datum vom 20. Juli trägt. DaS Verbot gelte bis auf Widerruf. * Wie», 20. Juli. (Telegramm.) Der Kaiser ernannte den Consul von Slrany in Breslau zum Geueralconsul. Frankreich. * Part«, 19. Juli. Dieser Tage ist bier ein Fachvcrein der socialistischen Presse mit 5? Mitgliedern gegründet worden, in dessen Vorstand der Anwalt Briand, Cipriani (Italiener), der Abgeordnete Millerand, GucSde (Socialistr), Carvalho (Portugiese), Leo Fraenket (Vorwärts), Weber (Revue socialiste), sowie zwei Mitarbeiter der „Justier" sitze». Elömenceau, die äußerste Linke werben also bei den Wahlen gemeinsame Sache mit den Socialisten machen. Deshalb hat MiUerand, der Kampfgenosse Clömenceau'S, die Leitung der „Pclite Republiquc" übernommen, die dem Senator Goblet gehört. Die Socialisten wollen in 160 Wahlkreisen Bewerber ausstellen. * Das fleischconsumirende Publicum in Frank reich hat angesichts deS hartnäckige» FesthallenS der Verkäufer an den hohen Preisen, obwohl die Landteute ihr Vieh, welches sic nicht mehr ernähren können, um jeden Preis losschlagen müssen, in zahlreichen Städten, namentlich deS Centn»:,S und der südöstlichen Landesrheile. zur Selbsthilfe gegriffen, wobei eS von den städtischen und staatlichen Behörden aus das Kräftigste unterstützt wird. Einem den „Berl. Pol. Nachr." zur Verfügung gestellten Privatbriefe aus B e s a n tz v n, dessen Schilderungen für einen großen Theil deS Landes typisch sind, entnehmen wir Folgende«: In Besancon sind die Fleischerläden seit etwa 8 Tagen insgesamt,» geschloffen. Die Inhaber, welche unter der herrschenden Conjunclur möglichst alle Miltionaire werden möchte», streiken durchgehcnds, als Antwort aus die ihnen zugeganaene Aufforderung de» Maires, ihr« unverhältnivmäßig hohen Preise mit den Spottpreisen, wofür sie jetzt das Vieh einkausen, ia halbwegs entsprechende» Einklang zu setzen, widrlgensalls man zur Einführung der amtlichen Fleischlaxe schreiten würbe. DaS Wort „Fleischtaxe" wirkte aufdieAdre,säten wieder Anblick eines rothen Tuches auf den Puterhahn. Die Schlächter Besan^ons behandelten den Wink des Maires mit vollständiger Nichtachtung, lein Lentime wurde vom Preise nachgelassen. Tag» daraus Proclamirung der ossiciellen Fleischlaxe und großartiger, allgemeiner Streik der Schlächter. Wie es scheint, hatte man aber im Siadlhauje dergleichen vermuthet und sich rechtzeitig mit der Coinmandantur ins Benehmen gesetzt. Der Höchstcommandirendc in Besancon stellte nun umgehend sämmtliche des Schlächter- Handwerks kundige Mannschaften seiner Truppentheile in den Dienst des Gemein,vohls; in allen Dörfern weit und breit wurde bekannt gemacht, daß die Leute ihr Vieh »ach Besancon zum Verkauf an die Stadldehörde dringen möchten, und der Erfolg war ein sofortiger, durchschlagender. Das Rohmaterial strömte herzu, die Schlacht- Häuser und Markthallen waren belebt wie in den flottesten Geschäftszeiten; eine Menge Soldaten, nur an ihren Militair- mützen kenntlich, sonst aber in schneeweißen Anzüge», besorgten den Berkaus — Vesan^vu hat sein Fleisch und der bienende Theil der weibliche» Bevölkerung überdies noch ein Extravergnügen durch das Einkäufe» beim Mtliiair, statt bei den erheblich weniger be- liebten Berussschlächtcrn. Letztere gehen spazieren und rümpsen verächtlich die Nase über das „schlechte" Fleisch, daS ohne ihr Zu- thuu zu Markte gebracht wird. Die Armee aber ist zur Zeit in Besancon die populärste Staatseinrichtung, nicht zum Wenigsten auch bet der arbeitenden Bevölkerung, weiche die Erlösung von der Preis- dictalur der Schlächter als eine wirkliche Wohlthal empfindet. * Paris, 20. Juli. Die radikale Presse nimmt Cipriani gegenüber dem energischen Vorgehen der Negierung in Schutz. Dem „Journal des Deo als" erklärte der AuSgewiesene, er habe 1870 mit Garibaldi bei Dijon, NimcS und Buzonval gekämpft, wv er auch verwundet worden sei. Am 