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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 21.09.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19000921026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1900092102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1900092102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1900
- Monat1900-09
- Tag1900-09-21
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Donnerstag-Abendausgabe für Dresden und Umgebung. berugrgebühr: WertrüSürlick r Mt. so P°a-: durch die Lok » Mt. 7b Pi«. Di» .DreÄmrr Nachricht«,' «vcheme» die Schieber in Dresden und der nächke» Unraebmia. wo die Liltroaun, durch eigene Voten oder L»«oM«»are erfolgt, erbalte» dad Blatt a» Wochentagen, die nicht aui Sonn- oder Feiertage folgen, in »loci TbeilanSgabcn «den»» und Morgen-, zogeitellt. sür Stbckmbe eingeiaudtrr Schritt stücke keine Berbindlichkeit. Seruivrechaoichloi,: »«r lLr.Un.Lr. 20V«. relegramm-Sdreii«: Nachricht»» Dr»ad»». Fsnreigen-Län'f. Lie Lnnabme van Ankündigung«» erfolgt in drr danvtgeichäslsirelle und den Nebenannaümeiteüe» in Dresden dis Nachmittags S Ubr. Sonn- mio ,-ciertagS nur Marienftratze 38 von bis',»l Uhr. Die tivalti«,-Grund -eile kca. 8 Silbeiif is Pi«.. An- klmdtgllnaen aui derDranweite Zeile La Vsg.. die Livaliiar Zeile als .Lingeigndt' oder ans Lertieite « L'a. In Nnnnnern nach Lomi- und Feier- lagen I- de». LivaUiae Grund«iten so, go be». so und so Psg. nach besonderem Tarif. Auswärtige Aufträge nur gegen VorauSbchabsmig. BrlegbKtter «erden mit la Lsg. berechne«. Rodert Vödmv ^ iuil. °m, 5°d c LLvLckvreloKv III Li-imt er äi mv»iii. Vvorxpl latr 16. 9!r» 260» Neueste Drahtberichtc. Hofnnchrichtcn, Zur Trauerseicr, Armccvcränderungen. Aus Londons Theaterleben. Freitag, 21. September 1000. m Dp? ist skilmukpr - Jernschreib- »md Kernsprech-Berichte v 20 September. Der Krieg i« China. Berlin. Die Berliner chinesische Gesandtschaft machte dem deutschen Auswärtigen Amt die Mittheiluna, daß die chinesische Regierung bereit sei, einen Spezial Gesandten nach Berlin zu schicken, um der deutschen Regierung das Bedauern über die Er mordung des Freiberrn v. Ketteier auszudriickeii. Ter Mandarin Ainatchang, der setzt die Militärschulc in Tientsin leitet und der in Berlin und Wien seine militärische Ausbildung erhalten hat, soll diele Mission übernehmen. Das Auswärtige Amt antwortete, daß der Zeitpunkt, wo ein solcher Svezial-Geiandter in Berlin empfangen werden könne, noch nicht gekommen sei. Berlin. Das KriegSministeniiiii tbcilt über die Bewegung der Trupventransportschiffe mit: „Roland" am 19. Septemder in Port Said, „Arcadra" am 19. Septemder in Suez angckommen. Berlin. „Bussard" ist am l9. d.M inAnwp cingetrofsen. - Das Kriegsministerium theilt über die Truppentransporte mit: „Rhein" und „Aachen" am 13. d. M. in Tnkn eingetrossen. Paris. Die Blätter besprechen die Cirkularnote des Grafen Bülow in fast ausnahmslos zustimmender Weile. Whist spricht im „Figaro" die Ueberzeugung aus. daß der Vorschlag Deutsch lands die Zustimmung aller Äethcilicstcn finden und so daS Ein vernehmen der Mächte, wcches bereits erschüttert gewesen, wieder Herstellen werde. Durch die Annahme des Vorschlags werde der Mission des Grafen Waldersee auch der internationale Charakter wiedergegeben. — Das „Journal" erklärt, die energische