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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.10.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011009020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901100902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901100902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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Ämtsölatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Volizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petitzeile LS H. Reclame» unter dem Redartiou«strich («gespalten) 7b vor den FamUieauach» richten («gespalten) SO L». Tabellarischer nnd Ziffernsatz entsprechend höher. — Eiebühren für Nachweisungen und Offertenannahme Lb (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohne Postbesörderung SO.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abead-Au-gabe: Bormittag« 10 Uhr. Morgra»Au«gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Fllialen und Annahmestellen je ein« halb« Stunde früher. Aazeigea sind stet« an di« Expedition zu richten. Di« Expedition ist Wochentag« uuuntrrbroche» geöffnet von früh 8 bi- Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von L. Polz ur Leipzig. Mittwoch den 9. Oktober 1901. S5. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Die Stimmung der englischen Press« ist seit dem Fehlschlagen der Kitchener'schen Proclamation unter dem Einfluß der letzten Hiobsposten begreiflicher Weise wieder recht pessimistisch, zumal da in wenigen Tagen, am 11. October, der Krieg in sein drittes Jahr eintritt. Aus dieser Stimmung heraus schreibt der Bericht erstatter der „Daily Mail" aus Kapstadt Mitte September, daß der Krieg in der Lapcolonie in sehr nachlässiger Weise geführt werd». Selten käme über haupt etwas Nermrnswerthes vor, und selbst diese Vorkommnisse wären nicht im Stande, das Interesse für länger als «in oder zwei Tage in Anspruch zu nehmen. Nach den Telegrammen, die in Capstadt veröffentlicht würden, mühte man annehmen, daß die Boeren in der Kolonie umherslöhen, heute sich in einer Schlucht versteckt hielten und morgen über diesen oder jenen Fluß mit größter Geschwindigkeit setzten, immer dicht von den Engländern verfolgt. Von alledem sei aber in Wirklichkeit gar keine Rede. Vor etwa einem Monat sei ein Regierungsbeamter von den Boeren gefangen genommen worden und hab« 17 Tag« lang bei Scheeper's Kommando bleiben müssen. Dieser Beamte er zählte nachher, daß die Boeren den Krieg jetzt nur noch wie ein Piknik betrachteten. Kommandant Schecpers sei z. B. niemals mebr als drei oder vier Stunden an einem Tage marschirt, der Gefangene sei gezwungen gewesen, zu Fuß neben der Abteilung herzugehen, und sag«, daß es ihm nie irgend welche Schwierig keit gemacht habe, mit den berittenen Boeren Schritt zu halten, er sei niemals ermüdet gewesen. Die Boeren zögen einfach durch das Land, sammelten Recrukn und Nahrungsmittel, aber von irgend einer Verfolgung fei gar keine Rede. Die Oberst«n Scobell und Grabbe hätten ja die Kommandos Lotter und Van der Merwe gefangen genommen, aber was hätten all die anderen Obersten gethan, die im Lande herumzögrn? Man sei jetzt in der Cap- colonie allgemein der Ansicht, daß, wenn man die britischen Tnippen aus der Colonie zöge und der Regierung der Colonie 5000 Mann Colonialtruppen lasse, diese ohne große Mühe die Kolonie in kurzer Zeit vom Feinde säubern würden. So schrieb der Berichterstatter vor etwa drei WoKen; man wird trotz der letzten „aussichtsvollen" Telegramme Kitchener's kaum sagen können, daß cs bis jetzt anders geworden