20. September verlieh ein Gesetz allen Fremden, die sür Frankreich gekämpst, französisches Bürgerrecht, und da dies Gesetz noch bestehe, erhebe er Protest gegen die Aus weisung. — Der Bericht des Untersuchungsausschusses über die Panama-Angelegenheit wird wahrscheinlich nicht öffentlich besprochen, da die Kammer nur noch zwe> ober drei Sitzungen abhält. Schweiz. * Bern, 19. Juli. Der Be r nische NegierungSrath hat heule auf den Bericht des cantonalen PolizeidireciorS die Aushebung der militairischen Occupatio» der Stadt Bern beschlossen. — Bezüglich des vr. HanS Müller be- harrt derNegierungSrath auf seinerNicderlassungS- verweigerung wegen mangelnderAusweiSschriflen. Wegen der von der Berner Regierung beim Bundesrathe beantragten Ausweisung des Or. Müller aus dem Gebiet der Eidgenossen schaft ist der BundeSauwalt Scherb vom BuudeSralhe mit Prüfung der Acten beauftragt worden. * Zürich, 16. Juli. Die schon vor längerer Zeit mit viel Umsicht vorbereitete Eingabe der Arbeit er union und der socialdemokratischeu Partei mit dem Begehren um Errichtung eines ständigen Versammlungslocales wurde dieser Tage vom Regierungsrathe von Basclstadt be handelt und, wobt unter dem Eindruck der Ereignisse an der Pariser ArbcitSbörse, einstimmig abgewiesen. — Der Züricher NegierungSrath hat am 11. d. M in erster Lesung einen Gesetzentwurf, betreffend den Schutz der Arbeiterinnen, ein Geschäft, daS schon seit mehreren Jahren anhängig ist, durchberathcn. Demselben NegierungSrath wurde von seiner Finanzdireclion ein Gesetzentwurf über den Tabakverkauf cingereicht, wonach für diesen Handel Da öffnete sich leise die Thür und Stefan trat über die Schwelle. Sein Gesicht trug die Spuren schwerverlebter Stunden, aber auch jenen stillen, gesammelten Ausdruck, wir ihn — ein schwer errungener, edler Sieg zu hinterlassen Pflegt..-. „Comtesse Lory", sagte er nach einigem Schweigen und ohne aufzublicken, „ich war im Zimmer nebenan und habe den Doctor gehört...", dann nach einer Pause wieder, „würden Sie mir vielleicht aus eine Zeit hier den Platz überlasten?..." Und als ihn das Mädchen groß und überrascht ansah, fügte er mit einem leisen, tiesschmerzlichen Lächeln hinzu: „Nach Marka'S Ausspruch, soll ich versuchen ... der Arzt hier zu sein . ." Sie konnte buchstäblich kein Wort über die Lippen bringen, Tbränen schossen ihr in die Augen und, che er eS wehren konnte, hatte sie seine Hand ergriffen und ihre Lippen darauf gedrückt, dann war sie aus dem Zimmer. Wer e« dem jungen Manne noch gestern gesagt hatte! — Wie eine innere Erdrevolution oder einer jener gewaltigen Orkane im Stande ist, in kürzester Zeit den Cbaraktcr einer Gegend zu verändern, indem er Berge abbebt, Flüsse versiegen oder neu Hervorbrechen läßt, so vermag ost rin Moment, rin Menschenschicksal m ganz andere Bahnen zu lenken. WaS Stesan jetzt empfand, als er in dies stille Gesicht sah, das die weichen Linien eines KinbeS hatte und doch kein Kind mehr war — war ein scheues, bange« Gefühl und jene Regung tiefen Erbarmens, wie sie nur die unbegrenzte Hin gebung eines Andern in einer edlen Natur bervorrust. Arme, arme Tereska! Wie frisch, wie kindlich heiler, ja übermütbig war sie gewesen, als er sie kennen lernte, und welche Wandlung in diesen wenigen Monaten! Welch endlos weiter Weg in dieser Spanne Zeit!.... Der Sprung eine- Kindes mitten in das gereiste, vom Unglück gezeichnete Leben hinein . . . Und Alles für ihn. Alles um ihn! „Wecke sic mit dem Ruf der Liebe, vielleicht wird sie Dich hören!" batte Marka gesagt. Und war eS so schrecklich, diese kleine Hand zu halten, zu streicheln und liebevoll ihren Namen zu nennen? Hätte er sich einem Anderen gegenüber nur einen Moment besonnen, Hilfe zu leisten, mochte es, wer immer, mochte es, WaS immer sein? Hatte er sich damals besonnen, als er dem Kinde in» Wasser nachsprang, als er sich dem wüthcnden