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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.10.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-10-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931002029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893100202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893100202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-10
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Morgen-AaSgab«: Nachmittag» »Uhr. Soun« »ad gefttaa» früh Hei de» Filiale» »»d «aaa Halde St»od« früh«. » Ntchrtgr» stad stet« a, dt» Gr»«»Mp» »» richte». te«t« Lr»ck »ad Verlag vo» L. Holz i» LeihAh, Montag den 2. Oktober 1893. 87. Jahrgang. 5- Politische Tagesschau. x * Leipzig» 2. Oktober. Der Umstand, daß Fürst viSmank seine Abreise auS Kissing« abermals hat verschieben müssen, deutet leider nicht daraus hin» daß seine Genesung in der erwünschten Weise sortschreitet. Und wenn auch die alarmirenden Nachrichten, die der „N. Fr. Pr." aus Kissing« über das Befinden deS Fürsten zugehen, übertrieben sein mögen, so wird man doch an den Gedanken sich gewöbneu müssen, daß eS längere Zeit dauern wird, bis Fürst BiSmarck die alle Rüstigkeit wiedergewinnt. So tief daS von allen seinen dankbaren Verehrern beklagt wird, so belebt es doch ausS Neue die schon gesunkene Hoffnung, daß der bekannte Depeschenwechsel zwischen dem Kaiser und seinem früheren ersten Rathgeber werde fortgesetzt werden. Es ist kaum anzunehmea. daß der Kaiser, wenn die Genesung des Fürsten langsam fortschreitet, nicht ab und zu eine neue directe Anfrage an deu greisen Staatsmann über sein Befinden richten und ihm dadurch wiederholt einen Beweis seiner dankbaren Hochschätzung geben werde. Und schon das ist ein nicht hoch genug zu schätzender nationaler Gewinn. Im Fürsten werden solche Beweise die ihn beherrschende Bitterkeit mildern, seine Auslastungen über den neuen Eur« werden milder werden und dadurch dazu beitragen, daß dieser CurS sich weniger in gereizten Gegensatz zu dem alten setzt. Auf mehr ist nach Lage der Dinge nicht zu rechnen uud eS ist überflüssig, wenn Federn, die,m Dienste deS Grafen Caprwi stehen. auSemandersetzcn, warum von einem eigentlichen politischen Berhältniß zwischen dem Fürsten und den Lenkern deS neuen CurseS nicht die Rede sein könne. Eine dieser Federn setzt im „Pester Lloyd" Folgendes auseinander: „Namentlich ist die Frage nach einer Form a,fgeworsrn worden, in der der Rath des Fürsten in derselben Weis« eingeholt werden könnte, wie der Rath Moltke'S nach dessen Rücktritt vom Großen Generalstab dem Kaiser zur Verfügung stand. Daß dieser Vergleich hinkt, ist von vornherein klar. Bei der Thätigkeit der GeneralstabeS im Frieden handelt eS sich um die Weiterbildung von Institutionen, di« ihre Probe im Kriege wachen sollen, um die Erfortchung der besten Art der Kriegführung: sie ähnelt der wissen schaftlichen Thätigkeit, in der eS nicht sowohl auf Entschlüsse, al» auf eindringliches Prüf« und Erkenn« «»kommt. Ta wird der Rach eine- weisen Manne» immer Willkomm« sein, zumal wenn er der Begründer einer Schule ist, in der sein Werk durch Männer fortgesetzt wird, die er selbst herangebildet hat. Wenn tm aus wärtigen Dienst keine solche Schule vorhanden ist. so erklärt sich die- schon aus der Natur eine» staatSmännischen Genie« wie BiSmarck. Außerdem ist die Thätigkeit eine» leitenden Staats» manne» ganz anders geartet, als die eine» Seneralstabschess. Da» Arbeitsfeld verschiebt sich häufig je nach den Ereignissen, wie da» Bild eine- KriegStheaterS, und von fern läßt sich ohne genauesten Ueberblick schwer rächen. Ja, wenn es sich um