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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 10.08.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19020810012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1902081001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1902081001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1902
- Monat1902-08
- Tag1902-08-10
- Monat1902-08
- Jahr1902
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 10.08.1902
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VerugrgeMn »»««deüt «"ML.«».!!-" NÄ--MLW Likeerimmldr,»«,: »«cheich«,» »,,«»,» GegrSidel 1856. UotUeiviNirtvo kr. >L»jv«rLt 6e> Lüuix, rvv «»cksva. QLooo2»SvZ», O»o»o«. dliorslverllsiik ^Itmailct 2. Kauot-GelchSstsRße: visrtenftr. S8. -snrelgen.carif. Nnnalime von Lntündiaunok» bis NiudmiNa»» » Ulir Sonn- und Ke,»nass nur ManrnMake M von n di» V,t Mir Di« l wattiae Ärund tkile <ca 8 Sildrn« »o Pia, An küninannoen aut der Drivalieile Heile ab Pt, : die 2iv»Ui,e Heile als S,n aelandi ' oder aui Zerlieile so Pi, 8n Nummern noch Lonn- und iieicr- laaen l- de« rivalü,e Ämnd^ilen so. «o de» so und so Pi, nack de- londerem Larit. Au»wSr»,e Aut- Irir,e nur ,e,en Borausdr^adlun,. Belradlüller werden mit tvPi,, berechn«. «ternlvrechdnlchliik: «ml l Re, U und Rr. LVVS. »o« telavte» - Um», 4 vrssäen- kniLPrstr. 32 NblU,i. 8<Ud». tluliNIeriul I>»vo-V«iloi»-Li>s,r«llau8 Sport- «aei SpI«Iv»or«n-I»r«>«»»t« !. 400 Lddrläa»»«, .v«d»o »k»od>«o«o. DU» L»>«lllr»i» 2u»«»äun,. »t« e. Zacherlin Lvlit vor In D «osvlivii, vo I»InI»atv an«I»ünsv». ^nli«8 M'Iiücllit'k ^ r» 8«e 18, port. o. I. 121. ^ I«IeiikIitii«N-h'ex«tiiiiil« ß kür On«, elslctr. Dicht, Detrolsum. Lvrrvn. ^ VoUslimälev Iouri8lvn-Ku8rü8tun8en in e >«im Xn» kltzvlill E lin»! wrr!>I kmpliodlt 8edl0888tr. 23. V3rt. MÜ l. Ltsxe. ^luSwüchsr dkl ^mukiilyiik. Hosnachrichten. Gnadenerlasse, Finanzen der Staats- Mnihinakl, Witterung: Zeitweises »* <dLv» Fzkllgk». bahnen, Schußcrgebnisse der Bogenschützen, Wellin-VundeSichieß^n stieinh Becker. liciter, aber noch veränderlich.! I v» ««-wüchse i« der moderne« Araueu-Lyril. Ein beifallswürdiges freimüthigeS Wort der Abwehr, das ebenso sehr von edler sittlicher Ueberzeugung, wie von verständniß- vollem ästhetisch - kritischem Urtheil getragen ist, richtet der Litterarhistoriker Otto von Leirner gegen gewisse Verirrungen erotischen Charakters, die sich augenblicklich in der Jrauen-Lhrik breit machen. Der Verfasser führt in seinem in der „Täglichen Rundsch." veröffentlichten hochinteressanten Essay im Wesentlichen Folgende- auS: Liebe ist im weitesten Sinne des vieldeutigen Wortes der stärkste Antrieb zur Lyrik. Von sanfter, reiner Sehnsucht, in der seelische Bedürfnisse sich regen zum umschleicrlcn Verlangen in das leise die Sinne ymeinspielen, bis zum rücksichtslosen Be- gehren und «um Stürmen wilder Leidenschaft, geht die Hielte der Gefühle. Kaum ein Mensch vermag sich der seelisch-körperlichen Macht d«S Liebesgesübls zu entziehen. Aber cs giebt Zeilen, in denen es sehr oft aekälscht ist. Dann wird das Geistige und ^reelenhaste deS Gefühls stetig mehr zurückgedrängt. Sehr frühe lchon drängt sich das Nurgcschlcchtliche in verschiedener Stärke hervor und richtet sich unmittelbar auf die körperlichen Begleit erscheinung«. Eine Menge äußerlicher Einflüsse wirken mit, die besonders in Großstädten verfrüht geweckte Sinnlichkeit bildet den stärkste» Anreiz. Sie richtet die Einbildungskraft ab. Alles um sich wahrzunehmen, waS irgendwie dem