197 taktische Tagespolitik der aktiv in das öffentliche Geschehen ein greifenden Parteiführer vor der öffentlichen Meinung zu be gründen und gegebenenfalls zu verteidigen. Das Hauptziel aller Parteiarbeit besteht in der Behauptung und Vermehrung der parlamentarischen Mandate. Wie viele eingeschriebene Mitglieder die Partei besitzt, ist gegenüber der Frage, wie viele Abgeordnete sie ins Parlament schicken darf, von untergeordneter Bedeutung. Die Parlamentarier als die aktiven Träger parteilichen Willens kann man als die Parteioffi- ziellen, alle anderen für die Partei werbetätigen Funktionäre und Freunde als die P a r t e i o f fi zi ö s e n bezeichnen. Der Parteioffizielle treibt nicht ausschließlich Werbearbeit, sondern ist zugleich verfassungsmäßig dazu berufen, als legislativ Handelnder und als staatsrechtlich bestallter Kontrolleur in die Entwicklung der öffentlichen Dinge einzugreifen. Man könnte den Partei offiziellen als den höchsten und wichtigsten Funktionär der öffent lichen Meinung überhaupt bezeichnen. Zn ihm nimmt der meinungsmäßige Staatswille des Volkes Gestalt an. Der Offi ziöse ist parteipolitisch Nur-Werber, er propagiert und agitiert, aber er beschließt nicht. Er lädt die Meinungsdrähte mit Energie, aber die Umsetzung der unsichtbaren Kräfte in sichtbare, schicksal haft spürbare Macht überläßt er den Offiziellen. Man hat das parteipolitische Offiziösentum oft genug als subaltern und gedankenarm bezeichnet. Das sind aber in dieser Form vage und fundamentlose Werturteile, genau so falsch und genau so richtig wie alle derartigen stimmungsmäßigen Subjekti vismen. Wenn die Parteioffiziösen, die hauptberuflichen wie die Amateure, allzu sklavisch die Meinungen der „Bonzen" nachbeten, so kann das Ausfluß von Stumpfsinn oder Unselbständigkeit sein, aber eben so sehr auch einer unumgänglichen Pflicht zur Disziplin entsprechen. Ein Meinungschaos wäre der Tod der Parteien. Da der Parteiapparat längst nicht so festgefügt wie der einer Re gierung zur Verfügung stehende Behördenapparat ist, so verträgt die Parteimeinung Krisen weniger leicht als die Werbeorgani sationen einer von Natur meinungsmäßig schon weit weniger homogenen Regierung. In dieser Behauptung scheint eine gewisse Paradoxie zu liegen, weil ja doch eigentlich gerade die Regierung als geschloffenes Jnitiativgebilde wirken muß. Tatsächlich werden