Thiere ent- gegenwars? Und was das Unbewußte in der Knabenseele vermocht, da» sollte der Wille, die Einsicht de« Manne« nicht können? Und was hatte er denn überhaupt noch zu hoffen — welches Glück im Leben zu erwarten? Lory hatte ibn abgewiesen, und nicht nur für jetzt, nein für immer, für immer! Selbst Wenn er sich nur mit freundschaftlichen Ge fühlen begnügen wollte, könnte eS nie sein, er sollte nicht fragen, nicht in sie dringen ... Ia, jetzt sab er klar, sie liebte eine» Anderen! Aber wen? Perfall? — DaS konnte nicht sein, sonst wäre sie nicht un glücklich . . . Persall liebte ja Lory. Was wäre sonst der Grund des so veränderten Wesens deS Freundes? Wenn eS aber Perfall nicht war: wer denn? Es verkehrte ja Keiner sonst im Hause. War eS vielleicht ein Lehrer auS der Schule? Er kannte sie Alle; es waren gewöhnliche Männer, weder an Bildung noch an Charakter über daS Durchschnitt-maß hinaus. Konnte einen solchen die Neigung Lory'S treffen? Nein, nein, daS war nicht möglich! O, wer da Klarheit hätte! So saß Stefan, sinnend, grübelnd, er wußte nicht, waren Minuten, waren Stunden darüber hinweggegangen. Einmal war eS ihm, als öffne sich leise die Thür; Marka'S grauer Kops kam zum Vorschein, dann verschwand er wieder, und die Thür fiel leise in» Schloß. Tiefe Stille herrschte um ihn; nur da» Ticktack der Uhr ließ sich hören und der leise Wind, der draußen an den Fenstern durch da» halbverwelkte Epheulaub fuhr. Es mußte weit über Mittag sein; denn die Sonne hatte schon die öst liche Stile de» Hauses verlassen, und ihre Strahlen fielen nicht mehr so grell und stechend durch da» Froster. Stefan sah in da» regungslose Gesicht. Und — war es Täuschung, oder war wirklich eine kleine Veränderung «inzetretcn?! Oder war eS schon früher ge wesen, und er batte es nicht bemerkt? .... Die Lippen de» Mädchen» waren leise geöffnet, und leise, kaum hörbar zwar, aber doch sichtbarer ging der Atbem, da- Heben und Senken der Brust; auch die Starrheit der Züge hatte sich in Etwa» gelöst. War e» wirklich möglich? Lag e« in seiner Hand, nur in seiner Hand?I Konnte Liebe so allmächtig sein »nd auch solche Riegel sprengen? Unsagbare Empsindungen erfüllten ibn: Furcht, Zweifel, Baugen und ein scheues Gefühl von Ehrfurcht. Er strich ihr ein-, zweimal über daS Gesicht und ries sie leise beim Namen. Secunden vergingen; da war es ihm, als zucke ihre Hand, die in der seinen ruhte: so kurz und leise die Bewegung war, er hatte sie doch gespürt. Und wieder verging eine Zeit; athemloS blickte er in ihr Gesicht. War daS jetzt wirklicher Schlaf? Sanft lagen die langen, dunklen Locken über die Wangen gebreitet, deren Farbe erhöht war, und sichtbar und deutlich war daS Heben und Senken der Brust. Da ging ein leises Zucken durch die Ge stalt; eS war eine Bewegung, wie wenn Jemand in eine bessere Lage zu kommen sucht, dann hoben sich nach einiger Zeit schwer und langsam die Augenlider. Die Blicke richteten sich starr und verständiiißlos in gerader Richtung vorwärts, als bohrten sie sich in einen Puncl der gegenüberliegenden Wand ein. War es Ermüdung oder blendete der Sonnenstrahl, der gerade über die Stelle hinhuschte? Langsam sanken die dunklen Wimpern über die Augen; sie lag wieder still und reglos. „Tereska, TercSka!" sprach Stefan'» Stimme, „willst Du mich nicht bören? Willst Du nicht erwachen?" Ein lebhaftes Zucken in seiner Hand, eine stärkere Be wegung der Gestalt, die Angen öffneten sich zum zweiten Male und saben langsam und scheu von einem Puiiel zum anderen, dann blickten sie gerade über sich und in Siesau'S Augen hinein. Groß nnd forschend dingen ihre Blicke eine Zeit lang an den seinen; eS war, als ringe etwas mächtig darin nach Licht, nach Berständniß, dann breitete sick ein immer Kellerer Schein darin auS, ein Ausdruck ausblitzendcr, stiller Seligkeit legte sich über daS Gesicht, und mit einem