01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.11.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021125016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902112501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902112501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-25
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Tabellarischer ond Zlffrrnsatz entsprechend höher. — Gebühr« für Nachweisungen und Offrrtenaunahme LS (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgea-AnSgabe, ohne Postbrsörde«ng 80.—, «tt PostbesSrderuag ^il 70.—. Iiuaahmetchlllß fiir Anzeigen: >b«»d->»Agab«: vormittag» 10 Uhr. M»rg«»-Au«gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen Pud stet» an die Expedition pr richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geäffnet do» früh S bi» abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von T. Polz in Leipzig. Stu 5SS. Dienstag den 25. November 1902. 88. Jahrgang. Etwas ist faul im Staate Dänemark. * Nicht im Dämmerlichte deS Abend», sondern am lichten Tage sahen die Wachen, die sorgsam nach allem auSspähen, wa» dem Staate Gefahr bringen könnte, schon seit längerer Zeit eine gespenstische Erscheinung, die Vorbote schlimmer Zeiten zn sein schien. Unlängst kennzeichneten wir diese Erscheinung und da», wa» sie für die bevorstehenden ReichStagSneuwahlrn bedeute, folgendermaßen: „DaS Wahl schiff ist stark und ungewöhnlich beschwert mit äußerst peinlichen Zwischenfällen, die zum Teil einen Stich in» Soziale haben und darum in weiten Kreisen um so dicker angekreidet worden sind. Schlimme Zwrikampfsachen und deren noch schlimmere oberinstanzliche „Erledigung", wiederholte gewagte Verhaftungen, brutale, vielfach ohne Zweifel ungesetzliche Behandlungen der Festgenommeneo, die Affäre Trakehnen, die Vorgänge in Grimmen, eine ganze Reihe von Beweisen, daß Hamlets Wort vom „Uebermut der Aemter", der dem Bürger oft da» Leben verleide, noch immer gilt. WaS die preußische Regierung zu Beginn der Wahlkampagne ihre Organe tun lassen wird, wissen wir nicht. WaS aber die letzten anderthalb Jahre an langt, so muß man ihr nachsagen: sie hat starke Wahlbeeinfluffungen getrieben, aber nicht für die Partei, der man sie selbst zu rechnet, sondern für die Sozialdemokratie und den extremsten bürgerlichen Radikalismus." Dasselbe dachten Tausende. Endlich, am letzten Sonn abend, hat man daS Gespenst in den Sitzungssaal des Reichstag» hineiubeschworen, um e» weuigstruS von einer Seite genau z» betrachten. Aber eS waren nicht die Wächter de« Staate», nicht diejenigen Fraktionen, die so gern al» die Hüter de» Rechtes und der Ordnung angesehen sein wollen, die daS Gespenst beschworen, um e« der Ruhe des Grabes wiederzugeben; sie waren am spärlichsten im Hause vertreten, nachdem sie denen, die unheilkündende Erscheinungen zur Ver ängstigung und Verwirrung der Gemüter auSnutzen, e» überlassen hatten, die düstere Gestalt in den Saal zu bannen. Hatten sie besorgt, eS könnte ihnen au irgend einer Stelle übel gedeutet werde», wenn sie zuerst und vor allem ven Geist befragten, WaS ihn herauf an» Licht getrieben? Was es auch sei: sie bewiesen, daß etwas faul ist im „Staate Dänemark", und zwar gerade au der Stelle, die besonders berufen wäre, böse Geister bannen zu helfen und den verängstigten Gemütern Vertrauen auf die „staatöerhaltenden Kräfte" im Parlamente wiederzuzeben. Uub noch mehr, noch Beängstigendere» zeigte sich. Im Namen de» Reichskanzlers erklärte der Staatssekretär l)r. Nirberding: „Der Herr Reichskanzler verwirft und verur teilt nachdrücklich und entschieden jeden amtlichen Uebcrgnsf gegen Personen, die da« Unglück haben, ia Verdacht zu geraten, oder ia der traurigen Lage sind, zeitweilig der Freiheit