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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.12.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-12-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011223021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901122302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901122302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-12
- Tag1901-12-23
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9102 ganz klar grtoor-e«, -atz die Ausländer, un- ganz besonders die Deutschen, sowohl beim König, als auch bei der Königin Alexandra vorvonas eratissiraao sind. Ebensowenig hat der König seit seiner Thronbesteigung seine früheren Freunde fallen lassen. Er hatte sich bekanntlich während der langen Zeit, als er Prinz von Wales war, mit einem Kreise von Freunden um geben, von denen man in den Kreisen des alten landsässigen Adels nicht viel wissen wollte. Unter diesen Freunden be fanden sich viele Ausländer, auch Amerikaner, die man in jenen Zeiten ganz besonders über die Schulter ansah, Sportsleute und Ander«, die in der sogenannten Lebewelt eine Rolle spielten. Man nannte diesen Theil der Londoner Gesellschaft mit Ver achtung das „^IsrlborouFh 8st". Der Marlborough-Club war natürlich das Centrum dieses Theiles der Gesellschaft, und der Prinz von Wales pflegte immer, wenn er in London weilt«, Abends nach dem Diner auf einige Stunden in den Club hinüber zu gehen, um sich dort im Kreise seiner Freunde ganz un gezwungen zu unterhalten. Der gegenwärtige Prinz von Wales hat ganz andere Neigungen als sein Vater, und cs ist ein offenes Äeheimniß, daß ihm alles Clubleben ein Greuel ist. Er ist überaus häuslich und geht nur aus, wenn er unbedingt dazu gezwungen ist. Man nimmt an, daß die Haltung des Thron folgers einen großen Einfluß auf die Zukunft dec großen Londoner Clubs, wenigstens auf einige derselben, ausüben werde, denn viele von ihnen «xistirten thatsächlich nur durch den Prinzen von Wales; er war gewissermaßen das Lockmittel, das Diejenigen zu Mitgliedern heranzog, die sich gern in seine Nähe drängen wollten. Man sieht, die Gesellschaft hat allen Grund, mit den neuen Verhältnissen unzufrieden zu sein; schade nur, -aß das nicht viel helfen wird. Dem König aber, der es wagte, zu einer Zeit, wo das officielle Trauerjahr noch nicht abgelaufen ist, und also die sogenannten officiellen Hofeinladunqen noch nicht erlassen worden sind, alle seine ausländischen Freunde «inzuladen, nach Sandringham zu kommen, wird man das jedenfalls nie Wieder vergessen. Der Optimismus, den die Vereinigte Staaten - Regierung wie der regierungsfreundliche Theil der amerikanischen Presse bezüglich der Lanc auf Sc« Philippinen seit Constituirung der Civilverwaltung zur Schau trägt, muß nach neuerdings vorliegenden Meldungen mindestens stark verfrüht erscheinen. Schon Anfang November hatte man sich, wie der „Temps" zu berichten weiß, in Washingtoner Regierungstreisen auf den Aus bruch eines Aufstandes gefaßt gemacht. Kürzlich von dem General Chaffee eingetroffene Berichte besagen nun, daß die Lage in den 35 auf Luzon belegenen Provinzen, auf welche bis her die Civilverwaltung ausgedehnt worden ist, in den letzten Wochen einen höchst Besorgniß erregenden Charakter an genommen hat. Nur die Gegenwart der amerikanischen Occu- -atronstiuppen verhindere den offenen Ausbruch einer Revo lution, jedoch sei die Haltung der Insurgenten in Manila der art bedrohlich, daß der General umfassende Maßregeln zum Schutze der dort befindlichen amerikanischen Frauen und Kinder getroffen habe. Der Hinweis, daß sich die gefährliche Situation bisher