Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.05.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020527028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902052702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902052702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-05
- Tag1902-05-27
- Monat1902-05
- Jahr1902
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Mge zm LeiMr ÄgeilM m>> AilMl Rr. AI, AeMR, N. Mai M. (Ueü-ÄWbe) Königreich Sachsen. 'S- Leipzig, 27. Mat. Auf Ansuchen hat daö königliche Ministerium -es Cultus und öffentlichen Unterrichts in diesem Semekter -wan-ta Damen die Genehmigung zum Besuche der Vorlesungen an unserer Uni versität erthetlt. — Die mündlichen juristischen Prüfungen beginnen hier am 16. Juni; es nehmen voraussichtlich über hundert Landidaten daran Lheil. * Leipzig, 87. Mai. Zwischen dem Rathe bez. dem JohannishoSpttale einerseits und Fleis cher's Erben, sowie dem „Verein zur Parzellirung der Roßselber" andererseits ist ein Abkommen getroffen worben, wonach von den Eontrabenten Areale an der Lößniger Straße und an der Stein - st ratze l-wischen Lößniger und Eltsenstratze) aus» getauscht werden sollen. Die Auötauschflächen betragen je 1610 Quadratmeter bez. 1890 Quadratmeter, und eS soll Fläche gegen Fläche abgetreten werden. Bet diesem Au-tausche werden Fleischer s Erben und der Verein zur Parzellirung der Rotzfelder zwar mehr Borberland er halten, doch baben sie von diesem große Flächen wieder zu Stratzenzwecken abzutreten; die Stadtgemeinde wird im Stande sein, durch da- ihr zufallende Hinterland ihre Areale baulich auszunutzen. Der Rath ersucht aus diesem Grunde die Stadtverordneten, dem Abkommen betzu treten, sowie weiterhin 8166,67 zu verwilltgen zur Deckung der Ansprüche, welche Fleischer'- Erven auS An laß der Herstellung eine- TheileS der Kronprinz- stra tz e in Breite von 84 Meter (anstatt der ihnen nur zur Last fallenden Breite von 24 Meter) an die Stabtgemeinde haben. — Bei der heutigen letzten Ziehung 8. Elasse 141. könig lich sächstscherLandeSlotterie fielen ein Gewinn von 8000 und 400 000 Prämie auf Nr. 86112 bei Herrn George Meyer in Leipzig. * Leipzig, 27. Mat. Wie unS mitgetheilt wirb, ist den Unterzeichnern der in Angelegenheit der Frau Kammer- sängertn Baumann an Herrn Dtrector Staege - mann gelangten Vorstellung erwidert worden, dah Frau Baumann auch in Kommenden Jahren, so oft die verehrte Künstlerin kann «mo will, ein hochwillkommener Gast im Leipziger Stadttbeater bleiben werd«, dem sie ohnehin al- Ehrenmitglied für all« Zukunft angehvre. Die Unter zeichner werde» a»S dieser Erwiderung ersehen, daß Herr Dtrector Staegemann mit ihnen eine- Ginne- ist und wohl auch schon vor der Eingabe war. — Herrn Sd. Weller, Besitzer des Hotels Hausse, welcher kürzlich zum Hoflieferanten des Königs von Dänemark ernannt wurde, ist jetzt auch der Titel »Hof lieferant Ihre königl. Hoheit der Frau Herzogin Max von Württemberg" verliehen worden. —r. Leipzig, 27. Mai. Fräulein Bren - ke; die In- spicientin für den weiblichen Handarbeitsunterricht an den Berliner Volksschulen, die auf Kosten der Stadt Berlin an der deutschen Lehrerversammlung in Chemnitz theil- genommen hat, wohnte gestern und heute dem Unterrichte in weiblichen Handarbeiten, wie auch dem hauswirthschaft- ltchen Unterrichte in einigen hiesigen Volksschulen bei. Sie besuchte auch die Frauengewerbeschule der Frau Auguste Busch, um den Lehrgang für die Ausbildung der Hand arbeitslehrerinnen kennen zu lernen. D* Leipzig, 27. Mai. Bei dein immer weiter fort schreitenden ErneuerungSbaü unserer altehr würdigen Nicolatkirche hat man eine Anzahl Architekturstücken gesunden, di« ohneZwetfel vom ersten Bau der Kirche stammen. Dtese Tyetle, die einen bau geschichtlichen Werth besitzen, werden an der Chorseite deS in verjüngtem Glanze erstehenden Gotteshauses ein gemauert und auf diese Weise bis in ferne Zeiten er halten bleiben. 