Triebe entgegen- kommt. Kunst und Kunsthandwerk werden von dieser „Erotik" be- einslußt. Sle zeigt sich ui der Art, wie der weibliche Körper ge zeichnet oder modellirt wird; in der Linienführung, in der Ent blößung, im Faltenwurf, in der Haftung deS Leibes, im Blicke. L»ie gewinnt Ausdruck in der weiblichen Tracht, die sich gar ost dem Dirnenbasten nähert, und Alles, was das Geschlecht des Welbes anatomisch kennzeichnet, besonders stark betont. Diese Erotik offenbart sich im Drama und in den erzählenden Schrif ten. Die Verfasser schildern mit sich steigernder Ausführlichkeit die körperliche Seite der Empfindung: immer mehr erscheint sie als das Bestimmende im Verkehr der Geschlechter. In der Sprache mehrt sich der Gebrauch der Worte, die mit dem Ge- fchlechlsleben in Verbindung stehen: versteckte Begier wird zur offenen Lüsternheit, Freiheit zur Frechheit der Sprache. Aber das genügt nicht. Um größere Wirkungen zu erzielen, werden prunkende Gedanken herangezogen, die der bloßen Begier das Gepräge höheren Rechts verleihen sollen. Tic Lüsternheit wird sophistisch. Nun kommt der Wortprost vom „Rechte der Leiden schaft", vom „Kultus der Schönheit", vom „Ausleben", vom „heiligen Naturtriebe", und Fetzen der alten Genußphilosophie, dl« daS 18. Jahrhundert besonders in Frankreich zur Älllthc gebracht hat, decken den häßlichen Grundgedanken zu. der aber überall hcrvorlchielt. Damit geht Hand in Hand der Kampf gegen die Ehe; die thatsächlichen Gebrechen, die sich in manchem Bunde heute stark offenbaren, werden der Einrichtung selber zugc- schriebe», und nun pflanzt man die rothe Fahne „der freien Liebe" auf und preist als allgemeinen .Heller etwas, was nur in seltenen Ausnahmefällen sich thatsächlich auf ein höheres Recht berufen kann. Im Allgemeinen aber wird Liederlichkeit und schrankenlose Genußsucht ästhetisch aufgeputzt. Auf diesem Pfade giebt es keine Rast. Alles, waS in der Zeit krankt, drängt vorwärts und verbindet sich mit der Ström- ung. Sie wirkt auf halbreife Jünglinge und aus Backfische, die zuerst im Geheimen, und dann unter sich offen die Erzeugnisse biefeS SchriftthumS verschlingen. In der Zeit, wo der ttesgc- heime Trieb noch fchlafen oder als innere Kraft den ersten schwär mende» Idealismus nähren sollte, werden diese halben Kinder auf unreinlichen Wegen in das Reich des Geschlechtlichen eingesührt. Und eS befällt sie das Fieber des versteckten Begehrens. daS im Reiche der Einbildung Linderung sucht und sich immer mehr ver- giftet. Oder sie werden von jenen schönen Phrasen verführt und halten sich, die noch die Schulbänke drücken oder die höhere Mäd- ckcnschule besuchen, für die künftigen Vertreter der „neuen Zeit". Und m diese so vorbereiteten Köpfe und Herzen fielen dann ost die so leicht umzudeutenden Worte Nietzsche s, mit ihrem inetallc- nen Klang. ES war natürlich, daß diese Lüsternheit, die sich di« MaSte einer neuen freieren Weltanschauung vorhielt, all mählich auf die Lyrik Einfluß gewann und selbst auf edler ge artete, aber noch unreife Menschen einwirktc. In den Siebzigern des 19. Jahrhunderts wurde die Wcnd ung zur neuen erotischen Lyrik durch Griscbach's „Neuen Tan» Häuser" eingeleitet, der in einzelnen Zügen von Heine beeinflußt Kt. Wie nun fremdländische Einflüsse lBaudclairc z. B >. wie die Musik mitgewirkt haben, diese Erregbarkeit zu steigern, ist im Einzelnen nur selten nachzuweise». Jedenfalls stieg sie seit etwa 1880 und prägte sich zuerst bei einigen männliche» Lyrikern aus. Debmel'S „Aber die Liebe" l1893> vollzog