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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.12.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-12-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011230019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901123001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901123001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-12
- Tag1901-12-30
- Monat1901-12
- Jahr1901
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Bezugs-Preis i» -« Hauptexpedttio» oder deu Im Stadt» deztrt uud deu Vorort«, «rrtchteteu AuS- gabestell« «-geholt: vierteljLhrltck ^ll 4.K0, bet «oetmakger tü-kicher Zustellung tu« Haus SckiO. Durch die Post bezöge» für Deutschland u. Oesterreich: vterteljährl. ^tl S. Mau abouutrt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei deu Postanstaltea in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem» bürg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, de» Dommstaaten, der Evropüischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Di» Morae»slssa ab« «scheint mu >/«7 UL^ dl- Ldeuo<lusgabe Wochentags am o Uhr. Ne-actio« und Lrveditton: Johauuisgaffe 8. Filialen: Alfred Sah« vorm. O. Klemm's Sortim. UmverMtSstraße 8 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, part. und KönigSplatz 7. Nr. 682. Morgen-Ausgabe. MWgcrTagMatt Anzeiger. Ämlsölatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile LS H. Reelamea unter dem RedactionSstrich («gespalten) 75 vor den Famlliennach» richten (S gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme L5 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbesörderung ^l 70.—, Aunahmrschluß für Anzeigen: Nbend-Au-gab«: vormittag« 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Lei deu Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an di« Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet vou früh S bis Abends 7 Uhr. Druck uud Verlag vou E. Polz in Leipzig. Montag den 30. December 1901. 95. Jahrgang. Ranftsche Gasse 6 Herr k'rledr. Isolier, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. LuKelwanii, Colonialwaarenhandlung, Schützenstraste 5 Herr dul. 8ollümi(dieu, Colonialwaarenhandlung, Westplaü 32 Herr ü. vlttrioti, Cigarrenhandlung, Horkstraste 32 (Ecke Berliner Straße) Herr Llvtr, Colonialwaarenhandlung, heitrer Straße 35 Herr V. Lüster, Cigarrenhandlung, in Plagwitz Herr 6. 6rüt2muim, Zschochersche Straße 7», - Reudnitz Herr LuKmauu, Marschallstraße 1, - - Herr 0. 8otimidt, Kohlgartenstraße 67, - - Herr Lernll. >Veber, Mützengeschäft, Gabelsbergerstraße II, - Thonberg Herr IL. üüntseü, Reitzenhainer Straße 58, - VolkmarSdors Herr 6eor§ Xiewanu, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.) Zet^seüe, Buchhändler. Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das I. Vierteljahr 1902 baldgefälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4^ 50 mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen 5 50 durch die Post bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn 6 3n Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteurc, die Hauptexpeditiou: Johauuisgaffe 8, die Filialen: Kathariueustrasrc 14, Königsplatz 7 und Universitätsstratze 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraste 35 Herr k'rtedr. Lavitr, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraste 21 Herr I'Iieod. keter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 6. L. 8edudert'8 XaokkolKor, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straste (Thomasiusstr.