2 Leipzig, 37. Mai. Bei -er hiesigen Triminalpolizei sind mehrer« leere Damenhandtäschchen und ein braunledernes Portemonnaie zu besichtigen, die in einem hiesigen Etablissement versteckt aufgefunden worden sind und von Diebstählen herrühren bürsten. — Beim Nennen war am Sonnabend ein 12 Jahre alter Knabe ausgefallen, der widersinnige Geldausgaben machte, wes halb er auch von einem Criminalbeamten angchalten wurde. Der Knabe gab dabei an, daß er unweit des Kettensteges im Nonnenholz ein Portemonnaie mit In halt auf dem Futzwege gefunden habe. Der bisher noch nicht festgestellte Berlustträger kann sich bet der Eriminal- volt-et melden. — In -er Nacht zum Sonnabend ist im Johannisthal von Bubenhänden eine Ruhebank de in o l i r t worden. — Aus einem Locale in der Burgstraße wurde am Sonntag Abend ein ziemlich neuer Sommer überzieher von hellgrünem Stoff und mit bunkclm Futter im Werthe von 60 g et* o h l c n. — In Hast kam ein 81 Jahre alter Fleischer auS Bdhliy-Ehrenberg, weil er sich in Localen der Südvorstabt Zechbetrügcreien schuldig gemacht hatte. — In -er Hau-flur Berliner Straße Nr. 2 wurde am SO. d. M. ein dunkelbraun gestrichener und mit Kleidungsstücken und Wäsche gefüllter Koffer aufgefunben, der Irgendwo gestohlen sein dürfte. — Wegen bringenden Verdachte-, am Sonntag Abend ein Sittlichkeit-Verbrechen versucht zu haben, kam ein 20 Jahre alter Arbeiter auS GohltS in Haft. — In der Nacht zum Montag sind in Connewitz au- einem Neubau in der Probstheidaer Straße mittels Einbruchs eine große Menge ZtmmermannSwerkzeuge und aus einer Sellerabtheilung in der Teichstrabe mittel- schweren Dieb- stähle- drei Sülzenwürstc und andere Nahrung«, mittel gestohlen worben. —* Wegen dringenden Verdachts der Hehlerei wurden ein Stztähriger kaufmännischer Ver treter und ein 28 Jahre alter Inhaber einer Gtofswäschehandlung, Beide au» Zeitz stammend, hier verhaftet. Den Beiden konnte nach gewiesen werden, daß sie einen großen Theil von Wcrthpapieren in Höhe von 8000 die am 20. October vorigen Jahre- bei einem Einbruch in der Davidstraße mit anderen Werthsachen gestohlen worden waren, veräußert haben. Die beiden Einbrecher selbst sind schon verurtheilt, der Verbleib der Werthpaptere war damal« aber nicht festzustellen. Die vermuthltchen Hehler haben zu den Dieben in näheren Beziehungen gestanden und so dürfte sich die Dache wohl aufklären. —* Der gestern in der Pleiße in d«r Nähe de- Pfahlbau restaurant- ausgefundene Tobte ist al- ein in der Körner straß« wohnhaft gewesener 28jährtger Schneider re- cogno-eirt worden. Was den Unglücklichen in den Tob getrieben hat, ist unbekannt. — In oer Ebl tch str atze in Sellerhausen wurde gestern Vormittag beim Aus richten eine- Baugerüstes eine Frau mit einem Rüst balken an die rechte Schulter gestoßen und leicht verletzt. ss Gestern Abend in der 0. Stunde suchte sich ein Liebes- paar, et» 22 Jahre alter Markthelser au- Ehrenberg b. Altenburg, sowie eine 24f«hrige Arbeiterin au- L.