jene schon erwähnte Mischung, lind nun wurde, aus oft nur äußerlicher Nachahm- ung, daS Erotische zur Mode. Jloumbärtige spielten den Wüst ling und heuchelten zuweilen den erotischen Kraftmeier; Andere verbanden die Lüsternheit mit Empfindsamkeit; wieder Andere umkleideten sie mit dem Prophetenmantcl und sangen von der Seligkeit, die ihre Huld den Weibern gewähre und ließen sich als Halbgötter von hysterischen Weiblein anbete». Nun geht — die Ausnahmen sind sehr selten — die Frauenlvrik stets auf den Bahnen, die da» andere Geschlecht geebnet hat, wie es auch in den anderen Gattungen fast stets geschieht. Nun begann cs »erst mit dem Ausdruck einer nicht unnatürlichen Sinnlichkeit, ü« in den Worten Maß zu halten wußte. Nur hier und dort veritth eine Wendung, daß Einflüße der Zeitströmung mit wirkten. Noch verband sich die HerzenShingabe mit dem Ver- langen. Allmählich tönten Klänge auf, in denen sich die „freie Liebe" verrieth und die schönen Worte vom AuSleben nur aus die erotische Wurzel hinwiesen. Ich will zuaeben, daß in einzelnen Fällen sich in manchem Liede der tiefe Schmer» des einsamen ÄeibeS zeigte, das nach Liebh nicht nur nach sinnlicher, verlangt. Manche hat tiefe Ent- schungen erlitten; sie möchte einen Mann, ein Helm, ein Kind. « natürlich ist da» und wie verständlich da» Webe, wenn sie e» entsagen soll. Fall» dann der Ausdruck der Sehnsucht unter den Einflüssen der Zeit Worte wählt, die nur den einen Shell der Gefühle hervorhebcn, so ist das ein Jrrthum, aber ma» soll noch nicht verdammen. Ich verstehe cs auch, daß junge Wittwcn. die ihre» geliebten nnd liebenden Mann früher verloren haben iwie Anna Ritter und E. Galen-Gubcs in der Erinnerung an verlorenes Glück die Bilder der Vergangenheit im Liede wecken. Aber schon hier gehen sie manchmal zu weil. Es liegt für mein Gefühl etwas Verletzendes darin, wenn io ost dieser eine Ton angeschlagen wird. Leidenschaftlich empsinoen kann das keuscheste Eheweib, aber muß es diese Dinge an s Licht der Oeffentlich- keit stellen und in die Welt hinausichrcien? Ganz anders wird das Urtheil lauten, wenn man fühlt, daß hinter allen überhitzten Worten nicht mehr Leidenschaft und Herzcnsgual stecken, sondern nackte Verderbtheit, die in oft geradezu widerlichen Vorstellungen schwelgt, wie cs etwa Frau Else Lasier- Schüler thut und eine Andere, die unter dem Namen Dolorosa einen Band Gedichte hcrausgeaebe» hat. Frau Laster mißhandelt das Deutsch fo, daß unsrcuvlllig-komischc Wirkungen den Wider willen mindern. Dolorosa dagegen verfügt über eine glatte, ge wandte Rede und zugleich über eine große Zahl der modischen Wendungen im Stil. Zn bedauern ist, daß man heute die Geißel so wenig gebraucht. Früher hat man sic auch zum öffentlichen Stäupen verwendet. Der Beweggrund, der cs verbietet, geistige Giftmischerei zu strafen, heißt in der Sprache der Zeit „Humani tät" — und das Recht, auf das sie sich berufen, um ihr Hand werk ausübcn zu dürsen, in der Sprache des Goethebnndcs: Frei- heit der Kunst. Zu den Giftinischerinnen gehört auch die Schriftstellerin, die unter dem Namen Marie Madeleine schreibt. In ihrem neuesten Bande sagt sie, daß sie ihre „tollsten Sachen" mit fünfzehn und sechzehn Jahren geschrieben habe; an einer anderen Stelle spricht sie von ihrem „flamschen" Blute, dessen Reinheit ist mir nicht bezeugt: ich weiß aber, daß auch unter Slavinncn Backssiche, die sich ihrer ,,Perversität" rühmen und brünstige und srivole Ge dickte schreiben, ebenso selten sind, wie anderswo, Tic