Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.01.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970112018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897011201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897011201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-01
- Tag1897-01-12
- Monat1897-01
- Jahr1897
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugS-PreiS <» da Hauptexpedition oder den im Stadt- beatrk uad den Vororten errichteten AuS- «LefteLev 4d,rholt: virrteljLdrUch^It.üO. ai ßweimaliga tützlichn Kustell«»- int Hant-et SchO. Durch die Post besäen für Dentichland und Oesterreich: vierteljährlich . Direkte tägliche Kreuzbandirndung KÜß Ausland: monatlich »! 7.V0. Die Morgen-AnSgabe erscheint um '/,? Uhr. die Abend-AuSgabe Wochentags um b Uhr. Nrdartiori »nd Er-eLition: Iahannetgafie 8. DieLxpedMon ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: vtts Klemm'» Gortim. (Alfred Hahn), UniversitütSstratze 3 (Paulinum), So«i» Lösche. Datharinenstr. 14. Part, und Königsplatz 7. .i« IS. Morgen-Ausgabe ttv rigtr Tagtlilalt Anzeiger. ÄMtskkatt -es Königlichen Land- nnd Äntlsgerichtes Leipzig, -es Nathes nnd Volizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Dienstag den 12. Januar 1897. Anzeige«,Prei se 6 gespaltene Petitzeile 20 Pig. Reklamen »ater dem Redactioatstrich (4a». svaltrn) k>0^, vor den Familtennachrkchren (8 gespaltet«) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis- vrrzeichnih. Tabellarischer und gisfernsag nach höherem Tarif. tzkrtra-Beilagen (gesalzt), nur Mi! Morgen-AuSaab«, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung ^ 70.—. Tinnahmeschluk für Tintigen: Abend-AuSaabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen.Auegab«: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Arpehttian zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Sl. Jahrgang. Die Handwerksorganilation und die Regierungen von Bayern und Gaden. L2 Der badische Korrespondent der Münchner „Allgem. Ztg.", dessen befremdende Ausführungen über die Handwerks Organisation wir am 3l. v. M. einer Beleuchtung unterzogen haben, entgegnet mit einer Replik, welche die vorstehende Uebersckrift zu rechtfertigen scheint. Der Verfasser unseres Artikels hat vor Monaten, als das Berlepsch'scke Elaborat veröffentlicht worden war, in der damals von ihm redi- girten „Nationallib. Corr." gegen die schon durch den Ent wurf ermöglichte Durchbrechung der bestehenden deutschen RechtSeinbeit auf gewerblichem Gebiet in derselben Weise, wie jüngst bei und geschehen, protestirt, und die „Allg. Ztg." bat sich, wenn wir nicht sehr irren, seine Ausführungen vor behaltlos angeeignet. Jedenfalls ist in der „Köln. Ztg." von einem dem Münchener Blatte wohlbekannten sührenven bäue rischen Politiker daS volle Einverständuiß der liberalen Nationalen BavernS mit der Stellungnahme der genannten Eorrrspondrnz bekundet worden, ohne daß ein Widerspruch erfolgt wäre. So viel für Bayern. WaS Baden angeht, so bat auf dem nationalliberalen Delegirtentag im Oclober ein sehr hervorragendes Mitglied anS Baken den gleichfalls von der „National!. Corr." auf den Derlepsch'scken Entwurf ange wendeten Ausdruck „gewerbepolilische Mainlinie" als einen „nicht mit Unrecht" gebrauchten wiederholt. Wir dürfen unS also wohl bewußt sein, nicht im Gegensatz zn unseren Parteigenossen in Bayern und Baden zu sieben, wenn wir uns mit der „Allg. Ztg." und ibrem badischen Correspon- ken in nationalpolitischer Meinungsverschiedenheit befinden, zumal da beide die Hintertbürchen, die der preußische Ent wurf einer glücklich beseitigten deutschen Bnnlscheckigkcit öffnet, durch ein weites Portal an der Stirnseite deS Organisatwns- gcbäudeS ersetzt