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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.03.1906
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-03-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060327023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906032702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906032702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-03
- Tag1906-03-27
- Monat1906-03
- Jahr1906
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338 33S Bezugs« Preis 1» der HaupterpedÜiou oder deren Ausgabe stellen abgeholt: vierteljährlich L.40, bei täglich zweimaliger Zustellung tu- Hau vierteljährlich ^tl 8.—. Durch unsere aus wärtigen Ausgabestellen und durch dir Post bezogen für Deutschland und Oesterreich Vierteljährlich ^l 4cklh für dir übrigen Länder laut Zeitung-Preisliste. Diese Nummer kostet auf 4 ML allen Bahnhöfen und bei I II tl^I den Zeitung».Verkäufern NetzaMon und Er-edtttour Iohannisgasse 8. Telephon Nr. 153, Str. 222, Nr. 1173. Berliner RrdaktionS-vureau: Berlin di IV 7, Dorotheenstrahe 83. Tel. I. Nr. 8275. Dresdner RedaktionS-Vnreaur Münchner Str. 6. Ni. IS«. Avend-Ausgave. KiMer TagMalt Handelszeitung. Äinl-öM -es Nates «n- -es NEzeiamtes -er Lta-t Leipzig. NuzeiffeN'PreiS die -gefpalten« Petitzetl« für Leipzig und Umgebung LV Pf., für au-wärt- SO Pfg, Familien- Wohnung»- und Htellru- Aut«igeu SO Pf. Finanzielle Anzeigen, Geschäftsanzeigen unter Text oder an besonderer Stelle »ach Tarif. 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Zu Ehren des von Berlin scheidenden sächsischen Ge sandten Graf Hohenthal hatten sich gestern um den Diplomaten und seine Gemahlin im Hotel „Kaistrhof" die näheren Freunde seines Hauses an festlicher Tafel ver sammelt. So war auch der Reichskanzler Fürst Bülow mit Gemahlin erschienen. Vom diplomatischen Korps sah man die Botschafter Rußlands, Englands, Oesterreich- Ungarns, Italiens, Spaniens und der Vereinigten Staaten mit ihren Gemahlinnen, ebenso den türkischen Bot schafter. Von den Reichs- und Staatsministern seien ge nannt Graf Posadowsly, v. Tirpitz, v. Rheinbaben, Staats und öausminister v. Wedel. Während der Tafel erhob sich der Reichskanzler, um dem Scheidenden herzliche Abschieds worte zu sagen. Er erinnerte daran, daß vor 2l Jahren Kaiser Wilhelm I. die Wahl des Grafen Hohenthal zum sächsischen Vertreter in Berlin als ihm besonders genehm bezeichnet habe. DaS damalige Beglaubigungsschreiben des Grafen sei von dem unvergeßlichen König Albert unterzeichnet worben. Seitdem hätten zwei sächsische Monarchen diese Beglaubigung erneuert, gewiß nicht ohne Würdigung des großen Vertrauens, das ihrem Gesandten, wie sm Berliner Hose unter drei Kaisern, so auch von dem großen Altreichs kanzler Bismarck und allen seinen Nachfolgern entgegen gebracht worden sei. In manchem Wechsel der Jahre seien die engen nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Preußen und wachsen ungetrübt geblieben. Sie hätten sich bei Gras Hohenthal jederzeit in guter Hut befunden. Es sei ja eine Familienüberlieferung der Hohenthals, einBinde- alied zu bilden zwischen Berlin und Dresden. Graf Hohenthal bleibe auch fernerhin Mitglied des Bundesrats, dessen eifriger Teilnehmer er stets gewesen sei, und er, Fürst Bülow, hoffe, ihn noch oft zu wichtigen Bundesratssitzungen hier erscheinen zu sehen. Wenn Graf Hohenthal nunmehr den Posten eines diplomatischen Vertreters mit der ver antwortungsvollen Stellung des Ministers vertausche, so könne