Inter vention Deutschlands in China könne Frankreich in keiner Weise verletzen, noch mit Besorgnis; erfüllen. Paris. Hier verlautet, daß zwilchen den Großmächten eine Einigung dahin erzielt ist, daß England und die Dreibundmächte ihre Truvven in Peking behalten, während Rußland, Frankreich und Amerika Tientsin besetzen. Für Frankreich kostet die Expedi tion nach China bisher bereits 70 Millionen. London. Dem „Standard" wird aus Shanghai vom 18. ds. M. gemeldet: Ein hoher Mandschu-Bcamter der Provinz Hunan. Hsi-lrang, kam am 9. d. M. mit 8000 Mann Truppen der Provinz Hunan in Paotingstr iProvinz Shansi) an und theilte der Kaiserin-WIttwe mit, daß noch größere Trnppcnmassen sich unterwegs befinden. Die Kafierin-Wittwe gab ihrem Dank Aus druck für die ihr von den Mcekönigen bewiesene Loyalität. Den .Dimes" wird aus Shanghai vom 1». ds. Ai. gemeldet: Admiral Sehmour beaiebt sich nach Tat». Man glaubt, er werde mit dem Gesandten Macdonald in Tientsin Zusammentreffen. — Ans glaubwürdiger chinesischer Quelle stammende Nachrichten melden ans Nanking, die fremdcnseindlichc Partei gewinne dorr im Gegen satz zu demVicekönig Liu-Kun-Mau Einfluß. — Ter britische Gesandte in Tokio. Satow. geht an Stelle Macdonald s nach Peking: Letzterer geht an S elle Satow'S nach Tokio. Lonoon. Wie dem „Rcuterhchen Bmean" aus Peking vom 12. d. M. gemeldet wird, griff die Kolonne des Generals v. Höpfner am 11. September früh die Sladt Liaiigbsiang an. Der Ott war voll von Boxern und kaiserlich chinesischen Truppen und wurde zunächst von der Artillerie Hvpsner's beschossen. Die Thore wurden mit Dynamit gesprengt und nun entspann sich ein- Straßenkampf: 500 Chinesen wurden getvdtet. London. Wie das Reuter-Bureau aus Sbanghai meldet, rief die Berliner Meldung, daß der Deutsche Kaffer vor Eintritt m die Verhandlungen die Auslieferung der Anstifter der Ver brechen wünsche, eine hohe Befriedigung hervor. Nachdem die Sicherheit Shanghais mmmehr gewährleistet ist, stellen die Konsuln die regelmäßigen Versammlungen ein. Petersburg. Die Cirkularnote der deutschen Regierung wird vom „St. Petersburger Herold" und der „Birschewiia Wiedomosti" in zustimmendem Sinne besprochen. Petersburg. Die „Nowoic Wremia" meldet aus Chabarowsk in einem wegen Beschädigung der Telegrapbenlinie verspätet cingetroffcnen Telegramm vom 10. ds. M-, daß die Filiale der Russisch-chinesischen Bank in Chardin am 13. ds. M. ihre regelmäßige Thätiakeit wieder ausgenommen hat, auch alle Be amten aus ihre Posten zurückgekehrt sind. eine Kabinctssitzung statt, in der über die Antwort ans die deutsche Cirkularnote wegen Bestrafung der Rädelsführer in China Beschluß gefaßt werden lost. Berlin. Wie berichtet wird, hat sich an der in Nerv-Pork eriolaten Unterbringung von 80 Mist. Mk. -Iproz. RcicbSanleibe die New-Porker Lebensversicheriingsgescllschast mit d. h. mit 20 Milt. Mk. betheiligt. Tie Notirung der Anweisungen an der Berliner Börse wird nächste Woche erfolgen. Dnrmstadt. Die feierliche Beisetzung des Prinzen Heinrich von Hesse» fand heute Vormittag unter Tbeilnahme des Großherzogs, des Graien zu Nidda, des Sohnes des Verstorbenen, des Prinzen AlsonS von Bauern, als Vertreters des Prinzrsgenten. des kom »inndirenden Generals v. Lindcanist. als Vertreters des Kaisers, ferner des diplomatischen KorpS. der Spitzen der Civil und Militärbehörden und