meiste» Gedichte aber sind nichts als „Blender", Hinter der Fülle prunkender Worte und klingender Reime, mit denen sie die Ge bilde einer krankhafte» Einbildungskraft umkleidet, starren »ns geistige Leere und Herzcnskälte hervor. Sie ist kein Vulkan, sondern eine Komödiantin der Erotik; nichts in ihr ist unge brochenes, wildes Temperament, sondern thatsächlich nur Ergeb nis; einer frühe verlotterten Einbildnngskrall. Dorum aber auch gar ost die Mätzchen, in denen sie sich gesollt, die gesuchte Frech heit mancher Verse, die schanspiclerische Uebertrcibnng in den Ge- bcrden einer Messalina, Diese Lügenhaftigkeit ihrer sogenannten Poesie stößt noch mehr ab, als der Schmutz, Erdacht ist ihre Brunst, ersonnem bloßes Mundwerk ihre Frivolität, ausgeklügelt die Dirnenhastigicit, Daß sie aber all' das zu spielen im Stande ist, daß sie nicht der Ekel an diesen Stoffen schon längst ergriffen hat, beweist, daß sic dennoch innerlich krankt. Es giebt Zeiten, in denen alle sonstigen ästhetischen Grund sätze zuruckgcstcllt werden müssen, wenn cs das Wohl der Zukunft eines Volkes gilt. Und wäre diese erotische Lyrik der „modernen Frauen, was sie nicht ist, höchste Kunst, a u ch d a n n w ä r e e s P s l i ch t d c s V a t c r l a n d s s r c u n d e s, das Wort der Verdammung rückhaltlos auszu- sp rechen. Wir leben in einer solchen Zeit. Tausend neue, frische Schößlinge sprießen aus uralten Wurzeln deutschen Gemüths zu- kunftssreudig empor. Zeichen der Vertiefung nnd Verinnerlich- nna mehren sich: wir haben es wieder gelernt, zu hoffen und der Urkraft besten völkischen Wesens zu vertrauen Daneben aber schießt Unkraut üppig in die Halme, Besonders in Großstädten, vor Allem aber in Berlin, macht sich durchaus undcntichcS Wesen, das unseren reinsten Uebcrliescrungen ebenso wie unseren heilig sten Hoffnungen höhnisch widerspricht, mit frecher Aindringlichkell breit. Es will uns Unzucht als „freie Moral", Verlotterung als Kunst, die Gräuel krankhafter Brunst als Ofscnbaruna der Genialität anprciscn. Und Weiber, zum Thcile von entschieden fremder Abstammung, ziehen als Chorsührerinnen mit tollem Ge schrei an der Spitze und brechen in geheiligte Bezirke ein. Was sie sonst im Leben sein möge», weiß ich nicht und begehre es nicht zu wissen — geistig aber sind sie zumeist Prostituirte, gezeichnet mit dem Brandmal der Schande, Und sic locken unreife Jugend an sich, besonders im eigenen Geschlecht, Und es bildet sich die unheilvolle Erscheinung der Halbjnngsrauen, die im gesetzlichen Sinne noch „unberührt", innerlich verderbt und zuchtlos sind; deren Gedanken vertrant werden mit allen Lastern und die in ver gifteten Träumen edelste .llräste verschwenden. Und aus solchen Mädchen sollen einstens Mütter werden'? Welch' jämmerliches Geschlecht muß dem Schooßc solcher Weiber entsprießen, deren Seelen unkcusch sind durch und durch! Den Gipfel der Scham losigkeit aber erreichen diese Weiber, wen» sie vor großen Ver- sammlungen, in denen die weiblichen Zuyörerinnen vom Back- fische an überwiegen. ihre Geschlcchtsaier öffentlich ausichreicn. Und Niemand erhebt die Stimme gegen diese Art der Dirnenhastig, keit, die gerade in Berlin sich »»gescheut hcrvordrängt! Und dös nennt sich „Pflege deutscher Dichtung". Auch in vcrgaiMncn Zeiten haben hier und dort einzelne Frauen schmutzige Schriften geschrieben. Noch niemals aber so viele wie beute. Und leider niemals noch so viele, wie heute in Deutschland. Eine deutsche Frau ist es gewesen, die vorichlug, alle kränklichen Kinder zu vergiften: verschiedene deutsche Frauen haben vorgeschlagen, daß Konkubinate als gesetzlich berechtigte Bündnisse zu betrachten seien und diese „freien Frauen" der Ehe frau ganz gleichgeachtet sein sollen, Deutsche Frauen und Mädchen verlangen das Recht, Kinder ohne Ehe zu erhalten, wobei dein Manne die Rolle eines für kurze Zeit angenommenen Helfers zugewiesen wird. Und nun kommt die Schaar, die mit kreischen- den Lauten Unzucht aller Art lobpreist. Sonst mochte man mit Recht vor verschiedenen Schriftstellern warnen, deren Bücher nickt in daS tzaus'gchörcn, das sich selber achtet und die Seelen der Kinder vor Schmutz bewahren will. Heute muß man jagen: „JedeS Buch, auf dem ein weiblicher Name steht, prüft mit doppel tem Mißtrauen. Mit verhundertfachten jedoch Sammlungen weib licher Lyrik. Vielleicht enthalten sie nicht einen reinen HcrzcnS- klang, nicht ein tiefes, schlichtes Gefühl, nicht einen Gedanken, der nach den Höhen weist." Diese Darlegungen reden eine so edle, eindringliche und über zeugende Sprache, daß ihnen kaum etwas hinzuzufügcn ist. In welchem Sinne die Liebe daS treibende Motiv der Lyrik allezeit sein und bleiben soll, da- hat Rückert'S zartsinnigeS ästhetisches Einpsindcn in muslcrgiltiger und vorbildlicher Form in die hcn- lichen Worte gekleidet: > „Es reut mich jeder Licdeston, Ten auf's verworrene Getriebe Ter Zeit ich wandt' und nicht auf Liebe Die Liebe ist der Dichtung Stern, Die Liebe ist des Lebens Kern, Und wer die Lieb' hat ausgefungen, - Ter hat die Ewigkeit errungen!" Männern wie Otto von Leixner gebührt der aufrichtige Dank aller ernststrcbenden lilterarischen Kreise für sein muthigcS Eintreten zu Gunsten der ästhetischen Reinheit der deutschen Lyrik Z» wünschen ist nur, daß auch die nicht minder schweren erotischen Verirrungen, die massenweise von der männlichen Schriftsteller- weit sowohl in der Lyrik, wie in der Prosa verbreitet werden, einer ähnlich scharfen, abweisenden Kritik von berufener Seite begegnen möchten. Es ist übergenug, was auf diesem Gebiete fort während gesündigt wird; leider führen auch höher beanlagte Autoren, wie z.B. Lmpteda nut feinen Uebersetzungen Guy deMaupassant's, beklagenswerthcr Weise viel undeutsches Gift unserem Volks körper zu. Möge darum auch der männlichen Litteratur ein Fackel träger der Wahrheit im Reiche der Aesthetik erstehen, der uner bittlich in die verschlungensten Jrrpsade der Erotik hineinleuchtet' Neueste Dralistneldungen vom 9. August. Die Krönungsfeierlichkeite» in London. London. Um 10 Uhr Vormitags bereits erglänzte die ehr würdige Westminster-Ablei in einer Fülle von Farben. Längs des Schisses des Gotteshauses, in welchem Grenadiere Spalier bildeten, waren alle Sitze von Offizieren des Heeres und de> Marine, hohen Beamte» usw. besetzt. Um 11 Uhr 15 Minuten nahmen die höchsten Würdenträger ihre Plätze in der Nähe des Thrones ein. Der Herzog von Dcvonshire trug die Krone, der Marquis von Londonderry das Schwert; sie waren begleitet von dem Premierminister Balfour und gefolgt von dem Lordkanzler nnd dem Herzog von Fifc, Der Erzosichos von Eanterbury nahm inzwischen seinen Platz mit dem Angesicht gegen das Schiff ei» Tic Königin, deren Schleppe von acht Pagen getragen wurde, nahm aus dem Throne der Königin Platz und wurde von den Schülern von Wcsttittnslcr mit dem Ruse: „Vivar Ido-Zna ^I<?x-in<Ira!" begrüßt. Alsdann kündigte die Musik die Ankunft des Königs an, der von der Versammlung, die sich erhoben hatte, mit dem Ruse: ,,Vivat Uc-x Ockuarckrm!" begrüßt wurde Der