er, der Reichskanzler, ihm nachsühlen, was er dabei empfinde. Auch er, Fürst Bülow, sei in Arkadien gewesen, er sei aber überzeugt, daß Graf Hohenthal trotz aller Schwierigkeiten und Hindernisse der ihm in Dresden gestellten ernsten Aufgabe sich gewachsen zeigen werde; denn er besitze diejenigen Eigenschaften, welche im politischen Leben und im politischen Kampfe schließlich doch oben aus blieben, nämlich Ruhe, gesunder Menschenverstand und Festigkeit des Charakters. Er selbst habe, fügte Fürst Bülow hinzu, vor Jahren einmal eine Medaille gehabt, geprägt zn Ehren von Wilhelm dem Oranier. Auf dieser Medaille wäre em Sturmvogel dargestellt gewesen, der still und ruhig mit ausgebreiteten Flügeln über einem aufgeregten Meere schwebte. Die Medaille habe die Inschrift getragen: „ruhig über wilden Wogen." Möge Graf Hohenthal in diesem Zeichen siegen! Darauf erhob sich, wie die „Kreuzzeitung" schreibt, Staatsminister Graf von Hohenthal und Bergen, um in schlichten, herzlichen und bewegten Worten der Freundestafelrunde für die heutige festliche Veranstaltung zn danken. Berlin sei ihm mehr als eine zweite Heimat geworden. Er sei hier geboren, und seine Kinder auch, und über Gebühr und Würdigung habe er Freundschaft, L ebe und Anerkennung gefunden. Es sei ihm schwer geworden, von seinem hiesigen Posten zu scheiden, aber dem dringenden Rufe seines königlichen Herrn habe er Folge geben müssen. Es bedürfte dazu einer förmlichen elementaren Kraft anstrengung. Fürst Bülow habe es ausgesprochen, daß der Wechsel in seiner Stellung kein leichter sei. Er Werve alles tun, um seiner Aufgabe nach besten Kräften gerecht zu werden. Mit tiefempfundenen Dankesworten schloß Graf Hohenthal, und er bekräftigte seinen Dank, indem er die Gattin und die Tochter zu einem „Hoch aus unsere Freunde" aufforderte. In angeregter Stimmung unter herzlichen Beweisen der Freundschaft für den Scheidenden und sein Haus ging das Festmahl seinen! Ende entgegen. Noch in der Schwebe. Schon wieder einmal hat gestern die „entscheidende" Sitzung der Konferenz stattgefunden. Und wirklich konnten in unserer Morgennummer ellenlange Depeschen abgedruckt werden, in denen ausführlich zu lesen war, wie alle neun Artikel des Polizei-Statuts durchberaten sind, und ein erfreu liches Einverständnis sich herausgestellt hat. „Allerdings" sind noch einige Artikel an eine Redaktions-Kommission zu- riickverwiesen. „Allerdings!" — Der Korrespondent der „N. Fr. Pr." hat den Eindruck davongetragen, daß in der gestrigen Sitzung „alle streitige» Punkte unerledigt geblieben" ! Freilich: wir sind recht hübsch auf dem Rückzüge! Die so ganz entscheidende Verbindung des General- Inspektorats mit einer Lokal-Inspektion, d. h. die Aus stattung des Kontrolleurs mit einer realen Machtbasts, ist endgültig geopfert. „Wegen technischer Schwierigkeiten!" Wie schön ist es doch, daß eS eine Sprache gibt, um die Ge danken zu verbergen! Dafür verlangt Deutschland jetzt „ernsthafte und wirksame Garantien für die Stellung des General-InspektorS und für die Polizei-Kontrolle überhaupt." Solche Garantien hatte denn auch Welsersheimb in seinen Anträgen ausgearbcitet niedergelegt; aber von spanischer, englischer und französischer Seite wurden „praktische Bedenken" vorgebracht. „Technische Schwierigkeiten", „praktischeBedenken": der andere hört von allem nur das Nein! Wie wunderschön ist doch die Sprache unserer Diplomatie! — Die Redaktionskommission soll nun die erlösende Formel finden. Nämlich eine Formel, aus der ein sehr geschickter