zahlreicher StandeSherrcn aus der Roscn- höhe statt. W i en. Der Kaiser empfing heute Vormittag das Präsidium des Gemeindcraths mit dem Bürgermeister Tr Lueger an der Spitze, welches anläßlich des 70. Geburtstags des Kaisers eine äußerst kunstvoll ausgestattcte Hnldiguugsadrcssc der Stadt Wien überreichte. , Wieu. Tie „Wiener Rathhauskorreipondenz-Zeitung" meldet: Bei dem Empfange der Deputation der Lkadt Wien durch den Kaffer sprach der Bürgermeister Dr. Lnegn die ehrfurchtsvollste Bitte. ans, der Kaffer wolle die Adresse gnädig entgegennehmen und möge der Liebe und Treue der Reichshauplstadt für immerwährende Zeiten versichert sein. Ter Kaiser dankte der Deputation der iLtadt Wien für den neuerlichen Ansdruck der ihm wohlbekannten An hänglichkeit und Liebe der Bevölkerung Wiens, die sich anläßlich der Feier seines 70. Geburtstags auf'S Nene !o glänzend bewahr ien, und sprach seine Befriedigung über die Fortschritte des Baues von elektrischen Bahnen, sowie über die schone Stadtbclenchtnng ans. Cr lobte den Fleiß des Wiener Gemeinderaths und ver sicherte. er nehme stets großes Interesse an der fortschreitenden Entwickelung Wiens. Duz. Zur Zeit der gestrigen Kohlenoxydgas-Exvlosion in der „Frisch Glücks-Zeche waren, soweit bisher festgestellt werden konnte. 83 Bergleute im Schachte beschäftigt. Von dreien retteten sich 28 nach dem Luftschacht. Bisher wurden 2 Leichtverletzte und 18 Schwerverletzte, darunter der Betriebsleiter, geborgen: von diesen sind bereits 5 gestorben. 30 Leichen wurden »och im Schacht aufgcfunden. tonnten iedoch noch nicht heranfgcschafst werden, weil das Feuer sich als gefährlich erweist. Weitere 5 Personen werden noch vermißt. Chartres. Die städtische» Behörden empfingen gestern Abend die französischen und fremdländischen Offiziere. Ter Maire, der Kriegsminister und der russische General WuliarliarSkv hielten Ansprachen. Es herrschte ein sehr herzlicher Ton. — Seit dem frühen Morgen strömt eine große Volksmenge nach dein Orte Amillu, wo die Truppen in Stärke von 97.OM Mann mit 20.000 Pferden Paradeausstellnng genommen hatten. Hin 9 Uhr traf Präsident Lonbet in Begleitung des Kriegsministers und mehrerer Senatoren und Tcputirten ein und begab sich im Wagen ans den Paradeplatz, wo er vom General Brugere empfangen wurde Nach dem Vorbeimarsch der Truppen ließ Loubet sich die fremdländischen Offiziere verstellen und unterhielt sich mit Jedem derselben. Paris. Das Bnrcan des Munizivalraihes erinchtc den Seinevrafelten zur Verfügung des Maires der 20 Arrondissemeuts 200,000 Frcs. zur Bertheilung an die Armen am 23. d. M. zur Verfügung zu stellen. P gris. DaS Präsidium des Gemeinderaths beschloß, durch Maueranschlag bekannt zu geben, daß die Summe von 200,OM Frcs., die ursprünglich für das Festbankett bestimmt war, unter die Pariser Armen vertheilt werden soll. London. Die „Times" melden aus Buenos Aires vom 18. September: Der Finanzminister erklärte aus das Bestimmteste, daß die kürzlich in London gemachten Vorschläge hinsichtlich der Unisizirnng der argentinischen auswärtigen nationalen Schulden in keiner Weise von der Regierung autvrisirt gewesen seien. Auch sei die Zeit für solche Operation nicht günstig. pestverdächtige Fälle; 109 Personen Sultan hat sämintlichen Offizieren „Loreley" Ordensdekorationen ver- 21 ausgesprochene und 3 werden ärztlich beobachtet. K