auf die Hauptinsel Luzon beschränke, läßt einmal den Rückschluß zu, daß in dem Rest der 75 Provinzen, aus denen sich die Inselgruppe der Philippinen zusammensetzt, die Auf hebung der nationalen Selbstständigkeit und die Einführung der amerikanischen Verwaltung überhaupt noch nicht versucht worden ist; sodann kann es kaum zweifelhaft sein, daß die Bevölkerung dieser noch autonomen Provinzen im Falle eines Aufstandes nicht zögern würde, dem Beispiele der Luzon-Insulaner sich an- zuschlicßen. Die Seele der aufrührerischen Bewegung ist der philippinische General Miguel Malvat, und es vergeht kaum eine Woche, ohne daß eine amerikanische Truppen- abtheilung von den Insurgenten, die in kleinen Freischärler corps in der Nähe der Hauptstadt umherstreifen, angegriffen und meistens empfindlich geschädigt wird. Nach der überein stimmenden Ansicht der amerikanischen Civil- und Militär behörden in Manila steht der Ausbruch eines allgemeinen Auf standes in allernächster Zeit zu erwarten. Deutsches Reich. * Berlin, 22. December. (Ein prinzlicher Corps- commandeur in Posen?) Wir lesen in der „Tägl. Rundsch.": Eine günstige Wendung in unserer Ostmarken politik glaubt die „Rheinisch-Westfälische Zeitung" als Folge deS großen Revirements in den östlichen Commando- stellen ankündigen zu können. General von Stülpnagel, der bislang in Posen commandirte, werde als Nach folger deS Generals Fink von Finkenstein nach Königs berg kommen; statt seiner solle dann des Kaiser- Schwager und Vetter, Prinz Friedrich Leopold, an die Spiye deS 5. ArmeecorpS treten. Auf die Weise wolle man zugleich in Posen „einen Mittelpunkt des DeulschthumS von besonderer Anziehungskraft schaffen, der den erzbischöflichen Einfluß auch in repräsentativer Beziehung überrage". Wir wissen nickt, ob diese Meldung mehr ist als — wir citiren der „Rhein.-Westf. Ztg." eigene Wendung — eine „Combination, die neuerdings in unterrichten Kreisen viel ventilirt wurde". Selbst dann, d. h. wenn sie wirklich die Wahrheit kündete, schiene unS zunächst ein wenig Zurückhaltung geboten. An sich hat der Gedanke ja gewiß etwas ungemein Bestechendes, als Gegengewicht gegen den „Primas von Polen" einen königlichen Prinzen nach Posen zu entsenden, der mit der reichen Pracht seiner Haushaltung auch den Glanz deS geistlichen HoseS auf der Dominsel erblassen machte. Ist daS auch mehr deco- rative Kunst, so bleibt eS darum doch nicht zu verachten. Auch in der Politik hat das Dekorative mitunter seine berechtigte Statt. Nur käme bei solchem prinzlichen CorpS- commandeur auch unendlich viel auf daS Individuelle an, und ob Prinz Friedrich Leopold die reckte Persönlichkeit für die zerklüfteten, verworrenen Verhältnisse deS Osten« wäre, ob er seinen Landsleuten den nämlichen Rückhalt und Mittel punkt zu gewähren vermöchte, wie der hochwürdige Herr Florian v. StablewSki den Polen, da« soll man gewiß von ganzem Herzen wünschen; besonders zuversichtliche Hoff nungen — daS mag immerhin ausgesprochen werden — konnte, was man bisher vom Prinzen Friedrich Leopold sah, nach der Richtung eigentlich nicht erwecken. * Berlin, 22. December. Bezüglich der ArbeitS- auS gleichstellen bat der preußische Minister der öffent lichen Arbeiten den königlichen Eisenbahndirectionen folgenden Erlaß vom 18. December zugehen lassen: „Nach dem Erlasse vom 25. Oktober d. I. sind Aufsichts- bedienstete und Arbeiter, die in Folge des BerkehrSrückgangeS und der damit verbundenen Verminderung der Dienstgeschäfte ent behrlich werden, nicht ouS dem Eisenbahndienste zu entlassen, sondern in geeigneter Weise weiter zu beschäftigen und bei sich bietender Gelegenheit (z. B. freiwilligem