OffiziosuS in Berlin noch allenfalls einen Achtungs-Erfolg der deutschen Politik konstruieren kann. Auf ein Mehr dürfen wir nicht fürder rechnen, wenn nicht in letzter Stunde ein Telegramm Herrn v. Radowitz befiehlt, feinen Koffer zu packen. In voriger Woche wurde uns als ein Pflaster für unfern Rückzug in der Polizeifrage ein wesentliches Zugeständnis in derÄankfrage verheißen. Das französische Konsortium sollte auf den dritten Bantäntcil verzichten und dieser an Deutlch- land überwiesen werden. Nur der erste Punkt dieser Nachricht bestätigt sich; der ausfallende Anteil soll jetzt an alle inter essierten Mächte aufgeteilt werven. Also wird auch unser Einfluß auf die Bank-Kontrolle immer problematischer. Rück wärts, rückwärts, Don Rodrigo! * Der deutsch-russische Zwischenfall. Offiziös werden die Erklärungen der russischen Regierung soweit sür korrekt und als eine ausreichende Genugtuung anerkannt, als die Instruktion des Grafen Lambsdorff Gegen stand der Behandlung im „Temps" gewesen war. „Aber", heißt es dann weiter, „nach wie vor bleibt die In struktion des Grafen Lambsdorff als solche em Vorgang, der den Draht zwischen Berlin und Petersburg arg beschädigt hat. Es muß abgewartet werden, ob dre rusflsche Diplomatie den schweren Mißgriff, den sie mit dem Erlaß jener Instruktion Deutschland gegen über beging, seinerNatur nach erkennt und felner Wirkung nach durch Taten vergessen macht . Tie preussischen Wahlkreise. Im Augenblick, da die Kommission über den Entwurf zur Wahlkreiseinteilung und des Wahlverfahrens beraten soll, erscheint zur rechten Zeit eine Schrift mit obigem Titel (bei Gustav Fischer, Jena) von dem Königsberger Professor R. Siegfried, in der der Verfasser durch eine sorgsaltigft auf- gestellte Statistik nachweist, die durch graphische Darstellungen von zwei Tabellen ihren sinnfälligen Eindruck erhöht, wie die gegenwärtige Wahlkreiseinteilung nicht bloß eine durchaus unrichtige Repräsentation des Volkes herbeisührt, sondern auch die Minorität bezw. die dritte Wählerklasse voll- ständig mundtot macht. Seit der Wahlkreiseinteilung vom Jahre 1880 hat sich die Bevölkerung Preußens um 57,6 Prozent erhöht; während nach der Zählung vom Jahre 1858 50 500 Einwohner auf einen Abgeordneten kamen, entfallen jetzt nach der Zählung vom Jahre 1900 79 613 Einwohner auf einen Abgeord neten. Aber nicht weniger als 187 Wahlkreise, die unter dieser Durchschnittszahl von 79 613 Einwohnern stehen, wählen die Mehrheit des preußischen Abgeordnetenhauses, haben 316 Abgeordnete zu wählen und 69 Wahlkreise, von denen einige um daS drei- bis fünffache jene Durchschnittsziffer übertreffen, haben nur 117 Abgeordnete zu wählen. Nach der Volkszahl haben also die Abgeordneten, mit den von ihnen vertretenen Wahlkreisen untereinander verglichen, den allerungleichsten Vertretungswert. Dies springt noch deut licher und ausfälliger in die Augen, wenn man die Bevölkerungsziffern der schwächsten und stärksten Wahl kreise miteinander vergleicht, wie Professor Siegfried in seiner Schrift und seinen Tabellen. Er gelangt da zu dem Ergebnis, daß aus feiten der am schwächsten bevölkerten Wahlkreise 96»/z Wahlkreise 161 Abgeordnete in das Ab geordnetenhaus wählen, welche 8 250 873 Einwohner ver treten. Eine annähernd gleiche Zahl von Einwohnern, 8 249 799 (also nur 874 weniger), vertreten 41 Abgeordnete in 2ir/z Wahlkreisen! So betragt also der „Vertretungs wert" jener 161 Abgeordneten der schwachbevölkerten Wahl kreise gegenüber jenen 41 Abgeordneten der stark