neu« große Unter» nehmung«, um «i»e» ganz neu« Cur», eine neue Jnstradirung der auswärtigen Politik, sag« wir z. B. um ein politische« Abkomm« mit Rußland oder England, oder dergleichen hochwichtige Lntschei» düngen handelte, daun ließe sich die Einholung eine» Gutachtens eine» Staatsmannes a. D. wie d»S Fürsten BiSmarck sehr wohl denken. Aber die auswärtige Politik hat bisher keine Ursache gehabt, die alt« Bahnen n» verlassen. Noch Wichtiger ist die persönliche Seite der Sache. Ein« Krastnatur voll starker subjektiver Antriebe ist für di« Rolle eines nnverantworlichen, an der Ausführung unbe» theiligt« Rathgeber» entschieden sehr viel weniger prädestiniri, als «in kühler Denker wie Moltke. Niemand hat sich entschiedener gegen eine solche Rolle ausgesprochen und ihre Nachtheilt für eine plan» volle einheitliche GeschäftSsühruna schärfer hervorgehobcn, als derFürst BiSmarck selbst. Gegenwärtig dürste er schwerlich ander» darüber denken. Bemerk« doch auch die „Hamburger Nachrichten", daß sich der Fürst zur Uebernahme einer derartigen Stellung nicht entschließen würde, und auch der Grund, der hierfür angeführt wird, daß dann nämlich Fürst Bismarck in den Auge» der Welt auch sür alle Miß» griffe der leitenden Staatsmänner verantwortlich wäre, ist vom Standpuncte diese» Blattes au» begreiflich, wenngleich da» Ber hältniß in Wirklichkeit die» sein würde, daß „die Augen der Welt" Alles, was mißlingt, als „mangelnde Personal» und Sachkenntaiß" der verantwortlichen Staatsmänner ansähen." DaS ist Alle» richtig, aber böchst überflüssig, und zwar besonders deshalb, weil Graf Caprivi nickt die Stellung ein nimmt, die Fürst BiSmarck früher einnabm. Graf Caprivi hat keinen eigenen CurS, sondern verfolgt den ihm von höherer Seite vorgeschriebe»«. Vollziebt sich nun eine per sönliche Annäherung »wischen dem Kaiser und dem früheren Kanzler, so vollzieht sich auck naturgemäß allmählich eine Annäherung des neuen CurscS an den alten, ohne daß Fürst BiSmarck in irgend einer officiellen Form als Beratber deS Kaiser» auftritt. Mit dem persönlichen Gegensätze werden auch sachliche Gegensätze, die zum großen Theile Folge des persönlichen sind, sich vermindern. Und Fürst BiSmarck, der inil Recht die Rolle eines unver antwortlichen NcbcnrathcS versckmäbt, wird gewiß auf eventuelles Ersuchen des Kaiser» sich nicht Weizern, sich diesem gegenüber über eine bestimmte Frage ebenso offen zu äußern, wie er die- seinen vielen Besuchern gegenüber gethan bat. Die Haupsache ist und bleibt eine weitere persönliche An näherung zwischen dem Kaiser und dem Fürsten; das Weitere folgt dann um so sicherer, je mehr unberufene Federn sich enthalten, Vergangenes aufzurühren und die zarte Pflanze de» persönlichen AuSgleickeS durch die Aufwerfung von Form- frazcn im Wacksthum zu stören. Zn Oesterreich, wo bekanntlich der ReichSratb auf de» 10. Octobcr zur Wiederaufnahme seiner Thätigkeit berufen worden ist, ergeht sich die Presse in tiefsinnigen Artikeln über die Lage und die Aussichten der Parteien. Nirgend» herrscht eine gehobene, zuversichtliche Stimmung, am wenigsten in den Organen der deutschliberalen Partei. Sie registriren nicht ohne Genugthuung da« handgreifliche FiaSco der Taaffe'schca Versöhnungspolitik in Böhmen, verstrigen sich aber nicht zu der Hoffnung, daß e« nun mit allen slawisircnden Experimenten zu Ende sei und eine neue deutschliberale Aera anbrechen werde. Nicht einmal da- erwartet man, daß die Linke jetzt bedeuten den Einfluß auf die Regierung gewinnen werde. Wa» aber thon? In die Opposition gehen und etwa die verfassungs mäßig erforderliche Zustimmung zu der Verhängung des Aus nahmezustandes über Prag