Ausscheiden von Arbeitern) zur Deckung eines entstehenden Bedarfs von Arbeitskräften zu verwenden. Dabei soll hinsichtlich Art und Ort der Beschäftigung, soweit an gängig. auf die wirthjchastlichen Verhältnisse der Betheiligten Rücksicht genommen werden. Die damit bei den« gegenwärtigen VerkehrSrückgange, nach Umständen aber auch aus anderen An lässen, z. B. Verschiebungen im Verkehr, Umgestaltung von An lagen und Einrichtungen u. A. zur Schonung der wirthschaftlichrn Interessen der Bediensteten, an die Organe der Eisenbahn verwaltung herautretenden besonderen Aufgaben bedingen ein plan mäßiges Zusammenarbeiten der betheiligten Dienststellen und Be hörden. Ties wird sich zweckmäßig durch besondere Stellen herbei führen lassen, die, soweit sich nicht schon durch unmittelbares Be nehmen der Dienststellen der Ausgleich ohne Weiterungen vollzieht, alS BermittelungSstellen für bestimmte Bezirke Ueberschuß und Bedarf an Arbeitskräften ausgleichen. Die Arbeiterverhältnisse deS DirectivnSbezirkS sind sorgfältig zu überwachen. Wenn Arbeits kräfte in nennenswerthem Umfange entbehrlich werden, so ist anzu ordnen, daß an den Punkten, für welche und so lange eS nützlich erscheint, Ausgleichstellen in Wirksamkeit treten. In mehreren Be zirken ist schon, wie ich mit Befriedigung bemerkt habe, demgemäß verfahren. Sobald das Bedürfniß fortfällt und mit Eintritt stetiger Verhältnisse die Dienststellen durch unmittelbares Benehmen untereinander einen etwa in Einzelfällen erforderlichen Ausgleich ohne Weiteres zu vollziehen vermögen, werden die Ausgleichstellen ihre Thätigkeit einstellen können." Für die Errichtung solcher Ausgleichstellen ist in dem Erlaß eine Reihe von besonderen Gesichtspunkten aufgestellt. — Die Kaiserin empfing am Sonnabend Mittag im Neuen Palais den koreanischen Gesandten Min Chöl Hun und hierauf im Anschluß an die vom Kaiser ertheilten Audienzen, die neuernannten Gesandten von China und Siam, Ain Tchang und Phya Visutr Kosa. — Gestern Nachmittag unternahm daS Kaiserpaar einen gemeinsamen Spaziergang im Park von Sanssouci. — Heute Morgen besuchten der Kaiser und die Kaiserin den Gottesdienst in den CommunS. Heute Mittag empfing der Kaiser der, Maler von Kossak zum Vorlegen einiger Bilder. — Mit Rücksicht auf die herrschende ArbeitSnoth bat die Staatsbahn-Verwaltung angeordnet, daß die sämmtlichen Arbeiter-Fahrkarten (Arbeiter-Wochen- und Rückfahr karten) von heute ab zu allen Stadt- und Ringbahn-Zügen während des ganzen Tage« benutzt werden dürfen. Anlaß zu dieser Verkehrserleichterung gab der Umstand, daß de» Arbeitsmangels wegen in vielen Fabriken und Großbetrieben früher als sonst Feierabend gemacht werden muß. — Im preußischen Abgeordnetenhaus« sind fünf Mandate erledigt, nachdem Abg. Schultz (freicons.) (6. Frankfurt a. O., Züllichau l., SchwiebuS-Krossen) am 19. ds. Mts. mit Tode ab gegangen ist. — Unterstaatssekretär Lohmann vom preußischen Handels ministerium ist von der Universität Kiel wegen seiner Ver dienste um die SonntagSr uhe gesetzt zum Doctor der Theo logie üouoris causa promovirt worben. — Der preußische Handel-Minister Möller wird sich Anfang Januar k. IS. nach Staßfurt begeben, um der Feier deS 50jährigen Bestehens deS dortigen Salzbergbaues beizuwohnen. Die Festlichkeit, welche mit Rücksicht auf das jüngste schwere Grubenunglück auf Zeche „Ludwig II" bisber verschoben wurde, ist nunmehr aus den 3. und 4. Januar festgesetzt. Mehrere Räthe der Ministerial-Abtheiluog für das Bergwesen werden den Minister auf seiner Reise nach Staßfurt begleiten. — Tas Bedürfniß, die gesummte Strafgerichtspflege Berlins an einer Stelle in einem allen Ansprüchen