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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 14.10.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-10-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192210149
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19221014
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19221014
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1922
- Monat1922-10
- Tag1922-10-14
- Monat1922-10
- Jahr1922
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 14.10.1922
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Tageblatt. Sonnavend, 14. vttover 1ST2, abends.75. Jahrg. M« IA M AM UM« L Bradkury empfiehlt ei« fünsjShriges Moratorium. Der Antrag vradburys. „Petit Journal" glaubt über ben Antrag BradburpS, ber der MeparationSkommiMon vorliegt, folgende Angaben machen zu können. Dentschlanb ist von alle« Barzahlungen für fünf Jahre »« entbtnde«. Die deutsche Negierung habe ber Nevarationskommission für die für 1024/25 und 1S2ll vorgesehenen Zahlungen Wechsel oder Schuldverschreibungen zu übermitteln, die jede der alliierten Negierungen nach Mög lichkeit flüssig zu machen suchen würde: und zwar für eigene Rechnung und auf Grund ihrer eigenen Bürgschaft. Mit anderen Worten, e» gäbe bann keine gemeinsame Garantie der Alliierten. Wenn Frankreich beispielsweise Geldleiher finde, die ihm seinen Anteil auf Grund der deutschen Wechsel auszahlten, sei eS ihnen gegenüber allein verantwortlich, falls Deutschland bet Fristablauf die Zahlungen verweigern sollte. „Petit Journal" vertritt ben Standpunkt, bah die interalliierte Solidarität heute vielleicht schwieriger auf rechtzuerhalten sei, als zu der Zeit, als die belgische Priori- tätsforberung noch nicht gedeckt gewesen und die französisch britische Entente weniger gelockert gewesen sei. Bom Stand punkt der französischen Interessen erfordere der Antrag Vradbury die ganze Aufmerksamkeit der Negierung und der öffentlichen Meinung. Auch nach diesem Blatte wird jetzt kaum noch von einer Konferenz in Brüssel gesprochen, die eine Ueberetnstimmung der Ansichten unter den Alliier ten voraussctze: diese sei durch die Ereignisse der drei letzten Monate ein wenig verschoben worden. Frankreich erklärt den Vorschlag BradburyS für unannehmbar. Nach einer vou der Agence Havas veröffentlichten offi ziösen Mitteilung trat gestern unter dem Vorsitz des fran zösischen Ministerpräsidenten eine Konferenz zusammen, nm über die Haltung der französischen Negierung anläßlich des MarksturzeS «nd seiner Folgen für die Reparationszahlungen zu beraten. Der von Sir John Bradburn der Rcparationskommission über mittelte Vorschlag sieht, wie es in der Mitteilung heißt, in dem Teile, ber den Plan einer Fiuanzreform enthält, tatsächlich umfangreiche Maßnahmen vor, deren M'irknng ganz besonders von dem guten Willen des Deut schen Reichs abhängt. Der positive Norschlag. der den An trag begleitete und der ein Moratori umsürDentsch- land auf fünf Jahre für alle seine Geldzah lungen vorsieht, erscheint schon setzt als unannehm bar für die sranzösi'che Negierung; denn er greift der Zu kunft und dem viedeihen Deutschlands für einen zu langen Zeitraum vor, ohne daß die Alliierte» in dieser Beziehung irgendeine ernsthafte Grundlage der Beurteilung besitzen. Im allgemeinen hat sich die Stellung der französischen Ne gierung seit ber Londoner Konferenz im August d. I. nicht geändert. Die