verweigern? Dann wäre der AuSnaymezustand abgelehnt, und man zweifelt nicht daran, daß die Regierung sofort daS Hau» auslösen würde. Neu wahlen fürchten jedoch die Führer der Deutschlibcralen gar sehr und mit guten Gründen. Bon recht» und links würden ver heerende Einbrüche in den Besitzstand de» Liberalismus erfolgen, und die vereinigte deutsche Linke, die jetzt die stärkste Partei des Hause» ist, würde kaum die Hälfte ihrer Mandate aus dem Wahlkampf zurückbringen. Denn mau darf nicht vergessen, daß die Linke im österreichische» Parlament, wie sich die Ver hältnisse iu den letzten Jahren gestaltet haben, eine Mittel- Partei »nd daß die Zcitströmung einem derartigen parlamen tarischen Gebilde nicht günstig ist. So hat Graf Taaffc die drohenden Leitartikel und Parteiprogramme wenig zu fürchten. Die Schwäche seiner Gegner ist seine Stärke. Wie da» officiöse Organ des schwetzertscheu BundeSratbS, der Berner „Bund", mitthrilt, ist der von socialdcmokratischer Seite ausgehende Antrag, da» „Recht auf Arbeit" durch die Bundesverfassung ausdrücklich anzuerkenncn, durch 52 387 giltige Unterschriften von Schweizer Bürgern unter stützt worden; da» gesetzliche Minimum der Unterstützung, die ein Initiativbegehrrn finden muß, um zur legislatorischen Bebandlung zugrlass« werden zu können, ist in diesem Falle mithin nicht nur erreicht, sondern sogar um 2387 Stimmen überschritten worden. Die Antragsteller wollen den von ihnen Fsrsill-tsii. Die quade -Foelke. Roman aus der EmSgau. II Bon F. Klinck-Lütet-burg. I. Nachdruck derdoie». Uffe AtjeS Meinhard» wandte seinen Kopf zurück. Der Anblick, den die weit ausgedehnten, recht» von Baumgruppen und Buschwerk begrenzten Wiesen und Felder gewährten, war gewiß ein herrersreuender. Die Abendsonne warf ibre letzten Strablen goldig aus die frischgrünen, fern sich ver dunkelnden Wiesen und Felder. Weiterhin, jenseit de- DeickeS, sah man die buntbewimpelten Masten der kleinen Schiffe, die, mit Torf und Frachtgütern beladen, von einem Arm der Em« getragen, langsam stromabwärts glitten. Aber nicht Naturschönheit allein ließ die Augen de» alternden Manne» mit dem wrttergebräunt« Gesicht, das den Typus de- hartköpfigen, ostfriesischen Bauernschlage» bildete, in Genugthuung aufleucht«, sondern in erster Linie Wohl mit die von der Last ihre» ReichthumS gebeugten, vom Abend winde bewegten, aus- und niederwogenden Nehren der Korn selber. Uffe AtjeS ließ noch einmal seinen Blick über die Felder gleiten, dann trat er durch da» Pförtchen in der glatt geschorenen Weißdornhecke in de» Vorgarten seine» Hanse- Plötzlich verfinsterte sich sein Gesicht, an den Schläfen traten die blauen Adern dick hervor. In seinen Augen glühte der Zorn, als sie den Stumpfen von sechs Stachelbeerbuschen zur Rechten und Linken de» Eingänge» begegneten. Eine Ver- sich auf seine Lippen, wenn er sie auch !ie können'» einmal nicht leiden", stieß wünschung drängle nicht laut werden li »Neid! Neid! er grimmig hervor. Uffe Affe» glaubte, daß böswillige Buben jene reich tragenden Stachelbeerbüsche am Eingänge abaeschnitten, um ihm ein« Schabernack zu spielen. Vermutblich war dies auch der Fall , denn der Thäter hatte die Büsche an Ort und Stelle liegen lasten. Daß aber nicht nur der Acrger darüber, weil er sich „mehr" dünkte als Andere, vielmehr seine Miß- nst, die nicht zugab, daß auch nur einer seiner Knrckie und "gde, viel w»n«ger eia fremdes Kind an den Früchten seine» Garten- sich erquickte, ihm deu Verdruß bereitet, kam ihn nickt in den Sinn. Er durchwauderte noch die schmalen, buchsbaumbegrcnzten gelben Kie-wege de« Garten«, von welchem nur ein kleiner Theil einen hübschen Eindruck