in dienst- ' 's' kicher und gesundheitlicher Hinsicht voll genügenden Gebäude zu vereinigen, ist, wie ossiciüS erklärt wird, unabweisbar geworden. Seine Befriedigung soll durch den preußischen Staatshaushalt von 1902 herbeigrsührt werden, in dem die erste Rate der auf vier bis fünf Millionen Mark veranschlagten Kosten für den Neubau eines solchen centralen, allen modernen Anforderungen genügenden CriminalgerichtSgebäudeS für Berlin vorgesehen ist. — Einzelne approbirte Aerzte, die sich mit dem sogenannten Naturheilverfabren beschäftigen, nennen sick „Naturärzte". Da» ärztliche Ehrengericht für Berlin-Brandenburg hat in seiner letzten Sitzung die Bezeichnung „Naturarzt" der „Berl. Aerzte-Corr." zufolge, al« unstatthaft im Sinne deS Ehrengerichtsgesetzes erklärt. — Im Gegensatz zu den „Münch. N. N." will die „Krzztg." wissen, „daß auch an Theodor Mommsen eine Einladung zu dem „LiebeSmahl" Professor Schmoller'S zu Ehren Althofs'S ergangen und von diesem an genommen worden ist". — DaS britische Generalkonsulat in Hamburg ist von London auS angewiesen, Pafsagiren Erlaubnißfcheine auSzu- stellen und dabei nach Möglichkeit die größte Coulanz walten zu lassen. Die Deutsche Ostafrrka-Linie ist bereit, Reisenden, welche sich mit den nötbigen polizeilichen Legitimations papieren rc.versehen haben, jede möglicheHilfe zurErlangungdeS Erlaubnißscheiue« von Seiten deS britischen Generalkonsulat- in Hamburg zu Theil werden zu lassen. Passagiere, welche sich nach Südafrika zu begeben gedenken, wollen sich dieser- halb zunächst an die Deutsche Ostafrika-Linie wenden. Be kanntlich wird von allen Reisenden, die in einem süd afrikanischen Hasenplatz landen, verlangt, daß sie über 2000 Baarmittel verfügen. — Zur Jnsterburger Duellaffäre wird einem ost deutschen Blatte mitgetheilt, daß der zur Disposition gestellte Oberst v. Reißwitz im Falle BlaSkowitz darauf hingearbeitet hat, daß der Zweikampf mit dem Säbel auSgefochten werde, diese Bemühungen seien aber daran gescheitert, daß die beiden Artillerieofficiere von ihrer Forderung auf Pistolen nicht abgingen. * Schwerin t. M., 23. December. Der Landtag hat kurz vor Schluß eine Verordnung über den Verkehr mit Kraft fahrzeugen angenommen. Danach dürfen Automobile und ähnliche Gefährte durch Ortschaften nur mit der Geschwindigkeit eines trabenden Pferdes fahren. * Potsdam, 22. December. Der Chefredakteur der „Pots damer Zeitung" Berger theilt mit, daß er die Leitung der „Potsdamer Zeitung" niederlrge wegen der auf Veranlassung des Mitbesitzers Stein ohne sein Vorwissen erfolgten Meldung, be treffend die angebliche kaiserliche Duellrede. (-) Schweinitz, 23. December. Die Stichwahl im Reickstagswahlkreis «Schweinitz-Witten berg findet am 30. December statt. * Köln, 22. December. Die Stadtverordneten versammlung beschäftigte sich in ihrer letzten Sitzung ein gehend mit der Wohnungsfrage in Folge eines Antrages der Stadtverordneten Geh. Baurath Stübben und Genossen bezw. eines solchen der Stadtverordneten Iustizralh Trimborn und Genossen. Der erstere verlangte Aufnahme einer Enquete, ob und in welchem Maße eine WohnungSnotb bestehe, insofern ungenügende Anzahl, schlechte Beschaffenheit und Ueberfüllung der Wohnungen in Frage kommen; ferner soll geprüft werden, ob die zur Abhilfe einer etwaigen Wohnungsnot!) m Aussicht genommenen Mittel auSreichten, eventuell solle die Verwaltung weitere Vorschläge zur Abhilfe der Stadt verordnetenversammlung unterbreiten. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen. Der Antrag Trimborn u. Gen., welcher eine Vorlage der Verwaltung verlangte, wonach außer einer früher bereits bewilligten Summe von einer Million noch zwei Millionen Mark zur Erbauung von Wohnungen für die Arbeiter und kleinen Angestellten sämmtlicher städtischen Dienstrweige bewilligt werden sollen, wurde der Finanz commission, der Commission für Wohnungsinspection und der Deputation für socialpolitische Angelegenheiten zur gemein samen Berathung überwiesen. (-) Darmstadt, 23. December. (Telegramm.) Die „Darmstädter Zeitung" meldet: Durch Urtheil des groß herzoglichen Oberlandesgerichtes vom 21. December ist die Ebe Ihrer königlichen Hoheiten deS Groß Herzogs und der Großherzogin von Hessen geschieden worden. * Stuttgart, 22. December. Württemberg wird als Vorbedingung für die beabsichtigte Entwickelung deS Vorort«- Verkehrs die Bahnsteigsperre auf den Eisenbahnen ein führen. (Köln. Ztg.) * Freisinn (Bayern), im December. Die Eisengießerei und Maschinenfabrik Freising, Otto Schülein hier, hatte sich nach Beilegung des im Januar d. I. bei ihr auS- gebrochenen Formerstreiks geweigert, einen Theil der streikenden Former wieder in Arbeit zu nehmen, und wurde auf die von ihnen erhobene Klage vom Amtsgerichte Freising zur Zahlung einer vierzehntägigen Lohnentschädigung und der Proceßkosten verurtheilt. In der Berufungsverhandlung am Landgericht München II wurde den „M. N. N." zufolge das Urtheil deS Amtsgericht- Freising aufgehoben; die Klagen der streikende« Former wurden unter Auferlegung der Kosten erster und zweiter Instanz auf die Kläger abgewiesea. Oesterreich-Ungarn. * Wie», 22. December. Die Tochter de» Erzherzog- Friedrich, Erzherzogin Maria Christine, hat sich mit Genehmigung des Kaiser- mit dem Prinzen Emanuel zu Salm-Salm gestern in Preßburg verlobt. * Jara, 22. December. Bei den Landtag-Wahle» der Höchstbesteuerten Dalmatien« wurden gewählt: Vier italienisch- automone Abgeordnete, fünf croatisch-natioaale, ein Angehöriger der kroatischen Rechtspartei. Nach dem Gesammtergedniß der Landtagswahlen wurden 18 kroatisch-nationale Abgeordnete, 9 Mitglieder der kroatischen Rechtspartei, 6 Serben, k ita- lienisck-autonome und 2 Angehörige der „reinen kroatischen Rechtspartei" gewählt. Frankreich. Die beide« Parteien im KatholtciSmuS. Wieder einer! Dem Erzbischof von Albi ist in seinem mulhigen Austreten für die Rechte wissenschaftlicher Forschung schon ein zweiter Bisckof gefolgt, nämlich derjenige von der alten Hugenottenstadt La Rochelle am Atlantiscken Ocean. Msr. Le CamuS, so heißt der Kirchenfürst, hat in einem Briefe an den Vorsteher seines Priesterseminars auSeinandergesetzt, „daß das gegenwärtige Studium deS katholischen Klerus den modernen Ansprüchen der Wissenschaft nicht entspreche." Es sei nicht am Platze, daß man dem Studium der Schrift in den Seminarien nur eine Stunde Hönne und diese Stunde wo möglich dem schlechtesten Lehrer überweise; da« Studium der Schrift müsse im Seminar von La Rochelle die erste Stelle einnehmen und in eckt philologischem und exegetischem Geiste betrieben werden. Daneben müßten dann die anderen, auch die archäologischen und Naturwissenschaften hinzutrrten, damit die Kirche „im Gebiete der Wissenschaften, auck der modernsten, wieder di« alte Ehrenstelle ein nehme, deren sie im Hinblick auf ihre ganze Ver gangenheit würdig ist". Le CamuS' guter Rath und ernstes Auftreten scheint noch mehr Aufsehen zu erregen, als dasjenige seines bischöflichen ConfraterS Mignot; denn der sonst sehr vorsichtige „TempS" widmet ihm einen langen Leitartikel, in dem er von „den beiden Parteien im Katholi- ciSmuS" redet. Die rein socialpolitischen Parteiungen de« KatholiciSmuS, Legitimisten aus dem hohen Adel und Demokraten nach Art des Abb6 Gayraud, mit den reli giösen Richtungen