sehen möchten. Demgemäß erübrigt es sich auch, ren unS gemachten Vorwurf z» widerlegen, wir bätte» die badische Bevölkerung de? Parlienlarisiims bezichtigt. Dazu lag nicht der mindeste Grund vor, da wir überzeugt waren und sind, daß die Badener unbetheilizt an dein Wunsche nach einer Politik sind, die sich von einer Nächstenliebe erfüllt zeigt, wie sie in dek bekannten Bitte an den heiligen Florian zum Ausdruck kommt. ES ist der badischen Regierung und den badische» Gewerbe treibenden nicht verdacht worden, daß sie „sich gegen eine Gesctzesvorlage energisch wehren, von der sie teine Förderung, 1 andern eine Schädigung ihrer Interessen erwarten zu müssen glauben nnd die dem Gewerbe jedenfalls eine neue finanzielle Belastung btingt". Wir haben, nnd das ist das gerade Gegentbeil, es von der „Allg. Ztg." und ihrem Corre- spondcntcn höchlich überraschend gefunden, daß sie ein schädigendes Gesetz nur vom Süden und Südwesten ab- gewcbrt wissen, sich also gegen das Reich doppelt versündigen wollen, indem sie mit der Schädigung des mittel- und nord deutschen Gewerbes gleichzeitig Bresche in die Reichsgesetz- gebnng legen. Unserer Behauptung, daß ein Gesetz, welches den einzelnen Bundesstaaten gestattet, die reickisgesetziich eingeführte Zwangs innung von ihren Grenzen fernznhalten, reaktionär sei und olme Beispiel in der Geschichte der NeichSgesetzgebung tastände, tritt der Urheber der badischen Zuschrift auf eine Weise entgegen, rer wir, als einer durchaus illoyalen, i» den Spalten des Münchener Blattes nicht be gegnen zu müssen erwartet halten. Ter Correspondent sagt, das Urtheil deS Verfassers unserer Darlegung beweise, „daß er in die Reichsgesetzgebnng noch teine» sehr tiefen Einblick getban hat", er verschweigt aber seine» Lesern, daß unser Artikel selbst Beispiele angeführt hat, wo Reichsgesetze „einzrtnen Bundesstaaten den Fortbesiy gewisser Besonderheiten gelassen haben". Nur aber, und das hatten wir auSgeführt und darauf kommt es an, ist dergleichen immer nur bei der erstmaligen reicksgesetzlichen Regelung einer Materie geschehen, also wenn eS galt, Opfer «m Einzelnen zu bringen, um der Reichsgesetzgebnng ein neues Gebiet zu erobern. Nach dem Wunsche der „Allg. Ztg." und ihres Correspondeiite» soll aber ein bisher von rer NeichSgesetzgebung behauptetes Feld preisgegeben werden, nnd ein solches Vorgehen in einem irgendwie wichtigen Pnncte wäre allerdings beispiellos. Mit besserem Grunde als das Blatt uns Recbtsunkenntniß, könnten wir ihm Dcnk- nnfäbigteil vorwersen, den» das Fehlen von Zwangsinnnngen ist keine badische „Besonderheit". Und welche Verschiedenheiten immer bestehen, ein so tiefer Gegensatz, wie ihn rin Nebeneinander von Zwangsorganisation und Freiheit in Deutschland begründen würbe, ist von keinem Reichsgesetz belassen geschweige kenn neu geschaffen worden. DaS sollte doch einem Kopfe einlenchten, der zu der Einsicht vorgetriingkn ist, daß die ZwangSinnung zum Befähigungsnachweise führen muß. Und wäre Deutsch land nicht mehr als nur gewerbepolitisch zerrissen, bestände für eine Millionen zahlende Berufsclasse nicht eine „Mainlinie", ja eine chinesische Blauer, wenn der in Bayern, in Baden, in Württemberg, vielleicht auch in Anhalt unv Lübeck zum Manne gereifte Handwerker sich in Preußen, dem drei Fünftel deS deutschen Volkes umfassenden Staate, nicht niedcrlassen dürfte ? Wenn der erste Schritt, der zu einem derartige» Zustande führt, nickt, wie wir sagte», national- politisch reaktionär ist, dann wird man auch die welsischen Pläne nachsichtiger, als bisher u. A. auch in der „Allg. Ztg." geschehen ist, beurtheiien müssen. Daß die Verhältnisse im gewerblichen Leben im „Osten der preußischen Monarchie" ganz andere sind, alS in der