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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 03.09.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19100903026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1910090302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1910090302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1910
- Monat1910-09
- Tag1910-09-03
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Liese» Matt wird den Lesern »on Dresden und Umgebung am läge »ortzer bereit» «I» Mena-Hiirgsbe tugestevt, wöhren» r» die V«st vvonuente» am Morgen in einer Gesamtausgabe erhallen. 54. Jahrgang, 248. vezugggrhntzr eiertettätzel. für Dr>«, »«n t»t tätlich tw«i- >»Lli««rZutraaung <»„ Sonn, und Moniagk,, nur «inmalt 2 L0 Mt, »urch au«wLrli,«M>m. mtssivntr« ü.bO Mk. 2«»> >tn,»»I,g«r >iu- ilrUuoa durch die Pui» !>M.,°hn«B-fteIlj«l»>>. rie de» L-lern »o» Ir««d«>> u. Um^rbun, on, Lago »orhrr zn- .,kjl«tlten Ädrnd.AnS- „nd«n «rdoilrn dl« au»- narllaen X»«jl«d«r »>it der Mor««n Au»gad« ,ulamm«n jua«sl«llt. Nachdruck nur mi» deut lich«« Qu«llen»ngad« ,,Dre«d. Slachr.-i ,u- >»««,. — IlnotklMl« Manultrivle m«M«n »ich» aulbrwachrt. TvMabend, 3. September 1VW. Tcleq ramm-Adresse: Nachrichten Dresden. Druck und Verlag non tiepsch L Reichardt in Dresden. Hauptgescbästsstcllc: 7Narienstrafte 58 10. Femsprecher: 11 . ÄüSli »ü««»l IS a LL r»A LL r» 8 4 ----- Vrescken-F., Victoriastralie 5—7. —^ künrtleriiicke Wohiiuiiedeiurichiuiixeu in mociernei, nnci 8ti>forn,en von 2bM sZI.rrlc cm. kctle formen, eclitex «interial. o Lroke». kottlmilenö e,8-in/.lel» laxer in or!entsli»ciien uncl «ieutrclien leppielien. o stunxtverlce, Antiquitäten, Kleinxerät, Iceramixclie nnel textile lrreuxnisxe, keleuclitunxdilörper, :: :: :: :: .: :: -- Oaräinen, Aickereien, 8t»sfe. c> Vorschläge un>> Vorunscliläge hostenlas. :: :: :: :: ^ :: :: :: - Anzeige«-rarif Annahme vt'il Ankuu> r»fliUlqe»t bi„ ttachui. 71 nur. L0tttii>is,i» nur Ä'imiriiiNos.r 5» ron >1 fti^. > .1 ilftl. Tie ritüt'tt'.li»^ «»-ruuüzeilr k rrlftttt i 2.» s«s.. '^U.ntllte i e Ttlüvi'u «) ^ .'tu ei^ril „ns ter r'tlUtUirtte -ft»,«- i-'«-. kucveijva.li.se --.Zi» '.i.'nniuurn nach StM« u ^kirnaqrn die rt:i'„tUilgt t^lnui.'^ 5 -^ :rOs>i..,>il, ^itdiul- ti'i^e ^0 ,>„miueu- »'.'tt.l.tirftt-ii „. T re-rr-ci» dlkt'tlui^d^ue 25» H i.— te^lurr kujtec 10 iz.>s. ALrv orttge ^Lefev. Da« neue R c i ch ö in i l! t a r g e r i ch t s g e p ä >: d e in Berlin ist heute mittag in (Gegenwart de« Kaisers feierlich cingeweiht worden. Die beiden auf Bortuin unter L p i v n a g c v c r d a ch l vcrlia steten Engländer sind in das Leipziger llntersuchungsgcsängnis cingcliesert worden. Die Interparlamentarische Union in Brussel hat ihre Arbeiten beendet und bestimmt, datz sie lNll in Rom tagen wird. Der dänische Dampfer „O e t a", mit 8 kl Rin dern nach Kiel unterwegs, ist aus der Reede non Korsör mit einem dänischen Dampfer zusammengestvtzen und so fort gesunken. Die Mschteuerung beschäftigt die öffentliche Meinung in steigendem Meiste, und die Sorge »der Regierenden sowohl wie alter anderen berufene» Faktoren der allgemeinen Volkswohlsahrt ist aus die Erwägung und Ergreifung von Mastregelu zur tunlichsten Abhilfe des drückenden Rotstandes gerichtet. Wesentlich erschwert werden die hieraus gerichteten Bemühungen durch das agitatorische Treiben des bürgerlichen Radikalismus und der Sozialdemotraiie, die beide emsig bestrebt sind, die Sachlage ten denziös zu verschiebe». um mit ungcrechtsertigten Augrissen gegen die deutsche Landwirtschaft ein plan- inästiges Kesseltreiben gegen den zollpolitischen Schutz der nationalen Arbeit überhaupt ,;n verbinden. Demgegen über kann nicht