leisen, hiiigebauchten Laut schloß sie die Augen wieder. Es war also doch der Himmel, in dem sie sich befand. Und sie war so lange in einem unermeßlichen, öden, grauen Raume eingeschlosscn gewesen, mit eisernen Kelten die Glieder belastet. Und sie hatte mit allen Kräften gerungen, sich bemübt, die Fesseln zu drecken, sich zu befreien; sie war nicht im Stande gewesen, die eisernen Klammern zu lösen, und wie ein Gewicht von tausend Centnern hatte eS ,hr erdrückend auf der Brust gelegen. Stimmen hörte sie ununterbrochen rufen; sic er kannte sic aber nicht, sie unterschied sie nicht; denn auS weiter verlorener Ferne klangen sie verworren zu ihr. Da endlich löste sich eine Stimme von all den andern — und diese erkannte sie, diese unterschied sic.... Näher und immer näher klang die Stimme zu ibr: „TereSka, TcreSka, ich bin'»! Erwache!" Ihre gefangene Seele strebte mit allen Kräften diesem Schalle zu, da plötzlich war eS ihr, als wichen die Fesseln, eine nach der andern, als siele Alle« von ihr ab; frei und leicht fühlte sie sich und emporgetragen wie auf Flügeln. Immer mehr versank die öde, ungeheuere Tiesc unter ihr, immer höher guig'S der Sonne zu, und seine Augen waren das Licht, au» denen die Strahlen au-gingen, die den Himmel erleuchteten, und diese winkten ihr, winkte» und lockten.... Jetzt tag sic aus grünem Nasen, weiche Lüfte umfingen sie, Vögel sangen, und der süße Duft der Blumen stieg zu ihr auf... Und er — er war bei ihr.... und so wie jetzt hatten seine Augen noch niemals geblickt, und wie HimmclSniusik klang seine Stimme an ihr Obr ... Welch süße erquickende Mattigkeit überkam sie, und wie selig war es, so... so cinzuschlafen ... Und sie schlief stundenlang und, als sic gegen Abend er wachte, geschah dies mit vollem Bewußtsein; eS war ein Ge nesungsschlaf gewesen. Sie war zwar »och sehr schwach, sprach kein Wort und lag still und bewegungslos, aber sie erkannte doch ihre Umgebung, und als Marka zu ihr hintrat, um ihr etwa- Wein cinzuflößcn, lächelte sie ihr sanft zu. Und eö war auch, als ob sic von Marka am Liebsten etwas annähme, sie am Liebsten um sich habe. Satz Lory an ihrem Bette, so war ihr Gesicht der Wand zngelehrt nnd sie lag so still und regungslos, als ob sie schliefe, oder als ob sie bei den Andern diesen Glauben erwecken wollte. ES war. als bedrücke etwas Furchtbares ihre Seele, als scheue sie sich, be lastet von einer ungeheuren Schuld, Jemandem rnS Gesicht zu sehen; Lory gegenüber trat dies am deutlichsten hervor ... Nur einmal, in den ersten Stunden noch, als diese vor ihrem Bette lag, ihre Hand mit Thräncn und Kliffen bedeckte und mit erstickter Stimme flüsterte: „TereSka, liebe, geliebte Schwester!" war eS, als antworte ein leiser, leiser Druck diesen LiebcSworten. DaS war und blieb auch das erste und einzige Zeichen. Ter Doctor kam und war über die glückliche Wendung im Innersten erfreut. Obne Ahnung dessen, wer hier Arzt gewesen und aus welche Weise seine Stelle vertreten wurde, betrachtete er die Besserung als eine Art Wunder; den» WaS ihn betraf, so hatte er alle Hoffnung aufgegeben. Nnd hätte er eS gewußt, so wär' eS ihm vielleicht nicht minder als ein Wunder erschienen .... Er empfahl jetzt die größte Schonung und nach jeder Richtung hin. Nur für die Hebung der physischen Kräfte sei jetzt zu sorgen, mit deren Wiederkehr würde schon der apatlusche Zustand schwinden. Man müsse Gott danken und nur langsam Schritt sür Schritt Vorgehen. Aber ein Tag und »och einer verging, und eS blieb Alles beim Alten. TcreSka nahm die Nahrung, die Erfrischungen, die man ihr bot, von selber verlangte sie nichts, sonst lag sie still, vor sich hinbrütend und meist der Wand zugelehrt. Es war, als wollte sic nicht nur jeder Frage, jeder Anrede entgehen, sondern auch jedem Menscheuaugr entrückt sein. (Fortsetzung folgt.)
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