bevölkerten Wahlkreis nur '/«!! Und angesichts dieser Mißstände, die jedem, auch dem geringsten Sinn für Gerechtigkeit wiedersprechen, will sich die preußische Regierung nur zu jener überaus dürftigen „Wahl reform" aufschwingen, deren Vorlage jetzt den Landtag be schäftigt! Da ist ja selbst unsere sächsische konservative Regierung fast noch fortschrittlicher gesinnt, die sich wenigstens bereit erklärt hat, ernsthaft an eine Wahlreform heranzugehen. Fürst Bülow aber ruft mit seinem Worte „Preußen in Deutschland voran" nachgerade der Kinder und der Un mündigen Spott hervor, er müßte denn damals im Stillen hinzugesügt haben — in der „Reaktion voran"' Deutsches Keich. Leipzig, 27. März. * Militär- und NeichSbeamten-Penfion. Die national liberale Partei bat dnrch ihr Eintreten für die bessere Regelung des MilitärpensionSwesenS seit Jahr uod Tag gezeigt, wie nahe ihr diese Seite der vaterländischen Sorgen noch am Herzen liegt. Wenn es jetzt dem Zentrum gefällt, in der Militärpensionsfrage die nämliche dilatorische Politik zu verfolgen, die es auf anderen Gebieten in weit- und weitestgehender Weise auszubilden sür seine Aufgabe hält, so liegt es außer Bereich der Macht der nationalliberalen Partei, die Zeutrumszirkel zu stören. Das Zentrum will die Erledigung der MilitärpeosionSsraae dis zum Herbst hinausschieben. — Dann, meinen wir, sollte die nationatliberale Partei den Augenblick wahrnehmeu und ver langen, daß dann auch gleichzeitig die anderweite Regelung der Rcichsbeamten-Pensions-Fürsorge in Angriff genommen und gleichzeitig mit der Militärpensions-Fürsorge zur Lösung gebracht werde. Wir haben früher dargelegt, wie verschieden die einschlägigen Verhältnisse liegen. DaS hindert aber nicht, anzuerkennen, daß im Pensiooswesen der ReichSbeamten vor allem auch der niederen (Post- usw.), sich Mängel finde», die einer Abfchwächung entgegengesührt zu werden verdienen und die Reichskasse in verhältnismäßig nicht bedeutendem Grade belasten, wenn sie beseitigt werben. * Die neuen bayerischen „Exzellenzen". Wie bereits telegraphisch gemeldet, wurde den bayerischen Reichsräten und Münchener Universitätsprofessoren von Beckmann (Pan- dektist) und Frhrn. von Hertling (Philosoph) der Titel „Exzellenr" verlieben. Bei diesen Auszeichnungen, so schreibt unser Münchner Korrespondent, wurde die „Parität" wieder unvergleichlich gewahrt. Der ziemlich konservative Herr von Beckmann ist Protestant, während Frhr. von Hertling bekanntlich als Zentrumsmanu eine große Rolle spielt. Während der erstere wenigstens vorzugsweise als Gelehrter von berechtigtem Ruf in Betracht kommen mochte, find des letzteren Hauptverdienste, ohne baß seinen wissenschaftlichen Leistungen zu nahe getreten werben soll, wohl in erster Linie auf politischem, besonders auf kirchenpolitischem Gebiete — er dient ja auch als Vermittler zwischen Preußen und dem Vatikan — zu suche». UebrigenS ist anznerkenueu, daß er sich stets der Mäßigung und Vornehmheit befleißigt, wes halb er den Heißspornen der Partei keineswegs sehr sym pathisch ist. Namentlich ist ihm die ZentrumSfraktion' im Landtage nicht sehr hold gesinnt. Als er im vorigen Jahre in einem auch im allgemeinen ziemlich scharfen Aufsatze unter unverkennbarer Anspielung auf einen sehr bekannten und mächtigen ZentrumSsührer vom Hausknechte der Partei sprach, hat er freilich einen wenig tapferen Rückzug angetreten und erklärt, er habe keine bestimmte Persönlichkeit, also auch nicht Herrn Dr. Heim, gemeint. * Evangelische Arbeitervereine. Bautzen, 