verlustig zu gehen. Er verurteilt derartige Neber- griffe jeder Art, ob klein, ob groß, ob von gerichtlichen oder Verwaltungsbehörden begangen, ob ausgehend von höheren Beamten oder von unteren Organ«, ob begangen aus Nach lässigkeit, Schlendrian, Taktlosigkeit, Ueberhebung oder Bos heit. . . . Der Reichskanzler erwartet, daß die Beamten sich bewußt bleib«, daß die persönliche Freiheit eines der höchsten Güter der Staatsbürger ist, und daß, wenn sie iu die Lage kommen, diese anzutasten, die» unter allen Umständen mit äußerster Vorsicht geschehen muß. Der Reichskanzler ist sicher, daß er in dieser Meinung zusammentrifft mit der Auffassung der verbündeten Regierungen, welche jeder Zeit gern die Gelegenheit wahrnehmen werden, überall da, wo Verstöße der vorbezeichneten Richtung erfolgen, entschieden und energisch einzugreifen." Der Sitzungsbericht verzeichnet nach diesen schönen Versicherungen kein „Bravo I" Und wie hätte er dies auch können? Mußte man sich doch auf allen Seiten deS Hauseö sagen, daß der Staatssekretär deS NeichS- justizamteS im Namen des Reichskanzlers nur Selbslver- stänklicbeS, längst Bekanntes — wenigstens den Hörern aus den Bänken der Rechten längst Bekanntes — erklärte und die Frage nur noch brennender machte, wie trotz der be kannten und zweifellos gerade den gerichtlichen und den Ver waltungsbehörden oft genug einzeschärslen Willensmeinung deS Reichskanzlers und der verbündeten Negierungen so zahl reiche Fälle von Zuwiderhandlungen vorkommen konnten. Leider wurde diese Frage in der Debatte nur leise gestreift — wabl scheinlich aus demselben Grunde, au» dem die „staats erhaltenden" Fraktionen eS der Sozialdemokratie überlassen hatten, die Gespenstersitzung herbeizuführrn. Nein, nicht nur wahrscheinlich, sondern jedenfalls. Man braucht nur zurück zudenken an die Sitzung vom 2 l. Oktober mit ihrer wichtigen zollpolitischen Rede deS Reichskanzler». Nicht daß sie ohne allen Eindruck auf die sogenannte Kompromißmehrbeit deS HauseS geblieben wäre. Ihr Hinweis darauf, daß ein agrarischerer Reichskanzler in absehbarer Zeit nicht denk bar sei, führte eine lebhafte Bewegung in den Reiben dieser Mehrheit herbei, aber lediglich deshalb, weil Graf Bülow an dieser Stelle auf einen höheren Willen al» den seinen hindeutete. Seine übrigen Versicherungen nahm man hin, als seien sie Luft, und trotz ihrer und trotz gleichlautender Kundgebungen berufener Vertreter der rioflußrrichsteu Bundesstaaten dauern die Versuche fort, den Bundes rat samt seinem Vorsitzenden „umzustimmen." Man rechnet dabei, ohne eS direkt zu sagen, auf eben jenen höheren Willen, auf den Graf Bülow am 2l. Oktober hin gewiesen, und hält den Reichskanzler für nichts wie den willenlosen Vollstrecker dieses Willen». Bei dieser Anschauung ist eS denn auch ganz natürlich, daß man im Reichstage meint, auch in anderen, in Beamtenkreisen gelte der Wille deS Reichskanzlers und der verbündeten Regierungen nicht besonders viel und auch hier richte man sich mehr nach anderen Direktiven, von denen man aus diesem oder jenem Grunde annehme, sie fänden Billigung und Befürwortung an einflußreicherer Stelle. Hätte man am Sonnabend im Reichstage so offen sein wollen, wie das Staatsinteresse eS erheischt, so hätte man die durch die Erklärung deS NeichSjustizsekretärS noch brennender gewordene Frage, wodurch trotz der allbekannten und gerade den Behörden vertrauten WillenSmeinung des Kanzlers und der einzelstaatlichen Regierungen so vieleZuwiderbandlungen möglich geworden seien, dahin beantworten müssen, daß dasAnsehen deS Kanzlers und dieser Negierungen brdauer licher und bedenk licher Weise erheblich gesunken ist. DaS hat man nicht sagen mögen, und so ist die ganze lange Debatte, trotz jener feier