Nbeinprovinz und im Südwesten, behauptet der badische Corre sponkent auch diesmat wieder, ohne eine Beweisführung auch nur zu versuchen. Wir hatten anerkannt, daß das freie gewerbliche Vereinswesen im Norden zurückstehe, aber selbstverständtich aus dieser Tbatsache einen Grund gegen die ZwangSinnung hergcleitet, da diese die Bilknng von freien Vereinen un möglich macken würde. Letzteres ist ganz dir Meinung deS Herrn an» Baden; die einzige „Verschieoenbcit", auf deren Erörterung er sich, unseren Spuren folgend, einläßt, spricht auch seiner Meinung nach gegen de» preußischen Entwurf. Trotzdem will er diesen dem Norden Deutschlands octroyiren! Freilich, ganz zuletzt, nachdem er daS Amen zu seinem FlorianS-Gebet schon gesprochen, erklärt der Verfasser, die voll- sländige Ablehnung der Vorschläge über die Errichtung vo» Zwangsinnnngen im BundeSratb wäre auch ihm das Liebste. Aber es kann einem Denkenden doch unmöglich ent gehen, daß ein solcher Beschluß des Buntesrathö außer ordentlich erschwert wird, wenn man einen Modus empfiehlt, der die der ZwangSinnung abgeneigten Re gierungen der dringlichen Notbwendigkeit enthebt, die ihnen für ihre Gebiete nicht genehme Einrichtung über haupt nnd energisch zu bekämpfen. Ein solches Verhalten hätte noch einen Sinn, wenn die preußischen Vorschläge eine Mehrheit im BundeSratb gefunden hätten; dann wären zwar die politischen Bedenken eben so stark wie zuvor, aber man könnte eS dock praktisch begreiflich finden, wenn Bayern, Baden u. s. w. ein Anerbieten, sie mit etwas Widerwärtigem, daS sie verfassungsmäßig nickt abwenden können, zu verschonen, acceplirrii würden. So liegen die Dinge aber nickt. Die Gegner der ZwangSinnung haben im Gnndesrath die Mehrheit, nnd was die „Allg. Ztg." auSführt, läuft lediglich auf die Empfehlung hinaus, von dieser Mehrheit keinen Gebrauch zu machen. Wenn daS Blatt glaubt, wir suchten im Süden nach Succnrs, weil sein Vorschlag Angesichts der Abstimmung unserer Landesregierung im BundeSratb „für die Gegner der Zwangs- innung iii Sachsen nichts erhoffen läßt", so überschätzt es die Stärke unseres ParticulariSimiS. Wir sind miter seinen Umstände» gewillt, ein für schleckt befundenes Gesetz acklund- vierzig Millionen Deutscher anfzuladen unter der Bedingung, daß der Kelch an »nS allein vorübergekragen werde. Im klebrigen wünschten wir, der badische Correspondent zeigte sich, indeni er für die Einführung der ZwangSinnung in Mittel- und Nortdentsckland plaidirt, ebensowenig mit btn Intentionen seiner Regierung vertrank, als er eS ganz bestimmt mit denjenigen der sächsischen ist. Deutsches Reich. ^ Berlin, 11. Januar. Die allgemeine Besvldungs- anfbesserung der preußischen Beamten soll mit dem Betrag von 1« '»69 29!» >L, welcher als Pauschalsumme in den Etat de» Finanzministeriums eingestellt ist, zum Abschluß gebracht werden. So sagt wiederholt die Denkschrift, in welcher ein gehend die Grundsätze dargelegt sind, nach denen die jetzt in Frage stehende Ausbesserung der mittleren und höheren Beamten erfolgen soll. Der Beamte soll, so wird weiter darin ansgeführt, die gesickerte finanzielle Stellung für sich und seine Familie und die Ebren des Amtes einrechnen und an Gehalt beziehen, was zum standesgemäßen Leben erforderlich ist und eine angemessene Unterhaltung seiner Familie und Ausbildung seiner Kinder ermöglicht. Die Gewährung von Einkomniensvrrbesseriingen, nur um die Lage einzelner Beamten noch günstiger zu gestalten, erschien unzulässig. Daher schließt die Gehaltsaufbesserung, einige Ausnahmen abgesehen, bei der Gehaltsstufe von 12 VOO ab. Ueber die Methode der Aufbesserung äußert sich die Denkschrift dahin: eS habe sich nicht darum handeln können, höhere Beamte der einzelnen Ressorts