sei. Geduld, Geduld! Gelegentlich der Vertheilung von Kriegsmedaillen an die Sol daten hielt Lord Roberts gestern in Liverpool eine An sprache, in welcher er seinem Wunsche Ausdruck gab, den Krieg in Südafrika bald beendigt zu sehen. Die Behauptung, daß nicht Alles gethan werde, um den Krieg schleunigst zu einem befriedi genden Abschluß zu bringen, sei unbegründet. Sowohl von den Befehlshabern in Südafrika, als auch von den verantwortlichen Behörden werde Alles gethan, um den Krieg zu beenden. Lord Kitchener, zu dem Alle unbedingtes Vertrauen hätten, habe auch nicht ein einziges Mal eine Forderung betreffend die Entsendung von Manschaften, Pferden oder Vorräthen gestellt, die nicht sofort erfüllt worden sei, und das werde auch fernerhin, so lange der Krieg dauere, geschehen (?). Lord Roberts kam dann auf die Schwierigkeiten der Kriegsführung zu sprechen, und wies dabei auf die Geländekenntniß des Feindes hin und betonte, daß noch erst kürzlich die englischen Heerführer einen Erfolg zu verzeichnen gehabt hätten. Roberts schloß mit der Aufforderung, die Nation möge auch ferner jene bewundernswcrthe Geduld zeigen, wie während d«r trüben Tage des Monats December 1899. In der gestrigen Procetzverhandlung gegen vr. Krause vor dem Bowstreet-Polizeigericht wurde, wie noch hervorzuheben ist, von dem Staatsanwalt mitgetheilt, daß Briefe von Krause an Broecksma in dem Hause des Letzteren gefunden worden seien, und daß Krause in diesen Briefen darauf hingewiesen habe, der dem Stabe Lord Roberts zugetheilte Rechtsanwalt Douglas Foster müsse erschossen oder auf andere Weise aus dem Wege geschafft werden, weil er über Dinge unter richtet sei, die der Boerensache gefährlich werden könnten. Politische Tagesschau. * Leipzig, 9. October. Mit welchem Rechte wir gestern früh die Entscheidung des Oberpräsidenten von Brandenburg in Sachen der Berliner Bnrgrrincister-Aiigcleucnh tr mit der Rückkehr des Kaisers aus Ostpreußen aus märkischem Boden in Ver bindung brachten, geht aus der Meldung des „Reichsanzeigers" hervor, daß der Monarch gestern Mittag in Hubertusstock im Beisein des Chefs des Geheimen Civilcabinets v. L u c a n u s nicht nur den Stadtbaurath Hoffmann, sondern auch den Oberbürgermeister Kirschner in Audienz empfangen hat. Läßt sich nun auch aus dem gleichzeitigen Empfange der beiden Herren schließen, daß sie hauptsächlich der Märchen - brunnen halber befohlen waren, die der Kaiser anders aus gestaltet sehen möchte, so ist doch kaum anzunehmen, daß in der Audienz die Bürgermeister-Angelegenheit gar nicht erwähnt worden sei. Ist das aber geschehen, so wird Herr Kirschner jedenfalls auch erfahren haben, daß diejenigen Stadtverordneten, die da behaupten, nur der Oberpräsident, nicht die Regierung und die Krone hätten in entgegenkommender Weise gesprochen, sich im Jrrthume befinden. Und so viel Einfluß wird Herr Kirschner wohl haben, um zu verhüten, daß das Stadtver- ordneten-Collegium sich dahin drängen läßt, von dem Ober präsidenten an das Ministerium und die Krone zu appelliren. Unterbleibt das und schreitet das Stadtverordncten-Collegium zu einer Neuwahl, so wird wenigstens dieser Differenzpunct zwischen Krone und den städtischen Vertretern beseitigt werden, zu Gunsten einer glücklichen Lösung auch der übrigen Fragen, besonders der „Linden"-Frage. Was zu geschehen habe, um der Wiederkehr ähnlicher Differenzen vorzubcugen, wird sich ja klarer als aus theoretischen Erörterungen aus der Besprechung der Entwickelung der Differenzen ergeben. Die Ausschüsse des Bundesrathes haben gestern mit der Berathung des neuen Zolltarif-efetz- und des neuen