machte. Im Ganzen fehlte ibm eine geschmackvolle Anordnung. Vielleicht war der Schön heitssinn de» Bauern nicht stark genug entwickelt, um eine solche zu veranlassen, möglich aber auch, daß die Gewolmbeit, den Boden auSzunutzeo, bei ihr mitgewirkt hatte. So war eS gekommen, daß der Garten allerdings von dem Augenblick an, wo die ersten Frühlingsboten, die Schneeglöckchen, sich einstellten, bi» zum Spätsommer, wo Malven und Sonnen rosen den Herbstnebel vom Winde sich abschütteln ließen, in reichem Blumenflor prangte, besten ungeachtet aber nickt im Stande war, den Geschmack der Verwandten aus der Stadt, die den reichen Onkel alljährlich mit einem Sommcrbesuchc beehrt«, zu befriedigen. Stiefmütterchen, Astern, Levkojen. Karthäusernelken und Georginen, die den Gartensckmuck bildet«, waren — vereiuzrlt — selten schöne Exemplare, neben einander, in Reihe und Glied; auf geraden Beeten er schienen sie nur bunt und ermüdeten da» Auge durch ihre Gleichförmigkeit. Die ersten dämmernden Schatten senkten sich bereits her nieder, als Uffe AtjeS sich anschickte, in da« Hau» zu geben. Mit Anstrengung war e» ihm gelungen, wenigsten- scheinbar sich zu beruhigen, wenngleich eS noch mäcktig in ihm grollte. Indem er die Thür öffnete, sah er durch eine andere, gerade gegenüberliegende, eine Mannekgestalt hinausgehen. Er hatte nur ihre Umriffe gesehen, e« war nicht hell genug, sie zu er kennen, als er aber gleich darauf die Küche betrat und sich in dem binsengeflochleuen Lehnstuhl in der Ecke de» Herdes niederlieb» beleuchtete daS hell lodernde Torffeuer ein im böchst« Grade erregte» Gesicht, wie man eS an dem ruhigen Manne nicht zu sehen gewohnt war. „Guten Abend, Vater, Ihr kommt spät!" Mit diesen Worten trat Foelke, de« Bauern einzige« Kind, welche» nach dem vor einem Jahre erfolgten Tode seiner Frau, dem großen HauSwrseo allein Vorstand, in die Küche. Der Gruß fand nur eine kurze, mürrische Entgegnung. »Ich will den Thee anfrtzrn, damit Ihr gleich essen könnt, wenn die Knechte und Mägde fertig find. Wollt Ihr den Segen sprechen?" »Nein — thu' Du'S." Foelke ging iu di« angrenzende Gtfiadeküche, wo die Magd in Vorschlag gebrachten neuen Verfassungsparagraphen folgendermaßen sormulirt wissen: „Das Recht aus ausreichend lohnende Arbeit ist jedem Schweuer- bilrger gewährleistet. Die Gesetzgebung d»S Bundes hat dielen» Grundsatz unter Mitwirkung der Lantone »nd der Gemeinden »n jeder möglichen Weise praktische Geltung zu verschaffen. Ins besondere sollen Bestimmungen getroffen werden: ». zum Zweck genügender Fürsorge sür Arbeitsgelegenheit, namentlich durch eine aus möglichst viele Gewerbe und Berufe sich erstreckende Verkürzung der Arbeitszeit: d. sür wirksamen und unentgeltlichen öffentliche» Arbeitsnachweis, gestützt aus die Fochorganisation der Arbeiter; o. sür Schutz der Arbeiter uud Angestellten gegen ungerecht fertigte Entlassung und ArbeitSeiltziehung; ü. sür sicher« und auS- reichende Unterstützung unverschuldet ganz oder theilwcije Arbeits loser, sei eS auf dem Wege der öffentlichen Versicherung gegen die Folge» der Arbeitslosigkeit, sei eS durch Unterstützung privater BrrsicherungSinslitute der Arbeiter auS öffentlichen Mitteln: o. sür praktischen Schutz der VereinSsrciheit, insbesondere sür ungehinderte Bildung von Arbcilerverbänden zur Wahrung der Interessen der Arbeiter gegenüber ihre» Arbeitgebern und für ungehinderten Bei- tritt zu solche» Verbänden: f. für Begründung uud Sicherung einer öffentlichen Rechtsstellung der Arbeiter gegenüber ihren Arbeitgebern und sür demokratische Organisation der Arbeiter in den abriken und ähnlichen Geschäften, vorab des Staates und der rmetnden." Eine