Erörterung in London bezog sich ausschließ lich auf das Moratorinmsgcsnch Deutschlands, und die Ent scheidung wurde der Nevarationskommission überlassen. Da diese nur eine vorläufige Entscheidung getroffen hat, die sich ausschließlich ans die Zahlungen sür 1822 bezieht, da sie über die vou Deutschland zu fordernde Finanzrcsorm nicht ent scheiden darf, so steht die Kommission von ueuem vor der selben Frage. Indes würde es logisch erscheine«, baß jede Entscheidung der Neparationskommission in dieser Bezie hung aufgeschobeu würde, bis die alliierten Negie rungen die gesamte Reparationsfrage auf der Brüsseler Konsereuz, die i« November oder spätestens Ansang Dezember zusammeutret«« soll, wen« nicht geregelt, so doch wenigstens geprüft habe«. Eine offiziöse Sitzung der ReparationSkommiifio«. Wie die Agence HavaS meldet, hielt die Reparations kommission gestern nachmittag eine offiziöse Sitzung ab, in der die Prüfung der Finanzlage Deutschlands und der Maß nahmen zur Verhütung einer neuen Krisis fortgesetzt wurde. Das Dekret der deutschen Negierung, das den Verkehr mit ausländischen Devisen regelt, ist von ben Alliierten günstig ausgenommen worden; jedoch sei cs überzeugend, daß noch andere Maßnahmen ins Auge gefaßt werden müßten. Es bestätige sich, daß eine Entscheidung gestern wahrscheinlich nicht getrossen werben konnte. Ministerpräsident Poincarö hat gestern vormittag den Vorsitzenden der Berliner Kontrollkommission General Rollet empfangen. Beginn der Verhandlungen über die Ausgleichszahlungen. Im Neichssinanzministerium begannen gestern nach mittag die Ausgleichsverhaudlungen mit den Vertretern der englischen, französischen und belgischen Negierung. Deutscher seits nahmen an den Beratungen Vertreter des N.'ichs- finanzministeriums, des WicdcrausbauamtcZ und des AuS- gleichsamtes teil. Unser Rechtskaufs gegen den Versailler Vertrag. Fm Klub für Handel. Industrie «nd Wissenschaft in Frankfurt a. M. wandte sich Neichsminister Dr. Köster in einem Vorträge entschieden gegen die Meinung, daß man von den Rechtsgrundlagen des Versailler Vertrages mög lichst wenig sprechen solle. T-as Wilson-Programm iei von ber deutschen Regierung als Grundlage der Friedensver- kandlungen gesordert und von den Alliierten anerkannt worden. Im einzelnen wies der Minister aus das Zustande kommen des Vorvertrages zwischen Deutschland und leinen Kriegsgegnern hin, schilderte die Einschränkung des Wilson- Programms gerade in Bezug auf die Nevaraiionskrage und stellte fest, daß nach der Novembcrnote Deutschland einzig für alle Schäden der Zivilbevölkerung reparationspslichtig sei. Unter Verwertung des Materials, das in Frankreich, England, Italien und Amerika veröffentlicht worden ist, zeigte er, wie die Alliierten diese freiwillig übernommene Bindung wieder zu zerreißen luchten. Nur durch Vertrags bruch sei cs möglich gewesen, Deutschland entgegen dem Ver trage auch die Zahlung der Renten und Pensionen für die Kriegsteilnehmer und Hinterbliebenen in den Ländern der Alliierten auszuerlcgcn. Damit aber verdreifache sich die Summe dessen, was Deutschland zu leisten nach der No vembernote bereit und verpflichtet wäre und womit sich die Alliierten zunächst zufrieden gegeben Härten. Daraus er gebe sich ber Schluß, daß sich unser Rechrskampl mindestens ebenso gegen die falsche Grundlage dieser viel zu w-si gehenden Haftbarkeit wie gegen die darin enthaltene TchnlL- anklage richten