vst genug betont werden, das; die Fleisch teucrung nicht allein in Deutschland besteht, w» dern ganz Mitteleuropa, vor allem auch Tester re ich, die Lchweiz nnd Holland ergriffen hat. Die agitatorische fordernug nach schrankenloser Tessnung der Grenzen lann, wie jüngst der sächsische Landcskultnrrat eingehend dargelegt hat, niemals der niigcnblicklichen svlcischtiiappheit abhelfeu; dazu ist in wirksamer Weise nur die r n ergi s ch c Iörücrung der einheimischen Biehzucht imstande. Die Herbeiführung eines obsrktiven Urteils über die Lage zu unterstützen, sind nachstehende Auslassungen des amtlichen „DrcSdn. Ioiirn." hervorragend geeignett „Gegenüber den zahlreiche» Ausstellungen und Hilfs mitteln, auf die in vsscntlichen Bersamnunngcu und Reso lutionen hingeivicscn wird, nm einer Erhöhung der ,rlcischprcisk vorziibeugen oder sie abzuschwächen, möchten alle Kreise sich znnächst einmal die tatsächlichen Berhälk- uisse klar machen. Sic werden dann etwas weniger ge neigt sein, ohne nähere Prüfung Maßregeln zu cmpschlen, mm denen eine Besserung überhaupt nicht zu erwarten steht. Wie steht cs in erster Linie mit der Einfuhr von Bich und woher ist eine solche möglich? Tic Einfuhr non Schlachtvieh ist griindsätzlich gestattet auS: Oesterreich-Ungarn: Rinder und Schase, Schweine bis zn 8IUMI Stück jährlich nach ü Grenzschlakhtliäuser» in Bauern und Sachsen: Schweiz: Rindvieh «mit Ausnahme einiger vorübergehend gesperrter Kantvnci: Luxemburg: Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine: Dänemark: Schafe und Ziegen, Rinder nach vorheriger Tuberkulinprobe in den Sec- quarantäneanstalten: Rußland: Schweine wöchentlich '.'all» Stück nach bestimmten Schlachthüfen des obcrichlesi- schen Iiidustricbczirls: Amerika: Schase, Ziegen, Schweine nach vierwöchiger Quarantäne. Die Einfuhr von Sch l a ch t r i n d c r n nndSchafcn ans Qcstcrrci ch- Ungarn ist seit 1!Mä beständig zurückgcgangen, vor allem wegen des beständigen Ansteigens der Bich- und l e i s ch p r c 1 s c auch in Oesterreich Unga r n. Bon den ans Oesterreich-Ungarn zur Abschlachtung zugclaisenrn Schweinen «><«>lluä Liücki sind tililh bis 1!M jährlich nur einige Tausend Stück Um ersten Halbjahr Illlü nur hält Stück! cingesührt worden. Seitdem unterbleibt die Einfuhr einerseits wegen der starten Verbreitung der Lchwcincseuche nnd Schweinepest in Oesterreich Ungarn, anderseits mit Rücksicht aus die hohen Lchweinepreise, die in Oesterreich iclbst bezahlt werden. Auch das ans Rußland zugelassene Schweine konlingcnt wurde >u den letzten Jahren nicht voll auS- genutzt. Für die Einsuhr von Nutz- nnd Zuchtrinderu aus Böhmen in die l»reuzamts>ia»ptmaliiischastrn bestehen alle innerhalb des Rahmens des Bichscuchenübercinkom- mens mit Oesterreich-Ungarn möglichen Erleichterungen: auch iviiröe eine neue Einfuhrstelle «Wcrnitzgrü»! eingerich tet. Die F l c > s ch c i n f u h r ist aus allen Ländern gestattet mit Ausnahme von Belgien iRindilcisch ver boten!. Rußland, Hinterländer von Oesterreich-Ungarn .lind Amerika iRindsleisch vcrbotciis. Auch die Fleisch ei n s n h r ist in den letzten Jahren namentlich aus Qestcrrci ch -Ungarn zurückgega n g e n. Alle die hiernach noch bestehenden Absperrmaß- regeln sind notwendig: denn die schlimmste B c r t e u e r u ng des Fleisches würde n w ir er leben bei Ausbreitung von Tierseuche n. I n- solgc der Gcschlvsienhaltulig der meisten «eircnzcn für die Bieheinfuhr ist es gelungen, Deutschland von schweren Verseuchungen, namentlich durch Maul- und Klaiienscuche, Schaipvckcn und Lungenicuche srcizuhalteu und vereinzelte Ausbrüche, die infolge Einschleppungen von Maul- und Klauenseuche und von Lchaspocken aus Rußland, sowie von Maul- und