nur darum gleichzustellen, weil ihre wissenschaftliche Vorbildung gleichwerthig sei. Entscheidende Bedeutung sei auf die innere Wesenheit der Kategorie, die amtlichen Aufgaben, auf die mit dem Amte verbundenen Ausgaben und ihre Stellung im Staate gelegt worden. „ES war der Auffassung kein Raum zu geben, als sei in der höheren Besoldung der einen Beamteiiclcisse eine persönliche Zurücksetzung der anderen zu erblicken." Weit durchschlagender, als diese allgemeinen Darlegungen, deren Berechtigung von keiner Seite bestritten werden kann, wird sich aber wohl der oben erwähnte Um stand erweisen, daß die vorstehende BesoldungSaufbesierung als Abschluß gedacht ist. Und so wird namentlich die Differenz zwischen der Besoldung der Richter und Lehrer, andererseits zwischen der der Regiernngs- und Landrätbe, schließlich zwischen diesen und den Richtern zu lebhaften Er örterungen Anlaß geben, zumal da im Zusammenhang mit der Besoldung zu weitschichtigen principiellen Erörterungen über die Bedeutung und Würde deS Stande» reichlich Gelegenheit geboten ist. Weiter werden eingehender diejenigen Aufbesserungen besprochen werden, welche die Beweglichkeit in der Verwendung der höheren Beamten vermehren sollen. Dabin gehört die Gehaltserhöhung der Oberpräsidialräthe, deren Bezüge in Zukunft von 7500 bis 9300 steigen sollen, wie die Deiitschrist sagt, „lim Vortragende Rätbe aus den Ministerien in die wichtigen Stellungen der Oberpräsidial rätbe versetzen zu können." ES wird sich hierbei wohl nicht ausschließlich um die Bedeutung des Amtes des Ober- präsidialrathS handeln, als darum, mehr Freiheit in der Auswahl der Vortragenden Rätbe in den Ministerien zu erhalten, wogegen nichts cingewendrt werden kann. * Berlin, l l. Januar. Der „Allg. Ztg." wird von hier geschrieben: „Die dann und wann zu constatirenden Wider sprüche zwischen Ent scheid urigen des Reichsgerichts sind neuerdings zum Gegenstände der Controverse gemacht wor den. Der NcichSgericktSrath a. D. Loebell hat sich nun der Auf gabe unterzogen, in der ersten Nummer deS neuen Jahr gangeS der „D. Juristen-Ztg." diese Erscheinung in Schutz zu nehmen und zu rechtfertigen. Er weist insbesondere auch darauf bin, daß unter Umständen dieselben Fragen in verschie denen Senaten zu Entscheidungen gelangen, mitunter so gleich zeitig, daß der eine Senat die Entscheidung des anderen nicht kennen kann, und erinnert daran, daß nur, wenn ein Senat bewußt von der Entscheidung des anderen abgehen will, nach K 137 des Gerichtö-VersassungS-GesetzeS eine Plenar» Ent scheidung berbcigefübrt werden muß. — Gleichviel ob man dem Verfasser durchaus beistimmen oder die Meinung vertreten mag, die einzelnen Senate deS Reichsgerichts tonnten sich bisweilen etwas mehr, als der Fall zu sein scheint, mit der öffentlichen Meinung nnd dem Volksbewußtsein in Fühlung setzen, so liegt doch jedenfalls in der Tbatsache der zeitweise» Nicht übereinstimmung der Entscheidungen der einzelnen Senate des Reichsgerichts ein starkes Eompelle, bei Zeiten dafür zu sorgen, daß nicht, wenn mit keni Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetz buchs die Arbeit des Reichsgerichts eine noch größere wird, die Inkongruenz der Entscheidungen des obersten Gerichts hofes des Reiches noch eclatanter in die Erscheinung thitt. Das würde ebensowohl der Fall sein, wenn die Zahl der Senate erheblich vermehrt, als wenn der Personalbestand der einzelnen Senate vergrößert werden müßte. Item, es wird sehr nothwendig sein, die Revisionsjumme zu er höhen, und wir glauben reckt unterrichtet zu sein, wenn wir sagen, daß in dieser Beziehung eine weitgehende Uebereinstiminung unter den verbündeten Regie rungen bereits erzielt ist." * Berlin, 1l. Januar. Zu den