muß. F- S4t. Beilege zum Airsatt l >! Das Finanzproblem. ... Alle Gläubiaer Deutschlands sind ziemlich einig dar über, baß die für Mitte November vorgesehene Brüs- leler Finanzkonferen» »u spät kommt oder zu srüh. Zu itzät, um die finanzielle Grundlage der bisher versuchten Reparationsleistungen, die deutsche Paviermark, »u retten: »u früh, weil der erforderlichen Einmütigkeit das Hilfswerk an einer deutschen Wirtschaft zu beginnen, deren Tragpfeller in irgend einer Art bereits auf der Goldwährung stehen müßten. Denn die deutsche Papiermark stirbt, und eS hat keinen Zweck, Mif besondere Leistungen eines Sterbenden noch ausdrücklich zu verzichten. Möglich, wenn auch nicht ae- Witz, daß die Gläubigermächte ihr Ziel in den Grenze» des wirtschaftlich Leistbaren erreicht hätten, wenn sie schon in den Tagen des Versailler Friedens einsichtig genug gewesen wären, die deutsche Wirtschaft zwei bis drei Jahre lang aufzufüttern, um dann die Zahlungen in einer in zwischen gefestigten Währung zu empfangen: denkbar, wenn auch nicht gewiß, daß noch i>n Frühsommer 1922, nach den Vorschlägen der Bankierkonferenz, der Fall der Mark hätte aufgchalten und künftig Reparationsleistungen ohne Währungsumsturz hätten vorbereitet werden können. Das ist jetzt vorbei. „Reparationen" auf der Grundlage der Pa viermarkwährung sind überhaupt nicht mehr möglich; an dererseits kann sich das Reick von der Papiermark bis auf Weiteres nicht loslösen. Es kann wohl kund versucht es tatsächlich) die Goldmark als rechnerische Einheit weit gehend zulassen, aber es verfügt darum nicht über „Gold mark". Das unsichtbare, tatsächlich nickt vom Gold, son dern von den fremden Valuten abgeleitete Geld, das uns bevorzustehen scheint, »lacht die Preise, Löhne, Steuern, am Dollar gemessen, zwar „fest", an der als Zahlungs- mittel immer noch unentbehrlichen Papicriuart gemessen aber „gleitend". Ganz Deutschland nimmt die Devisen zum Wcrtmatzstab — ohne Devisen zu haben. Dies ungewisse Schicksal der deutschen Währung aber stellt das Ausland vor ein Wirtschaftsproblem, neben dein die eigentlichen Reparationszahlungen einfach verschwinden. Will man draußen die deutsche Wirtschaft nicht einfach auf- geben, so kann man nicht mehr, wie bisher, die Hilssmaß- regeln nach dem Reparationsbedarf abstufen, sondern niuß umgekehrt: die ReparationSmöglick leiten ncick dem Ergeb nis der Hilfeleistung beurteilen. Mit andern Worten: Tie heutige Zahlungsfähigkeit Deutschlands ist gleich Null: die künftige Reparattonsschuld ist kerne bestimmte, sondern eine wechselnde, funktionelle, aus dem Stand einer neuen Währung und aus dem Vertrauen des Weltsrnanzmarktes jeweilig zu errechnende Größe. Auch sie „glerrel". Daß es so ist, ersieht man aus dem, offenbar freilich sehr ungenau wiedergegebenen, Vorschlag des Engländers Bradburd. Danach sollen die Gläubigerstaaten dem Reich eine fünfjährige Zahlungsruhe gewähren, für ben gleichen Zeitraum Wechsel annehmen und, jeder für sich — zusehen, ob, wie und in welchem Umfang sie für dresc Wechsel Leihgeld bekommen. Gemcrnbürgschgft soll nicht bestehen, jeder Staat ist, wenn Deutschland dir Wechsel nicht einlösen kann, für seinen Teil den Beleihern haft bar. — Natürlich ist diese, hauptsächlich französischen Blät tern entstammende, Skizze nicht zuverlässig: So, wie der Vorschlag wicdergegeben wird, wäre es einfach die Ein ladung, Deutschland zu verauktionieren. Denn die Gläu bigerstaaten, um auf