v nstantinopc l. Ter des deutschen Stationsschiffes liehen. New Port. Tic Zahl der im Anthracitkohlengebiet ans ! ständigen Grubenarbeiter wächst beständig. Der Präsident der ! Vereinigung der Grubenarbeiter schätzt die Zahl derjenigen, die die Arbeit bisher niedergelegi haben, ans 120.000. Hunderte von ^ Effenbahnangesteltten müssen 'eiern, weil keine Koblenznge per i kehren. Loiircneo Marques. Die Portugiesen haben ein : Komitee eingesetzt, das die aus Transvaal ankommendcn Flucht ! liuge empfangen und mit Nahrungsmitteln versehen wll. Den fremden Konniln wurde initgetheilt, das; man erwartet, sie würden sich ihrer auS Transvaal ankommendcn Landsleute aunehmen. Oertliches und Sächsisches. Dresden, AI. September —* Ihre Majestäten der König und die Königin empfingen gestern Abend vor Beginn der Trauerseierlichkeiten, die fremden sursllichen Herren und die Abgesandten der auswärtigen Hose im Rcsidenzschlossc. Nach der Feierlichkeit begab sich der König!. Kommissar mit dem Pfarrer der katholischen Hoskirche in die Königliche Familiengruft und' überreichte diesem daselbst einen Schlüffcl rum esarge der Leiche des Prinzen. —* An den feierlichen Creamen mr den verewigten Prinzen Albert in der katholischen Hoskirche nahmen heute Vormittag I I Nur Thcii: Ihre Allnestätcn der König und die Königin, die Prinzen und Prinzessinnen des Königl. Hauses, die noch an wesenden fremden Fürstlichkeiten, die Suiten, die zum Ehrendienst er Gottesdienst währte bis 12 Uhr 20 Minuten. Nach der Kirche nahm Se. Majestät der König im R ffidenzichoü die Bor träge der Herren Staatsminister und mehrere militärische Meldungen entgegen und empfing eine Deputation des Rathes nnd des Stadt verordneten-Kollegiilins der Residenz, bestehend ans Oberbürger meister Geh. Finanzratb Beutler. Stadtrath Banrath Richter, dem Stadtverordneten Vorsteher Rechtsanwalt Dr. Stöckel und Bau meister Hartwig, um den Ausdruck der Theilnahme der Haupt- und Residenzstadt an dem Ableben Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Hostager Pillnitz zurück. —^ Se. Königl. Hoheit Prinz Georg und Ihre Königl. Hoheit Prinzeisin Mathilde haben bente wieder die Villa in Hosterwitz bezogen, wo Nachmittags Familienlafel stattsindet. Ihre Kniserl. Königl. Hoheit Frau Erzherzogin Maria Joiepha wird noch eimge Tage in der Billa zu Hosterwitz Aufenthalt nehme:!. Sc. Königl. Hoheit Prinz Friedrich Heinrich von Preuße n nnd Ihre Hoheiten die Herzöge Adolf Friedrich und Heinrich von M eckl enbnrg-S chwerin haben Dresden gestern Abend wieder verlassen, während Sc. Dirrchlaucht Prinz Karl Anton von H o h cnz o ll ein beute Nachmittag nnd Se. Kafferl. Königl. Hoheit der Erzherzog Otto von Oesterreich heute Nacht abzureisen gedenken. —* Ter Obersthofmeister Sr. Kaiser!. Königl. Hoheit des Erzherzogs Otto Freiherr DIanhowesky v. Langendorf erhielt von Sr. Majestät dem König das Großkreuz des Albrechtsordcns nnd der Diensttämmerer Altaraf zu SolmS - Reifsersheidt das Orsizierskre»; desselben Ordens. —" Sc. Majestät der König hat nachstehende Orkens dekorationen verliehen: das Komthnrkrcn; 2. Klaffe des Verdienst ordcns: dem (sieh. Rath Hnth, Abtb.