erbittertsten Kämpfen deS Krieges von 1870 gehörte der von Chateaudun am 18. October; die Einwohner dieser kleinen offenen Stadl hatten sie, sogar gegen den Rath des anwesenden FranctireurS- FührerS Grafen LipowSki, beim Anmarsch preußischer Truppen stark befestigt und vertbeidigten sie mit einer Be Feuilleton. Die Betschuanen. Von Karl Theodor Machert. Nachdruck verboten. Unanshaltsam dringt die Gährung, die die Negervölker Südafrika? zum Aufstande geizen tue englische Herrschaft treibt, westwärts nnd bat nun jene» unendliche Steppengebiet erreicht, das sich von den Drakenbergen und dem Oranje- flusse bis zur Grenze von Deutsch-Südwestasrika erstreckt nnd das Gebiet der Belschuanen bildet. Es ist ein ärmliches Land, wasserarm und wenig Möglichkeit zu seßhafter Thätigkeit bietend. Es macht einen um so dürftigeren Eindruck, als die Zahl der Betschnancn, die über dies Niesengebiet von etwa l Million Quadratkilometer verstreut ist, kaum mebr als 350 000 beträgt. Wohl haben manche Besucher besonders im Osten des Landes, nahe jenem Taungsbezirk, in dem jetzt der Aufstand ausgebrochen ist» mächtige Städte getroffen zu haben behauptet. Dock», abgesehen von Uebertrribungen, ist an der Größe dieser Wobnplätze der Umstand Schuld, daß die Bctschuanen in der Angst vor Feinden sich gern in größeren Mengen zusammen ansiedeln, so daß man freilich in dem sonst menschenleeren Lande hier «nd kort ein Brtschuanendorf von mehreren Tausend Einwohnern treffen kann. Denn die Betschuanen sind ein geängstetes Volk, daS seine Helkcnzeit, von der Sagen und Legenden erzählen, hinter sich hat. Noch erinnern an eine frühere kriegerische Epoche ihre Waffen, die bester und mannigfaltiger hergestellt sind, als e- die anderen Südafrikaner verstehen. Sie sind, mit Fritsch zu sprechen, viel bewundernswürdiger in der Herstellung der Waffe», als in der Führung drselben. Heut sind die Vctschnanenlcute von friedliche» Neigungen und Be- 'chästignngrn. Der Matabele, der nicht ständig von seiner Waffe begleitet wäre, würde sich für entehrt halten; in einem Betsckuanendorfc gehen die Bewohner gewöhnlich ohne Gaffe berum. Die Belschuanen sind folgsame Schüler der Missionairc, arbeiten sogar um Lohn, und wenn sie auch die Listigkeit mit allen südafrikanischen Negern theilen, so sind sie doch von ihrer Grausamkeit frei. Wie kommt, so muß man fragen, dieö Volk zu einem solchen Carakter, da eS doch ein Glied de< starken und kriege rischen Kaffernstainme« ist? Dazu haben verschiedene Um stände zusamengewirkt. Da» ungeheure Gebiet» über das sie verstreut sind, hat grschlofffne und kräftige Staatsbildungen verbindest; dazu ist der Betschuanenstamm nicht rein, sondern vielfach -«mischt. Besonder» bei den Kindern kann man nach Ratzel die verschiedensten Typen vom plumpesten, negerbaftrsten bis zum verfeinerten abessynischen oder »»bischen Tvpus finden; und der Cbarakter ibrer Stämme unter einanrer variirt nicht minder. Zwischen dem energischen Krieger- stamme der DasutoS und den kümmerlichen, nomadisirenden BakalahariS besteht ein mächtiger Unterschied. Slammessagen weisen darauf hin, daß die Betschuanen von Norden ein gewandert sind, wie sie denn in der Thal von allen süd afrikanischen Negervölkern die größte Verwandtschaft «nit den Aequatorialnegern zeigen. So ist der Betsckuane sehr treffend als die weichere Ausprägung deS Kafiernlypus bezeichnet worden. Er ist im Allgemeinen weniger kräftig wie der Ost- kaffer und sein Gesicht zeigt meistens „Sanftmutb, Gefügigkeit, häufig auch Schlaffheit, und nur zuweilen scheint ein finsterer Ernst über ihnen zu liegen." Ihre durch die Natur des Landes bedingte Beschäftigung ist die Viehzucht. Sein Vieh ist dein Betschuanen Alles, und die Folgen der Rinderpest