unmittelbare praktische Wirkung dürften sich die einsichtigeren Besürworter de» Antrags von seiner eventuellen Annahme durch Nationalrath unv Ständcrath kaum ver sprechen, denn so wenig wie die Armuth kann inan eine ihrer Hauplquellcn, die Arbeitslosigkeit oder die unzulängliche Entlohnung der Arbeit, durch gesetzliche Gebote und Verbote au« der Vielt schaffen; den Antragstellern kommt eS in erster Linie offenbar auf die „Statuirung de» PrincipS" an. — Ein Gleiches darf wohl vo» den etwa Kü Tbcilnchmern, bezw. Theilnehmcrinnen an dein JabreScongrcß der inter - nationalen Frieden»- und FreiheitSliaa gelten, der dieser Tage in Genf stattfand und ans dem über „die Zölle in ihrer Rückwirkung auf den Frieden und die Freiheit", sowie über „die Moral in der Politik" ein Lange» und Breites verhandelt wnrde. Ihren Ansichten über das Ber hältniß der Moral zur Politik verlieb die sicherlich sehr wohlmeinende Versammlung durch die einstimmige Annahme der nachstehenden Resolution Ausdruck: „In Anbetracht, daß die Moral untrennbar ist, daß der Ausdruck der Moral die Gerechtigkeit ist, und daß Gerechtigkeit sowohl in öffentlichen, wir privaten Angelegenheiten herrsch« muß; in An- betracht, daß ohae «ine Justiz, dir auf Moral degündet ist, da» Werk de» politischen und socialen Frieden» nicht zu verwirklichen ist, erklärt Ver Longreß der internationalen Frieden»- und FreiheitSiiga r« für unumgänglich nochwendig, der öffentlichen Meinung z» zeigen, daß sich di« nationale und internationale Politik der Moral unterznordneii hat, und daß in diesem Sinne Propaganda gemacht werden muß." Selbst wenn der Congreß die in Aussicht genommene Propaganda in Wort und Schrift aus das Eifrigste betreibt, wird er sein Endziel nimmer erreichen. So lange eS Menschen gicbt, die Politik treiben und um Mein und Dein rechten, werden auch die menschlichen Unvollkommenheiten und Leidenschaften der Herstellung absoluter Freiheit und dem Anbruch der Aera des ewigen Friedens hindernd im Woge stehen. Nachdem Frankreich durch den übermäßigen Jubel füber die ziemlich späte, von der internationalen Höflichkeit er forderte Erwiderung eine» Besuches sich erniedrigt hatte, hat eS sich einer zweiten Erniedrigung durch die vom Zaren ver langte Einschränkung der in der ersten große Freude geplanten Festlichkeiten zum Empfange der russischen Gäste unterziehen müssen. Besaßen die Franzosen noch ihren alten Stolz, so könnte man sie aufrichtig wegen der bösen Lage, in die sie grrathen sind, bedauern; aber man weiß heute nicht einmal, ob die» Bedauern angebracht ist. Unmöglich aber erschemt «< doch nicht, daß endlich dieEntrüstung über die Behandlung, die ihm der Zar zu Theil werden läßt, zum Durchbruch gelangt und daß damit der fanatische Ruffrncultu» in sein gerade» Gegeuthril unischlägt. Wir halten eS sür überflüssig, hier aufzuführen, was de», Anscheine nach von den Toulonrr und Pariser Fest lichkeiten übrig bleiben wird, und wolle» nur den Beschluß des vom Präsidenten der Republik präfldirten MinistrrratheS erwäbiie», wonach sich dieser letztere nicht zum Empfange der russische» Seeleute nach Toulon begeben wird, wie dir» zunächst bcabsickligt war. Denn dieser Beschluß bat eine gewisse Weit- greifcndc politische Wichtigkeit. Es war nämlich die Befürchtung aufgetaucht, daß der König von Italien sich verpflichtet fühlen könnte, zur Begrüßung Carnot'S «in Kriegsschiff nach Toulo» zu schicken, und damit wäre die Einheitlichkeit der zu er wartenden russisch-französischen Verbrüderung gestört worden. Neuerdings wird man außerdem begriffen baden, daß, wie so manches Andere, auch die Reise de» Präsident« Carnot nach Toulon zum Empsarigc