Zolltarifentwmfo begonnen. Damit ist der eine Factor der Gesetzgebung in die eigentliche Arbeit eines neuen Gesetzgebungs- Abschnitts eingetreten. Wie bei jeder größeren Vorlage, macht sich auch bei dieser die Verschiedenartigkeit der Interessen inner halb des deutschen Reichsgebiets und mehr oder weniger großer Gruppen von Einzelstaaten geltend. So ist es selbstverständ lich, daß die Nothwendigkeit, Ausgleiche herbeizuführen, sich sehr bald als dringlich erweisen wird. Der eine Bundesstaat hat ein besonderes Interesse daran, seine Weber oder andere Be rufsinteressenten zu schützen, der andere die Fabrikanten, denen das Wohl und Wehe der Weber mehr oder weniger Hekuba ist. Wo man Hinblicken mag, lassen sich Gegensätze der Interessen nicht verkennen, und es ist deshalb um so erfreulicher, daß der Bundesrath eine Körperschaft darstellt, in der die Abwägung der einander entgegengesetzten Interessen um so eher zu einem ge rechten Ausgleiche zu führen verspricht, je weniger bei derselben unmittelbare Wahlrücksichten ein entscheidendes Gewicht in die Waagschale werfen. Die richtige Würdigung dieses Umstandes führt naturgemäß zu dem Wunsche, daß auch die Parteien den Zolltarif immer mehr unter Gesichtswinkeln betrachten, bei denen das Streben nach einem Ausgleich der Interessen nicht ganz in den Hintergrund tritt. Einen besonderen Antrieb, in dieser Weise zu verfahren, bietet die noch lange nicht ge nügend gewürdigte Thatsache, daß es bei der Aufstellung des Zolltarifs durch die Art des Vorgehens anderer Staaten vor Erneuerung von Handelsverträgen geboten ist, in das Instru ment, das die Grundlage für neue Handelsvertragsverhand lungen abgeben soll, wenn auch nicht zu viel, so doch sicher auch nicht zu wenig Positionen zu legen, die als Kompen sation für den Eintausch anderer Vortheile gelten können. Wenn in der Folge für die wirklichen Handelsvertragsverhand lungen, die natürlich jetzt noch nicht begonnen haben und erst später beginnen können, gewisse Kompensationen durch die vor aufgegangene, mehr parteipolitische als.nationalpolitische Dis kussion entwerthet worden sind, dann ist natürlich in Zukunft vieler Liebe Müh' umsonst und die Summe des Vortheils, mit dem wir aus den Verhandlungen hervorgehen, eine geringere, als sie dann sein würde, wenn man in Deutschland nicht von allen Seiten Sturm gegen die eigene Regierung gelaufen hätte, sondern so vorgegangen wäre, wie es andere Länder zu thun ge wöhnt sind, und an Positionen festgehalten hätte, die zu dem Zwecke in dem Zolltarif so und nicht anders bemessen waren, um unsere nationalwirthschaftliche Stellung insgesammt zu verbessern. Bei der Besprechung des Lübecker socialdemokra tischen Parteitages wiesen wir auf die tiefgehenden Differenzen zwischen den socialdemokratischen Gcwerk- schastcu und der Parteileitung hin. Der Riß ist zwar auf dem Parteitage nothdllrftig überklebt worden, aber, wie Bern stein sofort nach Schluß der Lübecker Woche wieder in den „Socialistischen Monatsheften" die alte Polemik, für die er soeben Buße gethan hatte, von Neuem begann, so giebt sich auch die Gcneralcommission der Gewerkschaften, vertreten durch die Person Legi en's, nicht mit dem Resultate des Lübecker Parteitages zufrieden, sondern rechnet nachträglich nochmals mit dem Genossen Auer ab. Das Organ der Gewerkschaften schreibt u- A.: „Wenn Auer heute noch der Meinung ist, daß auf die Dauer die Generalcommission neben dem Parteivorstande nicht bestehen könne, so mag er diese Meinung öffentlich zum Ausdruck bringen; dann werden wir uns sachlich auseinander setzen. Aber in seinen mehrstündigen Reden