« Kleinzschocher, in der Wohnung de- jungen Manne«, Gerberstratze 10, zu vergiften. Beide nahmen nach gemein samer Verabredung Pho-phor zu sich, erreichten indeft ihren Zweck nicht, sondern wurden heute Morgen von der Logis- wirthen noch lebend vorgefunden und aus ärztliche Veran lassung nach, dem Stabtkrankenhause gebracht. Der Zu» stand de- Mädchen- ist weniger schwer, der de- jungen Manne- dagegen besorgnißerregenb. Au» den Angaben de» Mädchen- ist zu schließen, baß e- seit längerer Zeit nervenleidend gewesen, das Paar die That daher in einem Anfalle von Schwermuth begangen hat. n. Oschatz, 27. Mai. Heute, Dienstag, vollendet der älteste Einwohner unserer Stabt, der am 27. Mai 1807 geborene frühere Stellmachermeister, jetzige Privat mann Tetchgräberbei gutem Befinden sein 95. Lebens jahr. Der Greis, der vor 14 Jahren seine goldene Hochzeit feierte, seit 0 Jahren aber Wittwer ist, zog sich erst als 8ttjähriger von seinen Berufsgeschäften zurück. — Welchen Schaden unsere Forstleute im Wermüdorf-Huber- tusburger Revier durch Ausgrabung von Fuchs- bautenzu verhüten vermögen, zeigen die Funde bet drei solchen Unternehmungen in den letzten zwei Wochen, wobei man drei Füchsinnen mit je sieben, acht und e l f Jungen erlegte. -tm- Chemnitz, 26. Mat. Eine folgenschwere Explosion erfolgte heute Mittag kurz vor 12 Uhr in dem Hofraume der Büttner' schen Drvgenhand- lung an der inneren Johannisstraße. Der Markthelfer war damit beschäftigt gewesen, ein großes leeres eisernes Spiritusfaß zu reinigen. Die in dem Fasse noch enthalten gewesenen Sptritusdämpfc hatten sich entzündet und waren explodirt. Der Markthelfer wurde bet Seite geschleudert und mußte, da er eine Gehirn erschütterung erlitten hatte, nach dem städtischen Krankenhause befördert werden. Ein zweiter Angestellter der Firma wurde durch die umhergeschleuderten Splitter der zertrümmerten Fensterscheiben am Kopfe verletzt. Zu gleich waren Spiritus in einem in -er Nähe gelegenen Kaffe, sowie die in der Niederlage nahebei befindlichen Borräthe an ätherischen Oelen und spirituösen medt» cintschen Tinctnren in Brand gesetzt worben. Währen der Löscharbeiten der Feuerwehr erfolgten noch mehrere mit lauten Detonationen verbundene Ex plosionen, durch welche die an dem Löschwerke be- theiligten Feuerwehrleute in Gefahr gebracht wurden und welche die Zuschauermenge auf der Straße auseinander stieben ließen. Die Oberfeuerwehrmänner Becher und Matthä-, die Feuerwehrmänner Großer, Ehrich, Nösel, sowie auch Brandmeister Felber wurden durch die ExplosionSflammen verletzt. Die Fensterscheiben in Men Stockwerken der Vorder- und Hintergebäude sind sämmtlich zertrümmert worden. — Die hiesige Straßenbahn beförderte am Tage vor dem Feste 49 703, am ersten Feiertag 69 008, am zweiten Feiertag 80 089, am dritten Feiertag 69 190, zusammen 207 998 Personen. — Chemnitz, 26. Mai. Heute Abend in der achten Stunde ist im Hause Körnerplatz 1 die Markthelfers- ehcfrau Helene Wolf von ihrem Ehemanne, von dem sie seit kurzer Zeit getrennt lebt und mit welchem sie heute Nachmittag Sühntermin bet einem Geistlichen ge habt hatte, zu erstechen versucht worden. Wolf hat seiner Frau, die sich geweigert hatte, ihn wieder bei sich aufzunehmen, in dem Hause, wo dieselbe tm vierten Stock wohnt, aufgelauert, sie beim Verlaßen der Woh nung überfallen, niedergeworfen und mit einem neuen, anscheinend erst gekauften Fleischermcsscr einen Stich nach ihrer Brust geführt, wobei er auf ihr gekniet hat. Da- durch, daß das Messer wahrscheinlich am Corset ab geglitten ist, hat Frau Wolf, die mit den Händen den Stich abzuwchren suchte, nur mehrere Schnittwunden an letzteren erlitten. Auf Anordnung eines Arztes wurde die Frau in -aS Krankenhaus gebracht. Wolf, der nach der That flüchtig geworden war, hat sich dann Abends in der elften Stunde bet einem im Gtabttheil Gablenz patrouilltrenden Schutzmann gemeldet. Er wurde ver haftet. — Werdau, 26. Mai. In Teichwolframsdorf nahm der neun Jahre alte Sohu des Gutsbesitzers Oehler ein in der Stube befindliches Gewehr zur Hand, spielte damit und legte dasselbe schließlich, in