-Ecke) Herr Otto Llautsoüke,Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr Lduard üetrer, Colonialwaarenhandlung, Nürnberger Straste 45 Herr LI. L. Aldreeüt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr L. Briedel, Cigarrenhdlg., Zweinaundorfcr Straße 6, - Connewitz Frau ^Isolier, Hermannstraße 23, - Eutritzsch Herr Lodert Htner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 25, - Gohlis Herr Lodert Altilvr, Buchhandlung, Lindcnthaler Straße 6, - Lindenau Herr Aldert Lindner, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, - Neustadt Herr Lüul Lueli, ^nnonevn-Lxpedilion, Eisenbabnstraßc I, in Naunhof Herr Lonrud Amtlicher Theil. Bekanntmachung, die «ufkündiINUs des Restes der als Staatsschuld nbcr- «-»menen 3'/,vrozentigen, ursprünglich 4'/.prozeniigen, spiter4pr<zenttOenPrt-rttätSauleihe der vormaligen Lcipria- DreSdnervtseubahn-E-mpagnic vom I.Jiili 1872 betreffend. Da« Königliche Finanz-Ministerium hat beschlossen, den noch umlaufenden Rest der als Staatsschuld übernommenen 3'/, pro- zentigen, ursprünglich 4'/.Prozentigen, später 4prozentigen Prioritäts- anleihe der vormaligen Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie vom 1. Juli 1872 aus Grund des in Punkt 3 der über die Anleihe auS- gestellten Seneralschuldverschreibung enthaltenen Vorbehaltes der Rück- zahluug nach einer drei Monate vorher erfolgten Aufkündigung unter verfassungsmäßiger Mitwirkung des Landtagsausschusses zu Bei- waltnng der Staatsschulden auf einmal zurückzahlen zu lassen. Demgemäß werden alle bis jetzt noch nicht ausgelooslen Schuld, scheine der bezeichneten Anleihe hiermit dergestalt aufgrkündiat, daß deren Kapitalbeträge am 1. Ault 1902 fällig werden. Die Inhaber der Schuldscheine werden aufgefordert, die Kapital- betrüge gegen Rückgabe der Schuldscheine nebst Len dazu gehörigen Zinsleisten und den über den Fälligkeitstermin hinausrcichenden Ziosscheinen Vom 1. Juli 1902 ab bei der Staatsschuldenkassr in Dresden, der Lotteriedarlehnskaffe in Leipzig oder den sonst be- stehenden Einlösung«stelleu in Empfang zu nehmen, da eine weitere Verzinsung über diesen Termin hinaus nicht slattfindet. Dresden, den 14. Dezember 1901. Ter LanstagSauSschutz zu Verwaltung -er StaatSschnl-cn. Vr. Mehnert. von Trützfchler. Meusel. Opitz. Lr. Schill. Ausschreibung. Für den Reubau -es Veterinär-Instituts uu- -er Vete- rmarklintk der Universität Leipzig sollen die Tischlerarbeiten vergeben werden. Die Arbeitsverzeichnisse sind im Universitäts-Rentamt« (Registra tur) gegen Erlegung d«S Selbstkostenpreises zur Ausfüllung zu ent- nehmen. Die Zeichnungen liegen im Bauburean (Ecke Linnsstraße und Wiodmühleuweg) zur Besichtigung aus. Die Angebote stad verschlossen und mit entsprechender Aufschrift versehen portofrei bis zum 10. Januar 1902 an daS Universitäts-Rentamt einzureichen. Die Auswahl unter den Bewerbern, welche bis zum 25. Januar 1902 au ihre Angebote gebunden sind, bleibt Vorbehalten. Leipzig, am 28. Dezember 1901. Universitäts-Rentamt. Riemer. Die drei berechtigten Privatschulcu in Leipzig führen wie die öffentlichen Realschulen ihre Zöglinge bis zu der durch das Gesetz vom 15. Februar 1884 für tue öffentlichen wie für die privaten Realschulen vorgcschriebencn Reifeprüfung, mit deren Beflehen auch oie Berechtigung znm cinj.-fcciiv. Lll:lilf,cbu.