26. März. An der gestrigen Hauptversammlung des Landesverbandes evangelischer Arbeitervereine nahmen 73 Delegierte teil. Es wurde mitgeteilt, daß dem Verbände 52 Vereine mit über 13 000 Mitgliedern, das sind einige Hundert weniger als im Vorjahre angehören. Einstimmig wurde eine Reso lution angenommen, in welcher erneut auf eine baldige Reform des Landtagswahlrechts gedrungen und eine wesentliche Vertretung der minder bemittelten Volksklassen für dringend notwendig bezeichnet wird. Die Resolution soll der sächsischen Regierung unterbreitet werden. * Die Jett am Montag stellt in ihrer letzten Nummer in einem Feuilleton-Artikel die Behauptung auf, das „Leipziger Tageblatt" wisse von Schiller so gut wie ßar nichts und habe ihn gelegentlich für einen „sozialdemokratischen Schmier finken" erklärt, der von Rechts wegen als Unruhestifter ins Feuilleton. o großer lllslckl O tiefer, ckunkler lllalckl kern sinck ckie lauten Stückte, Der kAen sehen Treiben ist verhallt, Vas ckort im ckumpfen Lette Den freien Strom cker l-uft beengt, Vax Helle tzlnimelslickht verckrüngt. O wie fle freucklos schreiten! kort — fort in ckeine Mellen, Du großer, freier Malckl vrack>m,nn. Aatharina von Vsra. Don Dr. Ern st Kroker (Leipzig).*) Als Luther» Käthe ist Katharina von Bora unsterblich ge- worden, Liebe und Haß haben unS ihr Lebensbild gezeichnet, weil sie Luthers Ehefrau gewesen ist. Wie sie als Hausfrau makellos vor uns steht, so auch als Gattin und wohl auch als , Mutter. Leidenschaftliche Lieb« hatte Luther und Käthe zwar nicht zusammengesührt, aber auS ihrer Eche wuchs ihnen die wahre Liebe hervor, die in der gegenseitigen Achtung und im wechselseitigen Verständnis wurzelt und alles überwindet, waS sich zwischen Mann und Weib drängen will. Welches Vertrauen Luther aus sein« Käthe setzte, geht aus einem Wort hervor, da» er im De zember 1535 gesprochen hat: „Die Epistel an die Galater ist meine Epistel, der ich mich vertraut habe, meine Käthe von Bora." Ihrer Mutterliebe entsprang wohl die große Sorg- lichkeit, di« in ihr einheitliches Charakterbild etwas Fremdes bineinzutragen scheint. In der Liebe zu den Ihrigen war sie leicht zu Sorgen und Befürchtungen geneigt, aber die Not *) Au» de» Verfasser» Monographie über Katharina von Bora", die jetzt bei E. Haberlanb lLeuyig) erscheint, mit Ein willigung dr» Verlag». Br. 5 geb 7 fand sie stets tapfer und unerschrocken. Von der Aufopfe rung, mit der sie ihren Gatten und ihre Kinder hegte und pflegte, hat ihr Gatte selbst oft genug gesprochen. Ob sie in ihrer Mutterliebe gegen die Kinder zuweilen schwach war? Schon ihr Gatte klagte darüber, daß ihm manches in seinem Hause verheimlicht würde, und der Kanzler Brück wies auf die Gefahr hin, die Witwe könnte ihren Söhnen zu viel freien Lauf lassen. Die beiden Aeltesten rückten ja später auch nicht in höhere Stellungen auf. Aber dürfen wir der Mutter daraus einen Vorwurf machen? Martin war kränklich, und Johannes wenig begabt; cs waren Mängel der Beanlagung, nicht der Erziehung. Und Paul, der jüngste, dessen Entwicklung vom Knaben zum Jüngling ganz in die Zeit der Witwenschoft Käthes fiel, wurde später oer tüchtigste. — Groß war Käthes Mutter liebe und fähig zu jedem Opfer. Ihr eigenes Leben setzte sie auf ihrer letzten Fahrt nach Torgau ein, um ihre Kinder zu retten. In der Liebe zu ihrem Gatten sand sic auch die Kraft, eine üble Charaktereigenschaft wenigstens ihm gegenüber zu unterdrücken. Sie war stolz und selbstbewußt, wie cS oft bei energischen Naturen der Fall