sind eS gewesen, die auch sein ge duldiges Blut erregt haben. Livingstone erzählt, daß sie viel Zeit aus die Verschönerung ihre» BieheS verwenden. Manchen Thieren verhelfen sie durch streifenweise» Absengen der Haare zu einer zebraartigen Musterung, anderen hängen losgelöste Hautstücke wie Troddeln um den Kopf, und besonders gern bringen sie die Hörner der Tbiere durch Besckaben auf einer Seile zn möglichst grotesken Biegungen. In ihrem ganzen Leben spielt da» Vieh die oberste Rolle. Das Hirtenamt ist ehrenvoll, Ehrengeschenke bilden Tbiere, den Glanzpunct des Feste» ein RinderschmauS, und wenn der Häuptling stirbt, so findet er in seiner Viebbürde sein Grab, und darüber wird seine Heerde binweggetrieben. Neben der Viehzucht kommt der Ackerbau kaum zur Geltung. Nur oberflächlich wird das Feld bearbeitet; nnd so kunstreich ibre Waffen und oft ihr HauSrath ist, so dürftig sind charakteristischer Weise meist ibre Ackergeräthe. Nur im Osten hat da» wasserreiche und ergiebige Land die Betschuanen stellenweise zu eifrigerem Ackerbau geführt, den dann Männer und Weiber zusammen, oft unter Gesang, der ihre meist fröhliche Stimmung verräth, auSfübren. Hier im Osten befinden sich, wie bereits bemerkt, auch ihre größeren Wohnplätze. Sie sind dadurch höchst merkwürdig, daß sie in ibrer Gruppirung ein Abbild der Verfassung des Volke» darstkllen. Denn «S gruppiren sich um die Hütte de» VaterS die seiner Kinder und Enkel, sowie auch solche von armen Leuten, die sich der Familie angliedrrn. Ir zahlreich'! der HvttenkreiS, je stolzer der Mann. Der Unterbäuptling siebt feinen persönlichen HültenkreiS von einem Ringe von Familienfeuerstellen umgeben; und um dir Heerdstelle de» Häuptlings sammelt sich ein« noch stattlichere Reihe von HUttenkreisen. E» leuchtet «in, daß bei dieser Anordnung dir Orientirung in einem Betschuanendorfe sehr schwierig ist; nnd die fabelhafte Größe dieser Dörfer, von der manche Reisende erzählt baden, bängt wohl hiermit zusammen. Den Grund der eigenartigen Anordnung bildet dir streng patriarchalische Verfassung deS Stammes. Der Vater und nach ibm der älteste Sohn der vornehmsten Frau bilden die unnmschränklen Häupter der Familie, und die Stellung des Häuptling- baut sich gleichfalls auf diesem patriarchalischen Principe auf. Da die ganze sociale Stellung auf der Familie beruht, so ist c» begreiflich, daß Kinderreickthum der höchste Wunsch nnd der Stolz de? Betschuanen ist. Unfruchtbarkeit der Frau be rechtigt den Mann, sie zu verstoßen; nnd stirbt etwa ihr einziges Kind, so ist daS „oft genug ihr moralischer Tod". Aus die Bedeutung der Familie gehl auch die sehr bobe Werth schätzung zurück, die sie den verwandtschaftlichen Verhältnissen und besonders der Verwandtschaft mit angesehenen Familien beilegen. Livingstone erzählt, daß, wenn sich zwei Sckiaaren treffen nnd die verwandlschaftliche Stellung der Führer nickt ohnehin gleich zur Sprache kommt, sie ihren Begleitern zu- slüstern: „Sag ihnen, wer ick bin!" worauf dann die aus führlichste Entwickelung de» Stammbaumes erfolgt. Wenden wir nn» noch einmal in eine ibrer „Städte" zurück, von denen Knrnman uni seiner bezaubernden Lage willen wirderbolt gepriesen worden ist, so bemerken wir, daß ibre Hütten kreisrund angelegt, von einer dichten Dornenbecke umzäunt und kegelförmig bedacht sind. Auf einem dieser Dächer sehen wir wodl rin Bündel Rohr. DaS bedeutet, daß bier in Kürze ein junger Bctsckuane erwartet wird, und bittet die Nachbarn, sich rer Störung zu enthalten. Nicht eher werden sie das Kind zn Gesicht bekommen, als bis die Mutter in einer Mondnacht eS ausgetragen nnd da» Kind dem Nacktgestirn seine Augen zngewandt bat. Von nun an wird daS Tragfell auf dem Rücken der Mutter für