König trug den königlichen Staatsornat und war begleitet von Edcllcutcn, welche die Regalien trugen und von anderen Würden trägern, Der König schritt sodann ans den im Vordergrund? des Thrones bcsindlichen, für ihn bestimmten Sitz zu, verbeugte sich vor der Königin und kniete zum Gebet nieder. Hierauf fand die Cercmonie der Rccognition ilntcr wiederholten stürmifchenZurufen und schmetternden Fanfaren statt. Alsdann folgte die Kommunion, Der König hörte die Verlesung des Evangeliums stehend an, gab während der heiligen Handlung seine Antworten mit sestcr Stimme ab und vollzog als- dann die Unterzeichnung des Eides, Die Krönung der Kön > gi n erfolgte um 12 Uhr 56 Minuten, Nach beendeter Krönung erhob sich oie ganze Versammlung und ries: „Gott erhalte den König und die Königin!" Die heilige Handlung war kurz nach 1 Uhr beenoct. — Nach Schluß des Gottesdienstes fiel ein leichter Regen schauer, der jedoch nach einigen Minuten wieder oufhörte. Dos Königspaar verließ 2 Uhr 6 Minuten die Abtei, von der Volks menge wiederum mit begeisterten Zurufen begrüßt. London. Die Mitglieder der Deutschen Kolonie und der Presse hatten sich auf der Terrasse der Deutschen Botschaft ve; sammelt und wurden hier vom Botschafter begrüßt. Die Mal! war hinter dem Trnppcnsvalier von einer festlich gestimmten Menge dicht besetzt In der ersten Abthcilung der Prozession befanden sich die fürstlichen Gäste. Prinz nnd Prinzessin Heinrich saßen im vorletzten Wagen nnd wurden van der Menge und den An wesenden auf der Terrasse der Deutschen Botschaft mit lebhaften Hurrahrusen begrüßt. Der Krönnngswagcn bot einen prächtigen Anblick: die brestcn Glasfcnslcr ermöglichten den vollen Anblick deS K ö n i g s p a a r e S, die Beide augenscheinlich in gehobenster Siimmung waren und unablässig grüßten. Die Begeisterung der Menge war unbeschreiblich, die Zurufe bedeutend: überall wurde» Hüte und Tücher geschwenkt, ganze Cchaaren versuchten, an*' den Außenseiten der Znschaucrrcihen mitzulanscn. Im klebrigen herrschte musterhafte Ordnung, — Der Erzbischof von Eontcrburv, dessen Stimme tiefe Bewegung erkennen ließ, schien »»mittel- bar, nachdem er dem Könige die Krone aus das Haupt gefetzt hatte, einer Ohnmacht nahe zu sein, und mußte, gestützt aui den Erzbischof von Aork und zwei andere Bischöfe, einen Augen blick weggcsührt werden: er erholte sich jedoch nachher Wiede» in ausreichendem Maße, »m die Ecrcmonie zu Ende zu bringen Nach der Krönung deS Königs kniete der Erzbischof von Eantei- burn nieder, »in oem Könige den Huldigungseid zu leisten. Der König mußte dem Kirchcnfürslcn wieder mit der Hand beim Ausstichen behilflich sein. Hierauf leistete der, Prinz von Wales dem Könige den Huloigungscid nnd küßte die Hand seines Vaters Dieser nmarmlc hieraus seinen Sohn. Dann leistete» der Herzog von Norfolk und die übrigen Vertreter der einzelnen Rangstufen des Adels den Huldigungscid. Berlin. <Priv.-Tcl > Aus Anlaß der Krönung des eng lischen Köniaspaarcs fand heute Vormittag in der hiesigen eng lischen Kirche im Park von Montbijou feierlicher Gottes dienst statt, dem im Aufträge des Kaisers Prinz Friedrich Leopold beiwohnte. Berlin. <Priv,-DcI,I Der amtliche „Rclchsanzeigcr" widmet dem verstorbenen Rudolf von Bennigsen emen Nachruf, an dessen Schluß cs heißt: „Em treuer und überzeugter Führer seiner Partei, hat er doch niemals die großen gemeinsamen Ziele aus den Augen gelassen, und wenn er mit Erfolg in großer und bewegter Zeit feine
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