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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.06.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-06-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050608014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905060801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905060801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1905
- Monat1905-06
- Tag1905-06-08
- Monat1905-06
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Di« -t gespalten« Rellamezeii» 7Ü Nlluabmeschlutz für ««zeigen: Abrud-Aa-gab«: vormittag» 10 llhr. Morgen-LuSgaL« nachmittag« 1 Utzn. ttuzetg« find stet» au dirLxpMtt« Milcht«. Ertra-Veilage« <u»r «tt der Morges- «»«gab«) nach besonder« Leveinbarung. Li» ErpeLM« Ist wochentags «nrnterbroch« aeSffuet von früh S bi» abends 7 Uhr. Druck and vertag von G. Paiz in Leipzig (Inh. Ür. »,«.» «L »ttnkhardtj. HerauSgeberr v» Vtetv« Kllnkhardt. Nr. 288. SS. Jahrgang. Donnerstag 8. Juni 1905. Var Wichtigste vom Lage. * Der Kaiser hat dem Großherzog von Mecklen burg-Schwerin und dem Großfürsten Michael von Rußland das Großkomthnrkreuz des Kgl. HauS- ordenS von Hohenzollern verliehen. * Die Meldung, baß die Sommerreise des Kaiser» diese» Jahr nicht über die Ostsee hinauSaehen soll, wird in Zusammenhang gebracht mit der kritischen poli tischen Lage in Norwegen. * König Oskar II. bat iu einem Telegramm an den Ministerpräsidenten Michelsen gegen das Borgehen der norwegischen Regierung protestiert (S. Leitartikel). * Dem russischen Admiral Enquist ist vom Präsi denten Roosevelt amtlich aufgegeben worden, bis Donnerstag mittag 12 Uhr Manila zu verlasse». Sonst soll er interniert werden. Vie Sprengung aer norclircden Union. Rascher al» mau gedacht, hat sich iu Norwegen ein Er eignis vollzogen, dessen Bedeutung sich kurz dahin zusammen fassen läßt: König Oskar II. ist seiner Funktionen al» König von Norwegen durch den Storthing enthoben wor den. DaS klingt im ersten Augenblick geradezu unge heuerlich, und speziell uns Deutschen, denen trotz aller liberalen Ideen die Disziplin des GotteSgnadentumS gewissermaßen im Blute liegt, erscheint eS einfach unfaßbar, daß eine Volksvertretung den Monarchen kurzerhand entläßt, wie man etwa einem unfähigen Diener den Lauspaß gibt. Wir sind geneigt, hierin mindestens einen Staatsstreich zu sehen, der gegen alle Ordnung und alles Recht geht. Und doch wäre eine solche Auffassung völlig verfehlt. DaS „Grundlos" (Grundgesetz) vom 17. Mai 1814, daS noch beute den wesentlichsten Bestandteil der norwegischen Verfassung bildet, ist derartig demokratisch, daß in der Praxis die StaatSform fast der republikanischen gleichkommt. Während bei uns dem Kaiser nicht äs )urs, wohl aber äs tacto gegenüber Bundesrat und Reichstag insofern ein Vetorecht zusteht, als kein übereinstimmender Beschluß des Bundesrats und des Reichstages Gesetzeskraft erlangen kann, der nicht vom Kaiser vollzogen und als Gesetz ver kündet worden ist, kann in Norwegen die Volks vertretung sogar direkt gegen den Willen des Königs Gesetze erlassen. Zwar ist es auch in Norwegen Grundsatz, daß der König die Beschlüsse des StorlhingS unterschriftlich zu vollziehen hat, und daß sie erst dann Gesetz werden, aber dieser Grundsatz kann in einem sehr wesent lichen Falle durchbrochen werden: sobald drei nach einander gewählte StorthingS den gleichen Beschluß gefaßt haben, wird dieser Gesetz auch ohne tue königliche Sanktion. Eifersüchtig und hartnäckig haben die Norweger von jeher ihre Freiheit und Selbständigkeit bewacht, und ihre Volksvertretung hat jetzt, wo der