Klaiienicuche ans Frankreich uorgckom- men sind, auf ihren Herd z» beschrnnten. Dos im Jahre 1V1I in Kraft tretende neue Viesenchengesetz wird zur Lcuchciibckämpsung noch bessere Handhabe bieten. Es steigt daher der regelmäßige Viehbestand im allgemeinen, da ihm Krankheiten feriigehalten werden. Mit dem neuen Vieh seuchengesetz wird auch gegen die Tuberkulose dcS Rindviehs intensiver vvrgegnngen werden, da diese Krank heit in den letzten Jahren zugcnommcn hat. Indessen ist die Zunahme nicht so beträchtlich als cs nach der .Fleisch beichaustatistik erscheint. Durch diese hat man erst seit IWI einen sicheren Ueberblick über die Hänsigteit der Rinder- tnberkulvse in ganz Deutschland. Infolge Vermehrung der tierärztlichen Beschauer nnd Vcrscincrnng der Untcr- suchnngsversahren sind von Jahr zu Jahr, namentlich auch in Sachsen, immer mehr Tubcrknloseiälle gefnnden wor den, die früher verborgen geblieben sind. Dabei ist in bezug aus die Verwertung der tuberkulösen Schlachtticrc zu berücksichtigen, daß zwar die F-leischbeschaustatistik jeden Fall von Tuberkulose zählt, aber nur verhältnismäßig sehr wenig Fälle zur Beanstandung des Gcsaintslcischcs der Lkhlachttierc führen. Auffallend ist dabei, daß gerade in Greiizbezirken die Statistik höhere Zitier» tuverluloier Schlachtticrc ansiveist. ES wird dies nur dadurch erllän werden können, daß ans de» Grenzländern eben nur die schlechtesten Tiere zur Abschlachtung gebracht werden. Müssen wir die Beivehaltnng der Absperrmaßregeln trvtz der gestiegenen Fleiichpreise als notwendig bezeichnen, so dürsen wir anderseits daraus Hinweise», daß auch i» diesem Jahre das Steigen der Preise ein vorübergehender Zustand sein wird. Bei der reichlichcn Futter e rnte di e s e s I a l> r e s halten die Landwirte und kleinen Birhmäster ihr Vieh zurück, da sie znr Abschlachtung nicht gezwungen sind und den Nicken hast gewordenen Viehbestand ergänze» nnd erhöhen wollen. Kommt insbesondere das ans de» Weide» noch gehaltene Vieh zur Abschlachtung, so wird ein reichliches Angebot ein treten. Eine erhebliche Rolle beim Verlaus spielt neuer dings die F l c i s ch a » a l i t ät. Die Ansprüche des Publi kums in bezug aus die Qualität des frischen Fleisches wie der Fleischwaren sind in den letzten AI Jahren immer mehr gestiegen. Fettes und stärker durchwachsenes Fleisch findet schlechten Aluatz, weshalb die Preise iür Magerileisch und bessere Fleischstücke unverhältnismäßig gestiegen sind. Evcniowcnig sinüen geringere Winslwareii guten Aviat-, und deshalb tön neu die Fleischer gewisse Eingeweide und geringeres Fleisch nur schwer verwerten, was ebciisalls eine Erhöhung der Preise sür bessere Wurst und Fleisch waren zur Fvlge haben mußte. Die liiigicnisch berechtigte» Ansprüche des Publikums und die vit luxuriöse Einrich tung der Fleischerläden, auch die Forderung der Vcdieuuug in den Läden, namentlich für die Zusendung auch kleine» Flcischaiiaiititütc», tragen zur Verteuerung der Ware bei. Gegenüber diesen Tatsachen wird man sich vergeblich fragen, inwiefern die O e f s n n n g der G r c n z e n nnd die v v r ü b c r g e li ende A n f h e bung von Zöllen eine dauernde Einwirkung auf die G c st a l t n ii g der Fleischprcisc ohne Schaden sür die Gesamtheit aus üben sollen. Wenn die Zolle zum Schutze der heimischen Landwirtschnst notwendig sind, die weitere Ocsinnng der Grenzen dagegen Senchengeiahr bringt, dann bedeutet die V c i e i t i g n n z dieser Schutzmittel nicht Avliilfe der voiübergeben den F-leischteucriiiig. sondern eine Gesährdnng der L c r st » ii g s s ä h i g I e i t der dent s ch e n Land w irt schaft. Einer vorübergehenden und internationalen Er scheinung, wie sie in der Steigerung