lichen Erklärung, eigentlich auSgegangen wie das Hornberger Schießen. Oder glaubt irgend jemand daran, daß diese Erklärung viel und längere Zeit fruchten werde? Das verhütet schon da» bekannte Schicksal jener politischen Beamten, die nicht nur im preußischen Landtage gegen die Kanalvorlage stimm ten, sondern auch gegen sie agitierten, deshalb der Maßregelung verfielen und trotzdem allmählich fast samt und sonderS die Treppe hinaufgefallen sind, als weithin sichtbare lebendige Zeugnisse der Tatsache, daß im führenden deutschen Staate ver schiedene sehr einflußreiche Strömungen wirksam sind und selbst für Beamte da» Zuwiderhandeln gegen die Weisungen der offiziellen Spitzen zuweilen zu einem sehr vorteilhaften Geschäfte machen. Hat Graf Bülow vielleicht gefürchtet, daß er daS zu hören bekommen werde, wenn er am Sonnabend persön lich im Reichstage erschiene und die sozialdemokratische Interpellation selbst beantwortete? Wir glauben es nicht, denn Graf Bülow kennt seine Pappenheimer und ihre Rücksichtnahme wohl besser. Und wenn einer, so weiß er zweifellos ganz genau, was — abgesehen von dem schwachen Pflichtbewußtsein deS größten Teils der jetzigen ReichstagSmit- glieder und der zarten Rücksichtnahme der „staatserhaltenden" Fraktionen — faul ist „im Staate Dänemark", was eS den Sozialdemokraten ermöglichte, da» graue Gespenst ia den ReichStagSsaal zu beschwören, und aus welchem Grunde die zahlreichen Mißgriffe möglich waren, die im schreienden Gegensätze zu seinen und der verbündeten Negierungen wohlbekannten Grundsätzen stehen. Aber verdenken kann man eS ihm nicht, daß er das nicht selbst sagen und nicht vor versammeltem Reichstage in der Rolle des Hamlet auftreten mag, der gar wohl weiß, was zu bessern wäre, aber weder bei Rosenkranz, noch bei Güldenster» — die Konservativen des Reichstags wie die Klerikalen rufen zwar nach einem „starken Mann", suchen aber dem, der ihnen seine Stärke nicht unbedingt zur Verfügung stellt, das Rückgrat zu brechen — Unterstützung, noch in sich selbst die Kraft findet, den Riß, der durch daS Wollen der Reichs- leitunz geb«, zu heilen. Deutsches Reich. K Leipzig, 24. November. Die „Gartenlaube" bringt in ihrer soeben erschienenen Weibnacklönuinmer eine Reihe bisher ungedruckter, neuerdings an unvermuteter Stelle ge fundener Briefe Bismarcks an feine Gemahlin aus den sechziger und Ven siebziger Jahren, sowie gleichfalls unver öffentlichte Briese Kaiser Wilhelms I. an Vtsmmck. Von den Briefen dcS Kaisers ist besonders der vom 6. Februar 88 zehn Uhr abends datierte nicht nur wegen seines Inhalt», sondern auch deshalb interessant, weil es der letzte ist, den er an seinen treuen Diener gerichtet bat. Der m Faksimile der „Gartenlaube" beigegebene Brief lautet: An den Fürsten Bismarck. Unmöglich kann ich den heutigen Ehren- und Friedlichen CiegeStag vergehen lassen, ohne Ihnen und mir Glück- (und) Dankes-Wunsch zum heutigen Reichs-Tags-Ereigniß, anszusprechen, der in seiner Erscheinung und Wichtigkeit einzig Laslehet, da olle Partheiung verschwand, und Ihnen Len allgemein anerkannten Ruhm zollte! Möge nur Ihre Gesundheit von der zu großen Leistung nicht leiden!! Ihr Ten 6. 2. 88. dankbarer König 10 Uhr AbLs. Wilhelm. I- Leipzig, 24. November. Wie unö ein Privat trie ft ramm aus Augsburg meldet, erfährt die „Augsburger Abendzeitung" aus gut unterrichtet« Kreisen als bestimmt. daß die Ernennung des neuen bayerischen Justiz ministers unmittelbar bevorstebe. Iustizminister werde der bisherige ReichSgerichtSrat Miltner-Leipzig. 