König dem Gesetz betr. Selbständigmachung der norwegischen Konsulate zum dritten Male — noch dazu ohne Gegenzeichnung eines verantwortlichen Ministers — die Sanktion verweigerte, einfach die letzte Konsequenz gezogen. König Oskar II. ist in diesem Augenblick nicht mehr König von Norwegen, und daran kann auch das Telegramm des Königs an den Staatsminister Michelsen in Christiauia nichts ändern, daS besagt: „Ich habe die Mittei lung des StaatSratS empfangen und lege bestimmtesten Protest gegen die Handlungsweise der Regierung ein." Der Protest wird ungehört verhallen, denn eS fehlt Oskar II. an jedem Mittel, diesem Protest den gehörigen Nachdruck zu verschaffen. Denn um an die ultima ratio rsgum, die Waffen, zu appellieren, was staatsrechtlich sehr wohl möglich wäre, dazu ist der Konflikt zwischen den beiden Reichen denn doch nicht angetan. Ueber den äußeren Verlauf der Dinge sei folgen de» iu Erinnerung gebracht. Am 24. Mai wurde vom Storthing zum dritten Male ein Gesetzent wurf angenommen, der eine selbständige konsularische Vertretung Norwegen» im Auslande vorsieht, während br» jetzt nur gemeinsame Konsulate für Schweden und Norwegen bestehen. Dem Könige wurde dieser Beschluß zur Sauktron vorgelegt, er verweigerte sie. Darauf erklärte das nor wegische Ministerium dem Könige, eS könne nicht im Amt bleiben, wenn dem Gesetz die königliche Sanktion vorenthalten würde. Eine am 27. Mai in Stockholm unter Teilnayme der norwegischen Minister abgehaltene StaatS- ratSsitzung blieb ebenfalls erfolglos, und so konnte die Regierung nicht anders, als am Mittwoch im Storthing zu Christiania erklären, daß sie von ihren Aemteru zurück getreten sei. Darauf faßte der Storthing einstimmig und ohne Debatte folgenden, bereit» im telegraphischen Au»zuge wiedergegebenen Beschluß: „Da sämtliche Mitglieder des StaatSrateS ihre Aemter niedergelegt haben, da der König sich außer Stande erklärt hat, dem Laude eine neue Regierung zu verschaffen, und da die konstitutionelle Macht deS Königs somit außer Wirkung getreten ist, ermächtigt der Storthing die Mit glieder de» heute abgetretenen Staat-rate». bis auf Weitere als norwegische Regierung die dem Könige »«stehende Macht auSzuüben, in Uebereinstimmung mit der Verfassung Norwegen« und den geltenden Gesetzen, mit den Aender- ungen, welche dadurch notwendig werden, daß die Ver einigung mit Schweden unter einem Könige als Folge davon aufgelöst ist, daß der König aufgehört hat, als norwegischer König zu fungieren. Staatsminister Michelsen nahm namens der Regierung die ehrenvolle, aber schwierige Aufgabe an, die der Storthing ihm übertragen hat. Gleichzeitig hat der Storthing gegen fünf sozialistische Stimmen folgende Adresse an den König angenommen: Majestät! Da sämtliche Mitglieder de» Staat-rate« heute im Storthing ihre Aemter niedergelegt haben, und da Eure Majestät in dem Protokoll vom 27. Mai offiziell erklärt haben, daß Eure Majestät sich nicht im Stande nähme de» Großfürsten Konstantin, find alle für Fort setzung des Krieges im dynastisch«» Interesse, da sie vom Abschluß eines schimvflichen Friedens eine Volksbewegung gegen die Dynastie befürchte». Der Zar teilt diese Ansicht. In Paris verlautet, der Ministerpräsident habe Rußland durch Finanzleute wissen lasser», daß, solange der Krieg an dauere, in Frankreich keine weitere russische Anleihe mehr denkbar sei, daß aber di« französisch« Finanzwelt Ruß land die nötigen Summen zur Zahlung der Kriegsent schädigung sowie zur Herstellung einer neu« russischen Kriegs flotte m beliebiger Höh« zur Verfügung stellen würde. sehen, dem Lande eine neue Regierung zu