^. erlangt wird. Zugleich bereiten sie für die enliprcchenden Elasscn ter öffentlichen höheren Lehranslcillen vor. Zur Aufnahme in die Vl. Realschul- bet. Progymnasililclasfe genügt das 9. Lebensjahr, während in die Vorschulclasjen Schüler vom schulpflichtigen Alter an ausgenommen werden. Die Unterzeichneten sind zur Entgegennahme von Anmeldungen und zur Ertheilung jeder gewünschten Auskunft täglich (außer Sonntags) 11—12 Uhr bereit. Dir. O. Toller. Realschule (Gottschedstraße 32). Dir. l)r. Ii. kotli (Teichmann-Or. Noth'jche Privatschule), Real schule mit Progyinnasial- und Elementnrclassen (Ecke der UniversitatS- und Schillerstraße). Fernsprecher Nr. 2059. Dir. vr. D. Nartli, Realschule mit Progymnasicil- n. Elementar- classen (Querstr. 19 u. Georgiring 5). Fernsprecher Nr. 4080. Die Sparkasse zu Licbcrtwolkwitz ist geöffnet jeden Wochentag außer Sonnabends von Vorm. 8 bis Mittags 1 Uhr und Nachm. 2—4 Uhr. Einlagenzinsfuß ll'/-//«). Beste ZttgSvcrbin-ungcn: Abf. Leipzig 8,35 (Schnellzug). 10,58. 2,50. Ank. Liebcrtwolkwitz 8,49 (Schnellzug). Il.23. 3,16. Abs. Liebertivolkwitz 10,01 (Schnellzug). I l,25. 1,14. 2,15. 5,31. Ank. Leipzig 10,14 (Schnellzug). 11,50. 1,38. 2,40. 5,56. Konkurs-Wein-Änsverknttf. Im Auftrage -cs Herrn Rechtsanwalts Haut/, als Ver walters im Konkurs -cs Weinhän-lerS Kolitr Nissel hier verkaufe ich Vas vorhandene be-entcii-e Lager, bestehen- in gute» Rhein-, Moselweine» und sützcn Weinen, täglich von 9 bis 12 und 2 bis V Uhr nnS zwar in -er seitherigen Weinstube znm irdener Treppchen, Brühl 25, zu crinäffigten Preisen aus. Lokalrichter Tiinninlitr. Möbel-Versteigerung. Am Dienstag, den 31. d. Mts. Vorm. von 10 Uhr ab» sollen -M" Ranstädter Steinweg 10 im Auftrage des Herrn F. Mcitzncr die Reslbestände der aus dem Schneidenbach'sche» Konkurse stammenden Möbel und einiges An- dere als: hochfeine Talongarnitnrcn, Ottomanen, Trnntean- sviegel, Brtlstcllcn m t Matratzen, Salonschränkc, Vrrtikows, Tische, Büffets, Kommoden, Tchrcibpultc :c., ferner Möbelstoffe und Posamenten. I Handwagen und div. tHcschästsutensilic» öffentlich gegen sofortige Baarzahlnng versteigert werden. Leipzig, den 28. December 1901. Ln-ccke, Localrichier. Stötteritz. Nachdruck verboten. Die Schreibweise des Ortsnamens Stöt- i»> i h hat im Laufe der Zeit manchen Wechsel erfahren. Um ' "" schrieb mrn Sthoderie; 1397 Stodcnc;. in der Folgezeit näherte sich die Schreibweise mehr und mehr der heutigen, man schrieb Stöveritz, Stödteritztz, Stetteritz. Nach Hey, „Die slawi schen Sisdelungcn im Königreich Sachsen", ist der Ortsname von dem tschechischen Worte Sledric», altwendisch Storrici, Familie des Stodry, abzuleiten und würde Freigebigshain be deuten. Stötteritz, vor den Thoren Leipzigs gelegen, konnte in frühe ren Jahrhunderten keine besondere Bedeutung gewinnen, «s blieb in seinen Erwerbszweigen auf die Landtvirihschaft und die benachbarte Handelsstadt Leipzig angewiesen. Ein wohlhabender Bauernstand konnte sich in ihm auch nicht entwickeln, da der Grundbesitz in der Hauptsache den beiden Rittergütern gehörte. Bon diesen wird berichtet, „daß sie zwar nur mittlerer Stärke gewesen seien, aber sie hätten angenehme Gärten und kleine, aber gefällige Herrenhäuser gehabt." Dieser letztere Um stand hat denn auch bewirkt, daß bei den Belagerungen Leipzigs die Höchstcommandirenden wiederholt in Stötteritz ihr Haupt quartier aufschlugen. Solches war der Fall in dem Jahre 1547, als Kurfürst Johann Friedrich Leipzig be lagerte. Diese Belagerung währte von Anfang Januar bis zum 27.; am 12. Januar unternahmen die Belagerten einen Ausfall und machten in Stötteritz 18 Kurfürstliche zu Ge fangenen. Unter diesen befanden sich auch 5 Ueberläufer, die vorher im Dienste des Herzogs Moritz gestanden hatten. Nach beendigter Belagerung wurden diese öffentlich zu Schelmen ge macht. Mitte Januar schlug der Kurfürst Johann Friedrich sein Quartier in Stötteritz auf; er wohnte in dem Rittergute, das damals Hans