der Flcischpreiie gegenwärtig zu beobachten ist, kann mit solchen Mitte!» mit dauerndem Erfolge nicht begegnet werde». Eingrissc der leitende» Stellen erweisen sich als äußerst schwierig, obwohl an diesen Stellen fortdauernd erwogen worden ist, welche Maßnahmen ohne erlisten Schade» für die Gesamt heit möglich sind. Wenn neuerdings sich auch der arg»u tiuische Markt der Fleischaussuhr verschlösse» hat, muß eine natürliche Regelung des Verhältnisses von Angebot und Rachsrage bei dieser iuteriiativunleu Erscheinung ab gewartet werden." Neueste vrahtmeltlungeu bom 2. September Neues Reichomilitärgerichtsgebäude. B crli n. «Priv.-Tel.j Das » c u e R c i ch s in i l i t ä r g e r i ch t s g e b ä ii d e ist heute mittag vom Kaiser feierlich eingemciht worden. Mit dem Kaiser waren auch der Kronprinz nnd die übrigen kaiserlichen Prinzen, io- tstinK un<l Mnenrclisst. r* Fräulein Tcruaui ist von dem Unfall, den sie am ll. August bei der Ausführung der Oper „Earmen" erlitten Hot. wicderhergcstcllt und wird moracn im König!. Schau spielhaus,: in der Operette „Der Zigenncrbaron" die Partie der „Ezipra" singen. -r* Rcsidcnztheater. Mit einer frischen, von echtem Ovcrcttcnblut durchpulsten Aufsülirinig von Lchärs „Zigeuuerlicbc" eröffnete gestern das Residcnzthcoter die Winterspirlzcit. Tic Operette — eigentlich eine Spicl- oper mit operettenhaftcm Einschlag — hat Qualitäten, die auch ein mehrmaliges Hören angenehm machen. Mit opcrnhaftcm Glanze crsüllte wieder Frl. Menzel die Partie der Zorika, der edle, volle Mezzosopran wäre großen Ausgaben gewachsen. Neben dieser gesanglich hervor ragenden Kraft standen zwei sür Dresden neue Sängerin nen, Ilona non Sperr »nd Grete V r i l l. Frau von Sperr, das frühere Mitglied dcS Berliner König!. Schauspielhauses, bat Rasse, Temperament, Liebenswürdig keit und so viel Stimme, um als Sängerin gelte» zu kön nen. Sic spielte die lustige Witwe Ilona so fesch, pointiert ko graziös und pikant tn der Diologbchandlung, daß mau fast die Unzulänglichkeiten der Stimme überhörte. Man hat in ihr jedenfalls eine Kraft gewonnen, die nicht lang weilt. Auch Frl. Grete Brills Vorzüge liegen vorwiegend auf darstellerischem Gebiet. Sic ist eine liebe, blonde Anmut, ganz reizend im Spiel, gewinnend durch Lächeln nnd unverknnsteltc Einfachheit. Der Sopran ist ncclll groß, ober angenehm. Diese beiden Engagements bedeuten eine Verbesserung des Ensembles. Die Herren Snk still, Friese, Hcllwig, Hilde verhalfen durch Bortrag, Temperament, Komik ihren Aufgaben znr vollen Wirkung. Für den schwer erkrankten Herrn Langer war im letzten Äuaenbltcke ein neu engagiertes Mitglied, Herr Schreck er, eingesprunaen, der sich durch hübsches, ge wandtes Spiel angenehm einsührte. Der Klang des Orchesters hat durch bauliche Veränderungen an Fülle ent schieden gewonnen, war aber, namentlich im ersten Akt, etwas zu laut. An Beifall fehlte es der rühmenswerten Aufführung nicht. llg. F* Das erste Sängcrfcst des Paeific-Säogerbundcg hat, wie aus San Francisco telegraphisch gemeldet wird, gestern begonnen. Der Deutsche Kaiser nnd der Kaiser von Oesterreich haben kostbare Preise gestiftet. Bon der Reform des Puppentheaters. Der Besuch dcS Puppentheaters war eins der grüßten Erlebnisse meiner .Knabenzeit. Wenn ich jetzt daran denke, welche Schauer mich schon beim Anblick des primitiven Zeltes des Theaters »verkamen, kann ich mich des Lächelns nicht erwehren. Aber damals war cs mir heilig ernst zumute. Mau nannte im späteren Mittelalter das transportable Gehäuse dcS Puppentheaters das „Himmelreich". Meine zehn Jahre wußten das freilich nicht, aber doch zitterten sie vor Erwartung, wie das Gezclt von kundiger Hand auf- gcrichtct ward, und