verschaffen, ist die konstitutionelle KöaigSmacht ,»Norwegen somit außer Wirksamkeit getreten. Es ist daher Pflicht für den Storthing al» Vertreter de» norwegischen Volkes gewesen, unverzüglich die Mitglieder des abgetretenen StaatSrateS zu ermächtigen, als norwegische Regierung bis auf weiteres die dem Könige zustehende Macht auSzu- üben in Uebereinstimmung mit der Verfassung des König reichs Norwegen und den geltenden Gesetzen mit den Aenderungen, die dadurch notwendig werden, daß die Ber einigung mit Schweden, die einen gemeinsamen König voraussetzt, al» Folge davon aufgelöst ist, daß der König aufgehört hat, als norwegischer König zu fun gieren. Der Gang der Entwickelung, der mächtiger gewesen ist, als der Wunsch und Wille des Einzelnen, hat zu diesem Resultat geführt. Die im Jahre 1814 ein gegangene Union ist bereit- von der ersten Stunde an ihrem Wesen und Inhalt nach von beide» Völkern ver schieden aufgefaßt worden. Von schwedischer Seite sind die Bestrebungen ausgegangen, die Gemeinschaft auszu dehnen, von norwegischer Seite die Bestrebungen, sie auf die iu dem Reichsakte vorgeschriebene Gemeinschaft zu beschränken und im übrigen die Alleingewalt beider Reiche bei allen An gelegenheiten geltend zu machen, die nicht in der Reichsakte al- unionelle bezeichnet sind. Der prinzivielle Gegensatz in der Auffassung über den Charakter der Union hat viele Miß verständnisse zwischen den Völkern hervoraerusea und manche Reibungen veranlaßt. In der Auffassung die während der letzten Verhandlungen zwischen den beiden Reichen von der schwedischen Regierung Norwegen gegen über geltend gemacht wurde, bat daS norwegische Volk eine Kränkung seines verfassungsmäßigen Rechte- und der Selb ständigkeit seiner nationalen Ehre sehen müssen. Die Union hat ihre Berechtigung, so lange sie dazu beitragen konnte, die Wohlfahrt und das Glück der beiden Völker zu fördern unter Wahrung ihrer Selbständigkeit als souveräne Staaten. Aber über der Union steht für uns Norweger unser nor wegisches, für die Schweden daS schwedische Vaterland, und wertvoller als die politische Verbindung find daS SolidaritätSgcsühl und das freiwillige Zusammenhalten der beiden Völker. Für dieses Solidaritätsgesühl zwischen dem norwegischen und dem schwedischen Volke, welches das Glück der beiden Völker sichern und ihre Stärke nach außen sein sollte, ist die Union eine Gefahr geworden. Wenn die Vereinigung jetzt gelöst wird, hat das norwegische Volk keinen Höheren Wunsch, als in gutem Verständnis mit allen, und nicht zum wenigsten mit dem Volke Schwedens und der ^Dynastie zu leben, unter deren Leitung unser Land trotz vieler und bitterer Union streitigkeiten ein so bedeutendes geistiges und materielles Wachstum erfahren hat. Als Zeugnis dafür, daß die Arbeit und der Kampf des norwegischen Volkes für die volle Selbständigkeit seines Vaterlandes nicht in irgend welcher Mißstimmung gegen das Königshaus oder daS schwedische Volk begründet gewesen ist und keine Bitter keit gegen einen von diesen hinterlassen hat, ersucht der Storthmg ehrerbietigst um Eurer Majestät Mitwirkung, daß einem Prinzen aus Eurer Majestät Haus gestattet wird, unter Aufgabe seines Erbrechtes an den Thron Schwedens die Wahl zum König von Norwegen anzu nehmen. Der Tast, an dem das norwegische Volk seinen eigenen König erhalt, um den alten Thron Norwegens »u besteigen, wird eine Aera ruhiger Arbeitsbedingungen für Norwegen, eines guten und herzlichen Verhältnisses zum schwe- dischenVolk und des Friedens, derEintracht und des treuen Zu sammenhalten- im Norden zum Schutz der Kultur der Völker, ihrer Freiheit und