Schwarzen gehörte. Bei seiner Ankunft im Stöt- teritzer Edelhofe fand er an allen Kammern und Stuben die Schlüssel stecken und war davon so befriedigt, daß er jede Plün derung verbot und bei seinem Abzüge dem Hofmeister das Gut mit sämmtlichen Schlüsseln in den Schlössern und gänzlich unbeschädigt wieder übergeben ließ. Im Ver laufe des Dreißigjährigen Krieges hatte Stötteritz wiederholt auch unter den Kricgsdrangsalen zu leiden. Am 16. October 1632 kamen kaiserliche Reiter nach Stötteritz, nahmen die Pferde weg und plünderten. Während der Belagerung Leipzigs im Jahre 1642 durch den schwedischen General Torstenson hatte dieser in Stötteritz sein Hauptquartier aufgeschlagen. Als die P e st 1680 Leipzig und dessen Umgebung heimsuchte, wird Stötteritz besonders als der Ort bezeichnet, in dem die Seuche besonders viele Opfer forderte. Zu der in Stötteritz einheimischen Landwirthschaft und Gärt nerei gesellte sich seit 1765 auch der Tabaksbau, der bis gegen 1860, also nahezu 100 Jahre lang, getrieben ward. In den Tagen derVölkerschlacht hatte Stötteritz unsäglich zu leiden. Schon am 13. October begann die An sammlung der französischen Truppen, sie lagerten sich zwischen Probstheida und der historisch gewordenen holländischen Tabaks mühle. Bald fehlte es den Franzosen an Nahrungsmitteln; sie drangen in 'oie uckuegcnden Dörfer ein, um sich jolche zu ver schaffen. Den 14. October, als das Gefecht zwischen Wachau und Liebertwolkwitz tobte, plünderten die Franzosen Stötteritz vollständig aus; binnen wenigen Stunden war nichts mehr von Lebensmitteln vorhanden. Am nächsten Tage ward die Plünderung fortgesetzt; man trieb das Vieh hin aus in das Lager, die Scheunen wurden ihrer Vorräthe entleert. Da cs im Lager an Brennholz mangelte, so wurden fast sämmt liche Stackete, Planken, THUren und Fensterläden abgebrochen, Möbel wurden ins Lager transportirt, um hier als Feuerholz zu dienen. Auch am 16. October durchsuchten die Franzosen die schon ausgeplünderten Häuser, fanden sie noch einen Einwohner, so hielten sie ihn fest. Es darf daher nicht wundern, daß die noch anwesenden Bewohner von Stötteritz fast sämmtlich die Flucht ergriffen. Wie die Barbaren hausten die Franzosen in den Häusern, Dinge, die ihnen gar nichts nützen konnten, zer trümmerten sie, da half auch keine Vorstellung. Am 17. October ward der Holzmangel immer empfindlicher, es wurden darum Gebäude niedergerissen und das Holz in das Lager geschafft; das klein« Gehölz im Osten von Stötteritz, das sich heute nun wieder ergänzt hat, ward damals fast vollständig abgehauen. Zuletzt schonteman a u ch d i e Ki r ch e n i ch t. In der zur Kirche gehörigen Halle fand man zwei Leichenbahren, auch sie mußten als Feuerholz dienen. Die Hauptthüren waren schon früher er brochen worden, aber noch widerstanden die Thürcn zur Sacriftci, allein in der Nacht zum 18. October wurden auch sie mit Ge walt erbrochen und die Sacristei beraubt. Unter dem Raube be fand sich auch ein goldener Kelch und eine größere Summe Geldes. Unter den Franzosen waren die Ba n d e d e r D i s c i- plin in diesen Tagen sehr locker. Bei einem Branntwein brenner lag ein General, zwei Obersten und mehrere Adjutanten im Quartier. Der Ouartierwirth hatte noch einige Kartoffeln und zwei Flaschen Branntwein in einem Versteck verborgen, dies wollte er den Officieren zur Verfügung stellen und ihnen die Kartoffeln braten. Als er einen Theil derselben gebraten hatte, drängten sich französische Soldaten ins Haus und nahmen die zubereiteten Kartoffeln und den Branntwein >veg, obwohl sie wußten, daß dies für die Officierr bestimmt sei. Von