der Meinung, cs sei nicht ge laden, auf seinen 2^jährigen Bruder an. Plötzlich ent lud sich die Waffe, und mehrere Schrotkörncr trafen mitten ins Herz des Kleinen. Nach kurzer Zeit mußte da- Kind in Folge innerlicher Verblutung seinen Geist auf geben. * Freiberg, 20. Mai. Der hiesige Stollefactor Fuchß wurde zum Oberstollefactor ernannt. Berginspector Bergmeister Herold in Leipzig übernimmt am 1. Juni die Stelle eines NatheS am hiesigen königl. Bergamte, während Berginspector Bergmeister Seemann hier die Verwaltung der Berginspection Leipzig gleichzeitig übernimmt. — Dresden, 26. Mai. Aus Sibyllenort wirb berichtet: Ter König pürschte in den letzten Tagen wiederholt in den dortigen Jagdrevieren. — Die Königin besuchte am vergangenen Freitag in Begleitung der Hofdame Gräfin Reuttner v. Wcyl und des Generaladjutanten Generals der Infanterie v. Minckwitz das Armenhaus in Dobrtschau. Am gestrigen Sonntag Vormittag wohnten der König nnb dieKüntgin dem Gottesdienste in der Schloßcapelle zu Stbnllcnort bez. der Kirche zu Langewicsc bei. In den Nachmittagsstunden unternahmen beide Majestäten mit den Damen und Herren ihrer Umgebung eine längere Wagenpromcnadc. — Gestern früh ist der Flügeladjutant Oberstleutnant v. Kospoth zur Ablösung des Flügel adjutanten Majors v. Watzdorf in Stbyllenort ein getroffen. Hoffräulein v. A b e k e n wird Sibyllenort heute verlasse«. An deren Stelle wird Hoffränlein v. Oppcll den Dienst bei der Königin daselbst übernehmen. Gleichzeitig wird die Hofdame Frl. v. Naucnborff heute Abend in Sibyllenort eintreffeu. — Dresden, 26. Mai. Bei dem Prinzen Georg fand gestern Nachmittag um 2 Uhr in der Villa zu Hosterwitz Familtentafel statt, an der die Prinzen und Prin zessinnen deS kgl. Hauses, sowie die Erzherzogin Margarete von Toscana theilnahmen. — Der Prinz Friedrich August nahm an seinem gestrigen 87. Geburtstage, an dem von 25 Jahren seine Einstellung in da» Heer beim 1. (Leib-) Grenadier-Regiment Nr. 100 erfolgte, bi« ihm auS diesem Anlasse durch den Commandeur Oberst von Erie gern unterbreiteten Glückwünsche des Regiments entgegen. — Im Anschluffe daran ertheilte Se. Königl. Hoheit dem Masor nnb Adjutanten beim General- commando Bucher Audienz, der von dem commanbtren- den General, General der Infanterie Frhrn. v. Hausen beauftragt war, Sr. Königl. Hoheit da- ihm von dem Könige verliehene DtenstauSzeichnungSkreuz zu über reichen. — Zur Entgegennahme von GrburtStagsglück- wünschen empfing Se. Königl. Hoheit gestern Mittag in Wachwitz die prinzltchen Hofstaaten, sowie Abordnungen der Gemeinden Wachwttz und Loschwitz, ferner heute im Taschenbcrg-Palai- eine Anzahl Herren vom Ctvil und Militär, so die Herren Aerzte, die Officiere nnb Beamten seine» Diviston-stabe«, die Herren Generale und Truppen- commandeur« der 1. Division Nr. 28, Abordnungen be« Erportverein» und des RegattaveretnS u. A. m. — Im Allerhöchsten Auftrage hat sich am vergangenen Sonnabend der königl. Hofmarschall Frhr. v. d. Bussche-Strcithorst zur Beisetzung weiland Sr. Hoheit de» Prinzen Al bert von Sachsen - Altenburg nach Schloß Serrahn begeben. Gerichtsverhandlungen. »S«t,lich«s La,--»richt. s. Leipti«. 