eine« russischen Admiral« des Guten zu viel sei. Wie e» weiter heißt, wird demgemäß auch Baron Mohrrnbeim von Toulon fernbleiben. Eine bittere Enttäuschung für die Franzosen ist eS ferner, daß sich die Verwendung der Reservedlvisionen innerhalb der Verbände der Linientruppen bei den letzten Manövern in keiner Weise bewäkrt bat. Die Landwehr zeigte eine solche Marschunsäbigkeit und DiSciplinlosigkeit, daß sie sich sür den ernsthaften Dienst iu, Felde als ganz unbrauchbar erwies. Damit ist die Einrichtung der neuesten HecreSverstärkung Frankreich-, von der man so viel erwartete, al« gescheitert anzuseheu und man steht der jüngsten einschneidenden Neu- sorniation Deutschlands geradezu rathloS gegenüber. E» ist diese Enttäuschung natürlich noch nickt i» weite Kreise ge drungen und sie wird außerdem nach Möglichkeit bemäntelt. DaS nimmt ihr aber nicht» von ihrer Bedeutung. Zum Besuche deS Grafen von Pari» in Freden»- borg liegen in der dänischen Presse einige beachleu-werthe Commenlarc vor- Die Einladung zpm Besuche war im Früh- sonliuer erfolgt, als bei der Hochzeit seine« Enkel«, de» Herzog« von ?)ork. da» dänische Königspaar in London dem orleam- stischen Prätendenten begegnete; daraufhin meldete sich der Gras von Paris mit seinem Sohne zum Besuche an und sah die Anmeldung natürlich beifällig ausgenommen. Der Besuch wird osficiell als rein familiär behandelt. Der Gras von Pari» ist bekarsttllich der Oheim der Prinzessin Waldemar von Dänemark, Marie d'Orlean», deren Vater, ver Herzog von Chartres, schon wiederholt in Kopenhagen gewesen ist und deren jüngerer Bruder. Prinz Jean von Orleans, fast ständig dort weilt. Der im Spätsommer aus FredenSdorg weilende Zar Alexander NI. hat übrigen» dafür gesorgt, dem Besuche die zu intime Deutung wenigsten« in Bezug ans seine eigene Person zu nebmen; bei der An kunft der orlcanistischeil Fürstlichkeiten aus Sckloß FredenS- borg war er mit den, hellenischen Prinzen zusammen nach Kopenhagen zum griechisch-orthodoxen Gottesdienste gefahren, obgleich er diesen erst zwei Tage vorher besucht hatte. Ueber da« HeiraibSproject de» Herzog« von Orleans mit einer russischen Großfürstin wirv man nicht» weiter zu sagen brauchen, als daß der „Daily Chronicle" in London sonst besser zu combiniren pflegte; nickt rein zufällig aber ist eS vielleicht, daß unter dem Titel „Der Zar und die Republik" daS dem dänischen Hose nächststebende Kopenhagencr Blatt eben jetzt einen Angriff auf die französischen Behörden bringt, deren Hilflosigkeit gegenüber der demagogischen und abenteuerlichen Ausdeutung der Toulonrr Flotteu- begegnniig den Zaren gegen seinen Wunsch genöthigt habe, die hochpolitische Tragweite dieser Begegnung erheblich eben die Schüssel mit dem dampfenden Roggemnehlbrei auf trug. Gleich darauf hörte Uffe AtjeS sie mit klarer, ruhiger Stimme den Abendsegen lesen. Dann vernahm er nicht» mehr al- da» Klappern der rund« Zinnlöffcl, wie sie gleich zeitig in die irdene Schüssel getaucht wurden. Inzwischen hatte daS Gesicht deS Bauern sich nur noch mehr verfinstert. Seine Bekannten — einen Freund hatte er nie gehabt — hielten ihn für einen ruhigen, leidenschafts losen Mann. Niemand batte ihn aufgeregt oder gar zornig gesehen, oder auch ein scheltende» Wort von ihm gehört. Wenn er trotzdem ein gefürchteter Mann war, so würde auch ein aufmerksamer Beobachter den Grund für diese That- sache erst nach längerem Studium diese» Charakter» ge sunden haben. Foelke kannte den Bater. Kein veränderter Zug seine» Gesichtes, kein Tonsall, keine Erhöhung seiner Stimme würde ihrem Blicke oder Ohr entgangen sein. So wußte sie auch in diesem Augenblicke genau, daß der