8. Berlin, 24. November. (Parität beim Kollel- tieren.) Das katholische St. Elisabeth-HauS der grauen Schwestern in Halle a. S. betreibt gegenwärtig in Halle-Stadt und Land eine Hauskollekte für seine Krankenpflege. In der von dem Overpräsieenten in Magde burg ausgestellten Genehmigung dieser Sammlung ist ausdrücklich eine Hauskollekte in Len besseren Haus haltungen ohne Unterschied der Konfession zugestanden worden; und nach dieser Bestimmung bandeln die Schwestern, nur baß sic, wie wiederholt beobachtet wurde, Haus bei Haus absuchen, Wohl m der Erwartung, daß sich überall „bessere" Haushaltungen finden werben. In weiten Kreisen der Bevölkerung von Halle und Um gegend ruft diese obrigkeitlich bewilligte Kollekte eine nicht geringe Erregung hervor. Ein „Eingesandt" der „Halleschen Zeitung" vom 2l. November sagt mit Recht: „Es ist min destens eine große Naivetät, einem evangelischen Ebristen zuzumulen, daß er durch seine Beiträge eine Anstalt erhalten helfen soll, die einesteils überhaupt unnötig, andern- teils aber jedenfalls ein Werkzeug zur Schädigung seiner eigenen Kirche ist. Daß in römisch - katho lischen Krankenhäusern wer weiß wie ost Proselyten- macherei getrieben ist, weiß jedermann." Wir fügen hinzu: nicht jedermann weiß aber, baß diese Piopa- ganda nach feierlichen Erklärungen der höchsten römisch- katholischen Kirchenbehörde, d. h. des Papstes Leo XIII. selbst, den Verwaltungen von katholischen Krankenhäusern, welche Kranke anderer Konfession aufnehmen, zur amtlichen Pflicht gemacht worden ist. DaS ojfizielle Organ der römischen Kurie in Rom, die „Analecta Ecclefiastica", vom März 1899 bat im 3. Heft, S. 98 ff., eine Entscheidung deS Papstes vom 26. Dezember 1898 veröffentlicht, w lche in dieser Hinsicht nicht den geringsten Zweifel übrig läßt. Die Ueberschrift dieses Aktenstückes lautet: „Einem sterbenden Häretiker, welcher seinen eigenen Geistlichen verlangt, ist nicht zu willfahren, sondern katholische Personen, welche ihn pflegen, müssen sich passiv verhalten." Die Anfrage der General-Oberin deS Instituts der „Geringen Schwestern der Armen", auf welche diese Entscheidung erfolgte, ging dadin, ob einem Nichtkatholilen in den Pflegebäusern, nach dem alle vorherigen „Versuche, daß er, bekehrt, im Schoße der wahren Religion sterbe", sich als vergeblich erwiesen haben, die Assistenz eines kctzeriichen Geistlichen auf seine Bitte gewährt werden dürfe. Die rom Papste unter dem obigen Dalum bestätigte Antwort der betreffenden Kardinalökongregation vom 14 Dezember 1898 lautete: „Daß dem Prälaten, den Nonnen wie den anderen der Direktion oder dem Spitaldienst unterstellten katholischen Personen nicht erlaubt sei, kranken Nichtkalholikcn direkte Dienstleistung zur Herbeirufung eines eigenen Geistlichen zu tun." Nur die eventuelle „Dienstleistung einer Person, welche zur belr. Sekte gebürt", soll gestattet werden. Wenn nun aber solche Personen in dcni katholischen Krankenbause nicht vorhanden sind? Wenn die katholischen Bediensteten sich auch nickt die geringste Mübc geben, deren Vermittelung berbeizufübren, da sie ja dann an dem „Sakrilegium" sich „direkt" beteiligen mürben? Die päpstliche Entscheidung ist seinerzeit auck in der deutschen Presse wiederholt veröffentlicht worben. Es scheint aber nötig, immer wieder auf die den katholischen Krankenhäusern zur religiösen Pflicht gemachte Intoleranz den Finger zu legen. Tann wirb eS bock vielleicht erreicht werden, daß sick die königlichen Oberpräsibien, die zur Genehmiguug von HauS- kvllckten allein kompetent sink, sehr ernstlich die Frage vorlegen, ob sie zu derartigen Sammlungen, die bei den gegenwärtigen gespannten konieffionellen Verhältnissen weithin den größten Anstoß erregen, ibre obrigkeitliche Bewilligung geben sollen. Feuilleton. Lrupp. Friedrich Alfred Krupp, der am Sonnabend nach mittags in Essen an der Ruhr in seiner Billa „Hügel" einem Schlaganfalle erlegen ist, ist nicht zu hohen Jahren gekommen. Er