ihrer Selbständigkeit einleiten. Hiervon überzeugt, Waat der Storthing die sichere Hoffnung aus zusprechen, daß, waS jetzt geschehen, sich »um guten für alle wenden wird, auch für Eure Majestät, für dessen Person das norwegische Volk Hochachtung und Ergebenheit bewahren wird. Der Beschluß deS StorthingS, der dem norwegischen Volke jedenfalls noch heute in einer besonderen Proklamation zur Kenntnis gebracht wird, trennt zum zweiten Male die Union zwischen den beiden skandinavischen Nachbarreichen. Zum ersten Male wurde sie 1343 gesprengt, als König Magnus darein willigen mußte, seinem Sohne Hakon die norwemsche Krone zu übergeben, und eS ist vielleicht uicht uninteressant, daran zu erinnern, daß der Grund zur Sprengung damals ein ganz ähnlicher war, wie heute: Norwegen fühlte sich in der Union mit Schweden zurückgesetzt. Gerade hierin sind aber, wie gesagt, die Norweger von jeher sehr empfindlich gewesen, und so ist denn, feit Norwegen im Kieler Frieden von 1814 von Dänemark an Schweden abgetreten wurde, das aanze Bestreben der Norweger darauf gerichtet gewesen, ihrem Lande eine möglichst große Selbständig keit gegenüber Schweden zu erringen. Unter allen Ministerien, besonders unter dem konservativen Stang (1872—1880) hat eS heftige parlamentarische Kämpfe gegeben, die sich Anfang der neunziger Jahre unter dem radikalen Ministerium Steen nochmals zuspitzten. Ein abermaliger Konflikt, der im Oktober 1895 drohte, wurde durch Ernennung des Ministe rium» Hagerup noch vermieden, und die Radikalen er reichten 1899 insofern einen Erfolg, al» sie die Ein führung der „reinen" Flagge durchsetzten: der gelbe Querbalken im oberen inneren Viereck, der da» Zeichen der Union mit Schweden ist, wurde auS der Handelsflagge entfernt. Bestehen blieben aber die Forde rungen eines besonderen norwegischen Ministerium» de- Aus wärtigen und einer eigenen norwegischen Konsularvertretung. Diese letztere Forderung hat nun nach langen Kämpfe» zu dem Überraschenden Resultate geführt, da» in dem Beschlüsse de- StorthingS au-gedrückt ist. Verschweigen darf man übrigens uicht, daß die Sprengung der Union nicht dem Eigensinn der Norweger allein zuzuschreiben ist. König Oskar II. hat vielmehr auch ein redlich Teil daran, da er eS nicht im ge ringsten verstanden hat, sich auch nur ein wenig in Norwegen beliebt zu machen, obwohl er e» so leicht hatte. Nur kurze Zeit hat er alljährlich auf norwegischem Boden geweilt und dann auch noch ängstlich darauf gesehen, daß ,hm aller Bedarf au- Schweden nachgesührt wurde, und so »st e» gekommeu, daß der Reisende im Innern Norwegen» eher ein Bild Wilhelm» II. al» Oskar» II. findet. Da» ist bezeichnend genug l vr. k. Deutsches Keich. Lechzt«, 7. Juni. * „Aus dem preußischen Kults-Ministerium" erzählt „ein hervorragender preußischer Universität-Professor" in der HoenSbrocchscheu Monatsschrift -Deutschland" merkwürdige Vorkommnisse, au» denen er schwere Anklage» gegen daS Ministerium formuliert. Gleich zu Anfang wendet er sich gegen die Annahme, da- Ministerium fei schwankend und grundsatzlos: er behauptet vielmehr, di« Regierung, soweit da- Kultusministerium iu Fraae komm«, habe Grundsätze und gehe durchaus konsequent vor — gegen die Freiheit der Wissenschaft. Diese Freiheit sei dem „Ministerium Althoff" ein Doru im Auge. Al» faktische Beschwerdepuukte führt er au: 1) da- Borschlag-recht der Fakultäten Werde diese» gegeu alleu traditionellen Ge brauch mehr und mehr verkürzt, „indem Berufungen statt fanden »um Teil ohne Einwilligungen der Fakultäten, za zuweilen ohne ihr Befragen". 