-Chef im Kriegsministe num: das Ritterkreuz 1. Klaffe desselben Ordens: dem Major Vierling. Abth. Kommandeur im 2. Feldart. Regt. Nr. 28. gerr Kunst und Wissenschaft. si* Im Königl. Schauspielhausc gelangt Sonn > abend, den 22. September, neueinstudirt das vieraktige Lustspiel „Die guten Freunde" von Victoricn Sardou, Deutsch von Heinrich ^ Laube, in nachstehender Besetzung zur Aufführung: Eauffadc— Herr Wiene: Cäcilie—Frau Csillag: Beniamine—Frl. Gasny: Tholosan—Herr Stahl: Maurice—Herr Rena; Marscal—Herr Swoboda: Navbael—Herr Gebühr; Vigneur—Herr Müller: Eulalie—Frau Wolfs: Abdallah—Herr Bauer: Lancclot—Herr Schubert: cko la Richaudiöre—Herr Leichert: Laurent—H Walther, Jenny-Frl. Schendlcr; Ein Gärtner-Herr Willi. Ans Londons Theaterleben. Ein Pauichnrtheil über das moderne englische Theater müßte in den einen Satz zusammengedrängt werden: es ist schlecht, aber interessant. Es ist schlecht, nicht nur weil so wenig Gutes geboten wird, sondern hauptsächlich, weil sich nirgends eine vorherrschende und Richtung gebende künstlerische Idee zeigt, cs ist aber interessant sowohl durch die berückende Fülle eigenartiger Erscheinungen, wie vornehmlich durch die kulturelle Bodenständig kcit Vieser Erscheinungen. Das Londoner Theater fordert mehr zu so sehr der Herr des Dramas, sind Dichter und Schauspieler so sehr die Diener des Publikums, als eben in London. Nicht besser als anderwärts ist das Theater in London Geschäft. Das hat den Vorthcil, daß keine beengenden Rück ach sichten vorherrschen, und den Nachtheil, daß es an Büynentraditlon mangelt. Es giebt in London nicht „Hans"-, sondern blos „Stücks- Direktoren. Dadurch wird es für den Direktor zur wichtigsten Frage, icdcm Stück die beste Jnsceniruiig, die beste Rollenbesetzung »nd die beste Vorbereitung zu Thcil werden zu lassen. Andererseits erwachsen hieraus die Rachtheile. daß an die Stelle unmittelbarer Frische bei den Darstellern maschinelle Sicherheit tritt, nnd daß die Ausstattung zn Ncbertrcibungen verleitet, die sich im modernen Stück als schwersälliger Verismus, im historischen als zerstreuender Archaismus geltend machen. Wie der Direktor, so überlebt die Truppe nicht das Stück. Daraus ergeben sich die Folg«, an da es dem Ensemble an Vertrautheit fehlt, und daß beim einzelnen Darsteller die Spezialität überwuchert. Nun ist das Spezialitäten ihm» ein Krebsschaden an der englischen Schauspielkunst, denn es zeitigt bei kleinem Talent den rcmtinitten Handwerker, bei großem Talent den brillirenden Virtuosen, doch die Enge des Rollenkrcffes erdrosselt den wahrhast großen Künstler. Ausschließliches Star system ist die Signatur. Die Londoner Theater, etwa 25, sind am ..ckraiiff - ziffammcn- gedrängt. Daneben giebt es Vorvrtthentcr an der Peripherie der «Ltadt, wo sich ein guter Mittelstand in gesunder Lage angesicdelt hat. Sie sind wesentlich Reprisenibcater für die abgespielten Erfolge des Eentnrms. Dazu kommen drittens die Vvlkstheater im armen Oste», wo besonders das Melodrama blüht. Gleichmäßig ist für sic Alle die Devffe: Alles sür das Publikum! Trotz seiner französischen und deutschen Kolonie ist London national-englisch. Das Publikum scheidet sich nur sozial in zwei Klaffen: in daS ständisch-gemischte der Centrums- und VorortSthcater und in das zur Ki „ . Ist er ungebildet, so zieht ihn die naive Schaulust in's Theater, ist er gebildet, so lockt ihn das Raffinement der Bühne. Das moderne englische Drama steht in Sold nnd Befehl von Theater dircktoren, d. h. von Kaiislenten, die sich ihre Waarc nach der Nachfrage des