auf dem Partei tage unter Anwendung knifflichster Redekunst den Glauben bei seinen Zuhörern und der Gesammtpartei zu erwecken, als suchten Mitglieder und Freunde einen Gegensatz zwischen Partei und Gewerkschaft zu construiren, das entspricht nicht dem, was man als Offenheit bei Erledigung von Meinungsverschiedenheiten bezeichnet." An einer vorhergehenden Stelle dieser Ausein andersetzung heißt es: „Mit der Taktik, den Gegner seiner An schauungen herabzuwürdigen oder zu verdächtigen, hat Auer noch stets seinen Zweck erreicht. Der Partei selbst hat er aber damit keinen guten Dienst erwiesen." — Legien mißt auch Auer die Schuld bei, daß überhaupt ein solcher Ton und eine solche Art der Polemik, wie sie auf dem Lübecker Partei tag stattfand, einreiben konnte; Auer habe eben bereits Schule gemacht und die Genossen folgten dem Beispiele, das Auer bei den Streitfragen gegeben habe. — Man sieht: der rührende und herzbewegliche Friedensschluss zu Lübeck sowohl zwischen Bern stein und der Partei, wie zwischen den Gewerkschaften und dem Parteivorstande wird nach kaum vierzehn Tagen durch die Er neuerungen der alten Vorwürfe und Zänkereien wieder ge brochen. Es ist doch wohl nur Frage einer kurzen Zeitspanne, ob die Gewerkschaften den erstrebten Einfluß im Parteivor stande geltend machen und die ihnen dort mißliebigen Persönlich keiten aus demselben entfernen. Die Gewerkschaftsorganisation bildet bereits einen Staat innerhalb der Socialdemokratie, mit dem die Parteileitung rechnen muß. Die in den Bereinigten Staate» von Nordamerika gelten den Bestimmungen über den Erwerb von Grniivcigrutynm Surch Anslä»dcr sind keineswegs einheitlicher Natur, sondern zeigen hinsichtlich der Bedingungen und Voraussetzungen, an welche die Erlaubniß zum Erwerbe amerikanischen Grund und Bodens gebunden ist, in den einzelnen Bundesstaaten ganz er hebliche Abweichungen. In 15 Unionsstaaten sind Ein heimische und Ausländer in gleicher Weise berechtigt, Grund- eigenthum zu erwerben, und auch bezüglich der Abgaben und sonstigen auf dem Grundstück lastenden Verpflichtungen besteht keinerlei Unterschied zwischen beiden Bürgerclassen; 10 Staaten verlangen die Erfüllung besonderer Garantien bezüglich der Person und Stellung, bezw. des Berufs des Ausländers, be vor ihm das Recht, Landbesitz zu erwerben, zugestanden werden kann. In 8 anderen Bundesstaaten besteht diese Bedingung zwar nicht, dafür wird der Grundeigenthum besitzende Aus länder sowohl bei dem Abschlüsse des Kaufgeschäfts, wie auch bezüglich der Abgaben u. s. w. in schärferem Maße herangezogen als der geborene Amerikaner. Ferner sind in einigen Staaten Ausländer ohne festen Wohnsitz oder, wie in Texas, ohne Wohn sitz im Staate selbst, in anderen Chinesen vom Grundbesitz aus geschlossen. Drei Staaten verbieten überhaupt jeden Grund- eigenthumserwerb durch Ausländer, außer wenn der amerika nische Vorbesitzer auf dem Wege des Vermächtnisses oder behufs Schuldentilgung sich seines Grund und Bodens entäußert; in anderen wieder darf nur der Ausländer Grundbesitz erwerben, der mindestens seine Absicht kundgegeben hat, sich naturalisiren zu lassen. Der Staat Pennsylvanien stipulirt eine durch schnittliche Flächengröße und einen gewissen Höchstwerth, die von Ausländern bei dem Erwerb von Liegenschaften nicht über schritten werden dürfen, und ähnliche Beschränkungen existiren auch noch in anderen Unionsstaaten. Daß dieser Zustand nicht nur nicht erfreulich ist, sondern als dem Ansehen und der poli tischen Einigung der nordamerikanischen Unionsstaaten wenig entsprechend angesehen werden muß, wird in maßgebenden