2) Seit Jahren werde eine „ausgedehnte Spionage" betrieben. Beauftragte de» Ministeriums hörteu die Vorlesungen der Pro fessoren ohne Anmeldung au und berichteten darüber nach Berlin. 8) Die Verleihung de» Professorentitels erfolge neuerdings ohne Befragen der Fakultäten an Privat dozenten wie an irgend welch« beliebige» andere» Mensche». Bei der Gelegenheit macht der „hervorragende Professor" höchst bedenkliche Angaben über da« Verfahren eine- Agenten des Kultusministeriums, der sich au Fabriken medizinischer Prä parate gewandt und ganz unvrrhohleu Titel und Orden, je nach Wahl, iu Aussicht gestellt hab«, wenn eine gewisse Summe für das AerztehauS bewilligt werde. — ,E» folgen nun noch vier Beschwerdepuukte, au- den« m a. gefolgert wird, daß der UltramontaniSmuS ganz systematisch gefördert und protegiert werde. Herr Altboff hab« tu all« Fakultäten seine Anhänger infolge seine» Prinzip» ätrtcko vt imper», so daß eS nicht Wunder nehmen könne, wenn die Fakultäten nicht zusammenständen gegeu Herrn Althoff, von dem Herr v. Goßler in der letzten Heil seine» Lebens gesagt habe: „Den größten Fehler, deu ich gemacht habe, war der, daß ich diesen Mann so groß werde» ließ." Zum Schluß erwähnt der Artikelschreiber di« Gerücht«, deneu zufolge Herr Althoff die Stellung des Herrn v. Lucanu» er strebe, und sagt, dann werde daS System, da- jetzt au den preußischen Universi täten grübt werde, auf die Gesamt heit übertragen. — Ob alle diese Angaben bi- in- Einzelne stimmen, darüber wird wohl »och genug gestritten werden, und Herr Althoff selbst ist ja geschickt und energisch genug, um sich gegen ungerechtfertigte Angriffe zu verteidigen. Daß daS preußische Kultusministerium indessen unter feinem Einflüsse immer mehr in da» Fahrwasser einer frerheit»- feindlichen Orthodoxie geraten ist, kann schwerlich bestritten werden. Die Universitäten, Dozenten wie Studenten, sind iu Aufregung, weite wissenschaftliche Kreise iu Preuße» sind unzufrieden, und nur die Ultramontanen Witter» Morgenluft. Herr Althoff wird einen schwere» Stand haben. * Fördern», des Parlamentarismus7 Die freisinnige BolkSpartei gibt sich gern al» die Hüterin der Rechte und des Ansehens de» Parlamentarismus aus. Iu einem Artikel über „Besichtigungen" aber schreibt da» füh rende Organ der freisinnigen Volk-Partei: „Bei der Besichtigung des Unterweser-GebieteS werden ja ohne Zweifel die Volksvertreter Preußen» zu der Ueber- zeugung gelangt sein, von der Notwendigkeit, einen Streifen des Landes an Bremen abzntreten; den« die Wasserkante ist feucht und die Volksvertreter pflegen niemals begriffsstutzig zu sei», weuu sie richtig a«gefeuchtet werden." D« „Freie Deutsche Presse" unterstellt aber den preußischen Volksvertretern, daß sie die Ueberzeugung eine« Jeden teilen, der ihnen eine Flasche Wein zum Besten gibt. Glücklicherweise ist es nicht so und auch der Verfasser de» Artikel» hat nur einen „sinnigen Scherz" machen wollen. Wer aber in der Frage des Parlamentarismus sonst keinen Spaß versteht, der läßt besser auch selbst die Scherze beiseite, wenigstens wenn sie so mißraten sind wie der mitgeteilte. U Berlin, 7. Juni. * Ter Glückwunsch Les Papstes. Der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" zufolge hat Kardinal Kopp in der gestrigen Audienz dem Kaiser ein eigenhändiges Glückwunsch schreiben des Papstes überreicht. DaS VermahlungSgescheuk des Papstes, welches Kardinal Kopp der Herzogru-Braut überreichte, ist eine Mosaikdarstellung der Aurora von Guido Reni aus der päpstlichen Mosaikfabrik. Bei der Audienz hielt Kardinal Kopp eine Ansprache, in der er sagte, er überbringe im Auftrage deS Papstes deu Ausdruck jener