war am 17. Februar des Jahres 1854 ge boren und hat demnach nicht einmal das 49. Lebensjahr erreicht. Er war der einzige Sohn Alfred Krupps, nach dessen im Jahre 1887 erfolgten Tode er die Leitung der riesenhaften Krltppschcn Werke übernommen hatte. Be kanntlich war es Alfred Krupp, unter dem die großen Gußstahlwerke und Geschützgießereien in Essen so gewaltig emporgeblüht waren. Aber auch Alfred Krupp war nicht der Begründer des Hauses gewesen, denn schon der Groß vater des heute Verblichenen, Friedrich Krupp, befaß in der Nähe von Essen ein kleines Hammerwerk und be schäftigte sich dort seit dem Jahre 1810 mit Versuchs arbeiten zur Auffindung eines guten Verfahrens zur Her stellung eines TtcgelglkßstahleS. Im Jahre 1816 errichtete Friedrich Krupp bet Essen ein kleines Werk, aber erst 1841 begann die Verwendung deS GutzstahleS in gröberem Maßstabc. Skur mittels finanzieller Unterstützung treuer Verwandter und Freunde gelang es, die Fabrik zu er halten. Da stellte Alfred Krupp auf -er Londoner Aus stellung im Jahre 1851 den größten Tiegelgub, hoch polterte, harte Walzen und eine SechSpfünber-Mantel- kanone mit Gußstahlrohr auö. Bon diesem Zeitpunkte an datiert der Aufschwung der Fabrik. Die Bestrebungen Krupp«, Feuerwaffen ans Gutzstahl herzustellen, waren von Erfolg begleitet, und die neuen Stahlbereitungs verfahren von Bessemer und SiemenS-Marttn ermüg. lichten eine billigere Massenproduktton. Die Haupt- spezialität der Gußstahlfabrik blieb auch nach Einführung der anderen Stahlbearbeitungsverfahren die Herstellung des Tiegelgußstahles in großen Blöcken. Für Kanonen blieb derselbe nach wie vor ausschließlich in Anwendung. Tie jetzige Bewaffnung der deutschen, wie nicht minder der österreichisch-ungarischen, der italienischen nnd der russischen Feldartillerie hat eine Kruppsche Geschütz konstruktion zur Grundlage. Nach dem Tode Alfred Krupps entwickelte sich sein Werk immer weiter. Im Jahre 1892 erfolgte die Ueber- nahme des Gruson - Werkes in Buckau bei Magdeburg durch das Kruppsche Unteruehmen. Das Grusvu-Wcrk verfügte über 12 Millionen Mark Kapital, 3500 Arbeiter und eine durchschnittliche Tagesproduktion von 5400 Zentnern Hartguß, namentlich Panzerungen und Geschosse aller Art. 1896 übernahm Krupp des weiteren den Be trieb der Germania-Werft in Kiel mit fast 3000 Arbeitern. Die gesamte Arbciterzahl der Kruppschen Werke beträgt gegenwärtig 46 000 Mann, so daß einschließlich der An gehörigen jedenfalls weit mehr als hunderttausend Menschen ihren Lebensunterhalt von Krupp beziehen. Binnen fünfzig Jahren ist die Einwohnerzahl der Stadt Essen von 10 000 auf IM 000 emporgeschnellt. Wie schwer der Einfluß des Kruppschen Unternehmens hierbei in die Wagschalc fällt, geht auS der Tatsache hervor, daß die Arbeiterschaft der Essener Krupp-Werke im Jahre 1849 nirr etwa 1 Prozent, 1898 dagegen 22 Prozent der Ein- wohnerfchaft von Essen ausmachte. DaS Jahreseinkommen Friedrich Alfred Krupps beziffert Richard Ehrenberg in seinem Werke über „große Vermögen" auf 12 bis 15 Millionen Mark. Bis Ende 1898 hat die Essener Fabrik mehr als 87 000 Geschütze geliefert. Im größten Stile haben Krupp uud sein Vater bereits für die Wohlfahrt der Angestellten uud Arbeiter des HauseS vorgesorgt. Bet Krupp gibt eS etwa 4000 Be amten- und Arbeiterwohnungen, mit je einem bis sieben und mehr Räumen, die Miete beträgt durchschnittlich 40 bi- 50 für jedes Zimmer. Es gibt ferner eine Konsum- anstatt für die Kruppschen Arbeiter, die auf solche Weife alle ihre Lebensmittel in bester Qualität beziehen löunen. Anfangs geschah das zu Engrospreisen, jetzt zu Detail preisen, aber unter Zurückzahlung des dabei erzielten Ge winnes an die Arbeiter. Eine Pensionskasse, zn der die Firma jährlich