27. Mat. Do- fehwer, Etseudadnnnaliick, welch«» sich am »I. «uqust Nachmittag« kurz vor zwei Uhr beim Sttatzeniibergoag Bad« 193 b«r Stricke LAvzig-Hall« der Magde burger Balm ereignet hatte, fand heute vor der Strafkammer Hl des hiesigen Landgerichts die richterliche Ahndung. Wie wir damals ausführlich berichtet haben, kam zur genannten Zeit der Milch händler Franz Mtschke auS Freiroda bei Schkeuditz mit seinem ein spännigen Geschirrauf der Rückfahrt nach Freiroda durch die Breiteufelder Straße in Gohlis. Auf seinem Geschirr befanden sich außer Mtschke noch dessen Ehefrau, dte TtschlerSehefrau Louise Fichtler au- GohlI» und deren beiden Söhne Willy und Martin im Alter von 13 und 10 Jahren. Frau Fichtler wollte in Freiroda mit ihren Kindern das Erntefest feiern. Al» das Geschirr an den Uebergang über dte Magdeburger Bahn kam, fand Mischte die Wegeschranke nicht ge schlossen und fuhr deshalb weiter. Auf dem Gleise wurde aber da» Geschirr durch zwei von Leipzig kommende gekuppelte, leer fahrende Maschinen, von denen die eine nach Schkeuditz, die andere nach Halle bestimmt war, erfaßt. Der Wagen wurde zertrümmert, da- Pferd getödtet und die fünf Passagiere verletzt. Frau Mtschke starb bereit» auf dem Transport zum Krankenhaus an ihren schweren Ver letzungen, ihr Ehemann hatte einen Schädelbruch und schwer« Bein verletzungen davongetragen, denen er im Krankenhaus erlag. Di« beiden Söhne der Frau Fichtler waren mit Arm- und Bein quetschungen, bezw. einer Wunde an der Stirn davongekommen, während Frau Fichtler selbst innere Verletzungen erlitten hatte. Für den Unfall wurde der an vrr Wärterbude 123 angestellte 80 Jahre alte Bahnwärter Gustav Adolf Korth aus Leipzig ver antwortlich gemacht, weil er die Wegeschranke nicht rechtzeitig ge schlossen hatte. Kur heute stattfindenden Hauptverhandlung, in welcher der Assessor bei der Königl. Staatsanwaltschaft Herr vr. Huth die Anklage vertrat, während Herr Rechtsanwalt vr. Hagen die Verthetdtgung Korth's übernommen hatte, waren 26 Zeugen und als Sachverstän dige die Herren Professor vr. Kockel, vr. weck. Merten-, vr. Gehler und Nsenbahnbetriebsdirector Sander geladen. Dem Angeklagten, der seit 27 Jahren im Eisenbahndienst thätig und seit 1881 bei der preußischen Staatsbahn angestellt ist, wird zur Last gelegt, da?: er durch Pflichtvernachlässigung einen Eisenbahnzug gefährdet und durch Fahrlässigkeit den Tod zweier Menschen ver ursacht, sowie drei Personen an ihrer Gesundheit geschädigt hat. Am Tage des Unfalls hatte Kortb früh um 6 Uhr seine» Dienst angetreten. Als der um 1 Uhr 8 Minuten Mittag- von Leipzig nach Halle fahrende Schnellzug vorbei war, öffnet« er die Schranken wieder. Kurz nach V,2 Uhr wurde ihm von Wahren der fahrplan mäßige Arbeiterzug signalisirt. Bald darauf mußte auch, wie Korth bekannt war, von Leipzig eine leere Maschine kommen, die zwar nicht regelmäßig, aber doch seit dem 27. August täglich nach Schkeuditz bezw. Halle gefahren war. Ein vom Glockcnthurm gegebenes einmalige» Glockensigoal ließ ihn vermuthen, daß da» Läutewerk abgelaufen sei, und er ging hin, um dasselbe wieder aufzuziehen. Da sah er plötzlich in etwa 100 m Ent fernung von Leipzig her zwei Maschinen kommen. Er beeilte sich nun, die Wegeschranken am Uebergang der Breitenfelder Straße zu schließen. Auf dieser näherte sich das Geschirr Mischke'S, LaS, weil die Lindenthalrr Straße gesperrt war, Len Weg durch die Breiten felder Straße nehmen mußte. Korth behauptet nun, es hätte der Unfall vermieden werden können, wenn Mischt« auf sein Winken ge halten hätte. Mischte habe aber, obwohl er ihm drei Mal abgewinkt, sein Pferd angetrieben und obwohl er (Kortb) dem selben in die Zügel gefallen, sei es ihm nicht möglich gewesen, das Unglück zu verhüten. Die Maschinen hätten das Pferd zur Seile geschleudert, der Wagen sei in zwei Theile zerlegt worden, von denen der Hintere umstürzte. Die auf dem Vordersitz befindlichen Eheleute Mischke und Frau Fichtler seien herabgeschleudert worden. Erst in einer Entfernung von 200 m vom Bahnübergang seien dte Maschinen zum Stillstand gebracht worden. Nach dem Gutachten des Herrn Universitätsprofessors vr. Kockel ist der Tod der Frau