glaubten fest daran, daß sich hinter dem Wust von Leinwandictzcn etwas sür sie ganz Neues, Un geahntes, Unfaßlichcs, Seliges ereignen werde. Das leichte Gebäude erhob sich auf dem mitten tm Dorfe gelegenen und zu allen feierlichen Begebenheiten Ja nnd Amen sagenden großen Rasenplatz, der von allen ähnlichen Flecken um den Besitz seiner drei alten, herrlichen Ulmen beneidet wurde. Tie prächtigen Bäume waren dicht nebeneinander aus dem Boden ailsgesttegen, vielleicht, um dem übrigen Teil der Wiese seine charakteristische, öde Flachheit zu belassen, viel leicht auch, um in lauen Sommernächten einander besser von den lieben alten Zeiten erzählen zu können. Unter diesen drei Genossen hatte der Besitzer des Puppentheaters sein Zelt aiiigebant, und das trug ihm meine volle Lpm- pathic ein, glaubte ich doch, daß er den poetischen Reiz dieser Gruppe erkannt habe nnd für die Glaubhaftigkeit seiner alten Historien in den kraftvoll ihm zu seiten stehen den Baumgreisen imponierende Zeugen sich gewinnen wolle. Datz er aber die alten Herren nur zu Schutz vor Wetter und Wind und als unerschütterlich feste Stützen sür seine Tuchwände brauchte, daran dachte ich nicht. Die spärlich im Dorfe verteilten Theaterzettel erregten mein vollstes Interesse, ich lernte sie fast auswendig, und wenn dann am Abend die recht aufdringliche Glocke den Anfang des Spiels verkündete und ich mit geröteten Wangen dem von ein paar bunten Laterne» iimgaiitclte» Zelt zneilen durfte, war mein Herz zum Zerspringen voll. Welch un bekümmerte Genügsamkeit! Bor ein paar Jahren sah ich wieder ein solches Tbraicr, das gewiß nicht schlechter war als jenes ans meiner Jugend. Aber welche Enttäuschung erfuhr ich! „Kunz von Kanssungcn oder der sächsische Priiizenraiib" hieß das uv saglich platte Stück, das den fieberhaft lauschenden Kindern vorgesetzt wurde. Sv mochte auch ich einst gelauscht Häven. Tie mir nvch im trngvolle» Ohre sv wvhllaittrud klingen den Stimmen der Sprecher vo» ehedem schnarrtcu wie Spatzenscheuchc» aus Kirschbäumeu und die Puppen waren in so kläglichem Zustande und wurde» sv iinverstäiidig ge führt, daß ich jn nachdenklicher Wehmut hiuansging. Was wir vo» Puppen- »nd Kasperltheatern »och »ms »Niere» Jahrmärkten gelegentlich sehe», das sind die er bärmlichen Reste eines früher blühende» Kulturträgers. Wir haben uns daran gewöhnt, von svlchcu Theatern nur Unsinniges, Kindisches, Läppisches vvrtrageu zu sehen, sind sroh, wenn eS nicht anstößig ist lwcil wir wohl unsere Kin der an den plattesten Späßen Geiallen finden lassen, sie ober als brave Eltern vor allem Obszöne» Hiltens, »nd ge raten in Entzücken, wenn ja einmal das Spiel vvm Dvktor Faust geboten wird, gleichviel schließlich in welcher Art Das Puppentheater ist ein Theater sürs aroße Voll. Hatte es bei den Griechen und Römern, Mohanimcdanein und in China, wo nvch heute Gantlrr mit Puppen iiiiilier- ziehe», durchaus den Zweck der anspruchslosen Bolls beliistigung, so trat cs in Deutschland und Franlreich in nähere Beziehung zum lebenden Tlicaier und übentittiiu von da her nm l7««> jene sogenannten Haupt »nd Staats aktivncil. wie man sie gelegentlich, freilich derb verändert, »vch sehen kann. In Frankreich wurden die Marionetten tSlirrivuetkc-5 — Mariechen — Püppcheitt sogar musikalisch, und schon im l7. Jahrhundert bestand in Paris eine Mario nettenopcr. Von Frankreich aus geht auch die Reform des Pup penthcaters, die in den letzte» Al Ialnc» eine ziemlich reiche Literatur gezeitigt hat. Bei nns in Deutschland ist München der Vorort für die Resvrmbcwegung: dort hat schon sei! vielen Jahren der greise Papa Schutt- sctue Marionetten-
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