Kreisen voll anerkannt, in Anbetracht aber der zwischen den Vertretern der einzelnen Staaten im Senate bestehenden Eifer sucht, die in partikularistischen Bestrebungen und in einer rück sichtslosen Jnteressenpolitik ihren Ausdruck findet, dürfte es so gut wie ausgeschlossen erscheinen, daß für einen allgemein gütigen Vertrag, der die Frage des Grundoigenthumserwerbes durch Ausländer regelt, die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit der Senatsmitglieder gefunden und damit den Ausländern in allen Unionsstaaten das gleiche Entgegenkommen bezüglich des Erwerbes und Besitzes von Grundeigenthum gewährleistet wird. In den letzten Jahren der Herrschaft des eben verstorbenen Emirs von Afghanistan Abdurrahman hatten sich di« Verhältnisse dort derart gestaltet, daß er selbst genau so eifrig rüstete, als die beiden Mächte, die ihn mit Liebeswerdungen ver folgten, Rußland und England. Um Afghanistan unabhängig zu erhalten, richtete er sein Hauptaugenmerk aus die Schlag fertigkeit seines Heeres und auf die Vcrtheidigungsfähigkeit der Gebirgspässe längs der Landesgrenzen. Es war ein gewiegter Diplomat, dem es nicht darauf ankam, bald den Russen, bald den Engländern die süßesten Worte zu geben, aber zugleich war er ein Soldatenherrscher. Seine mit Martini-Gewehren aus gerüstet Infanterie soll vorzüglich ausgebildet sein, dasselbe gilt von der Kavallerie, rvelche ausdauernde kleine Pferde kaukasischer Rasse besitzt, und auch die Artillerie soll eine durchaus tüchtige sein. Insgesammt kann Afghanistan heute 100 000 Mann regu läres Militär stellen und die Anzahl der Kombattanten im Noth- Lenilletsn. H Olof Thoroldfen. Roman von Anna Maul (M. Gerhardt). Nachtruck »erboten. Alice saß eifrig über ihrer Uebersetzung. Sie hatte sich ein technisches Wörterbuch zu verschaffen gewußt, konnte sich aber nicht überall darin zurechtfimlxn, und so gab es imm«r noch un überwindliche Schwierigkeiten. Das verdroß sie sehr. Sie hatte sich beeilt, wurde früher fertig, als sie gerechnet. Heut« war der Tag, wo sie zu Herrn Lohnet kommen — unter Olof's Anlei tung ihre Arbeit vollenden sollt«. — Sie hatt« ihm Nein gesagt und jetzt sollte es dabei bleiben. Macht« er zusehen, wie er mit ihren Schnitzern allein fertig wurde. Hatte er Verlangen, sic zu sehen, so macht« er zu ihr kommen. M« stand am offenen F«nst«r und putzte an ihren Blumen herum. Die armen Dinger hatten es schlecht; wenig Sonne, die dumpfe Hofluft, Staub und Rauch, sie wollten nicht gedeihen. — Lissi hatte ihr Stübchen für sich, es «war ganz klein, aber so n«tt eingerichtet, wir es mit viel Bemühen, gutem Geschmack und ein paar M«ter weißen Musselins und farbiger Decorationsstoffe möglich zu machen war. Es stand nichts darin, als ihr Arbrits- tisch, ein paar Schranke und Stühle und ein großes Sopha, auf dem Abends ihr Bett aufgemocht wurde. Wäre es denn wirklich so etwas ganz Fürchterliches, Unge heuerliches, wenn sie heute Abend sechs Uhr nach dem Bureau ging? Si« mußte doch die Arbeit ob liefern, sich neue holen. Das sonnte sie freilich zur früheren Stunde thun. Nein, sie wollte nicht, und damit war's zu Ende. Denn Olof war noch efgenstnniger als sie. Morgen reiste er wahrscheinlich ab, und dann sahen sie sich im ganz«n — langen — Leben nie mals wieder. Denn auf einen zweiten glücklichen Arfall zu rechnen, wäre Albernheit. Lissi tastete an einer kümmerlich erblühten Rose herum, bis ihr plötzlich all' ihre zarten Blättchen in di« Hand fielen. War es nun Mitleid mit dem gedankenlos vernichteten kränklichen Geschöpf — plötzlich standen Lissi's Augen voll Heller Thränen — ja, diese