Mischke durch innere Verblutung ringetreten; bei der Sektion wurde neben schweren äußeren Verletzungen auch eine ausgedehnte Zerreißung der Milz und der Leber constattrt, welche entweder dadurch herbeigesührt worden war, daß Frau Mischke aus dem Wagen geschleudert oder in den Trümmern schwer g». quetscht worden war. Dte Verletzungen waren tödtlich. Mischke war in bewußtlosem Zustande in das Krankenhaus St. Jacob ge- bracht worden und ist bis zu seinem am anderen Morgen «r- folgten Tode nicht wieder zu sich gekommen. Er halte schwere Brüche des linken Oberschenkels und des rechten Oberarms davongetragen, der Tod ist bei ihm, wie der al» Sach- verständige abgchörte Arzt vr. meä. MertenS au« Göttingen, der Mischke als Assistenzarzt im hiesigen städtischen Krankenhaus« be- handelt hat, infolge des Blutverluste», der erlittenen Gehirn erschütterung und der infolge von Fettpartikelchen, welch« von d«a Knochenbrüchen in da- Blut und von da in di« Lunge gelangt waren, bedingten Verstopfung der Lungen eingetreten. Frau Fichtler ist 14 Tage im Krankenhaus« verpflegt und dann entlassen worden. Sie kam dann bei Herrn vr. meck. Grßler in GohliS in Behandlung. Sie ist heute noch nicht wieLerherqestellt und leidet infolge de» Unfall» an einer schweren Erschütterung de» Nervensystem» «traumatischer Neurose). Sie kann gar nicht Mehrarbeiten und wird öfter von Schwindel anfällen und Ohnmächten heimgesucht. Nach dem Gutachten d«» Ärzte hat aber ihr Gedächtniß nicht gelitten und ist si« vernehmungsfähig. AIS Frau Fichtler zur Abhörung in den Saal geführt wird, muß sie von zwei Personen unter den Armen gestützt werden, sie nimmt auf einem mit Decken belegten Stuhl Platz und schildert dann den Hergang de» Unglücksfalls, soweit er ihr noch in der Erinnerung ist. Sie wollte mit ihren Kindern zum Erntefest nach Freiroda fahren und hat auf Mischke, der sie mitnehmen wollte, gewartet. Mischke ist ein ruhiger Mann, der nach ihrer Angabe in mäßigem Trab gefahren ist. Sie erklärt, sie habe nicht gesehen, daß Korth dem Mischke abgewinkt habe oder dem Pferde in die Zügel gefallen s«i. Dagegen will sie bemerkt haben, Laß kurz vor den, Zusammenstoß eine Frau vor der Thür LeS Bahnwärterhäuschens gestanden und hineingesprochen bezw. gewinkt habe. Alsbald sei Korth eiligst berauSgekoinmen und unmittelbar darauf sei der Zusammenstoß erfolgt. Cie habe das Bewußtsein verloren und sei erst tm Bahn wärterhäuschen, wohin man sie gebracht hatte, wieder zu sich gekommen. (Tic Verhandlung dauert fort.) Sport. Rad-Lpart. Da» Golden« Rad von Friedenau. In Gestalt eine» 100-Kilometersahren« mit Motorschrittmachern ist am Sonntag das Golden« Rad von Friedinau au»g«irag«n wordr». Di« vorzügliche Besetzung halt« eine solch« Anziehnnglkraft auf da» sportsreundlich-gesinnte Publicum ausgeübt, baß der Sportpark Friedenau bi- auf den letzten Platz mit Zulchauirn gefüllt war. Vom Wetter begünstigt, nahm da- Rennen den besten Verlauf. Sofort nach dem Start ging Robl a» die Spitz« und behielt st« auch bis zum Schluß bei. Siecht wacker hielt sich Dickentmann, auch Ryser war unter den Vordersten. Tom Ltnton hatte Pech mit seiner Führung-Maschin«, einem einsitzigen Motor- Zweirad. Dasselbe versagte ansänglich und al» e» dann lief, war es bereit» zu spät. Bouhour» kam nicht weiter in Betracht. SIrver» gab den aussichtslosen Kampf vor dem Ende auf. So gewann Robl al» erster Deutscher leit dem Bestehen de» Goldenen Rade» diese» Rennen in 1 Stunde 28 Mtn. 18*/, See., womit er den Weltrekord über 100 Irin um fast volle ö Minuten verbessert«. Zweiter war Dickentmann fast 5'/, üm hinter Robl, Dritt«r Ryser 6'/, km hinter Robl, Vierter Lmion 7'/» üm hinter