dem Umfange der Verwüstung und den Schaden, den diese Plünderung in Stötteritz anrichtete, be kommt man ein annäherndes Bild, wenn man sich die Speci - ficationen näher ansieht, die auf Wunsch des Ritterguts besitzers die Bewohner des „Herrlich Bäurischen Antheils" bei Feuilleton. Äeujahrsfeier in alten Landen. Von vr. Paul Lange. Nachdruck vcrb t,n. Wie der alte Römergott 4airus ditroirs dicaps, hat auch der Jahresanfang, der erste Januar, «in doppeltes Gesicht, und zwar nicht nur in dem Sinne, daß er fast noch mit einem Fuße im alten Jahre steht, dessen Freuden und Unannehmlichkeiten noch in frischester Erinnerung sind, während das eben be gonnen« «tnem unbeschrieben«» Blatt« gleicht, sondern vielmehr deshalb, weil sich in der katzenjäinmerlich«n Stimmung des Neu- jahrsmorgens di« Hoffnungen und Befürchtungen, die Wehmuth und die Freude in seltsamem Reigen schwingen. Wenn die Schlafgeistrr des Sylvesterpunsches verscheucht sind, die uns die Realität der Dinge nur wie durch einen halbdurchsichtigen, halb mitleidig verhüllenden Nebel erblicken ließen, tritt die Wirklichkeit wieder in ihre Recht«, die uns zum Ausblick in das Kommende und Zukünftige veranlaßt. Daß nach den retrospektiven Betrachtungen und Tollheiten des Sylv«st«rabends der festliche Tag des Jahresbeginnes uns aus der »ft recht abnormen Stimmung des Vorabends in die Helle, nüchterne Gewißheit schleudert, daß nun daS neue Jahr mit seinen Pflichten und Mühen angefangen hat, ist kein Hinderungs grund, dasselbe zu feiern. Die Festlichkeiten und Bräuche, wie sie sich bei den verschiedenen Völkern allmählich herausgebildet haben, zeigen uns aber di« NeujahrSfeier überall in einer anderen Beleuchtung, welche für die Eigenchmnlichtsiden der Volksseele charakteristisch ist und ein nicht unwichtiges Stück Sittengeschichte enthält. Bei unseren Nachbarn jenseits des Rheines hat, wie über haupt die ganze festliche Periode vom Weihnachtsfeste bis zum Tag« der heiligen drei Könige, so ganz besonders der Ncujahrs- tag ein völlig anderes Gesicht angenommen, als bei uns. Auch ein Tauber und des Lesens unkundiger Deutscher müßte sich dessen bewußt wevden, daß er nicht auf heimischer Scholle weilt, denn ebenso, wie der französische Weihnachtsabend eigentlich kein solcher ist, hat auch die punschfreudige und pfannluchenfrohe deutsche Sylvesternacht dort nicht ihresgleichen. Dafür wirft der Neujahrsanfana als großer Tag des Schenkens bereits seit mindestens V/2 Wochen seine bedenklichen Schatten voraus. Ohne den poesievollen Zauber und den religiösen Inhalt unseres Weih nachtsfestes vergällt dies« Pflicht das Jahresende und den Jahres anfang; denn die Zeiten, wo man mit diesen „charmantes etrcnoes" Maß hielt, sind längst vorbei, seitdem das Protzen- thum brasilianischer Nabobs und nordamerikanischer Rindvieh- und Schweinekönige den Ton angiebt, und einen Korb Blumen für 20 oder 30 Francs, den man der Hausfrau als Aufmerksam keit da-rbietet, zu einer verächtlichen und armseligen Gabe ge stempelt hat. In den Kreisen der echten Vollblutpariser mit einer be scheidenen Rente oder dem Durchschnittseinkommen eines mittleren Beamten spielt aber di« obligate Bonbonniere noch immer die Hauptrolle, wie in alten Zeiten, nur mit dem Unterschiede, daß auch sie viel anspruchsvoller und eleganter geworden ist, als ehe dem, und den Säckel der jungen Herren, die in Familien verkehren, schwer belastet. Während es vor einem Menschenalter noch als ein Verstoß gegen di« gute Sitte galt, wenn man der Hausfrau oder den Töchtern der Familie, zu deren Intimen man sich zählen durfte, einen Gegenstand von höherem