die deutschen Wechsel überhaupt erst Geld bekommen und eS später zurückzahien zu können, müßten den Darleihern entsprechende Bürgschaften vor legen, das bedeutet: sie würden die „Pfänder" fordern und nehmen, die ihnen gefielen. Verwehren könnte cs ihnen niemand, da ja die Gemeinsamkeit ausdrücklich aus geschlossen sein soll. Hat also der Vorschlag, wie er wirk lich lauten mag, einen Sinn, so setzt er die Einigung über die Bürgschaften, die Begrenzung des Rechtes auf Pfand» nähme voraus. Tann freilich trüge er zur Aufhellung des Tatbestandes bei und er würde zeigen, daß die deutsche Reparattonsschuld, als unbestimmte Größe, zwischen den Schienen dessen gleitet, was bei der Finanzierung der deutschen Wirtschaft tatsächlich herauskommt: daß sie nichts anderes als eine Funktion des deuts chen Kredites — und des Kredites der Gläubigerstaaten aus dem. Welt markt ist. Eine WSHrnnqSanleihe. Das Neichskabiuett beschäftigte sich Kestern nach mittag mit der Beratung weiterer Maßnahme«, die zu einer Stabilisierung der Mark führen solle«. Bespräche« wurde «. a. der Plan der Währnngsanleihe. Die Verhand lungen solle« in de« nächsten Tagen fortgesetzt werde«. Englischer Protest in Berlin. Die Gebühren, die in verschiedene« deutschen Staate» de« Ausländer« für die Erlangung der Aufent haltsgenehmigung auferlegt werden, haben zu Vor stellungen bei de« deutsche« Behörden durch die englische Regierung geführt. Das englische Auswärtige Amt sieht darin eine« Verstoß gegen Len Frie densvertrag. Die Beschwerde bildet znr Zeit den Gegen stand der Beratung bei de« »«ständigen Stellen in Berlin. Die Deutsche BolkSpartet sür die Verschiebung der Reichspräsidentenwahl. Das parteiamtliche Organ der Deutschen Volkspartei setzt sich erneut für die Verschiebung der Reichspräsidenten wahl ein. Es schlägt vor, die Frage der Präsidentenwahl durch den Reichstag dahin gesetzlich regeln zu lasten, daß sie gleichzeitig mit den nächsten Reichstagswahlen im Sommer 1924 erfolge. Damit würden, wie es in dem Organ heißt, die Bedenken, die gegen ein weiteres Provisorium der Präsidentschaft Eberts sprächen, beseitigt. — Der „Lokal anzeiger" erfährt, daß der volksparteiliche Abgeordnete Stinnes voL einigen Tagen in einer Unterredung mit dem Reichspräsidenten Gründe geltend gemacht habe, di» für eine Verschiebung der Wahl sprächen. Gestern hat der volks parteiliche Parteivorstanb zur Frage der Präsidentenwahl Stellung genommen. Ans ber Aussprache hat sich laut „Zeit" ergebe«, daß der Parteivorstand ber Auffassung zn- stimmt. daß es nicht empfehlenswert erscheint, die Präsi dentenwahl am S. Dezember vorzunehme«. Der Parteivor stand sei der Meinung, daß wir in der innere« Politik zur zeit die Einheit nicht dnrch Wahlleidenschaft«« gefährde« dürfen «nd daß die ruhige Entwickelung auch ans Rücksicht auf die außenpolitische Lage nicht gestört «erde« darf. Die Dentsche BolkSpartet wird ihre Bemühungen weiter darauf richten, daß di« Wahl d«S Reichspräsidenten durch Reichs- tagöbeschlnß «och hinaaSgeschpb«, werde. Nach einer wetteren Meldung beS „Lokalanzetger" sollen von feiten der Deutschnationalen BolkSpartet bereits Verhandlungen und Sondierungen darüber ftattgefunben haben, ob die Kan didatur Hindenburg auch bei anderen bürgerlichen Parteien in Frage kommt. DaS bedeute, so schreibt da» Blatt, daß die Deutschnationalen nur bann Hindenburg zu einer Kan- didatur veranlaßen würden, wenn er nicht als Kandidat