Grundlagen und Entwicklung des Porträts im deutschen Mittelalter 23 ehren wollen. Personenbilder, die nicht zur Kennzeichnung eines gegenwärtigen Verdienstes eines Lebenden oder eines früheren eines Toten angefertigt sind, sondern die nur die künstlerische Darstellung eines Menschen an sich bezwecken, kommen in dieser Zeit noch nicht vor. Immer veranlassen die Gründung einer Kirche, ihre Be- widmung mit Grundbesitz, die Stiftung eines gottesdienstlichen Gebrauchs- oder Schmuckgegenstandes entweder den Geber, sich selbst, oder die Nachfahren, das Gedächtnis desselben zu seiner Ehrung im Bilde festzuhalten. Dabei wird zunächst diese Be gründung der Porträtierung hervorgekehrt, indem der eigentliche Schenkungsakt oder wenigstens die Devotion des Stifters vor Gott und den Heiligen, die ihn zu der Stiftung veranlaßt hat, bildlich dargestellt wird. Von einer solchen Verdeutlichung sieht man dann zunehmend ab. Das Interesse wendet sich mehr der Person des Stifters zu; die Ursache seiner Porträtierung kommt etwa noch in der Beigabe eines Kirchenmodells zum Ausdruck, aber die unmittel bare Bezugnahme auf den beschenkten Heiligen ist nicht mehr sichtbar. Schließlich verzichtet man — am ehesten in den Grab denkmälern — ganz auf die Kennzeichnung der kirchlichen Be dingtheit des Porträts und gibt nur noch das Bild des Menschen als Landesherrn, Bischofs oder Ritters. Aber selbst in dieser Zeit drängt die Konvention, die Anpassung an überpersönliche Ideale, die mögliche Absicht nach Porträtähnlichkeit weitgehend zurück. Der von einem kampferfüllten Leben durchschütterte Löwe Hein rich, der an einer gegen seine Verfettung unternommenen Operation gestorbene Dedo von Wettin, die Fürsten und Ritter, deren hohes Sterbealter wir feststellen können — sie alle zeigen die gleichen Merkmale, verkörpern das gleiche Ideal. Alle sind nach dem fest stehenden Schema des höfischen Ritters geformt: Der schöne Mann in der Blüte seiner Jahre, die reichen Locken modisch frisiert, in eleganter Hoftracht, beweist seine Frömmigkeit durch ein bei gegebenes Kirchenmodell, seine Kenntnis ritterlicher Sitte durch die preziöse Haltung von Schild und Schwert, seine Schätzung der frouwe durch Hinzufügung von deren Bild, das genau wieder die Normalgestalt der jugendlichen, schönen, eleganten, frommen Edel dame zeigt. Doch wird man bis zum Ende des 13. Jahrhunderts und noch einige Zeit darüber hinaus auch dann immer noch in einer frommen