der Ultramontanen und Freisinnigen vermengend, sucht der „TempS" die schwierige Stel lung Leos XIII. zu definiren, der bald den Einen, bald den Anderen Recht giebt. „Viele Regierungen", meint er, „haben schon zwischen traditionellem Absolutismus und liberalem Evo lutionismus wählen müssen. Die Wahl ist schwer. Auf welcher Seite liegt der Selbstmord ? Aus beiden Seiten sind die Ge fahren ungeheuer". UnS scheint, daß Leo XIII. nicht mehr wählen kann. Die Bewegung im französiscken KleruS nach Befreiung aus mittelalterlich-römischer Geistesknechtung ist zu stark, als daß sie selbst ein Papst eindämmen könnte. Ueber politische Parteiungen kann man allenfalls mit Klugheit und Gewalt noch Meister werden; über geistige Strömungen nimmermehr. Der „TempS" schließt seinen Artikel mit den Worten: „Dieser innere Kampf der beiden großen Strömungen im KatbolicismuS ist eines der interessantesten Schauspiele, die es geben kann, und dessen Lösung die weitestgehenden Folgen in der Weltgeschichte haben wird." Daß der Kampf für die romanische Welt von der allergrößten Tragweite ist, wird man nicht bestreiten können, in Bezug aus die Welt geschichte ist aber — und dies scheint der „TempS" zu ver gessen — die Lösung schon da. Sie heißt: die Reformation deö 16. Jahrhunderts. (Schwäb. Mercur.) Italien. * Rom, 23. December. (Telegramm.) Wie die „Tribuna" berichtet, ist gestern Nachmittag der Anarchist Raimondo Gambarotta verhaftet worden. Spanien. Tie Staats-Finanzen. * Madrid, 22. December. Im Senat« erklärte der Unionist Castro, daS Abkommen bezüglich der auswär tigen Schuld sei eine merkliche Niederlage für die konser vative Partei; der Redner fügt hinzu, Spanien müsse die Wahrheit über die finanzielle Lage sagen. Es sei ein Ab kommen erforderlich, daS den Inhabern der auswärtigen spanischen Schuld genehm sei. Großbritannien. Vom Hofe. * Loudon, 22. December. Wie der Hofbericht meldet, ist die Reise des König» und der Königin nach Sandringbam infolge einer leichten Unpäßlichkeit der Königin verschoben worden. beiden Gardinen und bot über Haus und Manege den besten Ueberblick. Die Damen saßen vorn in der ersten Reihe, Misko dicht hinter ihnen. Die Vorstellung hatte noch nicht begonnen. Sisi war ganz still geworden, und wenn Misko sie etwas fragte, so gab sie zer streute Antworten. Zum ersten Male seit so langer Zeit glänzten sie wieder, die alten Lichter, Bänke, Säulen, Wände und unten der kreisrunde Raum an, denn diese Dinge, genau bis auf den Durchmesser der Manege, über den Sifi's Blick mit Kennermiene nun hinweg flog, waren sich überall in einem „Geschäft" gleich. Zum ersten Mal zog ihr wieder dieser Duft in die Nase, gemischt aus Stallgeruch, den imprägnirten Decorationen und dem ivarmen Athem der Menge. Aber zum ersten Mal saß sie selber hier, hier unter der Menge, statt dort hinter der Gardine auf ihr Zeichen zu warten, und sie kam sich plötzlich wie verstoßen vor. Die Musik begann, es war schlechte, kunstlose Circusmusik, ein Galopp mit scharfen Rhythmen, schrill und ohne Modulation, aber in Sifi's Ohren klang er schöner als die kunstvollste Opern oder Concertmusik. Dann kam die erste Nummer, eine Tän zerin auf -em Drahtseil, der -je Herren, weil sie nicht besonders hübsch war, nur eine sehr getheilte Aufmerksamkeit schenkten, aber Sisi wandte nicht das Auge von ihr ab. Nicht Sehnsucht, nicht Neid kam über sie, nur eine ungeheure Eifersucht. Endlich war die Nummer vorüber, das Publicum applaudirte, die Künst lerin hüpfte davon und Einer von der Stallmeisterschaar, -i« hinter -er Piste stand, riß vor ihr die Thür auf. In diesem Augenblick stieß Sisi einen leisen Schrei aus. „Was