Bater sehr schlechter Laune war, und der Grund sür diese lag ihr nicht fern. Nicht» desto weniger schien sie durch diese Wahrnehmung nicht im Mindesten beunruhigt. Nachdem sie da« Abendessen mit dem Gesinde eingenommen, ging sie zu dem Vater. Ohne ein Wort schenkte sie den dunkelbraunen Trank, der rin seltene» Aroma verbreitete, in die kleinen blauen Taffen von Dresdener Porzellan, und ließ sich dann mit einem großen Nähzeug von grobem Leinen hinter dem Tische nieder. „Wann soll mit dem Mähen begonnen werden?" fragte sie, ein Schweigen unterbrechend, das ihr peinlich zu werden ansina. „Uebermorgen. Ich habe die Mäher bestellt." Abermals trat tiefe Stille, die nun auch nicht wieder von dem jungen Mädchen unterbrochen wurde. Foelke hatte ihre ganze Aufmerksamkeit der Arbeit zugewendrt. Daß sie aber dennoch rin wachsame« Auge sür den Bater hatte, bewies die sorgfältige Erfüllung ihrer HauSsrauenpflicht« am Theetische. Erst nachdem der Bauer die ihm von der Tochter gestopste und dargereichte Pseise angezündet, während da» Mädchen die Ueberreste de» Abenveffen» hinauSgetrag«, unterbrach er mit einem wiederholten RäuSpern da» Schweigen, dem die Worte folgt«: ° „Der Wilhelm war hier?" „Ja", lautete die ruhige Entgegnung. Uffe AtjeS erhob nicht d« Blick, sondern seine Augen verfolgten die Rauchwolken, welche seiner Pseise entquollen, sonst würde er gesehen haben, daß seine Frage «inen lebhaften Farbenwechsel in dem Gesicht der Tochter bewirkte. Da« hübsche Rotb, welches stet» mit einem wunderbar zart« Uebcrgaug ibre Wangen schmückte, verdunkelte und ver breitete sich bis über vie weiße Stirn und die blau geädert« Schläfen, um sich unter den rothblonden Haarwellen zu verlieren. Abermals trat eine längere Pause rin, ehe der Dauer fortfuhr: „War er lange hier?" Ein Augenblick des ZögcrnS, dann aber — Foelke log nie. „Es mag wobt eine Stunde gewesen sein." Die Falte über Uffe AtjeS Nasenwurzel vertiefte sich. „Tu hättest ihn nicht halten sollen; die Lauferei muß doch nun rin Ende nehmen. Ich habe immer gedacht, Dein eigner Verstand sollte Dir sagen, daß ver nicht mehr in unser Hau» gehört. Früher — ja — da war » ander». Du bist jetzt ein erwachsene» Mädchen — und er könnte sich am Ende etwa« einbilden, wenn Du freundlich mit ihm thust." „Ich kann ihn nicht fortschickcn, wenn er kommt. Ich bin auch nicht freundlicher gegen ihn, al» ich immer gewesen bin." „Kann schon sein, aber — aber." „Nun Vater?' fragte sic, als derselbe stockte. Sie sah ihm gerade in da» Gefickt. Da« Roth, welche« sich vor wenigen Augenblicken über ihr Gesicht auSgebrritet hatte, war in seine ursprünglichen Grenzen zurückgekehrt, und kein Zeichen verrirth eine innere Bewegung. „ES muß dock gesagt werden, denn eS ist immer am best«, e» bleibt Alle» kiar zwischen un». Die Adam» ge hör« nicht zn uns. Sie wollen » nickt begreifen, daß ,hr Platz eine» Tage» in neun Theile geht. Der Wilhelm wird ihn als Sohn der ersten Frau nickt bekommen. Am Ende denken sie gar, daß es nicht übel sei, wenn er hier hrrein- heirathete." Nun war'- heraus. Uffe AtjeS holte tief Athene und blicS große Rauchwolken iu die Luft. Dabei blickte er aber seine Tochter fest an. Diese erwiderte den Blick in gleicher Weise. „Und wenn sie eS tbäten? Die Adam» sind achtbare Leute, die überall in Anseb« steh«. Ihr Platz ist nicht schlechter al« der unsere. Es sind mebr Kinder da — da« ist gewiß. Darum sind sie aber nickt geringer" Während sie sprach, batte der Bater sich von seinem Sitz erhoben, um seine Pseise in die Ecke zu stellen. Tann trat er dicht an da» junge Mädchen heran. (Fortsetzung folgt.)
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