Wertl-e gespendet hätte, als er sich mit dem lediglichen Zwecke, eine Aufmerksamkeit zu erweisen, verträgt, bildet heute die Attoape, die Umhüllung berg Süßigkeit, die Hauptsache, und da die wenigen Bonbonverkäufer von allgemeinem Renommee, wie Bossier, Bassenge, Dubois und Passecourt, sich den Ruf ihrer Firma mit Golde bezahlen lassen, wird recht oft der unschuldige Betrug geübt, daß junge Herren von Schwestern und Cousinen sich die leeren Bonbonnieren des Vorjahres geben lassen, um sie, mit einigen Francs Bonbons gefüllt, dorthin zu senden, wo sie Verpflichtungen habeit. In den Pariser Häusern fehlt beim Dejeuner des Neujahrs tages selten der obligate Schweinsrüssel, der als glückbringendes Symbol im Kreise der Vertrauten verzehrt wird, worauf die Gratulationscour mit der dutzendfach wiederholten Redensart ,,zo vous la soulmito dormo" (nämlich l'rumöe) beginnt. In früheren Zeiten boten die Damen dabei jedem, auch noch so fremden Besucher die Wange zum Kusse, «in Vorrecht, welches heut« nur noch den angestammten und angejahrten nächsten Freunden Vorbehalten ist, und wofür die Umarmung des bärtigen Hausherrn kaum als Entschädigung angesehen werden kann, falls der scheidende Gast, der an anderen Tagen des Jahres nach all gemeinem Brauche den dienstbaren Geistern des Hauses kein zwurdoiro zahlt, sich aber am Neujahrstage für das Begießen der Unaussprechlichen mit Sauce und anderen Annehmlichkeiten, durch einen reichlicher bemessenen Betrag abfindel. nicht etwa für den vergoldeten Händedruck von der meist recht niedlichen Kammer zofe ein etwas weniger ehrerbietiges Küßchen einheimsen kann. Di« kirchliche Feier des Jahresbeginnes ist hier, wie überhaupt fast allevorten, ohne jeglich« Bedeutung, weil eben Weihnachten und das „große Neujahr", nämlich der Dreikönigstag, allen Prunk des christlichen, besonders des katholischen Cultus an sich gezogen haben, und im katholischen Europa wenigstens kann der Cultur- historiter, außer von verschiedenen im Süden üblichen, übrigens durch nichts von anderen Umzügen ausgezeichneten Processionen, kaum etwas Besonderes berichten, wenn man nicht das Blut- wunder des heiligen Januaris in Neapel hierhin rechnen will, welches eigentlich mit dem 1. Januar nicht das Geringste zu thun hat, und wohl nur der Namensähnlichkeit zu Liebe übrigens erst in neuerer Zeit auch an diesem Tage dem Vdlke demcmstrirt wird. Als der genannte Kirchenheilige und Bischof, der angeblich schon von Diomedes gegründeten, uralten Samarit«rstadt Bene- vent unter Diokletian den Märtyrertodt erlitten «hatte, fing eine Wittwe aus dem Leichnam des Gerichteten zwei Fläschchen Blut auf, welche sammt dem Haupte des Heiligen in der glänzenden Capella del Tresoro des von Karl II. aus dem Haus« Anjou er bauten prächtigen Kuppeldomes San Gennaro in Neapel aufbe- wahrt wenden. Dieses wunderthätige Blut hat dadurch euro päische Berühmtheit erlangt, daß es am 19. September, am 16. December und am ersten Sonnabend im Mai sich verflüssigen soll, wenn St. Januaris, der Schutzpatron und Erretter dec Stadt von Hunger, Pest, Krieg und Feuer, eine gute Zukunft für Nsapel voraussieht, während das Starrbleiben daS Nahen fürchterlichen Unheils bedeutet. Dieses Befragen der Zukunft findet nun seit neuerer Zeit auch am Neujahrstage statt, um über den Verlauf des «beginnenden Jahres Aufschluß zu erhalten. Die Feierlichkeit verläuft übrigens, wenn mir recht berichtet ist, aus leicht begreiflichen Gründen immer in erfreulichem Sinne aus, versetzt aber das leicht bewegliche Volk jedesmal in große Aufregung.
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