innigen Gefühle liebevollster Teilnahme, mit' der der Papst heute des Kaiserhauses gedenke und für da» hohe Brauff>aar bete. Der Hinblick auf die Millionen katholischer Untertanen, die in treuer Liebe zu dem Kaiser als einem gütigen ge rechten LandcSvater emporblicken, die erhabene Stellung des Kaisers, dessen Einfluß sich von einem Pol bis zum anderen geltend mache, und mit fester aber auch sanfter Hand de« Verkehr der Völker auf die ewigen Grundsätze christlicher Ord nung zurückzuführen bestrebt sei und das Band persönlicher vertrauensvoller Beziehungen, die der Kaiser in weiser Wür digung der segenSvollen Bedeutung deS kirchlichen Frieden« zu dem früheren wie jetzigen Papste pflege: Alle» die» dränge den Papst zur innigen Teilnahme au der heutigen Feier. Kardinal Kopp fuhr fort, er überbringe auch die Glückwünsche de» prruzischeu EpiScopat» und der zum Fuldaer BonifatiuS- Iubiläum versammelten deutsche» Bischöfe, Aebte und Prä» ver turrircb-sapanlrcbe Weg. Die Schlacht bei Tfrrschima in russischer Darstellung. Offiziere und Mannschaften von der Baltischen Flotte, die in Wladiwostok eingetroffen sind, berichten über den Hergang der Schlacht im Japanischen Meere. Am 27. um kV, Uhr früh war die Flotte 60 Seemeilen südlich von Tsuschima, mit Kurs nach der Meerenge, in drei Kolonnen. Sämtliche Schlachtschiffe und fünf Kreuzer fuhren links, die Transportschiffe und Torpedo boote in der Mitte und die leichten Kreuzer zur Rechten. DaS Wetter war nebelig. Der japanische Kreuzer „Idsumo" erschien 8V, Uhr im Süden, nordwärts steuernd. Nachdem er die Linie der russischen Flotte beobachtet hatte, änderte er seinen Kurs und dampfte parallel mit den Russen außer Schieß bereich. Die fapanischeu Kreuzer „Tschitose", „Kasagi", „Tsuschima" und „Niitaka" erschienen um 10»/, Uhr gegen Nordwesten. Auch sie führe« parallel zu der Flotte, doch noch im Schießbereich, so daß von russischer Seite das Feuer eröffnet wurde. Darauf verschwanden die Japaner au» dem Gesichtskreis. Die Flotte fuhr um IV, Uhr iu die Meerenge ein. Die japanischen Schiffe waren grün und blau gestrichen, so daß sie fast unsichtbar waren. Al» sie au» dem Nebel anftauchten, erkannte mau vier Schlachtschiffe und die Panzerkreuzer „Aakumo", „Niischiu", Kasuga, „Iwate", -Idsumo" und „Adsuma". Da» Feuer wurde von beiden Seiten eröffnet. Die Japaner überschütteten den Gegner mit einem Granateabagel, wobei sie meist auf da» Flaggschiff hielten. Die russischen Transportschiffe erhielten Befehl, nach links abzubiegen, die Kreuzer „Swjetlana", „AlmaS" und „Ural" wurden weiter nach links befohlen. Da» Feuer der Japaner war so gut gezielt, daß der „KnjäS Suworow" und die „Oftiabja" nach anderthalb stündiger Beschießung völlig durchsiebt waren und unter gingen. Fast gleichzeitig wie an Backbord der russischen Schiffe die japanischen Schlachtschiffe und Panzerkreuzer war an Steuerbord eine Kolonne schneller Kreuzer, „Tschi- kose", „Kasagi", „Mtaka", „Tsuschima", „Matjuschin,»", „Hanhidato" uud „Akisuschima" bemerkt worden, dre auf die russischen Transporte und kleinen Kreuzer zu feuern begannen. „Wladimir Monomach" und „Dmitri DonSkoi" wurden zu Hülfe geschickt. Letzterer feuerte so kräftig, daß die Javaner einen Augenblick leicht zurückweichcn mußten und ihr Feuer weniger wirksam war. Der Hülfskreuzer „Ural" war jedoch hart milgenommen. Seine Schlote waren weggefegt unv er sank langsam infolge der Beschädigungen, die er unter Wasser erlitten hatte. („Ural" gehörte bis vorigen Sommer dem Nord deutschen Lloyd und hieß ursprünglich „Spree", wurde aber 1899 zu einem Doppelschrauber umgebaut und