tropften in da» spärliche, graugrüne Blattwerk der Rose hinab. „Ich gebe hin. Ich will ihn noch einmal sehen. Er ist ver wildert in der weiten Welt, unter all' den fremden, lieblosen Menschen, aber er hat ein Her», ich will zu seinem Herzen reden. Er hat früher immer auf mich gehört. — Und warum sollte ich ihn nicht lieb haben? Wir sind doch Geschwisterkinder. Ja, ich habe ihn lieb. Ich gebe ihn nicht so leichten Kaufs auf." Draußen erklang di« Glocke. Alice fuhr rasch über ihr« Augen. Aber sie brauchte nicht nach der Thür zu gehen, die Aufwärterin, die Morgens auf zwei Stunden kam, war noch da, öffnete auch bereits. — Nein, das war nicht der Postbote die Stimme! — Lissi sprang nach der Thür. Da that sich diese auf, und Frau Plünnicke, den Besen in der Hand, guckt« in die Spalte. „Ob Fräulein Bergau zu sprechen wäre? Da ist «in H«rr — in Geschäftsangelegenheiten — im Auftrag von Herrn Löhnert — auf einen Augenblick —" „Bitte einzutretcn", sagte Lissi. Das Herz schlug ihr bis in den Hals hinauf. Einen Moment später stand Olof in dem Zimmerchen und schloß die Thür sorgfältig hinter sich. Und ehe Lissi sich dessen versah, hatte er sie in seine Arme ge schlossen und küßte ihr« Lippen roth und heiß. „Aber, Olof!" Sie lachte und weinte und konnte kaum zu Athem kommen. „Was fällt Dir ein? Wie darfst Du Dir er lauben? Solch ein Ueberfall!" „Was blieb mir übrig, als Dich zu überfallen, Gewalt zu brauchen, Trotzkopf Du! Ach was, Lissi! Genug der Ziererei! Wir sind doch alte gute Freunde! Wir haben uns lieb, nicht wahr? — Und für Deine Widerborstigkeit von neulich — hast Du Strafe verdient." Sie bog den Kopf zurück, als er aufs Neue anfangrn wollte, sie zu strafen. „Olof, das ist einzig lieb von Dir. das Du kommst. Jetzt nehm« ich Dich gleich mit zu Mama, Papa ist nicht zu Hause* Er setzte sich rücklings auf einen Stuhl und blickte überlegend zu ihr auf. „Wann ist der Onkel zu Hause, Lis?" „Er kommt um halb fünf, dann essen wir Mittag, dann ruht er ein Weilchen." „Also um sieben etwa wäre er zu sprechen?" „Ja — dann pflegt er am muntersten zu sein." „Gut. — Nun das Geschäftliche. Laß sehen! Schon fertig? Komm, wir gehen es flink noch einmal durch. Sind wir hier ungestört?" * * » „Wer war denn da bei Dir, Lissi?" fragt« ein Stündchen später Frau Bergau, die durch die Spalte der Küchenthür beob achtet hatte, wie ihr Töchterchen «ine« fremden Mann an der Thür verabschiedete, und zwar, wie ihr vorkam, in ungehörigem Flüsterton. „Ein Herr in Geschäftsangelegenheiten", hatte Frau Plünnicke gesagt. Die gute Frau war inzwischen gegangen, und Frau Bergau, die beunruhigt auf die Entfernung des Herrn gewartet und im Begriff gewesen, bei ihrer Tochter cinzutreten, lvar mit dieser allein. „Herrenbesuch, Lissi, in Deinem Zimmer? — Aber, liebes Kind, was machst Du für unerhörte Dummheiten! Solche Be suche darfst Tu nur im Eßzimmer annehmen, wenn es nicht möglich ist, sie im Korridor abzufertigen.. Ich hätte Dich für gewandter gehalten, Lissi. Wenn der Vater davon erführe, er wäre außer sich." „Mama, sei nicht böse, ich konnte nicht dafür, «S war ein Ueberfall —" „Ein Ueberfall —?" Lissi hatte ihre kleine rundliche Mama umschlungen und küßte sie mit zärtlichem Ungestüm ab, als müsse sie Olof's Küss« weiter geben. „Hör' doch mir zu, Mama! Es war ja Olof!" Und sie erzählte der erstaunten Frau ihr Abenteuer. „Olof kommt heut« Abend, Mama. Glaubst Du, daß der Vater häßlich zu ihm sein wird? Mama, er m u ß gut zu ihm sein — er muß!" Als Frau Bergau ihr Töchterlein dann im Lichte des Vorder zimmers sich ansah, ihre rosig glühenden Wangen, ihre frucht- glänzenden