Robl und Fünfter Bouhours 10 üm hinter Robl. Die Flieger- rrunen brachten solgend« Ergebnisse: Niederrad - Haupt- fahr«n: 1. Rütt, 2. Schilling, 3. Arend, Huber endete ohne Platz. Zweisitzer-Hauptfahren: 1. Arend-Rütt, 2. huber- Seidl, 8. Käser-Schilling. tz Di« vier Sieger im Rennen um da» „goldene Rad" startan am Sonntag, den 1. Juni in dem Stnndenrennen auf dem Sportplatz: Robl, Dickent mann, Ryser und Bouhour. Kein Wunder, daß man bet dieser Besetzung mit größter Spannung d«m Rennen entgegensieht. Die Sportplatzleitung hat abgesehen, «inen fünften Fahrer zu dem Nennen zuzulaffen, weil sie diesen vier Fahrern Gelegenheit geben will, ihr« Kräfte ungehindert zu rnt- salten und mit Zuversicht hofft man, daß bet der vorzüglichen Ver fassung sämmtlicher Fahrer wannende Kämpfe brvorstrhen und ein neuer Wellrecord ausgestellt werden wird. Die genannten Fahrer traintren jetzt schon, so weit sie hier anwesend sind, Abend» zwischen 6—8 Uhr auf der Sportplatzbahn. — Mannheim, 2S. Mai. Bet der gestrig«» Kraftsahrt Mannheim-Pforzheim traf August Lehr auf Benzwagen al» Erster ein. Dir Firma Benz erhielt di« golden« Medaille, da von den acht Wagen, dir sie starten ließ, sich» ohn« jeglich« Störung am Ziel einirgsen. Im Ganzen betheiligten sich 21 Fahrzeuge an der Fahrt. (Radwelt.) G Fnßball - Spart. Der Berliner Fußball-Elub „Viktoria" schlug den Berliner Fußball-Club „Britaunia" im Entscheidungsspiel um die Meisterschaft von Berlin mit ö : 1 Vermischtes. — Humbert» Steckbrief. Das vom Berliner Polizei- Präsidium für die Polizei- und Gerichtsbehörde» des In- und Auslandes herauögegebene „F a h n d u n g S b l a t t" veröffentlicht in feiner neuesten Nummer unter Beifügung von sechs Abbildungen folgenden Steckbrief: „In Folge eines Erlasses de- Herrn Ministers vom 18. Mai dieses Jahre- soll auf die wegen Urkundenfälschung und betrügltchen BankeruttS verfolgten, nach, stehend näher bezeichneten Personen gefahndet werden. Im Ermittelungsfalle vorläufige Festnahme, Beschlagnahme der von ihnen mttgeführten Gelder und Werthgegenstände und telegraphische Benachrichtigung de» Herrn Ministers: 1i H » mb « rt, Friedrich, geboren am 19. Juli 1887 zn Paris, ungefähr 1,82 Meter groß, mager, braunes, etwas ergrautes Haar, hellbrauner Schnurrbart, sehr große Hände. Trägt gewöhnlich Klemmer, zuweilen auch Brille; spricht etwas deutsch, englisch und spanisch. 2) Humbert, Therese, geborene Daurignac, Frau des zu 1) Genannten, 10. September 1888 zu Auffome geboren, 1,68 bis 1,65 Meter groß, ziemlich corpulent, starkbusig, dunkelbraunes bochaekämmtes Haar, schöne Zähne, Schönheitsmale tm Nacken und Hinterm rechten Ohr. Spricht nur französisch. 8) Daurignac, Marie, 8. December 1868 zu Aussome geboren, ungefähr 1,86 Meter groß, mager, braunes, leicht ergrautes Haar, schwarze Augen, gute Zähne, längliches Gesicht, etwas schiefe Nase; spricht nur französisch. 4) Daurignac, Romain, 28. November 1887 zu Auffome geboren, 1,62 Meter groß, sehr stark, braunes Haar, brauner Schnurrbart und Fliege; hohe Stirn, schwarze Augen; spricht etwas spanisch. 6) Daurignac, Emil, 2. Februar 1884 zu Auffome geboren, 1,70 Meter groß, sehr staä, kahlköpfig, blonder, ergrauender Bart, frische rothc Gesichtsfarbe, Stiernacken; spricht nur französisch. 