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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.08.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930817022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893081702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893081702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-08
- Tag1893-08-17
- Monat1893-08
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Bezugs.PrelS dt der Hanptexpedltton oder den im Stadt bezirk and den Vororten errichteten An«, oaieftellen obgeholt: vierteljährlichst4.ÜO, hei zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau« b.üO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteliödrlich ^t S.—. Direkte tägliche tkreuzbaadieudung tut Ausland: monallich 7.öO. Dte Morgen-Äu-gabe erscheint täglich '/,7Uhr, di» Abeud-Autgabe Wochentag- b Uhr. Redaktion und Expedition: AohannrSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochr» geäsjaet von früh 8 bi« Abends 7 Uhr. Filialen: vtt» Memm « Lortim. (Alfred d«d»k Univeriitottstrab« 1, Louis Lüsche. Lotharsneustr. 14. pact. und Löuig-Pla- 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Zrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. .. Auzeigeu.PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg) Neckamen unter dem Redaction-strich (-ge spalten) SO-C, vor den Familiennachrichte» (kgejpaltea) 40 »h. ErStzere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zisserusatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit de« Morgen. Au-gabc, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbeförderung 70.—^ Annahmeschlnß für Anzeigen: Nbrnd-Au-gabe: vormittag- 10 Uhr. Morg« »«Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestesleu je »t»O halb« Stund» früher. Anzeige« sind stet- an di« Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. P okz t» Leipzig. Donnerstag den 17. August 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Lolicursverflchreil. In dem Concor-verfahren über da- Vermögen de- Schubfabri- kanten Eduard NoScck zu Weistensels ist zur Abnahme der Schlug, rechnung des Verwalter-, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlubverzeichnisj der bei der Vcrtheilung zu berücksichtigenden Forderungen und zur Beschlußfasiuiig der Gläubiger über die nicht verwerthbaren Verinögcnsslücke der Schlußtermin aus den 12. September 1892, Vormittags 11 Uhr. vor dem Königlichen Amtsgerichte hierseibst, Zimmer Nr. 7, bcsiiinmt. Ta- Schiußverzeichnisj und die Schlußrechnung liegen in der Gerichtsschreiberei zur Einsicht bereit. Weißenfel-, den 12. August 1893. Königliches Amtsgericht, Abthl. I. Loncursversahren. In dem Concursverfahren über den Nachlaß des Agenten und gleichzeitigen Inhabers der im Handelsregister nicht eingetragenen Firma M. Königs Rachf. zu Weihensels, Ltto Wifttughauscn zu Weißenfels, ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzrichniß der bei der Verlhciiung zu berücksichtigenden Forderungen und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwerthbaren Be» mögensstucke der Schlußtennin ans 0cu 12. September 1802, Vormittags 11 Uhr, vor dein Königlichen Amtsgerichte hicrselbsl, Zimmer Nr. 7, bestimmt. Das Schlußverzeichniß und die Schlußrechnung liegen in der Gerichtsichreiberei zur Einsicht bereit. WeißenselS. Len 12. August 1893. Königliches Amtsgericht, Abthlg. I. Politische Tagesschan. - Leipzig. 17. August. Eö ist nun genau ein Jahr her, daß die Cholera in Hamburg auftrat und allgemeine Beunruhigung >m Reiche wach rief. Der „Reichsanzeiger" hat sehr rur rechten Zeit die Mahnung an die Bevölkerung ergeben lassen, die Reichs und Staatsbehörden in dem Bestrebe» zur Abwendung eine« erneuten Einbruches der verheerenden Seuche »ach besten Kräften zu unterstützen. Die Gefahr eines Wicdcrauftreien« der Ch-lera in Deutschland ist aus verschiedenen Gründen eine so höbe nicht mehr, wie im vorigen Jahre, aber sie muß doch ernstlich ins Auge gefaßt werden, denn ringsum in den angrenzenden Ländern ,st die tückische Krankheit doch wieder erschienen. Die Aufmerksamkeit der Behörden ist vor Allem auf die VorbcugungSmaßregeln ge richtet, und schon dabei kann die Bevölkerung in weitem Maße sich hilfreich nützlich machen. Eine umfassende prophylaktische Tbätigkeit ist ja auch das Einzige, was einen sicheren Schutz gegen die Krankheit gewährt. Denn die Wissenschaft kennt vorläufig noch kein wirksames Heilmittel. Die Vorschriften der Gesundheitspflege mögen deshalb allen Kreisen der "Bevölkerung im gegenwärtigen Zeitpunkt zu allermeist empfohlen sein. Wie sehr die Hygieme zur Fernbaltung von Krankheiten diene» kann, lehren ja zahlreiche Erfahrungen. So ist es in Preußen nach strenger Durchführung der Des- infcctionSbcstimmungen betspielSweise jetzt gelungen, die Zahl der Erkrankungen am Kindbctlsieber um 75 Procent herab- zuminkern. Die Behörden haben nun die ausführlichen Ver haltungsmaßregeln zur Vorbeugung der Cholera in Er innerung gebracht. Es wird besonder- vor dem unvorsichtigen Genüsse unreifen und rohen Obstes gewarnt und dringende Vorsicht gegenüber dem Wasser der im vorigen Jahre inficirten Flußläufe empfehlen, die sorgfältigste Bebandlung bei Durchfall und ähnlichen Erkrankungen zur Pflicht ge macht u. s. w. Dir gewohnte Lebensweise, soweit sie eben vernünftiger Weife eingerichtet war, soll dabei möglichst aufrecht erkalten werden und namentlich soll sich die Be- vöikerung nicht ängstigen und beunruhigen lassen, wenn da und dorther einzelne Erkrankungsfälle gemeldet werden. Tie Erwartung, daß cS in diesem Jahre gelingt, das epi demische Auftreten der Cholera sernzuhallen, ist, wie gesagt, eine besser begründete, als im vorigen Jahre. Sollte trotz aller Vorsichtsmaßregeln die Seuche dennoch in Deutsch land wieder Boden gewinnen, so werden die gleichen Maß regeln wie in, vergangenen Jahre zur Bekämpfung eines weiteren Umsichgreifens der Epidemie in Anwendung kommen, mit denjenigen Modificativnen jedoch, die sich durch die -ge wonnene Erfahrung als wünschenSwerlh und zweckmäßig ergeben haben. Hauptsächlich dürfte es für das Publicum und die Geschäftskreise zur Beruhigung dienen, daß nach einer Versicherung, die der preußische CulluSminister un längst im Abgeordnetenbause abgegeben hat, eine so aus gedehnte Beschränkung und Erschwerung des Güter- und Personenverkehrs, wie sic im verflossenen Jahre siattsand, nicht wieder rintretcn werde, da die Ver- schleppungSgefahr durch den Personen« und Fracht verkehr sich als wenig bedeutungsvoll herausgestellt habe. Bekanntlich war es im vorigen Jahre namentlich die allgemeirie Furcht vor einer Ausbreitung der Cholera durch Maaren aus verseuchten Gebieten, wodurch der Ge schäftswelt so erhebliche Verluste und schwere Schädigungen erwuchsen. Infolge der Heimsuchung Deutschlands durch die Cholera ist übrigens auch die Frage einer Medicinal- rcsorm endlich in lebhafteren Fluß gekommen. Ueher die Notbwendigkeit einer solchen herrscht auch in Regierungs- kreisen kein Zweifel mehr. Die jetzigen Zustände» welche die wirksame Bekämpfung von Epidemien vielfach geradezu ver eiteln, haben sich als ganz unhaltbar herauSgestcllt. Und da handelt e« sich nicht nur um die Cholera allein, cs handelt sich um die Bekämpfung auch aller übrigen Epidemien, die in der Wirklichkeit sogar gefährlicher sind, obwohl die Bevölkerung sich itmen gegenüber weit ruhiger zu verhalte» pflegt. Denn der Cbolcra kann man durch iiprmale und rationelle Lebensweise wirksam Vorbeugen, den meisten anderen Seuchen aber .ucht. Rack, Koch'« Berechnung sterben in Europa, sveciell im Westen, jährlich weit mehr Leute an der Tuberculose, als an der Cholera. Diese letztere erforderte im verflossenen Jahre 8000 Opfer, während die Diphtherie allein i» Preußen jähr lich 20 000 Menschenleben vernichtet und die Tuberculose gar 40 000, Um de» Kampf gegen diese verheerenden Krankheiten inSgesammt mit größerem Erfolg führen zu können, bedarf eS einer Medicinalreform, die vor Allem auch das unmittel bare Eingreifen der Kreisphysiker ermöglicht, überhaupt den Medicinatbehörden gegenüber den Verwaltungsbehörden eine zweckmäßige Stellung verleibt. Die Medicinalreform sollte aber auch von Reichs wegen erfolgen! Wenn der Zollkrieg mit Nutzland, über dessen voraus sichtliche Dauer zur Zeit selbstverständlich ein sicheres Urtbeil nicht abgegeben werden kann, bis zum Wiederzusammentritte de- Reichstag« dauern sollte, so würde, wie die „Post" hervorhcbt, nach der Fassung des tz. 6 des ZvlltarifzcsetzeS vom 15. Juli 1879 die erste dem Reichstage zu mackende Vorlage in dem Ersticken bestehen muffen, daß der Neickskag seine Zustimmung zu den gegen Rußland angeordneten Zoll maßregel» geben möge. In der Fassung, worin seiner Zeit die Regierung da« genannte Gesetz zur Beschlußfassung dem Reichstage zugehen ließ, war die Handhabung von Retorsions maßregeln gegen einzelne Staaten nickt von der Zustimmung des Reichstag« abhängig gemacht. Außerdem war nicht nur ein bOproc. Zollzuschlag, sondern sogar eine Verdoppelung der tarifmäßigen EingangSsätze vorgesehen, und zwar sowohl gegen Staaten, welche deutsche Schiffe oder Maaren deutscher Herkunft ungünstiger behandeln als jene anderer Staaten, als auch gegen solche Staaten, welche deutsche Erzeugnisse mit eitlem erheblich höheren Eingangszvll belasten, als solcher von ausländischen Erzeugnissen bei der Einfuhr in das deutsche Zollgebiet erhoben wird. Die Tariscom- nsission und der Reichstag lehnten eS jedoch damals ab, dem BuudeSrathe so weitgehende Befugnisse zu crtheilen und die Repressalien auch davon abhängig zu machen, wenn ein auswärtiger Staat deutsche Erzeugnisse höbcr belaste, alö eS der deutsche Tarif thue, weil dadurch eine stete Beunruhigung dcS HandelsstandcS hervorgcrufen würde und weil der Reichs tag oft genug zusammen sei, um gegen Staaten, die Deutsch land ungerecht behandeln, Relorsionsmaßregeln zu beschließen. Nach diesen Erwägungen erhielt der tz. 6 dcS genannten Ge setzes seine jetzige Fassung. Daß der Reichstag seine Zu stimmung verweigert, ist natürlich ausgeschlossen; aber jeden falls wird er Gelegenheit nehmen, den Herrn Reichskanzler um genaue Auskunft über die Berechtigung der von Herrn Witte erhobenen Vorwürfe zu ersuchen. Von den Darlegungen des Kanzlers kann das Ende des Kampfe- ganz wesentlich abhangen. In Prag ist neuerdings, wie wir schon wiederholt er wähnt, ein förmlicher Kampf um die Straßentafeln entbrannt. Der in seiner Mehrheit czcchische Sladtrath hat bekanntlich beschlossen, die dem Charakter der Stadt ent sprechenden doppelsprachigen Straßentaseln zu entfernen und durch blos czcchische zu ersetzen. Der Beschwerde gegen dieses Vorgehen wurde nun, wie gar nicht ander« zu erwarten war, von dem Statthalter Folge gegeben und es wurde die Verfügung getroffen, daß die blos czeckischen Straßen- laseln zu beseitigen und wieder doppelsprachige an ihre Stelle zu setzen seien. Trotzdem ist dieser Versügung^gegeii welche die czeckischen Blätter in förmlich wüthenver Weise eifern, der Sladtrath nicht nur nicht nachgekommen, sondern läßt viel mehr die Anbringung der czcchifchen Straßentaseln sortsttze». Man will augenscheinlich die gewaltsame Entfernung der Tafeln brrbcifübreu und auf diese Weise die künstliche Er regung der Bevölkerung nähren. Der Sladtrath konnte sich wohl von vornherein kam» einen Augenblick darüber täuschen, daß sein Versuch, die Landeshauptstadt eines von zwei Nationalitäten bewohnten Landes zu einer reinczechi- scken Siadt zu stempeln, mißglücken werde. Er konnte auch nicht darüber im Zweifel sei», daß ihm das Recht, die An bringung bloS czechischcr Tafeln zu verfügen, nicht zustehe. Allein wie in vielen anderen Fällen handelt e« sich auch diesmal um eine Vergewaltigung, zugleich aber auch darum, eine neue Bewegung in Gang zu bringen; denn schon wird der Ruf laut» daß, wenn eS in Prag bei den doppclsprackigen Straßentaseln verbleibt, solche auch in allen deutschen Städten, wo sich Czcchen befinden, angebracht werden müßten. Auch will man die Straßen umlaufen und sie nach „bcrübmlen" czechischen Persönlichkeiten benennen. Kurz, die czechischen Kundgebungen und Hetzereien gegen die Deutschen haben wieder ein neue« Gebiet für lkre Be- thäligung gewonnen. Die Angelegenheit der Straßentaseln ist nur scheinbar eine nebensächliche; denn in Wirklichkeit bringt Las czcchische Vorgehen den ganzen Charakter der Bestrebungen des Czechenthums zum Ausdruck, deren Ziel kein geringeres, als die V e r n i ch t u n g deS Deutsch thumS in Böhmen ist. Voraussichtlich wird das Ge eignete geschehen, einer Verfügung der Regierung Achtung zu verschaffen und zu zeigen, daß wenigstens diese die Gleichberechtigung der beiden Nationalitäten Hochhalte. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Czechen jede Nachgiebig keit gegen sie nur noch anspruchsvoller und ungeberdiger mackk. Den Gedanken freilich, mit dem Czechenlhum auf dem Wege eines Ausgleich« zu der Möglichkeit eines fried lichen NebeneiuanterlcbcnS beider Nationalitäten zu gelangen, wird nian aufgebcn müssen. Hier gilt eS — mögen sich die Czcchen auch noch so sehr dagegen sträuben —, mit allen Mittel» dafür zu sorgen, daß die möglichst scharfe Abgrenzung durchgcfübrt werde. Hierzu wird mau sich auch zuständiger- seil« verstehe» muffen; denn daß mit dem Zuwarten und Lavircn nichts herauskommt, davon wird man sich Wohl längst überzeugt haben. Die famosen Enthüllungen de- „Pesti Naplü" über die französisch-magyarisch-russischen Jnlriaucn gegen den Dreibund haben in der öffentlichen Mei nung Ungarns wie Europas, wo immer man sich gemüßigt fühlte, einen Blick auf sie zu werfen, verdiente Heiterkeit bervorgerufcn. Am meisten blainirl geht a»S der Angelegen heit die ungarische UuabbängigkcitSpartei hervor, deren Wortführer sich wieder einmal als echte Kirchthurm- politikcr bewährt haben. Auch sie sahen sich übrigens ge- nvthigt, wenn sie ihr Ansehen nicht ganz »nd gar einbüßen wollten, alle Gemeinschaft mit den Urhebern jener „Ent- büllungcn" abzuletmen und sich, bis aus den Franzosenanbeter Dionys Päzmäiity, für den Dreibund auszusprechen. Der ungarischen Presse ohne Unterschied der Parteizugehörigkeit bot die ganze Angelegen!,eit den erwünschten Anlaß, demonstratio für das Bündnis; mit Deutschland einzu- lrelen und die bevorstehende Ankunft Kaiser Wilhelm's in Ungarn enthusiastisch zu begrüßen. Die Auslands- Politiker, welche