Brief an die Herzogin von Orleans. 421 Sibylle. Es ist ein Bewegen in uns wie jenes Beben der Erde am Tage des Opfers, bei welchem die Gräber sich ösneten und aus ihnen Hervorgiengen viele Leiber der Heiligen. Das sind für uns jene Gedanken die von dem Naheseyn einer Welt der Heiligen uns zeugen. Eine Arbeit wie Ihnen Ihr Buch war trägt für das Herz aus dem es hervorgeht, schon bei seinem Entstehen, einen unaussprechlich wohlthuenden Lohn in sich. Möge die Gotteskrast dieses Lohnes in immer wachsendem Maaße aus Ihrem Geiste ruhen bleiben bis ans Ende und aus Engelssittichen Sie hinüber tragen aus dem Lande der Thränen und des Glaubens, in die der festigen Freuden und des Schauens. — In der Sprache der Welt heißt Ihre Sibylle ein dramatisches Gedicht. Mir erscheint sie nicht als ein Gedicht des menschlich hochgeweihten, hochbegabten, sondern als ein Gesicht des gottgeweihten prophetisch Hellschauenden Geistes. — Gott segne Sie. . In tiefer Verehrung Ihr alter Freund G. H. Schubert, der Münchner Invalide. XII. An fürstliche Personen. I. An die Herzogin von Orleans. Euere Königliche Hoheit mögen es dem Schreiber dieser Zeilen vergeben, daß auch er sich der Gott geheiligten Stille Ihrer Trauer juber den Tod des ver unglückten Herzogs) mit seinen armen Worten nahet. Ja, der Fürst und Große in Israel, den der Herr selig obwohl im Sturme dahin genommen hat, war auch meiner Seele theuer, ich habe ihn und seinen Namen in meinem Herzen getragen und werde dies ferner thun bis an mein Ende. Darum darf ich es, der Mitbetrübte wagen, zu der Tiefbetrübten zu reden, welche in ihrer fürwahr einzigen Lage die Worte: „Wo ist ein Schmerz wie mein Schmerz, der mich ge troffen hat" aussprechen kann; die Worte des Propheten, welche in der Gebenedeieten unter den Weibern wiederklangen, als ein Schwert durch ihre Seele ging, damit Vieler Herzen Gedanken offenbar würden. „Der Herr hat geredet. Er wolle im Dunkeln wohnen." — Seine Sprache ist eine Sprache der Thaten an Einzelnen zu Vielen. Als ich im Geiste auf das in seinem Blute liegende, zerschmetterte