der Deutschnationalen, als» nicht al» Partetkandtdat in Fraa« käme, Die Rede Chamberlains. Aus Loudon wird gemeldet: Chamberlain erklärte in seiner Rede in Birmingham, es würde angesichts der von der Arbeiterpartei kommenden Drohung ein Verbrechen sein, es zum Bruch der Koalition kommen zu lasten. Lloyd George habe mit vollständiger Loyalität gegenüber seinen unionistischen Alliierten versahren. Die Fragen, denen das Land gegenübergestellt sei, seien nicht die alten Fragen, die sic trennten, sondern die alten Fragen, die sie vereinigten. Es habe Augenblicke gegeben, wo die Revolution sehr nahe vor ber Tür stand, Augenblicke, die jetzt vergessen seien, die jedoch verhängnisvoll hätten werden können für die Ver fassung des Landes. Chamberlain wies darauf hin, baß innerhalb der allerletzten Wochen die Drohung mit direkter Aktion wieder wegen der türkischen Krise erhoben worden sei. Unter großem Beifall erklärte Chamberlain, wenn die Arbeiterpartei eine Majorität erhalten würde, so würde die Verantwortung derer schwer sein, die in einer Zeit nationaler Gefahr nicht national denken können. Eine Ver mögensabgabe werde den Ruin der Industrie bedeuten. Er sei überzeugt, es werde in einem neuen Parlament oder einer neuen Rgierung keine Möglichkeit bestehen, die Ge schäfte anders zu führen, als mittels einer Koalition, die von mehr als einer Partei getragen sei. Zur auswärtige« Politik erklärte Chamberlain, während der letzten vter Wochen sei die Regierung mit fast täglicher achtstündiger Erörterung einer großen auswärtigen Krise beschäftigt gewesen. Die britische Regierung sei im griechisch türkische« Konflikt neutral gewesen, habe jedoch zwei grobe Ziele im Auge gehabt, nämlich soweit möglich zu verhindern, daß ein Krieg, der Kleinasien verwüstete, nach Europa ge tragen werde, und darauf hinzuarbciten, daß Konstantinopel das Schicksal Smyrnas erspart werde und daß jene Frei heit der Meerengen, die das Hauptziel Englands im Kriege mit der Türkei war und die Hauptfrncht des englischen Sieges sei, gewahrt werde. Er glaube, die Politik der Re gierung sei erfolgreich gewesen. Chamberlain fuhr fort, der Weltkrieg sei das Ende der von Asquith gerügten „Berufs diplomatie" gewesen. Obgleich er nicht sagen wolle, daß der Weltkrieg hätte vermieden werden können, so stelle er doch fest, daß eine bestimmte Erklärung der britischen Politik und auf Seiten Deutschlands die Kenntnis, wie weit es gehen könne, die Ereignisse in großem Maße hätten beeinflussen können. Chamberlain sagte ferner, jede Entscheidung der britischen Negierung sei in Uebereinstimmung mit ihren Alliierten getrossen worden. Wo die Politik der Alliierten gescheitert sei, da sei das die Folge von Ereignissen gewesen, die außerhalb der Kontrolle der britischen Regierung lägen. Indem die Regierung den General Harrington mit Streit kräften versorgte, habe sie ihren Zweck erreicht, und der Friede Europas sei gesichert worben. Aus der franzöfischen Kammer. Die französische Kammer setzte gestern die Jnterpelka- lionSdebatte fort. An erster Stelle interpellierte Abg. CaNavellt (Soz) über den Matrosenftreik. Marcel Hubert interpellierte über die RegiernngSmaßnahmen, nm den Frieden aufrecht zu erhalten und eine gerechte Reqe- lung der Forderungen an Deutschland sicherzustellen. Der Friede müße sichergestellt werden, Meinungsverschieden heiten beständen nur hinsichtlich der Mittel, die zum Ziele führen. Biele