6) Humbert, Eva, 1. August 1880 zu Paris geboren, etwa 1,63 Meter groß, blaß, dunkelbraunes Haar, schöne Zähne, lange, schmale Füße; spricht deutsch und englisch. Berlin, Der Polizeipräsident." — Bremen, 26. Mai. Der Grvßkaufmann Earl Schütte schenkte dem Staate im nahen Oberneuland ein idyllisch gelegene- Landgut zur Errichtung eines Genesungsheims für Kinder mit Hilfe eines LcgateSvonllOOOOO^e, welches -er kürzlich verstorbene Kaufmann Walte dem Senate zur Verfügung stellte. — Paris, 26. Mai. Der Minister für die Colonien hat den interimistischen Gouverneur von Mar- tinique ermächtigt, allen Denen aus den Hilfsfonds Ucberfahrtsgelber nach Frankreich oder dessen Colonien zu gewähren, die Nachweisen können, daß sie Verwandte oder Hilfsmittel in dem Lande, nach dem sie sich begeben wollen, haben. In Ausführung dieser An- ordnung sind 967 Personen in Guadeloupe angekommen, wo die Lage nach wie vor ruhig ist. ---- Der norwegische Dampfer „Nornen" ist an der Küste von Irland untergegangen. DaS Schicksal der Besatzung ist unbekannt. Letzt« Nachrichten. * Dresden, 27. Mai. (Telegramm.) Einer Ein ladung deS Kaisers folgen-, «erde« Prinz und Prinzessin Friedrich August von Sachsen am Donnerstag in Berlin zur Theilnahmc an der Frühjahrs parade eintresfen. * Berlin, 27. Mat. (Telegramm.) Auf der Rück reise deS ersten Geschwader- collidirten in der? Nühe der Scilly-Jnseln da- Linienschiff „Kaiser Wil helm II." und der kleine Kreuzer „Amazone" Sei einer Sursändcrung im dichten Nebel leicht. Der Torpedo- brettseitraum der „Amazone" ist hierbei voll Masset ge laufen. Der Kreuzer setzte seine Reise im Verbände be» Geschwaders mit einer Geschwindigkeit vori 11i Seemeilen! bis zum Feuerschiff von Borkum-Riff fort vrid ist von dort zur Reparatur dtrect auf die Kieler Werst geschickt worben. „Kaiser Wilhelm II." hat nur unwesentliche Verbiegungen von Außenhautplatten über Wasser. Bon den Schiff»- besatzungen hat Niemand Schaden erlitten. * Siel, 27. Mai. (Telegramm.) Der Kreuzer „Amazone" ist in Begleitung deS kleinen Kreuzer» „H e l a" heute Vormittag gegen 11^4 Uhr hier etngetrofsen und sofort in die kaiserliche Werft gegangen. * Köln, 27. Mai. (Telegramm.) Schon seit den frühesten Morgenstunden sind die Straßen, die der Trauer» zug mit der Leiche be» Erzbischof- Simar durch zieht, von einer zahlreichen Menge belebt. Bon wett her sind viele geistliche und weltliche Würdenträger zur Theil- nahme an dem Bcgräbniß cingetrofsen. AIS Vertreter des Kaisers wird der Obcrprüsident Nasse der Leichenfeier beiwohnen. Erschienen sind ferner die Bischöfe von Trier, Paderborn und Limburg. Um 8 Uhr begab sich das Metro- polttaneapitel vom Dom nach dem erzbischöflichen Palais, wo die kirchliche Einsegnung der Leiche erfolgte. Hierauf bewegte sich der großartige Trauerzug, an dem viele aus wärtige und einheimische Corporattonen mit Fahnen nud Standarten sich betheiligten, zum Dom. — DaS Domeapitrl wählte den Gcncralvicar vr. Kreutzwald zum Ver weser deS ErzbiSthums. * Stuttgart, 27. Mat. (Telegram m.i Dte Hau» i- Versammlung be« Verein- deutscher Zeit ungsverleger ist gestern hier zusammeiigctreteu. Sie ist aus allen Theilen de- Reiche- zahlreich besuch«: auch auS der Schweiz sind mehrere Vertreter anwesend. Bei dem Begrüßungsabend im Stadtgarten hieß Ja ne ck c-Hannover die ErschiencnenNamenS deS Vorstandes willkommen, während Redactcur Leopold Elben vom „Schwäbischen Merkur" dte Gäste Namen- der württem- bergischen College« begrüßte. * Paris, 27. Mai. (Telegramm.) Nach einer Blättermclbung beantragt dieRegierung bei dem Zu sammentritte der Kammer einen Lreüit von -Millionen Fra ncSfürMartinique. * Washington, M. Mai. lTelegramm.) Der deutsche Katser hat die Generale Sorbin, Bon ng und Wood als persönliche Gäste zur Theilnahmc an den deutschen Herbstmanövcrn cingeladen; die Einladung wird angenommen. BtraaNoortlicher «edacleur Vr, Her«. Rüchlin» kn L«lp»lg. I Für du musikalisch«» Thell Utzatf Autüartzt ia L«ip»l^ KoGßvI* u. 8LwwUtedg «slE.rtlksI. ttajnstr. 2
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder