6o Lothar Dunsch Jakob Hegner und sein Verlag in Hellerau Wer Bücher liebt, der liebt Menschen, wer Bücher sammelt, der sammelt Menschen, wer Bücher macht, der erschafft Menschen, und wer von Büchern erzählt, der erzählt, wenn er ehrlich und aufrichtig ist, von sich selbst. (Peter de Mendelssohn) Die Gartenstadt Hellerau bot seit ihrer Gründung vielen Talenten Raum der Entfaltung - Talenten, die durchaus schon Proben ihres Könnens geliefert hatten und nach neuen Aufgaben suchten. Wölf Dohrns Idee einer Künstlerkolonie in Hellerau nahm ab 1912 Gestalt an. 1 Zu allererst wird stets Emile Jaques-Dalcroze genannt, der mit seiner Bildungsanstalt 2 für die größte Ausstrahlung auf die europäische Kulturwelt in der kurzen Zeit seines Hellerauer Wirkens sorgte, nicht nur durch die Schulfeste. Auch die Entfaltung einer Hellerauer Reformpädagogik großen Stils wurde durch ihn initiiert. 3 In der Stille wuchs in dieser Gartenstadt seit ihrer Gründung Neues auch im geistigen Bereich heran. Dazu zählt ohne Zweifel Jakob Hegner mit seinem Verlag. Er war kein unbeschriebenes Blatt mehr, als er 1912 in die Gartenstadt übersiedelte. Jakob Hegner wurde am 25. Februar 1882 in Wien als ältestes von neun Kindern eines wohl habenden jüdischen Händlers und Fabrikanten geboren. Seine Kindheit und Jugend vor 1900 lag im Wien der Prosperität und der kulturellen Blüte, die sein Schulkamerad Stefan Zweig später literarisch beschwor. Die Glanzseite der Hauptstadt der k. u. k. Monarchie verführte den jungen Hegner, die schnöden Seiten einer kaufmännischen Laufbahn von vornherein abzuleh nen und sich den geistigen Fächern zuzuwenden. Ab 1899 studierte er in Leipzig bei Wilhelm Wundt und Karl Lamprecht Philosophie und Geschichte. Das in seiner Blüte als Buchstadt prangende Leipzig verfehlte seine Wirkung auf Hegner nicht. Er wandte sich dem Buch zu, vor erst als Lektor beim Verlag Hermann Seemann Leipzig und Berlin. Das Metier war nicht ganz einfach, denn ein Periodikum erfordert Termintreue. Unter dem Pseudonym »Meta Seemann« redigierte Hegner mit großem Einsatz die »Frauen-Rundschau«, was ihn zudem dazu verführte, eine Broschüre über die Emanzipation der Frau unter der Autorschaft eben dieser Meta Seemann zu verfassen. Nach einjähriger Lektoratsarbeit ging Hegner alias »Meta Seemann« nach Berlin, mutierte frankophil zu »Jaques Hegner« und wandte sich mit der Wochenschrift »Das Neue Magazin« vom Streben nach Gerechtigkeit hin zu den Höhen der neuen deutschen Literatur. Wie bei