Dentsche, die sich während des Kriege» bereichert batten, biitten ibr Vermögen nach dem Auslande gebracht: aber Frankreich könne ans dem Friedensoertrage das Recht hcrleiten, da? Privatvermögen in Deutschland zu beschlagnahmen. Griechenland hat attfienammen. Aus Athen wird gemeldet: D:e Regierung lat das Abkommen ron Mudania angenommen. Tie alliierten General? haben beschlossen, eine ailiierre Kommission zn dem Oberbefehlshaber der griechischen Streitkräfte General Nid er nach Rodosto ru ichicken, nm mir ihm die Bestimmungen bezüglich der Räum n n g Thraziens und der Beieoung des Lanses durch all'.sir- tes Militär iestznsetzcn. Die Franzosen werden Adria- nopel, Kirk-Kilisse und Lülc-BnrgaS. die Engländer Ro- dosto, Keichan und Usunköorü, die Italiener Tichociu le- setzen. Diese Besetzung erfordert 7 Bataillone und 2 Schwadronen. Auf dem reckten Maeiean e. werden die Ita liener Dedeagatsch, die Enaiänder Kuieiü-Burgis und Temoliko und d'.e Franzosen u. a. Karagalsck besetzen. „Prawda" schreibt: Der W a f f e n ir i l ist a n d oon Muoania sichert der Türkei Kleinas en und Ostibea- zien und liefert dem englischen Imperialismus eine starke Stellung am Bosporus au?, welche England während der Friedensverhandlungen ausnuheu wird, um der Türkei nach teilige wirtschaftlich? und militärische Bedingungen ausiu- zwingen. Tie Türkei hat den Waffenstillstand trotz dieser Gefahren geschlossen, nm einen Krieg mit England zu ver meiden und eine notwendige Ruhepause zu erlauben. Tie Friedensverhandlungen bergen Gejabren für die Türket, da Frankreichs Standpunkt dem englischen unterlegen ist. Angc sichiS der Stellung der alliierten Front kann nur ein Büudnis der werktätigen Massen Rußlands un) )er Türkei dieser eine vorteilhafte Lösung des Konfliktes verbürgen. Tic russische Ausfuhr über Konstanti nopel ist bis zur Klärung der Lage an den Darda nellen cinocssrellt worden. Tie Oüerkommissare der Alliierten in Konstantinopel Haven dem Vertreter AngoraS zur Uebcrnrittlung an den kemalistischen Kommissar für Aus wärtige Angelegenheiten eine Note übergeben, rn der darauf hingcwiesen wird, daß gewissen Nachrichten zu folge die aus Anatolien stammenden gefangenen griechi schen Soldaten in besonderen Lagern konzentriert und als Hochverräter vor ein Kriegsgericht gestellt seren, weil sie als türkische Staatsangehörige gegen ihr Vaterland ge kämpft hätten. Tie Note gibt, gestützt auf humanitäre und andere Erwägungen, der Hoffnung Ausdruck, daß inr Interesse der Wiederversöhnung der in der Türker leben den Rassen Begnadigung erfolge. Tr. Nansen, der seit dem 5. Oktober in Konstanti nopel weilt, wird nach in Genf ernaegangenen Meldungen in diesen Tagen mit Mustavha Kemal Pascha zu- ammentreffen, um mit ihm die Maßnahmen zur Unter- tritzung der Flüchtlinge aus Kleinasien zu besprechen. Hierauf wird sich Nansen nach Athen begeben, um ebenfalls mit der griechischen Regierung Rücksprache zu nehmen. Als ein? der größten Schwierigkeiten der näch sten Zeit betrachtet Nansen die Versorgung, der Flüchtlinge, sobald sie einmal in Griechenland eingctroffen sind. Tie verwickelten Verhältnisse, denen sich die griechische Regie rung gegenüber befinden wird, könnten dann nur mit Hilfe anderer Regierungen, möglichst durch Vermittelung des Bö keebundes, gelöst werden. Wie man weiter erfährt, will Nankcn auch die türkischen Flüchtlinge, vi« in Kon-
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