vielleicht noch zweifeln sollten, daß der ver steckte Angriff auf den Dreibund nur eine von ganz unbekannten Leuten inspirirte Komödie ist, werden — so schreibt u. A. der „Magyar Ujsäg" — durch den warmen Empfang gründlich enttäuscht werden, den die immer bundes- treue ungarische Nation dem deutschen Kaiser, der mächtigsten Säule des Dreibundes, zu Thcil werden lassen wird. DaS vom belgischen Jlistizminister in der Dcputirten- kammer eingebrachte Gesetz über die Behandlung der Rückfälligen in den Gefängnissen liegt heute vor. Das selbe bestimmt, daß die zu weniger als 0 Monaten Gefängniß verurtheilten Rückfälligen fortab in de» Strafanstalt-» folgendem Regime unterworfen werden sollen: „Nahrung: während der ersten 8 Tage Wasser und Brod; vom 9. bis 30. Tage gewöbnliche Gesängnißkost, alle zwei Tage abwechselnd mit Wasser »nd Ärod; vom 31. bis 90. Tage die für die Bcttlergewahrsame festgestcllte Kost. Lagerstätte: während der ersten 30 Tage erhalt der Ver- urtheilte als Bettaeräth nur ein Brel und ein Kopfkissen mit oder ohne Decke, je nach der Temperatur. Befreit von diesen strengen Vorschriften sind alle Weiber, alle jugendlichen Personen unter 16 Jahren und Greise über 65 Jakre. Der Justizminister darf auf ärztlichen Antrag die Nichtanwendung dieser Vorschriften anordnen. Lei den Rückfälligen, welche die Berufung gegen da« Unheil erster Instanz einlegcn, wirb die Untersuchungs hast auf die Dauer der Strafe nicht augerechnet". Die parlamentarischen Kreise Belgien« sind der Annahme dieses Gesetzes geneigt, lehnen aber den Zusatz hinsichtlich der Nichtanrechnung der Untersuchungshaft ab, da der Ver- Feirillet-i,. In des Reiches Ostmark. 17j Roman von B. W. Zell. Nachdruck dnchole». (Fortsetzung.) „Aber er ist doch nur rin Mensch, Hochwürden. Gebietet des Priesters Gelübde denn Einsiedlerthum? Da müßten alle Priester zugleich Mönche sein und sich in die Klöster zurück ziel,en. Unser tbeurer Onkel aber bat uns so oft gesagt, man könne im geistlichen Beruf nur Hervorragendes leisten, wenn man in und mit der Well lebe, das sollten auch Sic be herzigen." Aus seine Stirn trat kalter Schweiß. „Ich will eS wieder versuchen, gewiß, Fräulein Aniela!" Sie lachte leise auf. „Ist eS denn so schwer?" fragte sie harmlos. „Sie haben mir oft erzählt, daß Sie allein in der Welt sieben, aber wenn Sie nun eine Schwester hätten, würden Sie sich auch von der zurückziehen?" „O nein, im Gegentbeil. Ich würde sie zu mir nehmen und wir wollten eine Familie bilden", gab er nn Tone tiefster Uebcrzeugung zurück. Sic seufzte leise auf. „Wie schade, daß ich nicht Ihre Schwester bin", lag eS auf ihren Lippen, aber sie sprach c« nicht aus. Statt dessen sa^te sie: „Ebenso gut könnten Eie doch nun auch eine Freundin haben." Er verstand sie, aber eS war ibm unmöglich, etwa« darauf zu erwidern Eine ihrer herahhängcnden Flechten hatte sich über seine Schulter gelegt, sie brannte ihn wie Höllenseuer, und doch wagte er nicht, sie zu entfernen. Dazu dies scelen- martcrnde Gespräch, eS war ein Golgathawcg für ihn, der alle seine Kraft völlig erschöpfte. Sic gingen eine Weile schweigend neben einander her, er mit seinen Gefühlen ringend, Aniela verletzt, schmerzlich bewegt, weil er ihre letzte Bemerkung ohne Antwort gelassen. Der Weg war fast beendet, denn vor ihnen tauchten bereits die mächtigen Umrisse des Podbielser Schlosse- aus Da nahm Aniela da« Gcfpräck noch einmal auf und fragte mit der ganzen Unbefangenheit ihrer kindlich reinen Seele: „Sie antworten mir nicht, meine Freundschaft wäre Ihnen also nicht genehm?" Er zuckte zusammen, als