ist Dir?" fragte Misko, in-em er sich zu ihr beugte. „Nichts — nichts", erwiderte Sisi. Während der folgenden Nummer begab sich Misko, weil Sisi ihr Opernglas vermißte, das er in seinem Ueberzieher hatte, hinaus nach der Garderobe. „Siehst Du ihn?" flüsterte Sisi hastig Camilla zu. „Ja", erwiderte Camilla. Auch Camilla hatte Leonard sofort erkannt. Auf Sifi's Gesicht malte sich Furcht und Entsetzen. „Wir wollen fort", sagte sie — „Misko soll gleich mit unS gehen." „Du bist verdreht", antwortete Frau Camilla gelassen. Sie sah seltsam zufrie-en aus. „Doch, ich sage es ihm!" Un- Sisi stan- heftig auf. „Was willst Du ihm sagen?" sprach Frau Camilla streng — „daß Du in Leonaro vernarrt gewesen bist, und daß Du blos deshalb mit einem Mal fort willst, weil Du Dich vor ihm fürchtest? Wie?" Camilla hatte Recht. Sie mußten bleiben. Misko kam zurück, er reichte Sisi das Glas, von -em Vor gefallenen aber merkte er nichts. Wohl glitten auch seine Augen gelegentlich auf die Stallmeisterschaar, aber kein bekanntes Gesicht darunter fiel ihm auf. Den ganzen Abend hingen Sifi's Augen an Leonard. Erst hatte sie Furcht, daß auch er sie erkennen würde, aber sie ließ -en Schleier über ihr Gesicht fallen. Zu Misko sagte sie, daß das Licht sie blende. Wie Leonard sich verändert hatte. Er hatte etwas Gewöhnliches bekommen. Sisi fühlte es. Er gefiel ihr gar nicht mehr. Nein — sie wollte ihn niemals Wiedersehen. Di« Vorstellung war zu Ende. Im Wagen, in dem man nach dem Hotel fuhr, war Sisi eigen- thllmlich schweigsam. Misko konnte bei dem Dunkel ihr Gesicht nicht sehen. Er schrieb ihre Schweigsamkeit dem Eindrücke des Abends zu und darum schwieg er selbst. „Du sollst so oft hin, Sisi, als Du willst", sagte er endlich. Da fühlte er seine Hand von ihr umklammert. „Niemals, niemals will ich wieder hin." Camilla saß auf dem Rücksitz und sprach kein Wort. In den nächsten Tagen fühlte sich Sisi zufrie-en und glück lich. Sie fing an, in ihren Gedanken Leonard mit Misko zu vergleichen, und Leonard verlor bei diesem Vergleich« immer mehr. Erst jetzt erkannte sie, wie herzlos, roh und geizig er oft gewesen war. Auch Misko gewahrte eine Veränderung an ihr. Alle schlimmen Folgen hatte er von jenem Abend befürchtet und daß mit einem Mast die alte Sehnsucht in ihr erwachen würde. Die Probe auf sein Exempel war dieser Abend gewesen. Die Probe war bestanden. Durfte er seinem Glücke nun endlich trauen? Camilla war in ^diesen Tagen einige Male abwesend. Sie sagte, daß sie Besorgungen und Einkäufe zu machen hatte, obwohl sie sonst solche mit Sisi immer gemeinsam erledigte. Aber sie er klärte es Sisi so, daß Sisi sich nicht zu «wundern braucht« — und die beiden jungen Eheleute verlebten wieder Stunden mit ein ander wie in den schönen Tagen von Venedig. In einer solchen glücklichen Stunde — draußen fiel der Schnee, und in dem zugi gen schwarzen Marmor-Kamin ihres Hotelzimmers brannte ein schlechtes Feuer — sagte MiSko: „Sisi, ich denke an die Heimath, und wie gemüthlich es wir jetzt zu Hause hätten. Wollen wir heim?" Ja, auch Sisi sehnte sich heim. „Heim!" Früher hatte sie das Wort nicht verstanden. Nun hatte sie es erst gelernt. „Bereiten Sie die Sachen meiner Frau zur Abreise vor", befabl Misko, als Camilla zurücktam — „wir reisen nach Hause." Sisi hatte gerade das Zimmer verlassen, und Misko war mit Camilla allein. „Was ist?" fragte Camilla, als hört« si« nicht recht. „Wir reisen nach Hause", wiederholte MiSko mit erhobener Stimme. „Nach Hause — nach Zombkowikowa?" „Ja." „Wer sagt daS?" Ich-" Und Misko schlug einen Ton an, wie ihn Frau Camilla noch nicht von ihm bisher hatte zu hören bekommen. „Das