iu „Kaiserin Maria Theresia" umstet-ust. DaS Schiff war letzten Sommer gerade auf einer Mittelmeerreise mit Vergnüguugsreisenden begriffen, als eS in Genua durch ein anderes Schiff ersetzt wurde, um nach Rußland verkauft zu werden.) Die Be satzung hatte Zeit, sich zu retten. Der erste Abschnitt der Schlacht dauerte bis fünf Uhr. Bis dahin hatten die Russen keine beträchtlichen Verluste er litten. Dann aber war „Imperator Alexander III." wegen einer starken Schlagleite nach Backbord genötigt, aus der Linie zu fahren. Balo darauf richtete das Schiff sich indes wieder auf und schloß sich der Hintern Kolonne an, auch nahm sie das Feuer wieder auf. „Borodino" hatte nun die Spitze. Als die Japaner die kritische Lage des „Alexander Hl." wahrnahmen, sammelten sie ihr Feuer gegen dieses Schiff und zwanaen es, hinter der Flotte zu bleiben, die es nicht mehr sah. Die Japaner richteten ein mörderisches Feuer auf die „Borodino", die dann um 7.30 sank. Sehr schwer war auch die „Siffoi Weliki" beschädigt. Sie brannte an mehreren Stellen, indes schien die Besatzung des Feuer« Herr zu sei», deun sie schoß aus ihren sämtlichen Geschützen. Be» Einbruch der Dunkelheit bemerkten die Russen eine Menge Torpedoboote, die von der japanischen Küste herannahten, offenbar um der Baltischen Flotte den Weg zu verlegen. Die japanischen Panzerschiffe bemühten sich vor allem, die Russen au die Küste zu drängen. Die Folge war, daß die Baltische Flotte sich teilte, wobei sie immer noch die Richtung nach Norden einhielt. Es wurde Mitternacht, bis der Kampf wieder mit voller Heftigkeit aus genommen wurde." Hier bricht der Bericht ab. Die Fortsetzung -er Kriege«. Der Korrespondent der „Nowoje Wremja" in Gundschulin wurde vom General Linjewitsch empfangen. Auf die Frage; „Krieg oder Frieden?" antwortete Linjewitsch: „Natürlich Krieg! Ich bin in erster Linie Soldat und werde das tun, WaS mir der Zar besiehlt. Aber meiner Ansicht nach kann eS sich auch nur um Krieg handeln. Unsere Niederlage zur See hat meine Pläne nicht im geringsten verändert. Ich fühle mich gegenwärtig so stark, daß ich unsere Stellung nicht nur behaupten, sondern sogar zum Angriff übergehen kann. (Na, na! Red.) Ich bin kein Prophet und will keiner sein, doch glaube ich persönlich daran, daß wir die Japaner in der Mantschurei schlag« uud vernichten werden. Leider werden wir ohne Flotte den Krieg nicht nach Japan verlegen können. Ich habe gebeten, mir die jungen und uicht die alten Reserven zu schicken: uicht etwa, weil letztere schlecht wären, sondern weil Rußland noch genug junge Soldaten besitzt. Die älteren können später drankommen, da» verlangt daS Prinzip der Gerechtigkeit, außerdem sind junge Reserven be weglicher, stärker und energischer. In Petersburg liegt nach dem „B. T." der Beschluß vor, die russische Westgrenze von Militär völlig zu entblößen. Die Mobilisation zweier Armeekorps, die jetzt vor sich geht, verläuft reich an Zwischenfälle». Ein sehr hoher Prozentsatz von Soldaten desertiert, wird aber vor kein Krieg-gencht gestellt, sondern eingesangen und gebunden iu di« Waggon» verladen. Auf der Moskau—Kasaubahu sind zahlreiche Soldaten «uS den Zügen desertiert. Zuverlässigen Meldungen zufolge befürwortete Witte und der Fiuanzminister den Friedensschluß unter allen Umständen. Witte machte den Zaren aufmerksam auf da» Beispiel anderer Staaten, die nach scheinbar vernichtenden Niederlagen binnen kurzer Zeit ihr Ansehen wieder- gewanaea. Auch Graf Lambsdorff soll für nne» Halbweg« annehmbaren Frieden sein. Aber die Großfürsten, mit AuS
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