ist. und als Luthers Gattin wurde sie gewiß nicht bescheidener oder demütiger gegen andere. Ein kleiner Zettel, den Luther einmal — wir wissen leider nicht, wann oder an wen — geschrieben hat, lautet: „Meine Kctha läßt auch freundlich warnen, daß Ihr ja bei Leib kein Bauernkloppel zur Ehe nehmet, denn sie sind grob und stolz, können die Manner nicht vor gut haben, können auch weder kochen noch keltern." Üaoo Xotfta, 4. Horn, setzt Luther lateinisch hinzu. daS heißt: Käthe hat dieses ge flügelte Wort um 4 Uhr gesprochen. Wie wir wissen, hielt Luther selbst seine Käthe für hochmütig, ehe er sie als Gattin heimführte. Aber bald sah er «in. daß sic ihm willfähriger und gehorsamer war, als er je gehofft hatte. Gegen andere freilich blieb sie stolz; der Tischgcnosse, der jene Aeußerung Luthers über ihren Hochmut nachschrieb, fügte hinzu: sie est, „so ist'«". Sie beugte sich eben nur vor einem Herrn, vor ihrem lieben Herrn. Vor ihm demütigte sie sich, wie er selbst bezeugt, bis zu den Diensten einer Magd. Es ist bedauerlich, daß sie in den Tischreden so selten zu Worte kommt — den Tischgenossen lag ja bei ihren Lieder schriften nur an Luthers Reden —, und daß ihr Briefwechsel bis aus einige Geschäftsbriefe, Bitt- und Donkbriefe ver schollen ist. Der einzige Briei an ihre Schwägerin Christiana von Bora schlägt tiefere Klänge an und läßt uns ahnen, was wir dadurch verloren haben, daß wir die zahlreichen Brief«, die sie an ihren Gatten und spater an ihren ältesten Lohn Han» geschrieben hat, nicht mehr lesen können. T» ist uns damit zugleich die Möglichkeit genommen, von ihrem Geist und ihrer Bildung eine sichere Vorstellung zu ge winnen. Zweifellos war sie ein; gescheite Frau, oder wie sie von Zeitgenossen genannt wird, eine kluge, verständige Frau. Sie hatte einen lebhaften Geist und einen heiteren Sinn. Sie war auch eine gebildete Frau, ohne jedoch ein« gelehrte Frau zu sein; dies hat ihr jüngster Biograph Albrecht Thoma mit Recht hcrvorgehvben. Sie fand sich in der Bibel ebenso zurecht, wie in ihrem kleinen Katechismus. Ihre Briese sagte sie zwar lieber einem anderen in die Feder, als daß sic sie selbst geschrieben hätte, aber die wenigen Zeilen, die wir von ihrer Hand haben, sind durchaus nicht ungelenk, zeigen vielmehr gewandte und charakteristische Schkistzüge. Lateinisch verstand sie genug, um einer leichten Unterhaltung zu folgen und selbst einige lateinische Worte dazwischen werfen zu können. Die Briefe, die ihr Gatte an sic ge richtet sind aber ganz deutjck; in einen einzigen hat er ein paar lateinische Sätze eingeschoben, die weniger sür sie, als für Bugenhagen bestimmt waren, und als er ihr einmal ein längeres lateinisches Schreiben schickte, bat er sie, sichs von Bugenhagen oder Peter Weller lesen, das heißt übersetzen zu lassen. ES war ja freilich leichter, an Äciprächen teilzu nehmen, wie sie an Luthers Tisch geführt wurden, deutsch und lateinisch durcheinander, al» ein gan;cS langes Schriftstück theologischen Inhalts zu verstehen. Greulich fand sie die griechische Sprache. Ihr Gatte gab sich vergebliche Mühe, ihr den Spruch: „Der Gerechte wird seines Glaubens leben", auf griechisch cinzuprägen: sie antwortete nur: „Lieber Mott, wer soll das nachsprcchen!' So leate sie sich auch da» griechische Wort Katechismus auf ihre Art zurecht, aber es wäre un gerecht, ihr die Kattegisfemam als einen Mangel an Bil- buna vorzubalten: da müßte man den gleichen Vorwurf gegen Luther selbst richten, denn auch er schreibt gelegentlich Porst statt