wollen wir sehen!" schrie Camilla. Der ganze, in ihm gegen dieses Weib aufgespeicherte Zorn machte sich jetzt mit einem Male Luft. Rücksichten waren nun nicht mehr von Nöthen. „Wenn es Ihnen nicht paßt", kam es so von seinen Lippen — „dann bleiben Sie, wo Sie wollen! Verstehen Sie mich? Sisi bedarf Ihrer nicht mehr. Nennen Sie mir die Summe, die Sie haben wollen, und dann gehen Sie!" Misko verließ das Zimmer. Frau Camilla war allein. Wuth und Haß verzerrten ihre Züge, dann aber trat ein höhnisches Lächeln -er Befriedigung darauf. „Nun ist es gut!" murmelte sie. Natürlich bereute Misko wieder sein« Heftigkeit. „Ick habe mit Camilla Streit gehabt", sprach er bald darauf zu Sisi — „sag' ihr, es thut mir leid." Sisi erschrak. Sich von Camilla trennen! Was sollte aus Camilla werden? Nein — nein! Das war nicht möglich. „Soge ihr also", besänftigte sie Misko, „es thut mir leid." „Ich bin nicht, wie Du denkst", erwiderte Camilla, als Sisi zu ihr stürzte, mit «ciner Sanftmuth und Demuth, die Sisi in Erstaunen fetzte — „er hat Dich zu lieb, darum möchte er Dich ganz allein haben und mich los sein. Ich trage ihm nichts mehr nach, un- wenn er und Du es so wollen, dann bleibe ich wieder. Siehst Du, ich habe ihn gereizt, er 'hat mir von der Abreise gesprochen, und darein habe ich mich im ersten Augen blick« nicht finden können. Nun aber soll Alles so sein, wie Du, wie er es haben will. Sag' auch Du ihm von mir, daß es mir leid thut. Ueberhaupt, ich will nun mit ihm Frieden halten. Das wirst Du sehen." Hätte Sisi einen klugen Kopf gehabt, so hätte diese Rede Camilla's sie gewiß sehr mißtrauisch gemacht. So aber ver wandelte sich ihr anfänglich großes Erstaunen in die hellste Freude. „Ja, Camilla, ja", rief sie, und sie überhäufte sie mit Lieb kosungen und Schmeichelworten. Nun war auch -er kleinste Schatten von ihrem Zusammensein gewichen. Auch Misko war von der leichten Capitulation, zu der sich Frau Camilla herbeiließ, befremdet, aber die bevorstehende Heim kehr mit allen ihren Geschäftigkeiten, die Freude, mit Sisi Kalo wieder auf dem geliebten alten Boden zu sein, drängte alles Andere in den Hintergrund. Als bekannter polnischer Magnat hatte sich Misko der Auf merksamkeit seiner mannigfachen in Paris weilenden Landsleute nicht ganz entziehen können. Namentlich wurde er von vielen Betteleien in Anspruch genommen. Mit 'dem menschlichen In teresse, das er für die Ueberbleibsel seines untergegangenen Vater landes hatte, verband sich das historische. So war ihm un längst die Kunde geworden, daß auf einem Schlosse in der Um gegend von Paris eine von der Emigration herrührende, werth volle polnische Bibliothek zur Versteigerung kommen sollte. Der Tag der Versteigerung stand gerade vor der Thür, Misko wollte diesen Tag noch abwarten, am nächsten sollte die Abreise er folgen. „Wann wirst Du wieder bei mir sein?" fragte Sisi, als Misko sich um die Mittagsstunde von ihr trennte. Misko wußte es nicht genau. Jedenfalls kaum vor dem späten Abend. Als er sie zum Abschied in seine Arme schloß, schmiegte Sisi sich fester an ihn. „Bleib hier", sagte sie plötzlich mit Angst — „mir ist ja bange." „Was hast Du? „Ich weiß es nicht." Er drückte sie noch einmal an sich, dann ging er. (Fortsetzung folgt.) Dick äpin-ler's Weihnachtsfeier. 3j (Fortsetzung.) „Da wird er gewiß noch vorher den Säuferwahnsinn kriegen. — Und was macht denn der Stiefneffe. der als Freipassagier mitgefahren ist und von Juba Bill, dem Kutscher, unterwegs noch zwanzig Dollars entlehnt hat, mit denen er in Shootersville das Weite suchen wollte? Aber er war an den Unrechten ge-
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