Million. Mark beisteuert, bezahlt den ausgedienten Arbeitern Pensionen von 40 bis 70 Prozent des Jahresverdienstes, Witwenpensivnen von 50 Prozent der den Männern zustehcnden Pension, sowie kleinere Renten für Hinterbliebene Kinder. In« Jahre 1897 wurden aus solche Weise fast 800 MO ansgezahlt. Vvtt 1885 bis 1897 wuchs die Zahl der Kruppscheu Pensionsempfänger von 240 auf 1920 an. Von den 3700 Kruppschen Arbeiterwohnungen wechselten in den Jahren 1887 bis 1891 kaum 3 Prozent jährlich ihre Mieter. Dieser Umstand läßt mit Sicherheit erkennen, daß das Haus Krupp über einen ansehnlichen Stamm ständiger Arbeiter verfügt. Alfred Krupp hat bekanntlich seit dem Jahre 1872 einen sehr schroffen Kampf gegen die Sozialdemo kratie geführt. Ohne daß er das Vordringen sozialistischer Anschauungen unter seiner Arbeiterschaft zu verhindern vermochte, wußte er doch durchzusetzen, daß, abgesehen von den beiden allgemeinen Kohlenarbeiterstrciks in den Jahren 1872 und 1889, in den Kruppschen Werken keine ArbettSeittstcllnng erfolgte. Der Verstorbene war Mitglied des preußischen Herren hauses und des Staatsrates. Dem Reichstage gehörte er als Hospitant der Freikonservativen von 1893 bis 1898 für Essen an. Bei den Wahlen von 1898 unterlag er mit 27 498 gegen 30 108 Stimmen dem Zentrumsabgeordneten Stoeyel. Ebenso wie Freiherr v. Stumm hat Krupp keinen Sohn zur Fortführung des väterlichen ErbeS hinterlassen. Zwei Töchter betrauern mit der Witwe feinen Heimgang. Wenn auch die Grundlage zur industriellen Welt machtstellung der Firma Krupp vom Bater Krupps gelegt wordeu war und Alfred Krupp nur a,ff diesem soliden Untergrund weitergebaut hatte, so ge bührt ihm doch das Verdienst, die Wohlfahrtsfürsorgc für die Arbeiter des Etablissements in einer Weise ausgebilde, zu haben, daß die damit in Verbindung stehenden Ein richtungeu wenigstens auf dem Kontinent nirgends ihres gleichen haben. In das Programm der in diesem Sommer iu Düsseldorf tagenden sozialpolitischen Kon gresse war auch ein Ausflug nach Essen ausgenommen. Die Besichtigung der Wvhlfahrtseinrichtungen machte namentlich ans die anwesenden Franzosen und Engländer den tiefsten Eindruck, welcher iu erster Reihe die Fran zosen zu gewaltigcu enthusiastische» Lobeserhebungen ver aulaßte. Von den 27 000 Arbeitern, die in Essen beschäftigt sind, ist weit mehr als ein Drittel mit den Familien tu Kruppschen Häusern nntergebracht. Mit der Vergrößerung der Betriebsanlagen hielt auch immer der Ban neuer Arbeiterwohnhäufer gleichen Schritt. Waren vorher noch große Arbeiterkasernen gebaut worben, so hatte Alfred Krupp daS Cottagesystem eingeftthrt. So wurde im Jahre 1894 die Kolonie „Alfred" gegründet. Nur ein oder zwei Familien sind in diesen Villen, die von kleinen Gärten umgeben sind, nntergebracht. Nm den Arbeitern auch billiges, zweckentsprechendes Mobiliar zu verschaffen, das auch ästhetischen Anforderungen genügen sollte, bat Krupp eine Preiskonkurrenz ausgeschrieben, an der sich die hervorragendsten Firmen Deutschlands beteiligt hatten. So wurden den Arbeitern für billiges Geld, nach dem Krupp Masscnbestcllungcn vorgenonn cn hatte, Woh nungseinrichtungen von solcher Qualit t und Schönheit zur Verfügung gestellt, wie sie sonst kaum in den Be hausungen deS mittleren Bürgerstandes zu finden sind. Die WohlfahrtSeinrichtungen begleiten die Arbeiter buchstäblich von der Wiege bis zum Grabe: Wöchncrinnen- heime, Kindergärten, BolkSfchulen, HauShaUuugs- und Kochschulen, Kranken-, Stechenhäuser und Altenheime. Wir sahen Gruppen alter Arbeiter in diesem Altenheim, welche in reinlicher Kleidung mit der Behaglichkeit eines Ren tiers ihre Pfeifen rauchten. Auch bi« Pflege der Gesellt««
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