Bursa. Bibelfest und fromm war Käthe, aber zur Theologie hatte sic keine Anlage. Ihr Gatte brachte sie mehr als einmal durch neckische Paradoxien in Ausrcaung oder Verlegenheit. So erklärte er einmal 1532, eS würde noch dalnn kommen, daß ein Mann mehr als e i n Weib näbme. „Das glaub' der Teufel!" rief Käthe erschrocken, und als er seinen Ausspruch zu begründen suchte, rückte sie mit einem Spruch des Apostels PauluS hervor, aber der Herr Doktor zerpflückte ihr diesen Spruch und scherzte mit ihr, bis sie erklärte: „Bevor ich daS zulasie, will ich lieber wieder inö Kloster gehen und euch und alle Kinder ,n stich lassen " Al» er in demselben Jahr« einmal ^°t«: „Der HeM würget un« g^e: Gotte» Schn erwürget, ba fiel sie chm in» Wort: „Ei »«». lieber Herr Doktor, das glaub' ich nickt!" Ein andermal legte er ihr die Frage vor, ob sie auch glaubte, daß sie heilig Ware? Erstaunt antwortete sie: „Wie kann ich heilig sein? Bin ich doch eine große Sünderin." Feiner unterschied Lauterbachs Frau Agnes, indem sie erwiderte: „Ich bin heilig, weil ich glaube, eine Sünderin aber, weil ich Mcnsch bin." Luther hatte die Antwort erwartet: „Ich glaube an meine Heiligung, weil ich getauft und eine Christin bin und an das Sakrament der Taufe glaube." Diese richtige Ant wort fand keine der beiden Frauen. Ebenso griff Käthe daneben, als sie 1540 von dem Doktor Schenk sagte: „Ich möchte dem Doktor Kukuk meine Tochter nicht geben, denn er predigt das Evangelium nickt lauter." „Nicht doch!" mußte Luther sie da verbessern, „das Evangelium predigt er richtig, aber das Gesetz predigt er falsch." . In seiner Theologie wurde Luther also gewiß nicht durch seine Käthe beeinflußt, und es war nur ein Scherz, wenn er sie feine „tiefgechrte" Frau nannte. Noch weniger batte sie im Ernste bei der Besetzung von Pfarrftcllen ihren Rat dazu zu geben. Allerdings schrieb Luther am 2. Juli 1540: „Ich hab' dem Doktor Pommer, Pfarrer, geschrieben, wie der Graf zu Schwarzburg einen Pfarrer gen Greußen bittet; da magst du auck als eine kluge Frau und Dokiorin mit Magister Georg Major und Magister Ambrosio Helsen zu raten, welcher unter den dreien sich wolle bereden lassen, die ich de», Pommer angezeigt. Es ist nickt eine schlechte.Pfarre, doch seit Ihr klug und machts besser." Oeffnet sich hier nicht der Ausblick aus ein wundersames Bild? Käthe hat Sitz und Stimme unter den Wittenbergischen Theologen! Aber das Bild cntichwindet uns gleich wieder. Abgeselren davon, daß wir bei diesen Worten nicht reckt wissen, wo der Scherz aui- hört und der Ernst ansängt, handelte cs sich ja gar nicht darum, unter den drei Mannern, die Luther voraeschlagen hatte, den tüchtigsten oder den würdigsten herauszufinden — würdig waren wohl alle drei —, sondern einen von ihnen zu überroden, daß er dem Rufe folgte. Boi ihrer hohen Rede gabe hatte Käthe auch eine große UeberredungSkunst. Sagte doch Luther selbst zu ihr: „Du überredest mich, wozu du willst!" Und Zeitgenossen, die ihm sehr nahe ge standen haben, wie Coroatus, Krcuziger und Aarikola, be zeugen uns übereinstimend, daß sie eine Gewalt über ihn hatte, wie kein anderer Mensch. Mehrere Zeitgenossen berichten, Käthes Einfluß aus ihren Gatten wäre über ihr Reich binausgcgangcn. Bei I dem Zerwürfnis, das Luther in seinen letzten Lebensjahren I von den Juristen schied, war e» in Wittenberg fast ein I Stadtgespräch, daß der Herr Doktor auf Einaevuna und I Antrieb seiner Gattin handelt». Man hat tzte» Gerüeyt al»
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