empfinde er plötzlich physischen Schmerz. „Fräulein Aniela", sagte er dann mit bebender Stimme, „Ihre Freundschaft muß für jeden ein kostbares, beglückendes Geschenk sein. Aber vcrtbeilen Sie es nicht zu früh, Sie werden nickt immer Herrin Ihrer selbst, Ihrer Handlungen sein. Wissen Sie denn, ob cS Ihrem künftigen Gatten gcnebm wäre, auch nur ein Gefühl Ihres HcrzenS, und wäre eS das der edelsten Freundschaft, mir Anderen theilen zu sollen?" „O, wenn es nur das ist", rief sie lebhaft, „so kann ich diese Scrupel lösen. Ich werde niemals heirathen Aber einen Freund, einen Bruder und seelischen Beratber Hab' ich mir immer so von Herzen gewünscht, eine hochsinniac Freund schaft zwischen Mann und Weib muß zur Quelle edelster Freuden für sie und für Andere werden." Man war jetzt vor dem Pavillon angelangt. Durch die Schatten der zusammengezogencn Vorhänge der unteren Fenster drang Heller Lichtschein, und Aniela wußte, daß dort um diese Zeit ein gcmüthlichcr Kreis den einladenden Tbeetiscb umgebe. „Sie kommen doch mit hinein?" fragte sie freundlich. „Halb erstarrt, wie Sic sind, wird Ihnen ein GlaS heißen ThecS besonders wohlthuend sein." Er lehnte hastig, aber sehr bestimmt ab. Kopfschüttelnd jchaute sie ihn an. „Nun denn, so muß ich mich hier verabschieden und für Ihr freundliches Geleit danken Da ist Ihr Mantel — er hat mir in der Tbal gute Dienste geleistet. Und nun noch einmal" — sie reichte ihm die Hand und hob mit bittendem Blick die schönen, frommen Augen zu ihm auf — „wollen wir gute Freundschaft halten für'S Leben!" Da war e- zu Ende mit seiner Kraft und Selbstbeherrschung. „Ich kann nicht — o, quälen Sie mich nicht, ich kann nicht?' stieß er ächzend hervor, während sein ganzer Körper im Fieber bebte. Er beugte sich auf ihre Hand — zum ersten Mal im Leben — zog sie an seine Lippen und stürzte dann ohne Gruß und Abschied davon, als sei die ganze Hölle hinter ihm her. Voll schmerzlichen Staunens batte Aniela sein sonderbare- Benehmen betrachtet. Und dann dämmerte urplötzlich, instinktiv eine furchtbare Atmung i» ihr auf, die der Wahrheit nur allzu nabe kam und ihre fromme Seele erschauern ließ in Schreck und Entsetzen. Aufstöbnend legte sie einen Augenblick die Hand an die Augen, dann wankte sie inS Hau«. Aber nickt in- Thce- zimmrr, auS dem fröhliche Stimmen hervorschallten, o nein; nur in ihr eigenes kleines Gemach, wo sie vor dem Muttcr- gotteöbilde zu brünstigem Gebet niebersank. Sic flehte, daß seine Seele Kraft und Ruhe finden möge. Seine Sünde nahm sic auf sich. XIII. Die Bohrungsversuche in und bei I. waren in vollem Gange. Gleich zu Beginn derselben war Michael CroneS wieder in seinem HemiathSstädtchen erschienen und batte das gioße Werk gefördert, wo und wie er nur immer konnte. Besonders war es seinen Bemühungen znzuschreiben, daß sich eiuige hervorragende Fachleute sür die Angelegenheit zu er wärmen begannen und »ach I. kamen, um ihre reiche» Er fahrungen in den Dienst der guten Sache, an deren Gelingen keiner der Herren Zweifel hegte, zu stellen. Freilich konnte diese Anwesenheit sich immer nur auf Tage beschränken, aber sie genügte doch, daS schwierige Werk bedeutend zu fördern. Michael CroneS, der ruhige LebenSkünstler, war plötzlich von einer fieberbastcn Tbätigkeit und Beweglichkeit befallen worden. Er war eigentlich immer unterwegs — von den städtischen Grubenwerre» fuhr er :u seinen eigenen und von dort nach Zilkowo, wo George v. Mnlkiewicz in anerkennens- werth geschickter Leitung der Erdarbeilen die Ergebnisse seiner fleißigen Studien nun praktisch verwerthete. Letzterer war rastlos thätig vom frühen Morgen bis zur späten Nacht — arbeitete er doch unter den Auge» Juza'S, die ihm selber ein leuchtendes Beispiel angestreiigteslen Schaffens und treuer Pflicht erfüllung war. CroneS hatte sietS seine herzliche Freude an diesem ernst- strebeiiden. tüchtigen Menschenpaar, das ganz sür einander geschaffen schien und auch von Allen als zusammengehörig be trachtet wurde, obsckon noch immer von keiner Verlobung die Rede war und die beiden nur freundschaftlich mit einander verkehrten. Bon Zilkowo an- fübrte CroneS' Weg gewöhnlich nach PodbielS — ins Schloß zum Grafen, dem er über den Ver lauf der Arbeiten Bericht erstattete, oder in den Pavillon zu Damen, wa- freilich noch viel öfter geschah. Fräulein von Wolcawek war plötzlich wieder ganz frisch und vergnügt ge worden und fand, daß ihr der Landaufenthalt außerordentlich gut bekam. Da mit der Tante auch Polza zu Beginn des Früblina« ihre übermüthige Stimmung wiebcrgefunden hatte — in Wahrheit wohl, weil ihre und Wladimir'« Abreise nach Warschau nahe bevorstand —, waren die Abende im Pavillon stets reckt anregend und genußreich. CroneS erging sich ge wöhnlich in optimistischen Träumereien über die bevorstehende glanzvolle Zukunft seiner Heiuiath, wenn man erst die Salzlager, an deren Vorhandensein er nicht mehr zweifelte, freigelegt und I. ein gesuchtes Soolbad geworden sein würde. Er be leuchtete die Tragweite dieses Ereignisses sowohl vom volks- wirthschaftlichen als auch vom menschenfreundlichen Stand- pimcl und behauptete, namentlich in letzterer Hinsicht, daß die Erschließung der Salzwcrke ein Segen für die ganze Gegend sein »nd Armuth und Noth der unteren Schichten dann in kürzester Frist entschwinden würde». Aniela hörte diesen Aus führungen gewöhnlich mit leuchtenden Blicken zu, während die fleißigen Finger Faden um Faden durch die Stickerei zogen. Taute Jadwiga aber wandte dem künftigen Soolbadc bei Weitem mehr Interesse zu und meinte, daß eS sich dann in dem langweiligen I. doch werde lebe» lassen, wenn Curgäste aller Nationen dort anzutreffen sei» würden. Graf Xaver schwieg gewöhnlich zu allen optimistischen Träumereien in Bezug auf die Salzlager von I. und lächelte dabei. Ja, wenn man erst so weit wäre! Darüber mußten Loch im günstigen Falle Jahre vergehe», denn vorläufig hatte man noch nicht einmal die Gewißheit, daß tbatsächlich Salz lager vorhanden oder wenigstens erreichbar seien. CroneS aber verweilte besonders gern bei der künftigen Verschönerung der Stadt, wozu er bereits einen fertigen Plan in der Tasche hatte. Natürlich mußte zuerst da« stallartige Gemäuer auf dem Markt fallen und dann J.'S Ghetto, da- entsetzliche „Sibirien", mit seinem Schmutz und seinem Herd ansteckender Krankbeiten. „Wenn ich denke, daß dieser entsetzliche Stadttbeil auch nur noch zwei Jahre unverändert bleiben sollte, könnte ich außer mir geralhen", rief er auch heute wieder ganz erregt. „Es ist eine Schmack für die Stadt, ja sür die ganze Mensch heit, und die Herren Weltverbesserer, die daS ganze Universum in ein Eden verwandeln möchten, sollten doch nur erst da» Notbwcndige berücksichtigen und bei diesem kleinen Sibirien anfangen. Ich habe cS immer gesagt und kann nur stet« wicdcrbolen, daß schon der ein edle- Werk vollbringen würde, der aus alle diese baufälligen Höhlen de« Elend« de» rothen Hahn setzte." „Und weshalb unternehmen Sie nicht selber diese Thal deS Humanismus?" fragte neckend Tante Jadwiga. „Ich? Nun, wer weiß, ob ich'S nicht noch einmal thue» fall« nicht bald Abhilfe geschafft wird. Jedenfalls liegt d«r
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