kaufenden Publikums einlegen. Trotz einer Anzahl von insgelammt etwa 50 Theatern fehlen Oper nnd Tragödie, also die ernstesten Repräsentanten der hohen Kunst. Tie Operette wird neben der Posse am meisten gepflegt. Die Oper hat zwar im Coventgarden ihr Absteigequartier, aber sie ist keine englische Knltnrsrucht, sie ist nicht bodenständig, nicht ein mal ständig, sic bleibt episodisch nnd fremd, ein theures Ertra- vcranngen sür reiche Leute. Als iniportirter Modeartikel chnrak- tcrisirl sie nicht den heimischen Geschmack. So bedeutet die der- maligc „Wagnerei" kaum ein englisches Bedürfniß nach Wagner, sondern vor Allem den englischen Respekt vor Wagner'S kontinen talem Siegeslauf. Einheimisch ist hingegen die Operette, deren leichte Musik für die härtesten Ohren eindringlich ist — und so unmusikalisch der Londoner von Natur aus ist. er liebt Musik un gemein. Die geschlossene Handlung des Textes, wie sie etwa Gilber ts Teile ru Sullivan auszeichnete, ist zu Gunsten des prickelnden Zanders der Augenblickswirttma aufgelöst. Den Vogel ' -- - >--- Beziehung „i?ke Lslla ak Kav Oork- ab dank tbrcr schoß in dieser kraftstrotzenden, brutalen Wirkungen. lieber zwei Lockmittel vor stilvoll. Am Ensemble entbehrt man schmerzlich die Pariser feine Kunst, am Detail die Wiener Jndivrdualisirung. Die englffcha Operette geht an Hypertrophie zu Grunde. Das Melodram giebt sich ausschließlich demokratisch, etwa unserem Volksstück entsprechend. Wohl arbeitet es mit lebens früchen zeitgenössischen Volkstypen, aber es kleistert eine Fabel nach der Schablone des kriminalistischen Schauerromans zusammen. Es ist bnrtal in seinem Stofs, chauvinistisch in »einer Tendenz, weil allemal englische Helden von ausländischen Bösewichtern in Versuchung geführt werden, und banal in seiner Kunst. Durch dir Mischung von Einfachheit und Raffinement chnraktcrisirt sich das Melodram, ei» verpöbeltes Surrogat, das dem Volk die große romantische Tragödie ersetzt nnd sich mit seiner Moralität an die unverdorbenen Instinkte der Masse wendet. Hier kann man im „kalten" England daS leidenschaftlichste Thcaterpnblikum der Welt kennen lernen. Bei den Schauspielern trinmphirt der Pscndo- Jdealisrnns. Die Historie ist zum marklosen Spcktakelstück erniedrigt: ihre Quelle bildet der pseudo-historische Roman oder die fabulierende Meinoirenliitcratur. Mit Vorliebe wird die effektvolle französische Geschichte gewählt. Alle diese Stücke leben blos vom grobstofflichcrr Interesse. Der Historie stehen die besten Theater des Centrimis offen, sic verfügt über die besten Schauspieler, und ihr wird die beste Ausstattung zu Thril. Die Jnsccnirungsknnst hat in der Londoner Historie ihren europäischen Höhepunkt erreicht. — Lon don war die Wieye der romantischen Tragödie, der Tummel platz ihrer ei centriichen Jugend, nnd sah sic heranrcifen zur höchsten: Vollendung in Shakespeares Meisterwerken. Heute ist dem großen Publikum der unverfälschte Shakespeare Kaviar. — Die P 01 se ist: die dritte Hauptgattuiig des gegenwärtigen Londoner Repertoires. Jni Unterschied vom Lustspiel, wo einfache Fabel nnd komplizirte Figuren vorherrschen, hat sie eine komplizirte Fabel und cin'ache Figuren, wie wohl sich die Grenzen oft in der Praxis verwischen. Die englische Bühne wimmelt von direkten Nebcrsetzmigen fran«
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