Amgen, als sic den vibrirenden Klang ihrer Stimme, das süße Feuer ihrer Küsse sich vergegenwärtigt«, da schüttelte sie lächelnd und seufzend den Kopf und schickte ein Stoßgebet empor zum Lenker der Menschcnherzen und Menschenschicksale, ihrem Kinde gnädig zu sein und Glück zu verleihen in ihrem be ginnenden Liebesleben. Achtes Kapitel. Alles ließ sich aufs Beste an. Niemand hatte Anton Bergau bei Tisch widersprochen, und das Mittagessen war vorzüglich gerathen. Nach Tisch hatte er eine Cigarre angezündet, was immer ein Zeichen gemüthlichen Behagens war, und auf dem Schaukelstuhl am warmen Ofen ein Stündchen bei einbrechender Dämmerung genickt. Auf den Kaffee hatte Frau Cläre be sondere Sorgfalt verwendet und ihren Anton in harmlose poli tische Kannegießere! hineingelockt, wobei das Gefühl seiner un bedingten Uebcrlegenheit ihn immer sehr wohlwollend gegen Frau und Tochter stimmte. So kam eS, daß als Olof schellte, und Frau Cläre ihn nicht ohne Bangen einführte, ihr Gatte aus der ersten starren Uetzer- raschung in eine froh», fast gerührte Stimmung verfiel. Er stand vor seinem Neffen, musterte die hohe, schlanke und nervige Gestalt von Kopf zu Fuß und schüttelte ihm einmal llber's andere die Hand. „Weiß Gott, ich freue mich — freue mich von Herzen, mein Junge — was rede ich — ein Mann ist er geworden, ein ganzer Mann — schau' ihn Dir an, Cläre! — Na, die Mutter! Wird die glücklich sein! Hast sie noch nicht gesehen? Sie schreibt selten, Olof, und überhaupt — na, das kann ja jetzt Alles wieder in Schick kommen." Olof hatte der Tante die Hand geküßt und sie ihn liebevoll an sich gezogen. „Ich dachte vorhin, der fremde Herr müsse die Thür ver fehlt haben. Aber jetzt sehe ich — es ist doch noch viel von dem alten Olof da. Die Augen sind dieselben, die Du als kleiner Junge hattest. Da guckt der unruhige Tollkopf heraus, aber auch das gute Herz, das sich zuletzt immer zurecht findet." „Du hast Dich gar nicht verändert, Tante", fiel Olof herz lich ein, „und so ist's auch am besten und kann so bleiben —" „Gar nicht verändert — ach, lieber Himmel — sieh' meine Weißen Haare —" „Hier an der Schläfe — zwei — drei —" „Das sind die schweren Jahre, Olof, Angst und Sorgen — aber, Gott sei Dank, sie sind überstanden." „Reden wir also nicht weiter davon", fiel Bergau ein. „Dir geht es gut, Olof? Du siehst aus wie Einer, der vorwärts kommt." „Vorwärts komme ich, Onkel, aber es ist darä rrork für Einen, der alle seine Streitkräfte beisammen hat, wenn er seinen Kopf zwischen seine beiden Fäuste nimmt." „Ja, aber, alle Achtung! Das giebt die tüchtigsten Kerle -- ein Werner Siemens zum Beispiel, der hat genau so an gefangen — und ich selbst — ich hab' auch so dagestanden, Olof, vis-L-vis cks rien — aber aus Nichts hat Gott die Welt ge schaffen, und so lange Kraft und Muth nicht versagen, ist nichts verloren kann noch Alles zurückerobert werden. Freilich, wer jung ist und gesund, hat von vornherein tausend Schritt voraus. Na, komm! Wollen uns den Humor nicht verderben. Setz' Dich! Gieb uns was zu trinken, Mutter!" „Willst Du mich nicht vorstellen, Onkel?" fragte Olof, sich gegen Lissi verneigend, die seitwärts im Schatten stand und leuchtenden Angesichts die in sehr ängstlicher Spannung er wartete erste Begegnung zwischen Onkel und Neffe sich in so g'emüthlicher Weise entwickeln sah. „Herrgott, ich vergesse ja ganz! Lissi, Dein Detter Olof — Deine Cousine Alice, Olof, die ein kleiner, naseweiser Balg war, als Du damals davon liefst." Die Beiden näherten sich einander mit ausdruckslosen
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