längere Zeit des Kinde» Stätte. Von ErziebungSqualen hat c< wenig z» befürchten. Hat man ihm den Kopf kugelglatt rasirt, seinen Leib tüchtig eingefettet und eingeschmiert »nd ihm recht viele Amulette um den Hals gehängt, so läßt man eS vergnügt in der Sonnrnglut schmoren; daß unter diesen Um ständen die Kindersterblichkeit nickt gering sein kann, liegt auf der Hand. Sehr frühzeitig scheiden sich die Geschlechter. Die Knaben sind freier unv bilden in ihren Spielen zeitig die Häuptlings verfassung nach, während die Mädchen sich still und friedlich urÜckhalten. Der Wendepunkt de« Leben», mit dem sehr rühzritig — beim Knaben bereit» im 14. Jahre — di» Jugend abschließt, ist bei den Knaben dir Beschneidnng, bei den Mädchen die Mannbarkeit, mancherlei Eerrmonien unv große Fest« begleiten diese Ereignisse, die für den Knaben den Eintritt in die StammeSgemeinschast bedeuten. Jetzt suchen sein, Eitern für ibn eine Braut. Glauben st, rin paffend«» Mädchen gesunden zu haben, so markten sie mit ihren Eltern in öffentlicher Verhandlung um den Preis, den sie schließlich in Vieh zahlen; der Werth einer Frau schwankt bei den ver schiedenen Stämmen zwischen 5 und 35 Stück Dieb. Die Stellung der Frau «st nickt besonders günstig. Auf dem Felde arbeitet sie mindesten» so viel wie der Mann, der anSban ist ganz ibre Sache. Die Vielweiberei ist die egel; jedoch giebt es eine Hauptfrau, deren größeres An seben sich bei der Schließung der Ehe, sowie darin kundgiebt, daß ibre Kinder als Erstgeborene gelten. Die Leichtigkeit des EheschlnsseS bat zahlreiche Scheidungen zur Folge, die jedoch immerhin dadurch etwas erschwert werden, daß in vielen Fällen der Kaufpreis zurückerstattet werden muß. Was das Geistesleben der Betschuanen angeht, so sind zwei Momente interessant und mehrfach erörtert worden Der eine ist ibr Glaube an ein Leben nach dem Tode, dcr andere ihr Glaube an gewisse böbere Mächte. Auf den ersteren deuten zahlreiche Gebräuche bei Begräbnissen. T:r Todte wirv sehr laut, besonders von seinem Weibe, beklaai, durch eine eigene Oeffnung hinausgetragen und in eincni Grabe beerdigt, in dem dem Manne Keule nnd Speer, Ge treibe nnd Kürbiskerne, Schöffel nud Löffel als Waffen und Wegzehrung für die Reise inS Jenseits milgegeben werden Den Glauben an böbere Mächte beweisen nickt allein die schier unendlichen Ceremonien, die daS Leben jede» Bet- sckuanen begleiten, sondern auch besonder» da» Vertrauen auf die Regenmacher, bei denen sie Verbindungen mit den Außerirdischen voraussetzen, und die daber auch in die Politik sich einznmischrn die Macht haben. So berichtet Livingstone von einem solchen Zauberer, der sein Anseben in sebr kluge« Weise benutzte, um z. B. den Häuptling Sebituane davor zu warnen, gegen die Portugiesen zu Felde zu zieben. Die Geschichte der Betschuanen können wir nickt weiter als etwa 100 Jahre zurück verfolgen: und in diesem Zeit räume zeigt sich ein unaufhörliches Auf und Nieder, eine Zersplitterung, die infolge der Natur deS Lande» nie durch Krystallisation überwunden werben konnte. Der kräftigste und bedeutendste der Betschuanenstämme sind gegenwärtig die Basuto». Vor ihnen waren die MakaloloS in bober Blütbe, große Fürsten, deren Ruhm noch beute die Ueberlieferung verkündet, beherrschten sie; aber schließlich brachten innere Kämpfe sie in steigende Zerrüttungund sie endeten in völlige« Auflösung. Doch zeigen derartiae Episoden immerhin, daß in diese««« friedfertigen Volke die Erinnerungen einer ruhmreich kriegerischen Vergangenbeit dock noch nickt erloschen sind, mir daß Zeiten kommen können, wo sie die Waffen nickt allein kunstreich berzustellen, sondern auch kriifti- zu führen verstehen.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite